TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/30 W159 2172217-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2019
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Entscheidungsdatum

30.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W159 2172217-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX , Staatsangehöriger von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.09.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2, 9 und 46 und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, gelangte (spätestens) am 21.10.2015 irregulär nach Österreich und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 22.10.2015 stattgefundenen Erstbefragung durch die Polizeiinspektion XXXX gab der Antragsteller zu seinen Fluchtgründen an, dass er Afghanistan vor ca. sieben Jahren wegen der schlechten finanziellen Lage verlassen habe und dann auch den Iran verlassen habe, weil er zweimal nach Afghanistan abgeschoben worden sei und die Befürchtung gehabt habe, wieder abgeschoben zu werden. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan habe er Angst, dort keine Arbeit zu finden und sehe er dort keine Zukunft für ihn.

Am 13.06.2017 wurde der Antragsteller durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten einvernommen. Er wiederholte das bereits angegebene Geburtsdatum XXXX , er sei im Dorf XXXX , in der Provinz Daikundi, geboren, die Angaben bei der Erstbefragung seien korrekt protokolliert und rückübersetzt worden. Er habe keine Dokumente aus Afghanistan, sei aber afghanischer Staatsbürger, Hazara und schiitischer Moslem. Verwandte oder persönliche Beziehungen in Österreich habe er nicht, auch nicht in Europa. Er sei ca. sieben Jahre im Iran gewesen und nunmehr zwei Jahre in Österreich aufhältig. Bis zum Alter von 12 Jahren habe er die Schule besucht, dann habe er gearbeitet. Danach sei er in den Iran gegangen und habe dort gearbeitet. Wie viele Jahre er die Schule besucht habe, wisse er nicht, Schreiben und Lesen habe er jedenfalls gelernt. In Afghanistan habe er in der Landwirtschaft gearbeitet. Seine Familie habe landwirtschaftliche Grundstücke im Ausmaß von zwei Jerib gehabt und dort Weizen und Gemüse angebaut. Darüber hinaus hätten sie zwei Kühe gehabt. Sein Vater betreibe nach wie vor diese Landwirtschaft. Im Iran habe er als Hilfsarbeiter sowohl auf Baustellen als auch in der Landwirtschaft gearbeitet, und zwar immer in XXXX . Sein Vater und seine beiden Schwestern würden nach wie vor im Heimatort leben. Seine Mutter sei zwischenzeitig verstorben. Er sei weder verheiratet noch habe er Kinder.

Aufgefordert, die Fluchtgründe zu nennen, gab er an, dass die finanzielle Situation nicht gut gewesen sei und dass weiters Taliban zu ihnen gekommen wären und Schafe weggenommen hätten. Zuerst hätten sie keine Arbeit gehabt und dann wären sie auch als Hazara verfolgt worden. Es habe auch keine Schule und keine Ärzte gegeben. Von ihm hätten die Taliban aber keine Schafe weggenommen, er sei aber mindestens fünf Mal von den Taliban bedroht worden. Aufgefordert, dies näher zu schildern, gab er an, dass die Taliban zu ihnen auf die Felder kommen würden und den Weizen und die anderen Feldfrüchte mitnehmen würden. Sie hätten sie immer wieder bedroht. Er könnte aber nicht Genaueres sagen. Sie hätten die Schafe auf ihren Feldern geweidet. Die Taliban würden machen, was sie wollten. Über nochmalige Nachfrage gab er an, dass sie ihn insofern bedroht haben, dass sie ihn umbringen würden, wenn er ihnen das nächste Mal etwas sage. Wann das genau gewesen sei, könne er nicht sagen. Wie diese Leute genau heißen würden, könne er nicht sagen. Er wisse auch nicht, von wo sind gekommen wären. Sie hätten jedenfalls Paschtu gesprochen. Es sei in der Frühlingszeit gewesen und sie hätten die Schafe geweidet. Gefragt, woher er wissen würde, dass die Leute Taliban gewesen wären, gab er an: "Diese Leute waren Chauffeure". Über Vorhalt, dass die Taliban in seiner Heimatprovinz Daikundi keine große Bedrohung darstellen würden, gab er an, dass die Paschtunen dorthin gekommen wären. Es seien auch Hazara bei einer Hochzeit umgebracht worden. Zu diesem Zeitpunkt sei er aber schon im Iran gewesen.

