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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Ingeborg Lammel-Kraus in Wien, vertreten durch Dr. Paul Appiano, Dr. Paul Georg Appiano und Dr. Bernhard Kramer, Rechtsanwälte in Wien I, Bösendorferstraße 7, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 8. August 1995, Zl. MA 64 - EE 23/18/93, betreffend Enteignung (mitbeteiligte Partei: Bundeshauptstadt Wien, vertreten durch den Bürgermeister),
Spruch
1. beschlossen:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich auf Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides betreffend die Entschädigung bezieht, zurückgewiesen;
2. zu Recht erkannt:
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Schreiben vom 30. Juli 1993 beantragte die Mitbeteiligte die Enteignung der im vorgelegten Teilungsplan vom 9. Februar 1987 näher bezeichneten Teilstücke betreffend eine 45 m2 große Teilfläche des Grundstückes Nr. 762/2, EZ 252, und eine 48 m2 große Teilfläche des Grundstückes Nr. 761/1, EZ 463, beide KG Mauer, gemäß § 39 Abs. 1 Bauordnung für Wien. Im Antrag wurde näher ausgeführt, daß aufgrund des Beschlusses des Gemeinderatsausschusses Bauten vom 12. Juni 1986 der Erwerb der genannten Teilflächen für den widmungsgemäßen Ausbau der Gebirgsgasse erforderlich sei. Es seien daher bereits seit längerem mit der Beschwerdeführerin, die durch ihren Ehegatten vertreten gewesen sei, Ankaufsverhandlungen geführt worden. Es befänden sich auf den in den Straßenbereich hineinragenden Teilflächen eine mehr als 80 Jahre alte Brunnenanlage (zwei Brunnenstuben), die über eine mehrere hundert Meter lange unterirdische Leitung eine im Eigentum des Ehegatten der Beschwerdeführerin befindliche Liegenschaft in der Kaserngasse 4-6 mit Wasser versorge. Es sei in den Verhandlungen der Vorschlag unterbreitet worden, die Quellfassung auf jenen Teilen der Grundstücke Nr. 762/2 und 761/1, die im Bauland verblieben, auf Kosten der Stadt Wien neu zu errichten. Der die Beschwerdeführerin vertretende Ehegatte habe sich jedoch nur unter der Bedingung verkaufsbereit erklärt, daß die Stadt Wien auf ihre Kosten auf der Liegenschaft Kaserngasse 4-6 einen Ersatzbrunnen errichte, weiters auf beiden Restflächen der EZ 252 und 463, KG Mauer, unter Hinzuziehung der EZ 464, KG Mauer, einen Bauplatz schaffe und für die Aufgabe des alten Brunnens eine Pauschalentschädigung von mindestens S 1.000.000,-- leiste. Die Mitbeteiligte sei zwar grundsätzlich bereit gewesen, auf der Liegenschaft Kaserngasse 4-6 einen Ersatzbrunnen zu errichten, allerdings ohne Erfüllung der von dem Ehegatten der Beschwerdeführerin gestellten zusätzlichen Forderungen. Da in den weiteren Verhandlungen und den zuletzt geführten Korrespondenzen und Gesprächen eine Änderung des Standpunktes des Verhandlungspartners nicht erkennbar gewesen sei, vielmehr die Geltendmachung weiterer Forderungen in Aussicht gestellt worden sei, müßten die freihändigen Verhandlungen als gescheitert betrachtet werden, weshalb der vorliegende Enteignungsantrag gestellt werde.
