Entscheidungsdatum
29.10.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W240 2152926-1/21E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA: Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2017, Zl. 15-1073293400-150658149, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.05.2019 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß
§ 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführende Partei führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger Afghanistans, gehört der paschtunischen Volksgruppe und dem sunnitischen Glauben an, war im Heimatland zuletzt in Kabul wohnhaft, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 11.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung gab er an, er sei in Laghman geboren. Als Grund für seine Ausreise gab er an, dass sein Vater ein General beim Militär gewesen sei. Dieser sei von den Taliban verhaftet worden und nach seiner Haftentlassung sei er verstorben. Der Beschwerdeführer sei ebenfalls von den Taliban angegriffen und gefoltert worden. Er sei mit dem Tode bedroht worden und habe deshalb Afghanistan verlassen.
Am 10.01.2017 und am 02.02.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA einvernommen. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer vor dem BFA zusammengefasst an, dass er Afghanistan habe verlassen müssen, weil sein Leben in Gefahr gewesen sei. Sein Vater, der mittlerweile verstorben sei, sei zu Unrecht inhaftiert worden und es werde behauptet, dass dieser Personen noch Geld schulde. Der Beschwerdeführer sei von den Taliban entführt und bedroht worden. Da der Beschwerdeführer für ein amerikanisches Unternehmen gearbeitet habe, seien die Taliban hinter ihm her. Er hätte eigentlich ein normales gutes Leben führen wollen, doch es sei ihm alles genommen worden.
2. Mit nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 23.03.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan abgewiesen und es wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht erteilt. Gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sein, es wurde ihm eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt.
Begründend wurde nach Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle, die Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit festgestellt. Er leide an keinen lebensbedrohlich physischen oder psychischen Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes. Er hätte weder von staatlicher Seite noch aus religiösen ethnischen oder politischen Gründen Verfolgung oder Bedrohung zu befürchten. Die von ihm zur Begründung des Asylantrages vorgebrachten Fluchtgründe hätten nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden können. Es gäbe keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass er im Fall einer Rückkehr einer Verfolgung im Sinne der GFK oder des § 8 AsylG ausgesetzt sei.
Vor dem BFA legte der Beschwerdeführe insbesondere folgende Unterlagen vor:
1) Kopie der Tazkira
2) Lehrvertrag eines österreichischen Hotels, der Beschwerdeführer ist als Hotel- und Gastgewerbeassistent tätig
3) Dienstausweis einer afghanischen Firma namens " XXXX "
4) Arbeitszeugnis von einem Institut für Bildung, Bestätigung der Ausbildung als Buchhalter.
5) Diverse Bestätigungen und Lohnzettel der Firma " XXXX "
6) Abschluss bzw. Maturazeugnis einer afghanischen Schule.
7) Kopien über den Fall betreffend den Vater des Beschwerdeführers
8) Honorarnote von einem Allgemeinmediziner sowie Terminkarte für Physiotherapie
3. In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde insbesondere ausgeführt, dass sowohl der Vater als auch der Beschwerdeführer selbst zu den gefährdeten Personengruppen gehören würden, die von den Taliban verfolgt würden. Es seien die Rückkehrbefürchtungen nachvollziehbar und glaubhaft vor dem Hintergrund der Länderberichte. Der Beschwerdeführer könne nicht in seine Heimat zurückkehren, da er dort mit Verfolgung oder gar seinem Tod rechnen müsste. Seines Erachtens ergebe sich aus den Niederschriften der Einvernahme kein Widerspruch hinsichtlich seines Fluchtvorbringens. Der Beschwerdeführer halte seine Angaben aufrecht und seiner Ansicht nach würden sich keine Widersprüche in seinen Angaben ergeben. Der Beschwerdeführer habe am XXXX 2016 einen Lehrvertrag unterschrieben und besuche als Lehrling die Fachhochschule für Tourismus und handelt. Er erlerne den Beruf des "Kochs" mit der Lehrzeitdauer bis
XXXX .2018.
Zusammen mit der Beschwerde wurde ein Lehrvertrag von einem österreichischen Hotel, ein Bescheid des AMS über die Beschäftigungsbewilligung, eine Meldebestätigung und die Einberufung zum Berufschulbesuch einer österreichischen Fachberufschule für Tourismus und Handel samt Schulbesuchsbestätigung übermittelt.
4. Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts fand am 13.05.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinen Lebensumständen in Afghanistan und Österreich sowie zu seinem Fluchtvorbringen und der Möglichkeit einer Rückkehr in den Herkunftsstaat befragt wurde. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt nahm an der mündlichen Verhandlung nicht teil.
Der Beschwerdeführer legte wie beim BFA eine Kopie seiner Tazkira vor, er sei in Kandahar geboren, sei mit zehn Jahren nach Laghman und nach einem Jahr nach Kabul umgezogen. Er gab zusammengefasst insbesondere an, sein Vater sei Polizeioffizier gewesen, dieser habe im Gefängnis in Kabul gearbeitet. Sein Vater sei zu XXXX Jahren Haft verurteilt worden, weil er beschuldigt worden sei, dass er Häftlingen ermöglich habe zu flüchten und er dafür Geld verlangt habe. Einen Monat nach der Entlassung aus dem Gefängnis sei der Vater des Beschwerdeführers verstorben.
Der Beschwerdeführer verwies auf die vorgelegten Unterlagen.
Der Beschwerdeführer sei der älteste Sohn der Familie und habe bei einer privaten Wasserfirma sowie einer amerikanischen Firma gearbeitet. Er habe zwölf Jahre die Schule besucht und bei einer Firma namens " XXXX " ungefähr ab 2010 rund acht Monate gearbeitet, ab 2010 habe er dann zwei Jahre lang bei einer amerikanischen Firma namens " XXXX " gearbeitet. Dann habe er angefangen zu studieren an einem Institut in Kabul. Nebenbei habe er in einer Apotheke gearbeitet, bis zur Ausreise habe er das Institut zwei Jahre lang besucht. Seine Mutter sei wieder verheiratet und ihr neuer Mann kümmere sich um die Geschwister des Beschwerdeführers.
In Österreich sei er in der zweiten Schulklasse als Koch, er habe die Lehrabschlussprüfung noch nicht absolviert, die könnte er nach Abschluss der zweiten Klasse machen. Er sei in einem österreichischen Schlosshotel tätig, nun arbeite er in einem anderen Hotel seit 2017. Er lerne privat Deutsch, in dem Hotel, in dem er tätig sei, habe er einen Vertrag bis 2020, er sei derzeit als "Junger Koch" angestellt.
Er sei in der 12. Klasse Gymnasium gewesen, als sein Vater verhaftet worden sei. Dieser sei verhaftet worden, weil einige Häftlinge vom Gefängnis geflohen seien und einige Häftlinge hätten dem Vater des Beschwerdeführers unterstellt, er habe sie aus dem Gefängnis entkommen lassen gegen eine Geldzahlung. Von den Personen die versucht hätten zu fliehen, wären bis auf eine Person alle wieder erwischt und inhaftiert worden. Die Unterstellungen der Häftlinge, dass der Vater Geld erhalten habe für den Fluchtversuch seien laut Beschwerdeführer nicht wahr. Zwei namentlich bezeichneten Häftlinge hätten den Vater zu Unrecht beschuldigt, weil er während einer Streitigkeit zwischen Häftlingen eingeschritten sei und einer der Häftlinge verletzt worden sei. Aufgrund der Anschuldigungen, dass der Vater des Beschwerdeführers an der Flucht bzw. am Fluchtversuch beteiligt gewesen sei, wurde dieser für XXXX Jahre inhaftiert. Sein Vater habe Herzprobleme bekommen und sei nach der Inhaftierung verstorben. Die zwei Häftlinge würden jedoch auch nach dem Tod des Vaters versuchen, das Geld, welches sie für die versuchte Flucht angeblich bezahlt hätten, vom Beschwerdeführer zu erpressen. Der Beschwerdeführer sei auch 2015, als er im Studentenheim in Kabul gewesen sei, von einem der Häftlinge gefunden worden. Der Beschwerdeführer sei auch nach dem Tod seines Vaters von den Taliban festgenommen und für zehn Tage festgehalten worden, sein Onkel habe für die Freilassung Geld bezahlt. Er habe Probleme mit den Taliban gehabt, weil er ein Sohn eines Polizisten sei und sie hätten nunmehr auch Kenntnis davon, dass er für eine amerikanische Firma tätig gewesen sei. Er sei von den Taliban schikaniert und im Rückenbereich mit einem Gewehrkolben mehrmals geschlagen worden. Er fürchte im Falle einer Rückkehr, dass die Häftlinge, welche nach wie vor Rache suchen würden, und die Taliban, in dessen Blickfeld er aufgrund der Tätigkeit des Vaters und seiner eigenen Tätigkeit für die amerikanische Firma gelangt sei.
