TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/20 W112 2123577-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2019
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Entscheidungsdatum

20.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2

Spruch

W112 2123577-1/20E

W112 2123575-1/12E

W112 2123576-1/12E

Schriftliche Ausfertigung des am 25.06.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. XXXX, geb. XXXX , 2. mj. XXXX , geb. XXXX , und 3. mj. XXXX , XXXX , alle StA Russische Föderation, die Minderjährigen vertreten durch die Mutter XXXX, alle vertreten durch den XXXX, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2016, Zlen. 1. 1031386007-14969761, 2. 1031385903-14969788 und 3.

1051656610-150155082, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1. XXXX, 2. XXXX, 3. XXXX

1. XXXX, 2. XXXX, 3. XXXX

A)

Die Beschwerd wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 50, 52 Abs. 2 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. und IV. der angefochtenen Bescheide zu lauten haben:

"III. Ihnen wird gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen.

Es wird gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die RUSSISCHE FÖDERATION zulässig ist.

IV. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin.

2. Die Erstbeschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der RUSSISCHEN FÖDERATION, reiste schwanger gemeinsam mit ihrem minderjährigen Sohn unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein. Die Erstbeschwerdeführerin stellte für sich und ihren Sohn hier am 14.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

3. Am 16.09.2014 fand die Erstbefragung der Erstbeschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, bei der diese angab Angehörige der XXXX Volksgruppe zu sein und an XXXX zu leiden. Sie habe die RUSSISCHE FÖDERATION verlassen, weil ihr Mann verschwunden sei. Als sie eine Vermisstenanzeige bei der Polizei aufgegeben habe, sei ihr dort gedroht worden, dass sie das nächste Mal, wenn sie zur Polizei komme, Probleme bekommen werde. Eine Woche bevor ihr Mann verschwunden sei, seien schwarze Autos mit verdunkelten Fensterscheiben vor ihrem Haus gestanden. Die Erstbeschwerdeführerin fürchte im Falle der Rückkehr von der Polizei verhaftet zu werden.

Für den Zweitbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

4. Die Erstbeschwerdeführerin legte dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) eine Kopie des Mutter-Kind-Passes sowie medizinische Berichte (Karteiblatt des Ambulatoriums XXXX vom 17.09.2014; Konvolut an medizinischen Berichten des Landeskrankenhaus (LKH) XXXX vom 08.10.2014; Dokumentation der Aufklärung und Einwilligung des LKH XXXX vom 09.10. 2014; Befundbericht LKH XXXX vom 29.10.2014; Ambulanter Arztbrief der Universitätsklinik für XXXX vom 31.10.2014; Befundbericht LKH XXXX vom 19.11.2014; Befundbericht LKH XXXX vom 10.12.2014; Befundbericht LKH XXXX vom 21.01.2015; Schreiben des LKH XXXX vom 21.01.2015, wonach ein therapiebedingter Aufenthalt von ca. 1 1/2 Jahren in Österreich dringend notwendig sei; Kopie des Patientenpass des LKH

XXXX ) vor, aus denen hervorgeht, dass die Erstbeschwerdeführerin im XXXX 2014 in der XXXX war sowie an XXXX litt und sich einer XXXX unterzog.

5. Die Drittbeschwerdeführerin wurde am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 10.02.2015 bei der Polizeiinspektion XXXX sowie mit Schreiben vom 09.02.2015, beim Bundesamt eingelangt am 11.02.2015, als gesetzliche Vertreterin der Drittbeschwerdeführerin für diese einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Sie berief sich dabei auf die von ihr in ihrem Verfahren geltend gemachten Fluchtgründe und beantragte, der Drittbeschwerdeführerin gemäß § 34 AsylG 2005 denselben Schutz wie ihr zuzuerkennen. Unter einem legte sie die Geburtsurkunde der Drittbeschwerdeführerin sowie der Meldezettel vor.

6. Das Bundesamt vernahm die Erstbeschwerdeführerin am 19.01.2016 niederschriftlich ein. Die Erstbeschwerdeführerin gab zu ihren Fluchtgründen befragt an, dass ihr Mann am 02.06.2014 in der Früh das Haus verlassen habe und nicht mehr zurückgekehrt sei. Sie sei am nächsten Tag zur Polizei gegangen und habe dort angegeben, dass ihr Mann verschwunden sei. Die Polizisten hätten ihr gesagt, dass man davon nichts wisse und sie nicht noch einmal zur Polizei kommen solle, weil sonst auch sie Probleme bekommen werde. Die Erstbeschwerdeführerin sei daraufhin aus der RUSSISCHEN FÖDERATION ausgereist. Sie wisse nicht was mit ihrem Mann passiert sei. Dieser habe weder Probleme gehabt noch sei er politisch aktiv gewesen. Jeden Monat verschwinden in ihrem Herkunftsstaat einfach Personen verschwinden und es gebe dort keine richtige Polizei.

Für den Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin brachte die Erstbeschwerde-führerin keine eigenen Fluchtgründe vor.

Die Erstbeschwerdeführerin legte abgesehen von den bereits im Verfahren vorgelegten Unterlagen weiters vor: einen ambulanten Arztbrief der Universitätsklinik XXXX vom 19.11.2014; einen Befundbericht des LKH XXXX vom 07.01.2016; eine Aufenthaltsbestätigung des LKH XXXX vom 03.01.2015; eine Information zu Terminen und Überweisungen für XXXX ; ein Schreiben des LKH XXXX vom 05.01.2015 sowie einen Befundbericht - XXXX des LKH XXXX vom 05.05.2015 und einen Befundbericht über den stationären Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin von XXXX im LKH XXXX .

7. Aus der vom Bundesamt eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 03.02.2016 zur Frage, ob die von der Erstbeschwerdeführerin benötigten Medikamente in XXXX erhältlich sind, ging hervor, dass diese sowohl in XXXX als auch in der Apotheke in XXXX erhältlich waren.

8. Das Bundesamt wies die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz mit den im Spruch genannten Bescheiden sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat RUSSISCHE FÖDERATION gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab und erteilte den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die RUSSISCHE FÖDERATION zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es räumte den Beschwerdeführern gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung ein (Spruchpunkt IV.).