Über Vorhalt der Fluchtgründe in der Erstbefragung gab er an, dass er über eine persönliche Bedrohung dort nicht gefragt worden sei. Über Vorhalt der Rückkehrbefürchtungen bei der Erstbefragung, dass er lediglich Angst habe, keine Arbeit in Afghanistan zu finden, gab er an, dass er damals keine Angst vor den Taliban gehabt habe, jetzt aber schon. Befragt, ob er als Hazara persönlich bedroht worden sei, gab er an, dass sie ihm gesagt hätten, er sei ein Ungläubiger. Das hätte man ihnen in XXXX , als er vom Iran abgeschoben worden sei, gesagt. Weiters gab er an, dass er fünf Mal in Daikundi bedroht worden sei. Über nähere Nachfrage gab er an, dass sie in der Frühlingszeit die Schafe auf die Felder gebracht hätten und die anderen Leute bedroht hätte. Zu den weiteren Fluchtgründen, dass es im Dorf keine Schule und keinen Arzt gegeben hätte, gab er an, dass man ohne Ärzte und Schule nicht leben könne. Er sei insgesamt dreimal von Afghanistan abgeschoben worden. Wann dies gewesen sei, könne er nicht sagen. Das erste Mal sei es 2014 gewesen. Beim ersten Mal sei er eine Nacht, dann drei Nächte und dann eine Woche geblieben. Die ersten beiden Male sei er in XXXX geblieben, dann beim dritten Mal in Herat in einem Hotel. Nochmals zum Fluchtentschluss gefragt, gab er an, dass es keine Arbeit für ihn gegeben hätte und eine Bedrohung durch die Taliban.

Mit den Behörden, der Polizei oder dem Militär habe er in Afghanistan keine Probleme gehabt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan oder in den Iran würde er dort wieder ein unterdrücktes Leben führen. In Österreich besuche er Kurse, und zwar einen Deutschkurs an drei Tagen in der Woche. Außerdem lerne er Deutsch aus dem Internet. Er legte eine Urkunde über erfolgreichen Besuch aller Module des Integrationspasses der XXXX , eine Kursbestätigung für Lesen, Schreiben und Rechnen, sowie ein Unterstützungsschreiben seines Quartierbetreuers vor.

Mit Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten vom 13.09.2017, Zahl XXXX wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei sowie unter Spruchpunkt IV. eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen festgelegt.

In der Begründung des Bescheides wurden die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und auch Feststellungen zur Person und solche zum Herkunftsstaat getroffen. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller bei der Erstbefragung lediglich wirtschaftliche Gründe angegeben habe und die Angaben zu den Fluchtgründen in der Einvernahme pauschal und vage gewesen wären und er auch über nähere Nachfrage nicht in der Lage gewesen sei, detaillierte Angaben zu den Umständen seiner Ausreise zu machen. Außerdem gehöre seine Heimatprovinz Daikundi zu den relativ sicheren Provinzen in Afghanistan. Der Antragsteller habe sich in seinem Fluchtvorbringen lediglich auf allgemeine Informationen beschränkt und sei das Fluchtvorbringen insgesamt als nicht glaubhaft anzusehen.

Rechtlich wurde daraus insbesondere gefolgert, dass mangels glaubhaft vorgebrachter Verfolgungsbefürchtungen es zu keiner Asylgewährung habe kommen können. Zu Spruchpunkt II. wurde zunächst die Bezug habende Judikatur dargelegt und weiters darauf hingewiesen, dass sich keine Gründe hätten feststellen lassen, dass dem Antragsteller eine Rückkehr nach Kabul nicht möglich sei. Der Antragsteller leide auch unter keiner lebensbedrohenden physischen oder psychischen Erkrankung und sei auch die allgemeine Situation in Afghanistan nicht dargestellt, dass schon alleine die Rückkehr des Antragstellers eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde.