In der das angeführte Ansuchen betreffenden Verhandlung am 6. Mai 1994, deren Gegenstand sowohl die Enteignung als auch die Entschädigung der Beschwerdeführerin war, machte der Vertreter der Beschwerdeführerin zu der Behauptung der Behörde, die Gebirgsgasse sei bereits zu Zeiten der selbständigen Gemeinde Mauer mit einer Breite von 9 m vorgesehen gewesen und es sei diese Breite unverändert von der Mitbeteiligten übernommen worden, geltend, es solle erhoben werden, von welchem präzisen Zeitpunkt an die behauptete Breite der Gebirgsgasse von 9 m stamme und ob diese Breite ursprünglich vorgesehen gewesen oder erst nachträglich eine Ausweitung von dieser Breite beschlossen worden sei. In dieser Verhandlung wurde von der Behörde vorgeschlagen, folgende zwei Varianten kostenmäßig zu prüfen: die zwei bestehenden Wasserreservoirs durch ein gemeinsames neues, bestehend aus dem gleichen m3-Inhalt, im Rahmen des Straßenausbaues zu ersetzen oder die Errichtung eines neuen Brunnens auf dem Grundstück in der Kaserngasse 4-6. Der Vertreter der Beschwerdeführerin nahm in der Verhandlung zu beiden Varianten Stellung und führte noch aus, daß das Wasserrecht der Beschwerdeführerin zu begutachten und zu bewerten sei. Auch sei die vertragliche Situation bezüglich des dahinterliegenden Grundes noch zu schätzen.
In der Folge schloß - wie sich dies aus dem Protokoll über diese Verhandlung ergibt (siehe Seite 6 dritter Absatz) - die Verhandlungsleiterin die Verhandlung betreffend die Enteignung und eröffnete die Verhandlung über die Entschädigung, in der mehrere Aufträge an Sachverständige betreffend die Ermittlung der angemessenen Entschädigung der Beschwerdeführerin (im Hinblick auf die abzutretende Fläche inklusive des Wasserrechtes, den gegenwärtigen Wert der bestehenden Brunnenstuben und die Kosten der neu zu errichtenden Brunnenstube bzw. als Variante 2 die Kosten der Errichtung eines Bohrbrunnens auf dem Grundstück Kaserngasse) ergingen.
In der Stellungnahme der Beschwerdeführerin zu den in der Folge erstatteten Gutachten betreffend die Höhe der Entschädigung (vom 5. Dezember 1994 und vom 17. März 1995) machte die Beschwerdeführerin auch geltend, daß die Enteignung dem Grunde nach gar nicht zulässig sei, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zuvor eine angemessene privatrechtliche Regelung vom Enteignungsgegner abgelehnt worden sein müsse. Die Aktenlage zeige, daß bislang nicht einmal hinreichende Überlegungen darüber angestellt worden seien, wie eine Enteignung durchgeführt werden könnte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die beantragte Enteignung der näher bezeichneten, im Alleineigentum der Beschwerdeführerin stehenden Grundstücksteile "zum Zwecke des widmungsgemäßen Ausbaues der Gebirgsgasse" durch die Mitbeteiligte ausgesprochen (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde eine Entschädigung für den im Spruchpunkt I. angeführten Enteignungsgegenstand in der Höhe von S 706.000,-- festgesetzt. In Spruchpunkt III. wurde festgelegt, nach welcher Zeitspanne der Enteignungsgegenstand zu räumen und die Besitznahme durch die Mitbeteiligte zu dulden sei. Die Entscheidung betreffend die Enteignung wurde unter Anführung des § 38 Abs. 2 und des § 39 Abs. 1 Bauordnung für Wien im wesentlichen damit begründet, daß die näher bezeichneten Flächen gemäß dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zur Gänze von der durch ein Wohngebiet führenden Verkehrsfläche, nämlich von der mit einer durchgehenden Breite von 9 m vorgesehenen Gebirgsgasse erfaßt seien. Der Ausbau dieser Verkehrsfläche zwischen der Schillingergasse und der Kroißberggasse in der vorgesehenen Widmungsbreite sei mit Beschluß des Gemeinderatsausschusses für Bauten vom 12. Juni 1986 grundsätzlich genehmigt worden. Die im Spruch näher bezeichneten Teilflächen stünden im Alleineigentum der Beschwerdeführerin. Die Flächen seien unbebaut und es befände sich auf ihnen eine mehr als 80 Jahre alte Brunnenanlage, die aus zwei Brunnenstuben bestehe. Die Mitbeteiligte habe die Enteignung der angeführten Flächen beantragt, da mit der Beschwerdeführerin keine Einigung über den Ankauf habe erzielt werden können, was aus den langjährigen Korrespondenzen der Mitbeteiligten mit dieser ersichtlich sei. Dies habe sich auch in der am 6. Mai 1994 durchgeführten Enteignungsverhandlung nicht geändert. In der