Das Bundesamt führte begründend aus, dass die Erstbeschwerdeführerin aufgrund ihrer vagen Schilderung ihren Fluchtgrund - die Entführung ihres Mannes - nicht habe glaubhaft machen können. Das Bundesamt gehe davon aus, dass die Erstbeschwerdeführerin ihr Heimatland vordergründig wegen ihrer XXXX und Schwangerschaft verlassen habe. Ebenso drohe der Erstbeschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat auch keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertige würde, da die Erkrankung der Erstbeschwerdeführerin in ihrem Herkunftsland behandelbar sowie die benötigten Medikamente erhältlich seien. Die Erstbeschwerdeführerin habe noch Verwandte in ihrem Herkunftsland, die sie wirtschaftlich und sozial unterstützen würden, weshalb ihre elementaren Lebensbedürfnisse, insbesondere Nahrung und Wohnraum gesichert seien. Die Rückkehrentscheidung greife nicht in das Familienleben der Erstbeschwerdeführerin ein, da auch ihre Kinder von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen seien und die Erstbeschwerdeführerin weder zu ihrer Schwester noch zu ihrem Cousin, die beide im Bundesgebiet asylberechtigten seien, wechselseitige Abhängigkeiten bestehen. Zudem seien die wechselseitigen Besuche nicht von übermäßiger Intensität. Ebenso greife die Rückkehrentscheidung auch nicht in das Recht der Erstbeschwerdeführerin auf Achtung des Privatlebens ein. Sie sei im SEPTEMBER 2014 illegal in Österreich eingereist, beherrsche die deutsche Sprache nur rudimentär und lebe von der Grundversorgung. Eine verfestigte Integration in wirtschaftlicher oder sozialer Hinsicht sei nicht erkennbar. Die Bindung der Erstbeschwerdeführerin zum Herkunftsstaat sei wesentlich stärker als zu Österreich, da sie den überwiegenden Teil ihres Lebens in Russland verbracht habe, dort sozialisiert worden sei und die dort vorherrschenden Mehrheitssprachen beherrsche. Auch leben die nächsten Verwandten der Erstbeschwerdeführerin nach wie vor im Herkunftsland. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass es der Erstbeschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Das Bundesamt führte betreffend den Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin begründend aus, dass für sie keine individuelle Verfolgung geltend gemacht worden sei. Da keinem anderen Familienangehörigen der Status des Asylberechtigten oder des subsidiären Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, komme für sie eine Zuerkennung im Familienverfahren nicht in Betracht. Der Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin befinden sich in Österreich in Begleitung ihrer Mutter, die im selben Umfang wie sie von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen sei. Eine wechselseitige Abhängigkeit des Zweitbeschwerdeführer und der Drittbeschwerdeführerin zu ihrer in Österreich asylberechtigten Tante oder dem Cousin ihrer Mutter bestehe nicht. Eine sonstige Bindung an Österreich könne nicht erkannt werden. Da es nur zu einer Außerlandesbringung gemeinsam mit ihrer Mutter komme, stelle eine Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Familien- oder Privatleben des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin dar.

9. Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Bescheide fristgerecht Beschwerde und fochten die Bescheide in vollem Umfang wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften an. Sie stellten die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass den Anträgen auf internationalen Schutz Folge gegeben und den Beschwerdeführern der Status von Asylberechtigten zuerkannt werde, in eventu die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass den Beschwerdeführern gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat RUSSLAND zuerkannt werde, in eventu die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass die im Spruchpunkt III. gefällten Rückkehrentscheidungen - in eventu die festgestellten Abschiebungen - aufgehoben werden; in eventu den Beschwerdeführern einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 erteilen; in eventu die angefochtenen Bescheide zur Gänze beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurückverweisen und jedenfalls eine mündliche Verhandlung anberaumen.

Die Erstbeschwerdeführerin legte der Beschwerde die bereits im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen bei.

10. Die Beschwerdeführer brachten mit Schriftsatz vom 07.04.2016 (bezeichnet als Beschwerdeergänzung), beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 08.04.2016, vor, dass die Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, in Folge einer mangelhaften Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten werden. Das Bundesamt habe beweiswürdigend den kulturellen Hintergrund des Herkunftslandes der Erstbeschwerdeführerin, wonach Frauen nicht über die Probleme ihrer Männer informiert werden, nicht miteinbezogen. Zudem habe das Bundesamt lediglich allgemeine Feststellungen zur medizinischen Versorgung vorgenommen und sei auf das individuelle Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin nicht eingegangen, zumal die eingeholte Anfragebeantwortung nicht im Bescheid enthalten sei. Bei einer Rückkehr werden die Beschwerdeführer in eine aussichtslose Lage geraten, weil die Mutter der Erstbeschwerdeführerin berufstätig sei und sie in ihrer Krankheit nicht unterstützten könne. Die Schwiegermutter der Erstbeschwerdeführerin sei krank und pflegebedürftig. In Österreich werde sie hingegen von ihrem Cousin und insbesondere ihrer Schwester (bei der Versorgung ihrer Kinder) unterstützt. Dieses Abhängigkeitsverhältnis sei nicht berücksichtigt worden.

Die Erstbeschwerdeführerin legte auch diesem Schriftsatz medizinische Unterlagen bei, die sie im Verfahren bereits vorgelegt hatte.

11. Das Bundesverwaltungsgericht bot den Beschwerdeführern mit Parteiengehör vom 22.02.2019 die Möglichkeit, zu ihrem Gesundheitszustand sowie zu ihren aktuellen Lebensverhältnissen und etwaiger familiärer Beziehungen in Österreich Stellung zu nehmen sowie etwaige Beweis- bzw. Bescheinigungsmittel vorzulegen.

Die Beschwerdeführer brachten mit Eingabe vom 29.03.2019 vor, dass hinsichtlich des Privat- und Familienlebens keine nennenswerten Änderungen eingetreten seien. Die Erstbeschwerdeführerin stehe nach wie vor in Behandlung der Universitätsklinik für XXXX des LKH XXXX und es seien bereits künftige Nachsorge- bzw. Untersuchungs-termine vereinbart worden. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens scheine zweckmäßig um ein abschließendes, rechtlich verwertbares Bild zum Gesundheitszustand, dem Therapiebedarf und den Möglichkeiten einer medizinischen Versorgung im Heimatland der Erstbeschwerdeführerin zu erhalten.