Befragt, ob der Beschwerdeführer in keinem anderen Teil im Herkunftsstaat zurückkehren könnte, gab dieser an, er hätte in Kabul bleiben wollen, jedoch sei er auch in Kabul gefunden worden.
Ergänzend zu dem bereits übermittelten Länderinformationsblatt wurde dem Beschwerdevorbringen entsprechend folgende Dokumente zur Kenntnis gebracht:
* LIB Afghanistan vom 29.06.2018 (letzte Kurzinformation vom 26.03.2019)
* UNHCR-Richtlinie vom 30.08.2018
5. Im gewährten Parteiengehör zum Rechercheergebnis wurde keine Stellungnahme abgegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person:
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch geführten Namen, ist Staatsangehöriger Afghanistans, sunnitischer Moslem, Pashtune und reiste illegal in das Bundesgebiet ein. Er stellte am 11.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Er ist in Kandahar geboren, ist mit zehn Jahren nach Laghman und nach einem Jahr nach Kabul umgezogen. Sein Vater war Polizeioffizier gewesen und war zuletzt in einem Gefängnis tätig gewesen. Sein Vater wurde wegen Amtsmissbrauchs XXXX Jahre lang inhaftiert, weil er Häftlingen zur Flucht bzw zu einem Fluchtversuch verholfen hatte und dafür Geld erhalten hatte. Kurz nach seiner Freilassung verstarb er. Bis auf eine Person waren alle Häftlinge wieder inhaftiert worden und hatten den Vater des Beschwerdeführers des Amtsmissbrauchs beschuldigt, laut Meinung des Beschwerdeführers zu Unrecht. Zwei der Häftlinge, welchen die Flucht trotz Geldzahlung an den Vater des Beschwerdeführers nicht geglückt war und den Vater des Beschwerdeführers auch beschuldigen, dass sie von diesem im Gefängnis misshandelt und verletzt wurden, wandten sich an den Beschwerdeführer und bedrohten ihn sowie versuchten von ihm das an den Vater angeblich entrichtete Geld zu bezahlten.
Der Beschwerdeführer ist der älteste Sohn der Familie und hat bei einer privaten Wasserfirma sowie einer amerikanischen Firma gearbeitet. Danach hat er angefangen zu studieren an einem Institut in Kabul und nebenbei in einer Apotheke gearbeitet bis zur Ausreise. Seine Mutter ist wieder verheiratet und ihr neuer Mann kümmert sich um die Geschwister des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer war nach dem Tod seines Vaters von den Taliban festgenommen und für zehn Tage festgehalten worden. Er hatte Probleme mit den Taliban gehabt, weil er ein Sohn eines Polizisten ist und haben die Taliban auch Kenntnis davon, dass der Beschwerdeführer für eine amerikanische Firma tätig war. Er war von den Taliban schikaniert und im Rückenbereich mit einem Gewehrkolben mehrmals geschlagen worden. Er fürchte im Falle einer Rückkehr, dass die Häftlinge, welche nach wie vor Rache beim Beschwerdeführer aufgrund der erlittenen Misshandlungen durch den Vater suchen, und der Beschwerdeführer fürchte weiters die Taliban, in dessen Blickfeld er aufgrund seiner Tätigkeit für die amerikanische Firma gelangte sei und weil er der Sohn eines Polizisten ist.
Der Beschwerdführer befürchtet, im Fall seiner Rückkehr aufgrund der ihm unterstellten politischen Gesinnung von den Taliban verfolgt und getötet zu werden.
Bei einer Rückkehr nach Afghanistan wäre der Beschwerdeführer in Gefahr, aufgrund seiner (unterstellten) politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Diese Bedrohung bezieht sich auf das gesamte Staatsgebiet. Eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative steht dem BF nicht zur Verfügung.