Zu Spruchteil III. wurde zunächst ausgeführt, dass ein Sachverhalt im Sinne des § 57 AsylG nicht vorgebracht worden sei und weiters, dass in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte bestehen würden. Zum Privatleben wurde ausgeführt, dass eine Integrationsverfestigung der Person des Antragstellers habe nicht festgestellt werden können und die Familie in Badakhshan (?) leben würde und der Antragsteller den Großteil seines Lebens in Afghanistan verbracht habe. Es sei daher bei einer Gesamtbetrachtung unter Abwägung aller Interessen festzustellen, dass im vorliegenden Fall den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen mehr Bedeutung zukomme als den privaten Interessen des Antragstellers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich. Es sei daher kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erlassen gewesen und eine Rückkehrentscheidung auszusprechen gewesen. Es sei bereits unter Spruchpunkt II. dargelegt worden, dass keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG vorliege und stehe einer Abschiebung nach Afghanistan auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegen, sodass die Zulässigkeit einer solchen auszusprechen gewesen sei. Gründe für die Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise wären auch nicht hervorgekommen.

Gegen diesen Bescheid und zwar gegen alle Spruchteile erhob der Antragsteller, vertreten durch die XXXX , fristgerecht Beschwerde gegen alle Spruchteile. Zunächst wurde vorgebracht, dass das Ermittlungsverfahren, insbesondere die Länderfeststellungen, mangelhaft gewesen seien und diesbezüglich aus weiteren Länderfeststellungen sowie aus Erkenntnissen des BVwG zitiert. Gefolgert wurde, dass dem Antragsteller schon wegen der Zugehörigkeit zur ethnischen Minderheit der Hazara und der Zugehörigkeit der sozialen Gruppe der Rückkehrer aus dem Iran die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sei. Auch die Beweiswürdigung sei mangelhaft gewesen, denn der Beschwerdeführer habe sein Vorbringen sehr detailliert und lebensnah gestaltet und werde zum Beweis für die Glaubwürdigkeit der Fluchtgründe die neuerliche Einvernahme durch das Bundesverwaltungsgericht beantragt.

Der Beschwerdeführer werde schon wegen der Zugehörigkeit zur ethnischen Gruppe der Hazara asylrelevant verfolgt und drohe ihm überdies eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung. Schließlich wurde auch noch der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die diesbezügliche Judikatur des VfGH wiederholt.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 26.09.2019 an, zu der der Beschwerdeführer in Begleitung einer Mitarbeiterin der XXXX erschien, die belangte Behörde ließ sich für ihr Nichterscheinen entschuldigen. Die Beschwerdeführervertreterin legte Deutschkursbestätigungen einschließlich Basisbildungskursbestätigungen der XXXX Volkshochschule und des Verein " XXXX " sowie eine Teilnahmebestätigung an einem Werte- und Orientierungskurs einschließlich der Urkunde über den bestandenen Integrationspass vor.

Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen und die Beschwerde aufrecht und wollte nichts korrigieren. Er sei afghanischer Staatsbürger. Er habe Afghanistan bereits als Kind verlassen und daher keine Dokumente. Er sei schiitischer Moslem und gehöre den Hazara an. XXXX wäre er im Dorf XXXX in der Provinz Dakundi geboren, das genaue Geburtsdatum wisse er nicht. Dort habe er auch bis zu seinem 18. Lebensjahr gelebt, dann im Iran in XXXX . Zehn Jahre lang habe er die Schule besucht. Über Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung nur von drei Jahren Schulbesuch gesprochen habe und beim BFA (AS 47) von etwa sechs Jahren, gab er an, dass er tatsächlich zehn Jahre lang die Schule besucht habe. In Afghanistan habe er von der Landwirtschaft gelebt. Sein Vater habe Weizen, Mais und Gemüse angebaut. Wie groß das Grundstück gewesen sei, wisse er nicht. Sie hätten ausreichend Ernte gehabt und sie hätten auch Nutztiere, zum Beispiel Schafe, gehabt. Über Vorhalt, dass er beim BFA (AS 131) lediglich von zwei Kühen gesprochen habe, gab er an, dass sie diese auch gehabt hätten. Ab dem 7. Lebensjahr habe er angefangen, seinen Vater in der Landwirtschaft zu unterstützen. Er habe sowohl in Afghanistan als auch im Iran finanzielle Probleme gehabt. Er sei weder verheiratet noch habe er Kinder. Mit dem Staat habe er keinerlei Probleme gehabt. Sie hätten aber Probleme mit den Taliban und den Kuchis gehabt. Näher nachgefragt gab er an, dass die Kuchis die Tiere auf die Weiden losgelassen hätten ohne Acht zu nehmen, dass sie dort hart gearbeitet hätten. Sie hätten den Tieren überall freien Lauf gelassen und hätten sie überall auf ihren Feldern weiden lassen. Auch bewaffnete Auseinandersetzungen hätte es gegeben. Er sei auch bei zwei bewaffneten Auseinandersetzungen dabei gewesen, habe aber selbst keine Waffe gehabt. Er sei dann in den Iran geflüchtet. Befragt, ob der Antragsteller bei den Auseinandersetzungen irgendwie verletzt worden sei, gab er an, dass er sich machtlos gefühlt habe, aber dass ihm nichts passiert sei. Es habe aber Tote gegeben. Das sei aber gewesen, als er sich schon im Iran aufgehalten habe. Die Kuchis hätten das Dorf jedes Jahr in gleicher Weise überfallen. Sie hätten immer dann angegriffen, wenn alles erntereif gewesen sei, nämlich im Frühjahr. Gefragt, ob ihnen die Kuchis irgendwelche Tiere weggenommen hätten, bejahte er dies. Über Vorhalt, dass er beim BFA (AS 49) gesagt habe, dass ihnen die Kuchis keine Tiere weggenommen hätten, gab er an, dass sei ihnen nicht nur die Tiere weggenommen hätten, sondern auch geschlachtet hätten. Gefragt, ob die Taliban versucht hätten, ihn zwangsweise für den Jihad zu rekrutieren, gab er an, dass sie ihm das nicht gesagt hätten. Sie hätten es (lediglich) auf ihre Ernte und ihre Grundstücke abgesehen gehabt. Er selbst sei persönlich nicht von den Taliban bedroht worden. Kuchis und Taliban setze er gleich. Über Vorhalt seiner Aussagen vor dem BFA "Woher wissen Sie, dass diese Leute Taliban gewesen seien?". "Diese Leute waren Chauffeure" gab er an, dass er das mit den Chauffeuren nicht gesagt habe.

Gefragt nach dem unmittelbaren Anlass seiner Ausreise in den Iran gab er an, dass sich alles zugespitzt habe und er nach Beratung mit seinem Vater gemeint habe, dass die Gefahr, getötet zu werden, zu groß sei. Damals sei er 18 Jahre alt gewesen. Über Vorhalt, dass er beim BFA (AS 49) auch die mangelnde ärztliche Versorgung als Grund für die Ausreise ausgeführt habe, gab er an, das habe er so gemeint, dass sie die Verletzten nicht behandeln hätten können. Über Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung (AS 11) ausschließlich wirtschaftliche Gründe für das Verlassen von Afghanistan angeführt habe, gab er an, dass er wohl wirtschaftliche Probleme gehabt habe, aber auch Probleme mit den Kuchis. Vielleicht habe man das Wort Kuchis nicht verstanden. Weiters habe er beim BFA (AS 52) angegeben, dass er zum Zeitpunkt der Erstbefragung keine Angst vor den Taliban gehabt hätte, im Zeitpunkt der Einvernahme durch das BFA aber schon, dazu führte er aus, dass er jetzt noch mehr Angst vor den Taliban habe.

Gefragt nach dem Leben im Iran gab er an, dass er dort zwar Arbeit, aber keine Dokumente gehabt habe. Deswegen sei er auch insgesamt drei Mal abgeschoben worden. Er sei nur jeweils wenige Tage in Afghanistan geblieben und dann zurück in den Iran gekehrt. Eigentlich habe er zu seiner Familie zurückkehren wollen, aber sein Vater habe ihn gewarnt, denn er habe Angst gehabt, dass ihm die Kuchis etwas antun könnten. Er sei Ende 2015 in Österreich angekommen und sei ca. einen Monat hierher unterwegs gewesen. Als er sich im Iran aufgehalten habe, habe er erfahren, dass seine Mutter verstorben sei. 2018 habe er dann erfahren, dass auch sein Vater verstorben sei. Beide Eltern seien eines natürlichen Todes gestorben. Er habe zwei Schwestern, beide seien verheiratet und würden im Iran leben. Verwandte oder Freunde in Afghanistan habe er nicht. Auch seine Eltern hätten keine Geschwister gehabt und habe er auch zu niemandem mehr in Afghanistan Kontakt, zu seinen Schwestern im Iran aber schon. Es könne ihn auch niemand vom Iran aus unterstützen.