am 6. Mai 1994 abgeschlossenen Enteignungsverhandlung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, es müsse die Widmung betreffend die zu verbreiternde Gebirgsgasse erst historisch, nämlich im Hinblick auf die Rechtswirksamkeit der Übernahme von Ausbaubeschlüssen nach 1945, nachgewiesen werden. Dem werde entgegengehalten, daß für das Enteignungsverfahren seit dem Gebietsänderungsgesetz 1954 allein die genannten Beschlüsse des Wiener Gemeinderates über den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan maßgeblich seien. Betreffend das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der im Zuge des Entschädigungsverfahrens am 17. März 1995 abgegebenen Stellungnahme zum Gutachten von Dipl. Ing. K., daß die Enteignung dem Grunde nach gar nicht zulässig sei, weil eine angemessene privatrechtliche Regelung zuvor nicht entsprechend versucht worden sei, sei die Beschwerdeführerin präkludiert, da die Enteignungsverhandlung, in der die Enteignungsvoraussetzungen dem Grunde nach in dieser Art nicht bestritten worden seien, bereits am 6. Mai 1994 geschlossen worden sei und danach erfolgte Einwände daher unbeachtlich seien. Es lägen somit die Voraussetzungen für die in Spruchpunkt I. ausgesprochene Enteignung vor. Die sonstigen Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend das Entschädigungsverfahren wurden zu Spruchpunkt II. in der Begründung des angefochtenen Bescheides behandelt. Die Entschädigungssumme setzt sich aus S 604.500,-- für den Grund (pro m2 S 6.500,--), S 5.500,-- für Bewuchs, Bodenbefestigung und (schadhafte) Einzäunung, und S 96.000,-- für die Verlagerung der beiden "Brunnenstuben" auf die im Eigentum der Beschwerdeführerin verbleibende Grundfläche zusammen.
Die Behandlung der gegen den angefochtenen Bescheid zur Gänze zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG mit Beschluß vom 26. November 1996, B 3194/95-8, abgelehnt und die Beschwerde zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde wird die Unzuständigkeit der belangten Behörde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich insbesondere im Recht auf "rechtsrichtige Anwendung" des § 38 Abs. 1 letzter Satz und § 38 Abs. 2 erster und zweiter Satz Bauordnung für Wien verletzt. § 38 Bauordnung für Wien sei weiters dadurch verletzt, daß über den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen hinaus auch die der Beschwerdeführerin zustehende Wasserberechtigung enteignet worden sei und dadurch die belangte Behörde eine ihr nicht zustehende Kompetenz in Anspruch genommen habe.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
1. Soweit die Beschwerde Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides betrifft, ist sie nicht zulässig:
Soweit Spruchpunkt II. betreffend die Entschädigung - wenn auch ohne nähere Begründung - bekämpft wird, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen. Gemäß § 44 Abs. 6 BO kann die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung im Zusammenhang mit einer Enteignung binnen drei Monaten nach Zustellung des Enteignungsbescheides bei den ordentlichen Gerichten vom Enteignungswerber bzw. vom Enteigneten angefochten werden. Mit dem Einlangen des Antrages bei Gericht tritt die Entscheidung über die Entschädigung außer Kraft.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im übrigen über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 38 Abs. 1 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 12/1930 i. d.F. des Landesgesetzes LGBl. Nr. 18/1976 (im folgenden: BO), können durch Enteignung das Eigentumsrecht oder andere, bereits bestehende dingliche Rechte an fremden Grundflächen erworben, dingliche oder sonstige Rechte an fremden Grundflächen begründet und dingliche Rechte an eigenen Grundflächen aufgehoben werden. Die Enteignung darf nur gegen Entschädigung (§§ 57 bis 59) durchgeführt werden und muß sich auf den jeweils geringsten, noch zum Ziel führenden Eingriff in fremde Rechte beschränken. Gemäß § 38 Abs. 2 BO ist eine Enteignung nur dann zulässig, wenn der Enteignungsgegner die Einräumung der angestrebten Rechte ablehnt oder dafür ein offenbar übermäßiges Entgelt fordert oder wenn er nicht in der Lage ist, die Ausübung der angestrebten Rechte zu gewährleisten. Die Nichtäußerung zu einem gestellten Anbot innerhalb angemessener, einen Monat nicht unterschreitender Frist, gilt als Ablehnung.