Es liegen keine Gründe vor, nach denen der Beschwerdeführer von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auszuschließen ist.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist in Österreich als "Junger Koch" seit dem Jahr 2017 in österreichischen Hotels angestellt und im zweiten Lehrjahr, nach diesem Jahr kann er auch die Lehrabschlussprüfung absolvieren.
Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).
Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).
Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).
Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).
Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).
In der folgenden Grafik der Staatendokumentation wird das Verhältnis zwischen den vier Quartalen des Jahres 2018 anhand der registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle für den Zeitraum 1.1.2018 - 31.12.2018 veranschaulicht.
Zivile Opfer
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;
1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).
Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).
Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).
Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).
Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).
Quellen:
-
BFA Staatendokumentation (20.02.2019a): kartografische Darstellung der
sicherheitsrelevanten Vorfälle Jänner-Dezember 2018, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor
-
BFA Staatendokumentation (20.02.2019b): grafische Darstellung der
sicherheitsrelevanten Vorfälle Q1 bis Q4, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor
-
SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.1.2019): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2019-01-30qr.pdf. Zugriff 20.2.2019
-
UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.2.2019): Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Annual report 2018,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/afghanistan_protection_of_civilians_a
nnual_report_2018_final_24_feb_2019_v3.pdf. Zugriff 25.2.2019
-
UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (11.2018): Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Special report: 2018 elections violence, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/special_report_on_2018_elections_vi
olence_november_2018.pdf. Zugriff 20.2.2019
-
UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018): Quarterly report on the protection of civilians in armed conflict: 1 January to 30 September 2018,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_ar
med_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf. Zugriff 20.2.2019
-
UNGASC - United Nations General Assembly Security Council (7.12.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General, https://undocs.org/S/2018/1092. Zugriff 20.2.2019
? Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).
Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).
In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).
Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).
Informationen und Beispiele zu öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) können dem Kapitel 3. "Sicherheitslage (allgemeiner Teil)" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.
Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:
Bild kann nicht dargestellt werden
Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).
Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.
Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul
Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul
Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).
Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).
Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018).
Quellen:
-
AAN - Afghan Analysts Network (5.2.2018): Five Questions to Make Sense of the New Peak in Urban Attacks and a Violent Week in Kabul, https://www.afghanistan-analysts.org/five-questions-to-make-sense-of-the-new-peak-in-urban-attacks-and-a-violent-week-in-kabul/, Zugriff 26.3.2018
-
ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (23.2.2018):
Islamic State in Afghanistan,
https://www.acleddata.com/2018/02/23/islamic-state-in-afghanistan/, Zugriff 8.3.2018
-
AJ - Al Jazeera (30.4.2018): Twin ISIL suicide blasts kill 29 in Afghanistan's Kabul,
https://www.aljazeera.com/news/2018/04/twin-explosions-kill-20-afghanistan-kabul-180430051432828.html, Zugriff 23.5.2018
-
AT - Afghan Times (18.3.2018): US arbitrary house searches divesting freedom of residents, http://afghanistantimes.af/us-arbitrary-house-searches-divesting-freedom-residents/, Zugriff 26.3.2018