Beiliegend wurde abgesehen von den bereits im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen vorgelegt: ein Befundbericht der XXXX des LKH XXXX vom 12.02.2019; ein Befundbericht der XXXX des LKH XXXX vom 24.01.2019; ein Befund des XXXX vom 10.12.2018; ein Nachsorgebefund des LKH XXXX vom 08.11.2018; ein Befundbericht der XXXX des LKH XXXX vom 23.08.2018; ein Behandlungsbrief des LKH XXXX vom 27.08.2015, Terminbestätigungen der XXXX für XXXX und XXXX , sowie die Terminbestätigung XXXX des XXXX und die Vollmacht des XXXX .

12. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 25.06.2019 den positiven Asylbescheid der Schwester der Erstbeschwerdeführerin, die Niederschrift deren Einvernahme beim Bundesamt vom 27.04.2009 sowie den gesamten Inlands- und Auslandsreisepass der Erstbeschwerdeführerin in Kopie vor.

13. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 25.06.2019 eine mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm.

Die Erstbeschwerdeführerin machte in der Verhandlung folgende Angaben:

"R: Welche Deutschkurse und -prüfungen haben Sie bisher absolviert? Es erliegen keine im Akt!

BF: Bei uns in der Pension wurde voriges Jahr ein Deutschkurs angeboten. Diesen habe ich besucht. Da meine Kinder zuvor klein waren, konnte ich keine Deutschkurse besuchen. Ich habe über das Internet Deutsch gelernt. Prüfungszeugnisse kann ich keine vorlegen.

R: Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?

BF: Ich kann ein bisschen Deutsch.

R unterhält sich mit BF auf Deutsch.

R stellt fest, dass die BF über geringe Deutschkenntnisse aufweist und die Verdolmetschung der Verhandlung notwendig ist

R: Seit wann halten Sie sich in Österreich auf?

BF: Seit September 2014.

R: Besitzen Sie außer dem asylrechtlichen Aufenthaltstitel in Österreich noch ein weiteres Aufenthaltsrecht?

BF: Nein.

R: Gilt das auch für Ihre Kinder?

BF: Ja.

R: Haben Sie seit Ihrer Asylantragstellung in Österreich das Bundesgebiet einmal verlassen?

BF: Nein.

R: Gilt das auch für Ihre Kinder?

BF: Ja.

R: Laut GVS-Auszug zogen Sie am XXXX 2014 an eine externe Wohnanschrift, dort waren Sie aber nicht gemeldet. Laut AS 79 sind Sie selbständig von XXXX nach XXXX gekommen und waren daher nicht mehr in der Grundversorgung. Wo haben Sie gelebt?

BF: Ich war bei meiner Schwester.

R: Am XXXX 2014 wurden Sie mit dem Vermerk "keine private Wohnmöglichkeit" in das Grundversorgungsquartier XXXX aufgenommen. D.h. Sie können nicht bei Ihrer Schwester wohnen?

BF: Ich wusste das nicht. Ich möchte getrennt von meiner Schwester leben. Sie hat ihre Familie, ich möchte alleine leben, um meine Ruhe zu haben.

R: Seit XXXX 2014 werden Sie in der Sonderbetreuungsstelle XXXX in XXXX betreut. Haben Sie seither durchgehend dort gelebt? 2018 gab es im ZMR eine Klärungsadresse...

BF: Ja.

R: Haben Sie in Österreich bislang eine Berufstätigkeit oder ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt?

BF: Nein, ich hatte kleine Kinder. Wir dürfen auch nicht arbeiten, weil wir in der Pension leben.

R: Haben Sie versucht (sei es erfolgreich oder erfolglos) Ihre Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen?

BF: Nein. Ich wollte erst dann arbeiten, wenn die Kinder im Kindergarten sind. Ich habe viele Leute gefragt, aber es gab keine Arbeit für mich.

R: Haben Sie sich an das AMS gewandt oder auf Dienstleistungs-Scheck gearbeitet?

BF: Nein.

R: Wovon bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt, seit Sie in Österreich sind?

BF: Wir bekommen Euro 150 pro Person Grundversorgung.

R: Welche Bildungsmaßnahmen haben Sie in Österreich gesetzt?

BF: Nein. Ich habe nur einen Deutschkurs in der Pension besucht. Die Kinder waren währenddessen bei der Nachbarin. Es war zweimal in der Woche.

R: Sind Sie Mitglied in einem Verein?

BF: Nein.

R: sind Ihre Kinder in einem Verein, z.B. Fußballverein, Musikverein etc.?

BF: Nein, sie sind nur im Kindergarten.

R: Ihr Sohn XXXX reiste als XXXX jähriger mit Ihnen nach Österreich. Er wird im XXXX XXXX Jahre alt. Welche Ausbildung hat er bisher in Österreich gemacht?

BF: Er hat nichts außer dem Kindergarten gemacht. Er geht nächstes Jahr in die Schule. Er ist in der XXXX Schule für XXXX eingeschrieben.

R: Bei der Einreise waren Sie mit Ihrer Tochter XXXX im XXXX schwanger, weshalb ihr Verfahren in Österreich zugelassen wurde. Sie ist XXXX Jahre alt. Welche Ausbildung macht Sie in Österreich?

BF: Sie geht in den Kindergarten.

R: Welche Sprache(n) sprechen Sie mit den Kindern?

BF: Russisch und Deutsch und ein bisschen XXXX . Das ist meine Muttersprache.

R: In welcher Sprache lesen Sie ihnen Kinderbücher vor?

BF: In Russisch und Deutsch.

R: In welcher Sprache schauen Sie fern oder hören Sie Radio?

BF: In Russisch und Deutsch

R: Wie verbringen Sie den Alltag?

BF: Die Kinder gehen in den Kindergarten. Ich hole sie ab und wir essen gemeinsam. Dann spielen die Kinder. Dann gehe ich mit ihnen in den Park und sie spielen dort, z.B. am Karussell. Sie mögen das gerne, am Spielplatz.