Gemäß § 38 Abs. 3 BO ist eine Enteignung u.a. zulässig:
"a) zur Herstellung von Verkehrsflächen und zur Anlage öffentlicher Aufschließungsleitungen (§ 39)".
Nach § 39 Abs. 1 BO können Grundflächen, die gemäß dem Bebauungsplan in Verkehrsflächen fallen, auf Antrag der Gemeinde enteignet werden, sobald die Ausführung der Verkehrsfläche grundsätzlich beschlossen worden ist.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, aufgrund des rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom 23. Oktober 1987 betreffend ein baupolizeiliches Auftragsverfahren in bezug auf die beiden "Brunnenstuben" sei vom Bestehen einer wasserrechtlich bewilligten Anlage auf den von der Enteignung betroffenen Teilflächen auszugehen und damit von einem ihr zustehenden Wasserrecht. Auch Sachverhaltsfeststellungen würden insoweit rechtskräftig, als sie zur Individualisierung des Spruches der Entscheidung erforderlich seien. Die belangte Behörde habe auch das der Beschwerdeführerin zustehende Wasserrecht enteignet. Bei einem Wasserrecht handle es sich weder um das Eigentumsrecht an einer Grundfläche noch um andere bereits bestehende dingliche Rechte an einer Grundfläche im Sinne des § 38 Abs. 1 BO, sondern um eine Berechtigung eigener Art. Die belangte Behörde sei somit für die vorgenommene Enteignung des Wasserrechtes der Beschwerdeführerin unzuständig.
Aus Spruchpunkt I. betreffend die Enteignung ergibt sich explizit nichts darüber, ob Gegenstand der Enteignung auch ein Wasserrecht im Sinne einer gemäß den wasserrechtlichen Bestimmungen eingeräumten Berechtigung der Beschwerdeführerin war. Die Enteignung wurde bezüglich des Eigentums an den beiden näher angeführten Teilflächen ausgesprochen. Auch die Begründung zu Spruchpunkt I. enthält dazu nichts. Die belangte Behörde ist zwar - wie sich dies aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 6. Mai 1994, S 6, ergibt - grundsätzlich davon ausgegangen, daß die Enteignung ein "außerbücherliches Wasserrecht" miterfasse, die Gutachten betreffend die Frage der Entschädigung haben aber ergeben, daß weder in den Akten bei der zuständigen Abteilung des Magistrates der Stadt Wien noch im Wasserbuch ein Wasserbezugsanspruch bzw. eine wasserrechtliche Bewilligung für die Wasserversorgungsanlage habe festgestellt werden können.