-
CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (4.2017):
Estimated Population of Afghanistan 2017-2018, http://cso.gov.af/Content/files/%D8%AA%D8%AE%D9%85%DB%8C%D9%86%20%D9%86%D9%81%D9%88%D8%B3/Final%20Population%201396.pdf, Zugriff 4.5.2018
-
Dawan (31.1.2018): 27 Taliban, Haqqani Network suspects handed over to Afghanistan last year: FO, https://www.dawn.com/news/1386289/27-taliban-haqqani-network-suspects-handed-over-to-afghanistan-last-year-fo, Zugriff 27.3.2018
-
DW - Deutsche Welle (27.3.2018): Why Central Asian states want peace with the Taliban,
http://www.dw.com/en/why-central-asian-states-want-peace-with-the-taliban/a-43150911, Zugriff 27.3.2018
-
EASO - European Asylum Support Office (12.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_Afghanistan_security_situation_2017.pdf#page=1&zoom=auto,-468,842, Zugriff 9.3.2018
-
FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (22.4.2018): Zahl der Toten steigt auf 48,
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/mindestens-31-tote-bei-anschlag-in-kabul-15554490.html, Zugriff 23.5.2018
-
Khaaam Press (26.3.2018): Karzai condemn Kabul blast targeting Pashtun Protection Movement supporters, https://www.khaama.com/karzai-condemn-kabul-blast-targeting-pashtun-protection-movement-supporters-04722/, Zugriff 26.3.2018
-
LAT - Los Angeles Times (26.3.2018): As war's toll grows in Kabul, the dead fight for space with the living, http://www.latimes.com/world/asia/la-fg-afghanistan-cemetery-20180326-story.html, Zugriff 27.3.2018
-
MF - Mena FN (18.3.2018): Afghanistan- US arbitrary house searches divesting freedom of residents, http://menafn.com/1096611104/Afghanistan-US-arbitrary-house-searches-divesting-freedom-of-residents, Zugriff 27.3.2018
-
NYT - The New York Times (9.3.2018): Hazaras Protest After an ISIS Attack Kills 10 in Kabul,
https://www.nytimes.com/2018/03/09/world/asia/suicide-attack-kabul-hazaras.html, Zugriff 27.3.2018
-
Pajhwok (o.D.z): Kabul province background profile, http://elections.pajhwok.com/en/content/kabul-province-background-profile, Zugriff 26.3.2018
-
Reuters (14.3.2018): U.S. looks to protect Afghan capital against Taliban bombings,
https://in.reuters.com/article/afghanistan-usa/u-s-looks-to-protect-afghan-capital-against-taliban-bombings-idINKCN1GQ22O, Zugriff 27.3.2018
-
Reuters (6.8.2017): Kabul 'Green Zone' tightened after attacks in Afghan capital,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-security/kabul-green-zone-tightened-after-attacks-in-afghan-capital-idUSKBN1AM0K7, Zugriff 20.9.2017
-
RFE/RL - Radio Free Europe Radio Liberty (17.3.2018): Suicide Car-Bomb Attack Kills At Least Three In Kabul, https://gandhara.rferl.org/a/afghanistan-kabul-suicide-attack/29105645.html, Zugriff 27.3.2018
-
RFE/RL - Radio Free Europe Radio Liberty (30.1.2018): Pakistan Says 27 Militants Handed Over To Afghanistan, https://gandhara.rferl.org/a/pakistan-taliban-haqqani-handover-afghanistan/29009651.html, Zugriff 27.3.2018
-
RFE/RL - Radio Free Europe Radio Liberty (7.2.2018): New Security Plan In Kabul After Deadly Attacks, https://www.rferl.org/a/afghanistan-kabul-security-plan-deadly-attacks/29025895.html, Zugriff 26.3.2018
-
RS - Resolute Support Afghanistan (28.2.2018): Kabul security:
capital city getting an upgrade, http://www.rs.nato.int/news-center/feature-stories/2018-feature-stories/kabul-security-capital-city-getting-an-upgrade.aspx, Zugriff 26.3.2018
-
SCR - Security Council Report (3.2018): March 2018 Monthly Forecast,
http://www.securitycouncilreport.org/monthly-forecast/2018-03/afghanistan_24.php, Zugriff 26.3.2018
-
TG - The Guardian (15.3.2018): Pressure builds in 'powderkeg' Kabul as refugees return home,
https://www.theguardian.com/cities/2018/mar/15/kabul-afghanistan-refugees-return-pakistan-internally-displaced-people, Zugriff 27.3.2018
-
Tolonews (1.3.2018): Senior Military Officers Review Kabul Checkpoints,
https://www.tolonews.com/afghanistan/senior-military-officers-review-kabul-checkpoints, Zugriff 26.3.2018
-
Tolonews (25.2.2018): Afghanistan Looks to Increase Air Cargo Exports to Kazakhstan,
https://www.tolonews.com/business/afghanistan-looks-increase-air-cargo-exports-kazakhstan, Zugriff 27.3.2018
-
Tolonews (7.2.2018): Security Check Points Stepped Up In Kabul, https://www.tolonews.com/afghanistan/security-check-points-stepped-kabul, Zugriff 26.3.2018
-
Tolonews (31.1.2018): Govt Under Fire After Daesh House Found In Kabul,
https://www.tolonews.com/afghanistan/govt-under-fire-after-daesh-house-found-kabul, Zugriff 26.3.2018