R: Was ist Ihr aktueller Familienstand? Sind Sie verheiratet, geschieden oder verwitwet?

BF: Ich war verheiratet. Ich bin aktuell nur die Mutter meiner Kinder, ich bin jetzt nicht verheiratet.

R: Sie waren verheiratet. Wenn Sie jetzt nicht mehr verheiratet sind, wann war die Scheidung?

BF: Es gab keine Scheidung.

R: Dann sind Sie nur traditionell nicht mehr verheiratet, standessamtlich aber schon.

BF: Wir waren standesamtlich verheiratet. Wenn der Ehepartner stirbt, hat man keinen Ehepartner. Es ist dann schwer, jemand anderen kennenzulernen.

R: Ist Ihr Ehemann verstorben oder für tot erklärt worden?

BF: Ja.

FV legt eine Sterbeurkunde vor:

XXXX , geb. am XXXX , ist am XXXX 2016 verstorben. Der Tod wurde am

XXXX registriert. Urkunde ausgestellt vom Standesamt in XXXX , ausgestellt am XXXX .

R: Wann haben Sie die Urkunde erhalten?

BF: Vor einer Woche.

R: Wie haben Sie sie erhalten?

BF: Meine Mutter hat mir gesagt, dass mein Mann verstorben ist. Ich habe gefragt wie. Sie sagte mir, sie wüsste es nicht, da sie es nur gehört hatte. Ich hatte einen Freund, der beim XXXX arbeitet. Ich habe ihn angerufen und gefragt, ob es wahr ist, dass mein Mann verstorben ist. Er bejahte dies. Er sagte, dass er das bestätigen kann und ich seine Adresse und Telefonnummer angeben kann. Derzeit ist mein Freund geschäftlich in XXXX . Er ist mit den Europäern verbunden. Der Name und die Telefonnummer meines Freundes lauten (siehe Beilage./1)

R: Ihr Familienstand ist demnach verwitwet?

BF: Ja.

R: Gab es bereits ein Verlassenschaft-Verfahren?

BF: Wir haben nichts bekommen. Wir waren hier, ich weiß es nicht.

R: Leben Sie in Österreich alleine oder mit jemanden zusammen?

BF: Ich lebe in Ö in einer Pension mit meinen Kindern.

R: Haben Sie in Österreich einen Lebensgefährten?

BF: Nein.

R: Wie haben Sie die Urkunde erhalten?

BF: Per Mail.

R: Haben Sie auch das E-Mail dazu?

BF: Es ist an meine Schwester geschickt worden. Ich kann Ihnen das Mail von meiner Schwester geben.

Weitergeleitete Mitteilung von XXXX . Dabei handelt es sich um eine WhatsApp Nachricht von " XXXX ".

R: Das ist nur die E-Mail-Adresse. Ich habe sie gefragt, ob Sie das E-Mail, mit dem Sie das Dokument erhalten haben, vorlegen können.

BF: Mein Freund hat mir das Dokument geschickt. Er hat es mir per E-Mail an meine Schwester geschickt, da ich keine E-Mail Adresse habe.

R: Können sie das E-Mail mit dem das Dokument geschickt wurde vorlegen?

BF: Nein.

R: Warum werden Sie im LKH XXXX über eine mit Ihren Medikamenten vereinbare Verhütungsmethoden beraten?

BF: Man hat nur gemeint, dass ich 5 Jahre nicht schwanger werden darf. Ich habe gesagt, dass ich keinen Mann habe und nicht vorhabe eine Beziehung einzugehen. Es ist bei uns Muslime nicht üblich, dass man zwei, drei oder vier Männer hat.

R: Sie gaben bei der Einreise an, dass Ihre Schwester XXXX oder XXXX heißt - wussten Sie nicht, ob Ihre Schwester verheiratet ist?

BF: Sie war verheiratet, das habe ich gewusst. Sie ist von dort mit ihrem Mann gekommen. Mein Schwager heißt XXXX und meine Schwester

XXXX .

R wiederholt die Frage.

BF: Bei uns ist es so, dass manche Frauen den Namen des Mannes nach der Verehelichung annehmen und manche nicht.

R: Wenn Sie eine enge Beziehung zu Ihrer Schwester haben, werden Sie doch wissen, ob Ihre Schwester den Nachnamen geändert hat oder nicht?

BF: Das hängt von der Person ab. Manche ändern den Nachnamen, manche nicht. Ich habe ihn geändert.

R: Wann haben Sie Ihre Schwester XXXX vor Ihrer Einreise 2014 zum letzten Mal gesehen?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern. Sie ist lange nicht gekommen. Vielleicht 3 oder 4 Jahre. Ich weiß es nicht.

R: Wann haben Sie Ihre Schwester das letzte Mal gesehen?

BF: Als sie hierher fuhr haben wir sie begleitet. Wir haben sie bis zur Stadt XXXX begleitet.

R: Sie haben Ihre Schwester also bei ihrer Ausreise das letzte Mal gesehen. Stimmt das?

BF: Ja.

R: Sie hielt sich 2008 in Österreich auf, reiste am 08.05.2008 freiwillig aus. Sie kehrte im XXXX 2008 nach Österreich zurück. Haben Sie sich dazwischen gesehen?

BF: Sie ist nicht nach XXXX gekommen. Sie sagte, dass sie von Ö nach XXXX abgeschoben wurde. Nach einiger Zeit ist die Familie nach Ö gekommen.

R: Wie war die Beziehung zu Ihrer Schwester, bevor Sie nach Österreich reiste?

BF: Früher haben wir zusammengelebt. Dann hat sie geheiratet. Sie ist dann einmal im Monat zu unserer Mutter gekommen. Dann sind sie aufgrund eines Problems ausgereist. Wir haben sie begleitet. Das ist alles.

R: Wann hat Ihre Schwester geheiratet?

BF: Sie war XXXX Jahre alt, an das Jahr kann ich mich nicht erinnern. Jetzt ist meine Schwester XXXX Jahre alt.

R: Und wie haben Sie seither den Kontakt aufrecht erhalten?