Es ist im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren daher zunächst auf die Frage einzugehen, ob überhaupt vom Vorliegen eines Wasserrechtes der Beschwerdeführerin im Sinne einer gemäß den wasserrechtlichen Bestimmungen eingeräumten Berechtigung ausgegangen werden konnte. Aus dem von der Beschwerdeführerin dazu ins Treffen geführten Bescheid der belangten Behörde vom 23. Oktober 1987 ergibt sich dies jedenfalls nicht. Dieser Bescheid betrifft nämlich die Aufhebung eines in erster Instanz erteilten baupolizeilichen Auftrages betreffend die beiden "Brunnenanlagen". Diese Entscheidung befaßte sich mit der Frage der baubehördlichen Bewilligungspflicht für die beiden "Brunnenanlagen", die verneint wurde. Die belangte Behörde nahm in diesem Bescheid an, daß die Anlagen um 1906 hergestellt worden seien. Damals habe in der Gemeinde Mauer die Bauordnung für NÖ 1883 gegolten, die zu den bewilligungsbedürftigen Baulichkeiten auch wesentliche Ausbesserungen und Abänderungen an bestehenden Gebäuden gezählt habe. Als Beispiel sei dazu die Herstellung von Brunnen angeführt. Die vorliegenden Brunnenstuben, die den Ausgangspunkt einer Privatwasserleitung zur Versorgung eines Wohnhauses bilden sollten, seien weder Brunnen noch dienten sie der Ausbesserung und Abänderung eines bestehenden Gebäudes. Solche Anlagen seien um das Jahr 1906 von den wasserrechtlichen Vorschriften des Gesetzes vom 30. Mai 1869, RGBl. Nr. 93, und von dem in seinem Rahmen ergangenen Niederösterreichischen Gesetz vom 28. August 1870 über die Benützung, Leitung und Abwehr der Gewässer, LGBl. Nr. 56, erfaßt. Dieses Gesetz habe die Errichtung von Wasserversorgungsanlagen nicht bloß für Gemeinden und Ortschaften, sondern auch für vereinzelte Ansiedlungen geregelt. Die entsprechenden Anlagen hätten neben der wasserrechltichen Bewilligung keiner baurechtlichen Bewilligung durch die Baubehörden der Gemeinden bedurft. So sei auch für die Errichtung der Wiener Hochquellwasserleitungen keine Baubewilligung jener Gemeinden erforderlich gewesen, deren Gebiet durchquert wurde.
Aus dieser Entscheidung der belangten Behörde geht auch hervor, daß über die sich aus einem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Plan vom 23. August 1940 ergebende Privatwasserleitung (wobei der Plan nach seiner Aufschrift eine Wiedergabe eines "Situations-Planes" sei, der am 12. Jänner 1906 zur Darstellung der über näher bezeichnete Grundstücke führenden Privatwasserleitung, ausgehend von der Brunnenstube auf dem Grundstück Nr. 762/2 verfaßt worden sei) im Magistrat (MA 31 - Wasserwerke) keinerlei Unterlagen auflägen. Aus den von der Gemeinde Mauer übernommenen Verwaltungsunterlagen ergäben sich auch keine Hinweise auf eine Wasserversorgungsanlage. Aus den erstatteten Gutachten betreffend die Entschädigung geht hervor, daß es sich um zwei Wasserreservoirs und nicht um Brunnen handelt, die miteinander verbunden sind und von denen eine Leitung zu einem anderen Grundstück führt. Ein rechtlicher Wasserbezugsanspruch sei nicht vorhanden (Gutachten des Zimmer- und Brunnenmeisters J.D. vom 5. Juni 1994). Im Gutachten des Dipl. Ing. P.K. vom 26. Oktober 1994, das die "Bewertung des gegebenen Wasserrechtes" zum Gegenstand hatte, wird auf S 4 festgestellt, daß für die Wasserversorgungsanlage keine Bewilligung habe festgestellt werden können. Der Magistrat der Stadt Wien (MA 58) habe mitgeteilt, daß keine wasserrechtliche Bewilligung aufscheine und auch kein Wasserrecht im Wasserbuch eingetragen sei. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin habe angegeben, daß das Wasserbuch des Bezirkes Mödling im Jahre 1945 vernichtet und eine Wiedereintragung verabsäumt worden sei. Auch in der Begründung zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides werden die angeführten Aussagen aus diesen Gutachten erwähnt. In der Gegenschrift der belangten Behörde, zu der keine Äußerung der Beschwerdeführerin erfolgte, ist auch ausgeführt, daß weder bei der Wasserrechtsbehörde noch im Wasserbuch eine wasserrechtliche Bewilligung für die Wasserversorgungsanlage festgestellt oder nachgewiesen habe werden können. Die Beschwerdeführerin behauptet selbst nicht, daß sie über eine wasserrechtliche Bewilligung verfügt, die sie vorlegen kann. Sie behauptet auch nicht, daß sie eine innegehabte wasserrechtliche Bewilligung u.a. an den beiden Wasserreservoirs verloren habe. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß die Beschwerdeführerin ein Wasserrecht im Sinne des WRG auf den enteigneten Grundstücken innehatte. Auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, ob der im angefochtenen Bescheid erfolgte Ausspruch über eine Enteignung gemäß § 38 Abs. 1 WRG auch ein Wasserrecht im Sinne des WRG erfaßt, mußte daher nicht näher eingegangen werden. Es kann auch keine Rede davon sein, daß die belangte Behörde keine ausreichenden Ermittlungen über das von der Beschwerdeführerin behauptete Wasserrecht durchgeführt hat.
Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, es sei aus den Akten nicht erkennbar, ob es sich bei der gegenständlichen Enteignung um den geringstmöglichen, noch zum Ziel führenden Eingriff im Sinne des § 38 Abs. 1 letzter Satz BO handle. Dies sei aufgrund der sehr knappen Begründung und aufgrund der Aktenlage nicht feststellbar. Beurteilungsgrundlage sei allein die Verhandlungsniederschrift vom 6. Mai 1994. Danach sollten Lösungsmöglichkeiten betreffend die "Brunnenstuben" erst einmal einer Klärung zugeführt werden.
Dem ist entgegenzuhalten, daß sich die Enteignung gemäß § 38 Abs. 1 letzter Satz BO, wie schon erwähnt, auf den jeweils geringsten, noch zum Ziel führenden Eingriff in fremde Rechte beschränken muß. Der Zweck der vorliegenden Enteignung ist - auch von der Beschwerdeführerin unbestritten - der widmungsgemäße Ausbau der Gebirgsstraße durch die Stadt Wien. Gemäß dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. 6133, genehmigt mit Beschluß des Gemeinderates vom 2. März 1990 fallen die in Spruchpunkt I. bezeichneten Flächen in eine Verkehrsfläche, nämlich in die mit einer durchgehenden Breite von 9 m vorgesehene Gebirgsgasse. Der Ausbau dieser Verkehrsfläche zwischen der Schillingergasse und der Kroißberggasse wurde - wie dies gleichfalls von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird - mit Beschluß des Gemeinderatsausschusses für Bauten vom 12. Juni 1986 grundsätzlich genehmigt. Gemäß § 38 Abs. 3 lit. a BO ist die Enteignung von Grundflächen zur Herstellung von Verkehrsflächen und zur Anlage öffentlicher Aufschließungsleitungen (§ 39) zulässig. Die belangte Behörde führt in der Gegenschrift zutreffend aus, daß lediglich die für die Beseitigung einer verkehrstechnischen Engstelle für einen durchgehenden Straßenausbau unbedingt erforderlichen Flächen im Enteignungsweg in Anspruch genommen wurden. Die Beschwerdeführerin führt selbst keine Maßnahmen an, die den angeführten Enteignungszweck erfüllen könnten und im Vergleich zu der vorgenommenen Enteignung einen geringeren Eingriff bewirkten. Für den Verwaltungsgerichtshof ist in dieser Hinsicht keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erkennbar.
