Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. R in W, vertreten durch Dr. Friedrich J. Reif-Breitwieser, Rechtsanwalt in Wien III, Hohlweggasse 13, gegen den Bescheid des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Dr. Armenak Utudjian, Rechtsanwalt in Wien I, Gonzagagasse 9, vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 25. November 1997, Zl. B 339/97, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung einer Berufung i.A. Fondsbeitrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Ärztekammer für Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 30. April 1996 setzte der Verwaltungsausschuß des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien den Fondsbeitrag des Beschwerdeführers für das Jahr 1995 fest. Mit Eingabe vom 16. Dezember 1996 begehrte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist (Berufungsfrist) gegen diesen Bescheid und führte gleichzeitig die Beschwerde (Berufung) aus.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 71 (zu ergänzen: Abs. 1 Z. 1) AVG abgewiesen und die Beschwerde gegen den Bescheid vom 30. April 1996 als verspätet zurückgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer hat seinen Wiedereinsetzungsantrag damit begründet, daß er aus Anlaß der Bekämpfung der Vorschreibung seines Fondsbeitrags für 1994 seiner Angestellten (Ordinationshilfe) den Auftrag erteilt habe, auch die - zu erwartende - Vorschreibung des Fondsbeitrags für das Jahr 1995 dem Beschwerdevertreter zum Zweck der Einbringung eines Rechtsmittels zu übermitteln. Diese Angestellte habe "es aus Gründen einer manipulativen Mißgestion" unterlassen, diesem Auftrag nachzukommen, und den Beitragsbescheid 1995 unkopiert in der Buchhaltung abgelegt. Sie habe "die Korrespondenz" stets verläßlich und gewissenhaft und ohne Beanstandung geführt.
Die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags erfolgte mit der Begründung, den Beschwerdeführer treffe an der Fristversäumung ein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden.
Die belangte Behörde ist damit im Recht. Nach dem den Maßstab der Prüfung, ob ein Wiedereinsetzungsgrund vorliegt, darstellenden Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag (bzw. innerhalb der Frist zur Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages) hat der Beschwerdeführer seiner Angestellten den Auftrag erteilt, einen bestimmten zu gewärtigenden Bescheid, den die Angestellte für den Beschwerdeführer als Ersatzempfänger (§ 16 Abs. 2 des Zustellgesetzes) in Empfang nehmen werde, an einen bestimmten Rechtsanwalt weiterzuleiten. Er hat damit seiner Verpflichtung zur Sorgfalt in Ansehung der Zustellung behördlicher Schriftstücke nicht entsprochen. Wenn eine Partei erwartet, zu einem unbestimmten Zeitpunkt einen Bescheid zugestellt zu erhalten, dessen Inhalt sie zwar nicht kennt, aber von dem sie ausgeht, er werde einen Inhalt haben, dessentwegen sie durch einen Vertreter ein Rechtsmittel erheben zu müssen glaubt, so entspricht es nicht der gebotenen Sorgfaltspflicht, wenn die Partei nicht die unverzügliche Vorlage dieses Bescheides durch einen voraussichtlichen Ersatzempfänger verlangt, sondern die unbesehene Weiterleitung an einen Dritten anordnet. Die Partei selbst trifft ein Verschulden an einer durch eine derartige Vorgangsweise ausgelöste Fristversäumung, das den Grad des minderen Versehens im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG übersteigt. Der Beschwerdeführer hat nach seinem eigenen Vorbringen keinerlei wie immer geartete Kontrolle über die derart angewiesene Arbeitnehmerin ausgeübt; er hat sich vielmehr vollständig auf diese verlassen und damit die Folgen von Fehlleistungen auf Seiten der Arbeitnehmerin voll zu tragen. Eine Überwachung der Arbeitnehmerin - etwa in der Weise, sich den übernommenen Bescheid vorlegen zu lassen und sodann gegebenenfalls weitere Manipulationen anzuordnen - wäre zumutbar und zielführend gewesen. Das Verhalten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit dem zu erwartenden Bescheid kommt einer auffallenden Sorglosigkeit gleich (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., zu § 71 Abs. 1 AVG, S. 674 unter Z. 19 wiedergegebene Rechtsprechung).
Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensmängel können von vornherein nicht wesentlich sein, da die Behörde von dem vom Beschwerdeführer in seinem Wiedereinsetzungsantrag geschilderten Sachverhalt ausgegangen ist.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Erhebung des Wiedereinsetzungsantrags, insbesondere darauf, ob das Hindernis an der Einbringung des Rechtsmittels gegen den Bescheid vom 30. April 1996 nicht bereits mehr als zwei Wochen vor der Stellung dieses Antrages (wegen Erhaltes einer den Fondsbeitrag 1995 betreffenden Mahnung) weggefallen ist. Die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages statt seiner Zurückweisung würde den Beschwerdeführer in Rechten nicht verletzen.
Die Beschwerde, die sich nach dem Gesagten als unbegründet erweist, war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998110027.X00Im RIS seit
20.11.2000