BF: Wir haben telefoniert.

R: Ist Ihre Schwester noch immer verheiratet?

BF: Ja, meine Schwester hat zwei Kinder. Sie lebt gemeinsam mit ihrem Mann.

R: Welcher Erwerbstätigkeit gehen Ihre Schwester und Ihr Schwager nach und in welchem Beschäftigungsausmaß?

BF: Mein Schwager arbeitet, ich weiß aber die Bezeichnung nicht. Meine Schwester hat so glaube ich beim Verein XXXX gearbeitet. Wo ihr Mann arbeitet weiß ich nicht, ich weiß nur, dass er arbeitet und ein Gehalt bekommt. Meine Nichte ist XXXX , mein Neffe ist XXXX Jahre alt.

R: Wie ist die Beziehung zu Ihrer Schwester, seit Sie in Ö sind?

BF: Wir treffen uns oft und besuchen uns gegenseitig.

R: Ihr Cousin XXXX ist XXXX Staatsbürger und lebt seit 2005 in Österreich. Wie war Ihre Beziehung zu ihm, seit er nach Österreich gezogen ist?

BF: Wir haben miteinander telefoniert.

R: Und wie war Ihre Beziehung davor, bevor XXXX weggezogen ist?

BF: Er ist ein weitschichtiger Verwandter. Wir haben nicht ständig, sondern nur manchmal Kontakt gehabt.

R: Ist XXXX ein weitschichtiger Verwandter oder der Sohn eines der Geschwister Ihrer Eltern?

BF: Er ist ein weitschichtiger Verwandter.

R: Was meinen Sie mit "weitschsichtiger Verwandter"?

BF: Er ist ein Verwandter mütterlicherseits. Er ist kein leiblicher Bruder, sondern nur ein Cousin.

R: Sie meinen also mit "weitschichtiger Verwandter", ein Cousin I. Grades?

BF: Ich kann es nicht erklären. Er ist ein sehr guter Verwandter.

R: Sie müssen doch wissen, ob dass das Kind eines Ihrer Onkel oder Tanten ist?

BF: Nein, das ist er nicht.

R: Sind Sie sich sicher?

BF: Ja. Er ist ein weitschichtiger Verwandter, ich kann es aber nicht erklären.

R: Ihre Schwester meint, XXXX ist der Neffe Ihrer Mutter und ihr Cousin (Einvernahme vom 27.04.2009)

BF: Ja; das stimmt.

R: Ist XXXX verheiratet und hat er Kinder? Wenn ja: Wie viele und wie alt sind sie?

BF: XXXX ist nicht verheiratet.

R: Welcher Erwerbstätigkeit geht Ihr Cousin nach und in welchem Beschäftigungsausmaß?

BF: XXXX hat eine gute Arbeit hier in XXXX .

R: Wenn XXXX Ihr Cousin ist: Welche Tanten und Onkel haben Sie in der Russischen Föderation, welche Cousins und Cousinen? Wie heißen sie, wo und wovon leben Sie?

BF: Ich habe noch zwei leibliche Brüder und eine Schwester dort. Eine Schwester ist hier. Wir sind insgesamt 4 Kinder.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich habe sehr viele Cousins und Cousinen. Es sind sehr viele. Es sind sicher 10. Sie leben in XXXX . Ich habe einen Onkel und eine Tante, zwei Tanten von mir sind verstorben. Mein Onkel und die Tante leben ebenfalls in XXXX .

R: Haben Sie sonst noch Verwandte in Österreich?

BF: Verwandte nicht. Ich habe nur eine Schwester hier.

R: Haben Sie Bekannte und Freunde in Österreich und wenn ja, wann haben Sie diese kennengelernt?

BF: Ja, ich habe Bekannt[e] hier.

R: Wie gestaltet sich die Beziehung zu diesen?

BF: Sie sprechen miteinander, besuchen uns gegenseitig.

R: Wie halten Sie den Kontakt mit Ihren Freunden in der Russischen Föderation aufrecht?

BF: Ich habe mit niemanden, außer meiner Mutter Kontakt.

R: Was ist mit Ihrer Mutter und Ihren Brüdern XXXX und XXXX ?

BF: Der ältere Sohn XXXX ist verheiratet und hat 8 Kinder. XXXX ist nicht verheiratet.

R: Wie geht es Ihnen? Wovon bestreiten Ihre Mutter und Brüder Ihren Lebensunterhalt?

BF: Sie leben bei uns im Dorf. Mein älterer Bruder XXXX wurde mitgenommen und ist jetzt im Gefängnis.

Nachgefragt, wann das war, gebe ich an, dass das vor zwei Jahren war (BF weint). Er ist immer noch im Gefängnis. Meine Schwägerin und deren Kinder leben bei meiner Mutter.

Nachgefragt, was mit meinem jüngeren Bruder ist, gebe ich an, dass das bei uns so ist. Die Leute werden mitgenommen, nicht freigelassen und dann umgebracht. Mein jüngerer Bruder wohnt bei unserer Mutter. Meine Mutter arbeitet, mein Bruder arbeitet nicht, weil es keine Arbeit gibt. Meine Schwägerin arbeitet nicht, kümmert sich um die Kinder. Meine Schwägerin wird von unserer Mutter versorgt.

R: Welcher Beschäftigung geht Ihre Mutter nach, dass sie so viele Leute ernähren kann?

BF: Meine Mutter arbeitet gemeinsam mit ihrem Bruder, meinem Onkel. Dort gibt es Lebensmittel. Sie haben ein Lebensmittelgeschäft. Es gibt keine Kleidung, nur Lebensmittel.

R: Ihre Mutter ist XXXX Jahre alt. Sie arbeitet noch immer?

BF: Meine Mutter ist nicht XXXX , sie ist XXXX Jahre alt.

R: Sie haben als Geburtsdatum Ihrer Mutter den XXXX angegeben.

BF: Sie hat am XXXX Geburtstag. Das Jahr XXXX habe ich nicht angegeben. Vielleicht wurde es irrtümlich protokolliert.