Nicht im Recht ist die Beschwerdeführerin auch, wenn sie meint, daß sie auch in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin der in einiger Entfernung zu den enteigneten Grundflächen gelegenen Liegenschaft Kaserngasse 6 enteignet worden sei, weil dieses Grundstück von den beiden von der Enteignung erfaßten Brunnenstuben über eine Verbindungsleitung mit Wasser versorgt werde. Es ist zuzugeben, daß die Enteignung der verfahrensgegenständlichen Grundflächen, die auch die als Zugehör der Liegenschaft im Sinne der §§ 294 und 297 ABGB zu qualifizierenden Anlagen der Brunnenstuben erfaßt, eine Reflexwirkung auf das von diesen Brunnenstuben aus mit Wasser versorgte Grundstück Kaserngasse 6 hat. Das Eigentum an der Liegenschaft Kaserngasse 6 wird aber durch den angefochtenen Bescheid nicht berührt. Eine Enteignung gemäß Art. 5 StGG im engeren Sinn liegt nur dann vor, wenn eine Sache durch Verwaltungsakt oder unmittelbar kraft Gesetzes dem Eigentümer zwangsweise entzogen und auf den Staat, eine öffentliche Körperschaft oder eine gemeinnützige Unternehmung übertragen wird, oder wenn daran auf gleiche Weise fremde Rechte begründet werden (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1983, VfSlg. 9911/1983). Eine Enteignung des genannten Grundstückes der Beschwerdeführerin Kaserngasse 6 in diesem Sinne liegt nicht vor.
Es ist auch nicht zutreffend, daß die belangte Behörde die auf den zu enteignenden Grundflächen nach Auffassung der Beschwerdeführerin bestehende "Wasserberechtigung" und Zuleitung zu ihrer Liegenschaft Kaserngasse 6 nicht berücksichtigt hat. Es wurden vielmehr im Rahmen der Festlegung der Entschädigungssumme aufgrund eines Gutachtens die Kosten für die Verlegung der Brunnenstuben auf die im Eigentum der Beschwerdeführerin verbleibenden Grundflächen in Rechnung gestellt, womit die Versorgung des Grundstückes der Beschwerdeführerin Kaserngasse 6 mit Wasser weiterhin gewährleistet werden soll.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin liegen auch die Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 erster Satz WBO nicht vor. Im gesamten Akt finde sich weder ein Anbot der Mitbeteiligten auf Kauf des Grundstückes noch eine kategorische Ablehnung eines solchen durch die Beschwerdeführerin.
Aus den von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang vorgelegten Akten ("Vorkorrespondenz MA 69") ergibt sich, daß seit November 1984 Verhandlungen über den Verkauf der in Frage stehenden Grundflächen geführt wurden. Mit Schreiben vom 1. Dezember 1986 machte der Vertreter der Beschwerdeführerin folgenden Vorschlag: Barablöse für die beiden Grundstücksflächen S 579.000,--, für die zwei Brunnenstubenkammern S 126.000,-- und für die Leitungsführung von EZ 1252 und 463 bis EZ 251/252 S 3,400.000,--. Die belangte Behörde holte in der Folge eine gutachterliche Stellungnahme zur Bewertung der in Frage stehenden Grundflächen ein. In dieser wurde festgestellt, daß sich der angenommene Grundwert von S 3.000,-- pro m2 durch Vergleichswerte nicht belegen lasse. Es wurde ein Preis von rund S 400.000,-- (S 2.000,-- pro m2) ohne weitere Nebenleistungen vorgeschlagen. Diese Bewertung ging von der Annahme aus, daß die Wasserleitungsanlage mangels Vorliegens der erforderlichen Bewilligungen sowie wegen ihres Alters von fast 100 Jahren nicht gesondert zu entschädigen sei. In der Folge (Schreiben vom 5. Februar 1987, vom 24. April 1987 und vom 2. Mai 1988) ergingen Anbote der mitbeteiligten Partei an die Beschwerdeführerin, die benötigten Grundflächen um S 400.000,-- zu kaufen. Die Beschwerdeführerin reagierte auf das letzte Anbot vom 2. Mai 1988 mit neuen Vorschlägen (Schreiben vom 1. Juni 1988). Die Mitbeteiligte erklärte sich in der Folge auch noch grundsätzlich zur Verlegung der Brunnenstuben auf die der Beschwerdeführerin verbleibenden Grundstücksteile auf ihre Kosten bereit (Schreiben vom 9. März 1989). Auch auf dieses Angebot ging die Beschwerdeführerin nicht ein und machte vielmehr einen neuen