R: Laut Aussage Ihrer Schwester war Ihre Mutter XXXX XXXX Jahre alt. Demnach wäre sie heuer XXXX Jahre. Ich habe nun drei Altersangaben zu Ihrer Mutter.

BF: Ich weiß nicht, was meine Schwester gesagt hat. Fakt ist, dass meine Mutter XXXX Jahre alt ist.

R: Und wie geht es Ihren Schwiegereltern?

BF: Ich weiß es nicht. Ich habe keinen Kontakt mit ihnen.

R: Warum nicht?

BF: Ich weiß es nicht. Ich will das nicht.

R: Warum wollen Sie das nicht?

BF weint. Die Großmutter lies mich nicht "normal'" leben. Ich meine mit Großmutter die Mutter meines Mannes.

R: Was meinen Sie, wenn Sie sagen... lies mich nicht "normal" leben?

BF: Ihr hat immer nicht gefallen, was ich gemacht habe.

R: Wie hat sich das geäußert?

BF: Ich habe alles zuhause gemacht, gekocht, geputzt. Das hat ihr alles nicht gepasst. Ich habe wegen ihr viel geweint.

R: Hat Ihr Mann Geschwister?

BF: Ja, er hat vier Schwestern, aber keine Brüder.

R: Was ist mit Ihren Schwägerinnen?

BF: Sie sind alle verheiratet.

R: Wo leben Ihre Schwägerinnen?

BF: Sie leben alles in XXXX

R: Haben Sie mit Ihren Schwägerinnen Kontakt?

BF: Nein, ich habe keinen Kontakt mit ihnen.

R: Ist es richtig, dass Sie am XXXX geheiratet haben?

BF: Nein, das war im XXXX . Er hat mich entführt. Wir haben am XXXX geheiratet. Eine Woche später war die Hochzeit.

R: Was meinen Sie damit, wenn sie sagen ... Er hat mich entführt?

BF: Bei uns macht man es so. Er hat mich entführt, um mich zu heiraten.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich war unterwegs zu meiner Tante. Mein zukünftiger Mann bot mir an, mich zu treffen. Wir haben einander getroffen. Er hat mich gleich gepackt, ins Auto gezerrt, und mitgenommen. Es ist Tradition bei uns.

R: Stimmt es, dass Sie am XXXX nach Adat oder Scharia geheiratet haben?

BF: Wir haben nach der Scharia geheiratet.

R: Wann haben Sie sich traditionell scheiden lassen?

BF: Wir haben uns gar nicht scheiden lassen.

R: Am XXXX haben Sie dann standesamtlich geheiratet, oder ist die Eintragung in Ihrem Inlandsreisepass falsch?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich kann mich nur an den Tag meiner Entführung erinnern. Ich weiß auch, dass wir beim Standesamt waren. Das Datum weiß ich nicht mehr.

R: Warum geben Sie die Entführung heute das erste Mal an?

BF: Niemand hat mich danach gefragt.

R: Haben Sie nach Ihrer traditionellen Eheschließung bei Ihrer Schwiegermutter gemeinsam mit Ihrem Mann gewohnt?

BF: Ja, weil mein Mann der einzige Sohn meiner Schwiegermutter war.

R: Habe ich Sie richtig verstanden: Sie stehen nur mit Ihrer Mutter, nicht jedoch mit Ihren Brüdern und Schwiegermutter in Kontakt?

BF: Ja, das stimmt. Ich will es auch nicht.

R: Laut Ihrer Stellungnahme vom APRIL 2016 ist Ihre Schwiegermutter pflegebedürftig. Woher wissen Sie das, wenn Sie keinen Kontakt zu Ihr haben?

BF: Sie war immer krank, sie war schon krank, als wir geheiratet haben. Sie hatte schon immer Probleme mit dem Blutdruck und dem Herz.

R: Sie waren bei der Ausreise 2014 XXXX Jahre alt und haben die Grundschule 2003 abgeschlossen. Was haben Sie dazwischen gemacht?

BF: Ich habe keine Ausbildung gemacht.

R: Das sind 11 Jahre. Was haben Sie in d[...]er Zeit gemacht?

BF: Ich habe nichts gemacht. Wir haben kein Geld gehabt. Man muss Geld haben, um weiter lernen zu können.

R: Haben Sie gearbeitet?

BF: Nein, wenn man weiterlernen will, muss man viel bezahlen.

R: Wovon haben Sie gelebt?

BF: Meine Mutter hat mir immer Geld gegeben. Mein Vater ist verstorben.

R: Ihr Vater ist erst 2011 verstorben. Er hätte sie von 2003 bis 2011 unterstützen können.

BF: Vorher haben mich meine Eltern unterstützt, dann nur mehr meine Mutter.

R: Was haben Sie in der Russischen Föderation in Ihrer Freizeit gemacht?

BF: Ich habe zuhause geputzt und habe immer im Garten gearbeitet.

R: Sind Sie in Österreich und Ihrem Herkunftsland strafgerichtlich unbescholten?

BF: Ich bin unbescholten.

R: Sind Sie auf andere Art und Weise mit der österreichischen Rechtsordnung in Konflikt geraten?

BF: Nein.

R: Möchten Sie noch Beweismittel zur Frage Ihres Privat und Familienlebens vorlegen, die Sie bisher im Verfahren noch nicht vorgelegt haben?

BF: Nein, aber ich befinde mich hier in Ö ständig in ärztlicher Behandlung.

R: Wie geht es Ihrem Sohn gesundheitlich?

BF: Ich werde hier zweimal im Jahr untersucht.

R wiederholt die Frage.

BF: Meine Tochter und mein Sohn sind gesund.

R: Sie litten bei Ihrer Einreise an XXXX . Wann wurde diese Erkrankung diagnostiziert?

BF: Ich bin in RUSSLAND nach XXXX und XXXX gefahren. Man hat mir zuerst gesagt, dass ich ein XXXX habe. Ich habe viele Tabletten und auch Salben bekommen. Ich habe drei Monate Behandlungen gehabt. Dann erfolgte eine Pause und im Anschluss gab es wieder eine Behandlung.

R: In welchem Jahr war das?

BF: Das war ca. 2 Jahre vor meiner Einreise. Ich war lange in Behandlung.