Vorschlag, bei dem als Vergütung für die Brunnenkammern und die Leitung zur EZ 251 und 252 in der Kaserngasse ein Wert von S 2,250.000,-- veranschlagt wurde. Es ist zwar bei einer Besprechung in der Bezirksvertretung des 23. Bezirkes am 3. April 1990 zwischen einem Mitarbeiter der MA 69 und dem Ehegatten der Beschwerdeführerin ein weiterer Vorschlag aufgeworfen worden (Neuerrichtung eines entsprechenden Brunnens auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin in der Kaserngasse durch die Mitbeteiligte, Schaffung eines Bauplatzes für die Beschwerdeführerin auf dem Grundstück in der Gebirgsgasse 38, weiters Abgeltung bzw. Entschädigung aller Forderungen in bezug auf die Brunnenstuben und die Zuleitung in Höhe von S 1,000.000,--). Dieser Vorschlag wurde vom Magistrat (MA 69) in einer Stellungnahme vom 25. Mai 1990 jedoch als nicht gerechtfertigt angesehen. Die belangte Behörde ist im Lichte der dargestellten Vorgänge zutreffend davon ausgegangen, daß eine vertragliche Vereinbarung über den Verkauf der in Frage stehenden Grundflächen mit der Beschwerdeführerin nicht möglich war. Das zuletzt gestellte Anbot der Mitbeteiligten, das mit einem Gegenvorschlag der Beschwerdeführerin beantwortet wurde, der als offenbar übermäßig zu qualifizieren war, konnte als von der Beschwerdeführerin abgelehnt beurteilt werden. Es kann auch in dieser Hinsicht keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides festgestellt werden.
Es liegt auch kein - wie die Beschwerdeführerin meint - unzulässiger Eingriff in wohlerworbene Rechte vor. Die §§ 38 und 39 BO ermöglichen u.a., zur Herstellung von in Flächenwidmungsplänen vorgesehenen Verkehrsflächen Grundstücke zu enteignen. Eine der Verfassung entsprechende, gesetzmäßige Enteignung ist, wenn sie auch in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin eingreift, nicht zu beanstanden.
Weiters macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung im Recht auf Parteiengehör geltend, weil sich die belangte Behörde trotz mehrerer angebotener Alternativen der Beschwerdeführerin nicht mit ihren Argumenten bezüglich des Wasserrechtes (sowie auch des Vorkaufsrechtes an zwei näher bezeichneten Grundstücken) auseinandergesetzt habe. Die diesbezüglichen Ergebnisse der Gutachten hätten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssen. Erst aufgrund dieser Gutachten hätte der Inhalt der der Beschwerdeführerin zustehenden Wasserberechtigung und damit der Inhalt der Enteignung dem Grunde nach bestimmt werden können.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde in der Verhandlung über die Entschädigung am 6. Mai 1994 zunächst bei Auftragserteilung an die verschiedenen Sachverständigen zwar vom Vorliegen eines Wasserrechtes ausgegangen ist und dessen sachverständige Bewertung in Auftrag gegeben hat. Aufgrund der diesbezüglichen, unbestrittenen Feststellungen in den Gutachten ergab sich aber, daß für die beiden Wasserreservoirs samt der Verbindungsleitung keine wasserrechtliche Bewilligung nachgewiesen werden konnte. Es stellt somit jedenfalls keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, wenn die belangte Behörde das Vorliegen dieses behaupteten Wasserrechtes erst im Rahmen des Verfahrens betreffend die Entscheidung über die Entschädigung näher geklärt hat.
Was das behauptete Nichteingehen der belangten Behörde auf das Vorverkaufsrecht an zwei benachbarten Grundstücken betrifft, bezieht sich dieses Vorbringen nicht auf die vom Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren allein zu überprüfende Entscheidung über die Enteignung in den Spruchpunkten I. und III. des angefochtenen Bescheides, sondern auf die Entscheidung über die Entschädigung, die im Hinblick auf das diesbezüglich des gemäß § 44 Abs. 6 BO bei den ordentlichen Gerichten vorgesehenen Rechtsmittels nicht der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und III. des angefochtenen Bescheides wendet, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997050103.X00Im RIS seit
20.11.2000