R: War das vor oder nach der Geburt Ihres Sohnes?

BF: Das war gleich nach seiner Geburt.

R: Waren Sie stationär im Krankenhaus oder wie ist die Behandlung abgelaufen?

BF: Ich war zuhause und bin immer wieder zum Arzt gegangen. Ich wurde nicht stationär aufgenommen.

R: Bei wem haben Sie sich in XXXX und XXXX gelebt?

BF: Im Hotel, es hat 250 Euro pro Nacht gekostet. Mir wurde auch ein XXXX gemacht, in XXXX .

R: Das Hotel war sehr teuer.

BF: Ich habe RUBEL gemeint und nicht EURO.

R: Von wann bis wann wurden Sie in XXXX und XXXX behandelt?

BF: Ich habe meinen Sohn zunächst gestillt. Dann habe ich XXXX . Ich bin gleich zum Arzt gegangen. Mir wurden Arzneimittel verschrieben. Ich musste eine Salbe auftragen.

R wiederholt die Frage.

BF: Nach der Geburt meines Sohnes wurde es entdeckt. Ich war zuerst in XXXX , wurde dort behandelt, aber es gab keine Besserung. Dann bin ich nach XXXX und dann nach XXXX gefahren.

R: Sie können nicht mehr sagen, von wann bis wann Sie in XXXX und XXXX in Behandlung waren?

BF: Nein, ich kann nur sagen, dass ich die zwei Jahre zwischen der Geburt meines Sohnes und meiner Ausreise behandelt wurde.

R: In der Einvernahme am 19.01.2016 gaben Sie an, dass Sie erst in Österreich erfahren haben, dass es XXXX ist, in XXXX habe man Ihnen nur gesagt, dass es ein[e] XXXX sei. Im Gegensatz dazu gaben Sie laut Ihrem Krankenblatt gleich nach der Einreise an, dass Sie ein XXXX haben. Können Sie mir das erklären?

BF: Ich wurde dort behandelt. In XXXX wurde mir gesagt, dass dort ein XXXX festzustellen ist. Ich wusste aber nicht, was das ist. Man hat mir gesagt, dass man das XXXX entfernen muss.

R: In XXXX haben Sie nach Ihrer Einreise 2014 angegeben, dass Sie erst seit drei Monate von dem XXXX wissen. Seit wann wussten Sie dann davon, seit der Einreise, drei Monate oder zwei Jahre davor?

BF: Vor meiner Einreise hat man mir nur gesagt, dass man ein XXXX festgestellt hat. Ich wusste nicht, dass das XXXX ist.

R: Wie haben Sie das organisiert? Sind Sie allein gefahren, hat Ihnen jemand geholfen?

BF: Ich bin mit meinem Mann nach XXXX gefahren. Ich bin mit ihm gemeinsam auch nach XXXX gefahren. Auch meine Mutter hat finanziell geholfen.

R: Sie haben vorher angegeben, dass Sie zwei Schwestern haben. Haben Sie noch eine weitere Schwester, die in der RUSSISCHEN FÖDERATION geblieben ist?

BF: Mit mir sind wir zwei Schwestern. Ich habe keine weitere Schwester.

R: Sind Sie nach Ö gekommen um behandelt zu werden?

BF: Vorwiegend bin ich wegen der Gründe meines Mannes gekommen.

R: Laut diesem Kranken-Karteiblatt wurde Ihnen in der Russischen Föderation gesagt, dass Sie nicht behandelt werden können, während Sie schwanger sind; es wurde Ihnen geraten, den Fötus abzutreiben, damit man die Therapie beginnen kann. Sind Sie aus diesem Grund nach Ö gekommen?

BF: Nein, mir wurde diese Frage auch schon XXXX gestellt. Ich habe so etwas aber nie angegeben, dass man mir XXXX oder das Kind abtreiben wollte. Ich glaube, dass vieles vom Dolmetscher abhängig ist.

R: In RUSSLAND hat man Ihnen nie gesagt, dass man Ihnen XXXX und das Kind abtreiben muss. Ist das richtig?

BF: Ja, ich wurde dort zwei Jahre behandelt.

R: In Österreich wurde eine XXXX am XXXX 2014 begonnen. Nach der am XXXX XXXX Entbindung von Ihrer Tochter teilte das LKH XXXX mit, dass Sie voraussichtlich noch ca. 1,5 Jahre Patientin in der Klinik bleiben werden und therapiebedingt ein Aufenthalt in Österreich dringend nötig sei. Am XXXX wurde Ihnen XXXX und sofort mit XXXX . In der Zeit zwischen XXXX 2015 XXXX 2015 wurden Sie XXXX . 2016 waren nur noch 3-monatige Kontrollen im LKH notwendig, davon abgesehen nahmen Sie XXXX beim Hausarzt und XXXX . Für 2017 liegen keine Befunde vor. 2018 wurden eine jährliche XXXX Untersuchung, eine jährliche Untersuchung in XXXX sowie die Einnahme von XXXX , XXXX , XXXX und XXXX angeordnet. 2019 wurde von XXXX auf XXXX umgestellt; Grund dafür war neben dem von Ihnen angegebenen Schwindel Herzklopfen und Durchschlafstörungen. Hat sich die Behandlung seither verändert?

BF: Ja, ich habe mich deswegen an den Arzt gewandt, da ich immer ein Schwindelgefühl hatte, als würde ich umfallen. Ich habe trotzdem ein Schwindelgefühl[...]. Man hat mir gesagt, dass man mir eine Kapsel einsetzen wird. Ich weiß nicht wo. Ich kann nicht normal gehen, ich bin immer schwindelig. Ich muss ja die Kinder in den Kindergarten bringen und holen.

R: Der aktuellste Befund den Sie vorgelegt haben ist aus 2019. Hat sich seither eine Behandlungsänderung ergeben?

BF: Nein, ich nehme weiterhin XXXX . Die Ärztin hat gemeint, dass ich trotz der Nebenwirkung, Schwindelgefühl die Tabletten einnehmen muss.

R: Laut Befund vom 23.08.2018 waren Sie schwindelig, es konnte aber kein Grund dafür gefunden werden. Im Übrigen sind Sie beschwerdefrei und körperlich normal leistungsfähig. Hat sich daran etwas geändert?

BF: Ich habe mich an den Arzt gewandt und gesagt, dass ich nicht "normal" gehen kann, da ich ständig schwindelig bin. Dann habe ich ein anderes Medikament bekommen. Mein Schwindel hat nicht aufgehört und ich habe dies dem Hausarzt mitgeteilt.

R verliest die Anfragebeantwortung von MEDCOI vom 22.05.2019 . Möchten Sie dazu etwas angeben?

BF: Bezüglich der Behandlung. Bei uns muss man sehr viel zahlen, um behandelt zu werden. Die Tabletten sind nachgemacht und helfen nicht wirklich. An jeder "Ecke" muss man zahlen.

R: Das ho. Gericht kann sich nunmehr ein Bild über Ihre privaten und familiären Bindungen in Österreich machen und erscheinen hierzu seitens des ho. Gerichts keine weiteren Fragen offen. Wollen Sie sich noch weitergehend zur Ihren privaten und familiären Bindungen in Österreich bzw. Ihrer Integration äußern?

BF: Ich weiß nicht. Ich möchte nicht zurück. (BF weint)

R fragt die BF, ob sie die Dolmetscherin gut verstanden habe; dies wird bejaht.

R fragt die D ob die Kommunikation mit der BF gut ist; dies wird bejaht.

[...]

R: Wurde das rückübersetzt was Sie vorher angegeben haben oder wollen Sie Korrekturen anbringen?

BF: Ja.

R: Sie haben angegben, dass man für eine weitere Ausbildung Geld braucht und Ihre Familie das nicht hat. Verstehe ich Sie richtig?

BF: Dafür braucht man viel Geld, soviel Geld hatten wir nicht.

R: Ihre Schwester hat in der Einvernahme vom 27.04.2009 angegeben, dass Sie studiert hat und ihr Studium abgeschlossen hat. Wie passt das zusammen?

BF: Meine Schwester hat bei einer Tante gelebt und in der Stadt XXXX studiert. Diese Stadt liegt bei XXXX .

R: Sie haben zuvor angegeben, mit Ihrer Schwester zusammengelebt zu haben. Bis wann haben Sie mit Ihrer Schwester zusammengelebt?

BF: Sie hat bei der Tante gelebt. Sie hat zuerst die Schule abgeschlossen und dann studiert.

R wiederholt die Frage.

BF: Als sie noch die Schule besucht hat.

R: Sie wurden am 16.09.2014 in Ihrem Verfahren und dem Ihres Sohnes und am 10.02.2015 im Verfahren Ihrer Tochter polizeilich erstbefragt und am 19.01.2016 vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Wie würden Sie die dortige Einvernahme-Situation beschreiben?

BF: In XXXX oder in XXXX ?

R: Beides.

BF: Man hat mir die Fragen so wie hier gestellt.

R: Haben Sie bei Ihren bisherigen Aussagen vor der Polizei im Rahmen der Erstbefragung und vor dem Bundesamt immer die Wahrheit gesagt oder möchten Sie etwas richtig stellen oder ergänzen?

BF: Wahrscheinlich hat man einen Fehler gemacht. Man hat mir nicht gesagt, dass man mir XXXX wollte und das Kind abgetrieben werden muss. Der Rest war richtig.

R: Ihren Angaben in der Erstbefragung zufolge reisten Sie legal unter Verwendung von Inlands- und Auslandsreisepass aus. Wann wurde Ihnen der Auslandsreisepass ausgestellt?

BF: Meine Pässe befinden sich bei der Polizei. Die Pässe wurden mir zuhause ausgestellt und zwar zwei Wochen vor meiner Ausreise.

R: Gab es Probleme dabei?

BF: Nein.

R: Welche Dokumente hatten Sie für Ihren Sohn bei der Ausreise?

BF: Für meinen Sohn?

R wiederholt die Frage.

BF: Den Auslandspass und noch ein Dokument, das sich bei der Polizei befindet.

Nachgefragt gebe ich an, dass ich die Geburtsurkunde meine.

R: In der polizeilichen Einvernahme gaben Sie einerseits an, dass Sie mit Ihrem Reisepass bis XXXX gereist sind, das ist in XXXX , andererseits, dass Ihr Reisepass bei den XXXX Behörden ist. Sind Sie mit Ihrem Reisepass bis XXXX gereist, oder nicht?

BF: Wir sind mit dem Zug nach XXXX gekommen. Und dann mit einem E-Zug nach XXXX gereist.

R wiederholt die Frage.

BF: Bis nach XXXX :

R: Sie gaben an, dass Sie in XXXX nicht ins Flüchtlingslager gefahren sind, sondern dass Sie sich in XXXX ein Hotel genommen haben und am Abend zum Taxistand gegan[g]en sind und mit einem TAXI bis XXXX gefahren sind. Beschreiben Sie, was Sie nach Ihrer Erstbefragung durch die XXXX Behörden in XXXX genau gemacht haben! Wie haben Sie das organisiert? Sprechen Sie XXXX ?

BF: Ich bin nach XXXX gekommen. Dort war ein Zimmer, in dem ich befragt wurde. Man hat mir gesagt, dass ich eine bis zwei Stunden warten muss. Ich habe gewartet und mir wurden dann die Fingerabdrücke abgenommen. Man hat mir gesagt, ich werde aufgenommen und nicht abgeschoben.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich bin mit einem Taxi gekommen. Mir wurden die Fingerabdrücke abgenommen und hat mich informiert, dass ich nicht abgeschoben werde. Ich habe einen Zettel bekommen, mit einer Adresse. Ich wusste nicht wohin ich gehen sollte, ich spreche die XXXX Sprache nicht. Es standen dort sehr viele Taxis. Ich war nur zwei oder drei Stunden dort.

R: waren Sie in einem Hotel? Ja oder Nein?

BF: Nein, ich habe nicht übernachtet. Ich bin noch am gleichen Tag weitergereist.

R: Sie gaben an, dass die Taxifahrt XXXX um € XXXX . Bereits eine Taxi-Fahrt XXXX kostet über € XXXX . Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ein T

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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