Er sei gesund und mache derzeit in Österreich einen Deutschkurs. In der Freizeit spiele er Fußball oder Volleyball oder gehe schwimmen. In einer Ehe oder Lebensgemeinschaft lebe er nicht. Er sei dabei, Deutsch zu lernen, die A1-Prüfung habe er wegen der Verhandlung verschieben müssen. Später möchte er den Schulabschluss machen und den Führerschein. Er habe immer wieder ohne Bezahlung in der Umgebung den Nachbarn geholfen. In Vereinen oder Institutionen sei er nicht. Er betreibe aber Sport. Am Anfang habe er Schwierigkeiten gehabt, Kontakt zu den Leuten zu finden. Durch das Volleyballspielen habe er aber einige Freunde in der Umgebung gefunden.

Gefragt, was mit ihm geschehen würde, wenn er nach Afghanistan zurückkehren würde, gab er an, dass er wisse, dass er dort nicht leben könne. Er würde versuchen, in den Iran oder woanders hinzukommen. Über Vorhalt, dass er jung, gesund und arbeitsfähig sei, Schulausbildung und Berufspraxis habe, ob er sich dann nicht in Herat oder Mazar-e Sharif niederlassen könne, gab er an, dass er sich dort nicht auskenne und wenn ihm ein Leben dort möglich gewesen wäre, wäre er dortgeblieben. Wenn er in Österreich bleiben dürfe, würde er sofort jede Arbeit auf Baustellen, die sich ergebe, annehmen und nebenbei eine Ausbildung machen. Ein weiteres Vorbringen habe er nicht.

Verlesen wurde der aktuelle Strafregisterauszug, in dem keine Verurteilung aufscheint. Über Vorhalt des aktuellen Länderinformationsblatt zu Afghanistan (soweit verfahrensrelevant) gab die Beschwerdeführervertreterin sogleich folgende Stellungnahme ab: "Zur Sicherheitslage in Afghanistan muss angeführt werden, dass seit dem Scheitern der Friedensverhandlungen zwischen den USA und den Taliban Afghanistan von einer neuen Gewaltwelle heimgesucht wird. Zur sozioökonomischen Lage in Herat und Mazar-e Sharif wird ein aktueller ACCORD-Bericht (ACCORD Anfragebeantwortung zur Sicherheitslage und sozioökonomischen Lage in Herat und Mazar-e Sharif) eingebracht. Insbesondere muss auf die aktuellen EASO-Richtlinien hingewiesen werden, dass für Iran-Rückkehrer eine IFA nicht vorliegt, wenn es in den Neuansiedlungsgebieten kein Unterstützungsnetzwerk gibt. In diesen Zusammenhang kann auch auf ein Erkenntnis des VwGH hingewiesen werden vom 28.08.2019, Ra 2018/14/0308. Auch muss darauf hingewiesen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht mit finanzieller Hilfe seitens seiner Verwandten rechnen könnte."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischer Moslem. Er wurde XXXX in Dorf XXXX in der Provinz Daikundi in Afghanistan geboren und hat bis zu seinem 18. Lebensjahr in Afghanistan gelebt, anschließend in XXXX , im Iran. Er hat zehn Jahre lang bei seinem Vater in der Landwirtschaft gearbeitet, wo er schon ab dem siebenten Lebensjahr mitgeholfen hat. Im Iran ist er ebenfalls als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft und auf Baustellen tätig gewesen. Er hatte sowohl in Afghanistan als auch im Iran wirtschaftliche Probleme.

Es mag sein, dass es im Heimatdorf des Beschwerdeführers zu dem bekannten Konflikt zwischen Kuchis und Hazara um Weideflächen bzw. Felder gekommen ist, es ist jedoch nicht glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer persönlich von Taliban bedroht oder verfolgt wurde. Vielmehr erscheint es glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer aus wirtschaftlichen Gründen Afghanistan und auch in der Folge den Iran verlassen hat, wobei er mehrfach nach Afghanistan (wegen mangelnder Dokumente) zurückgeschoben wurde.

Der Beschwerdeführer gelangte irregulär am 21.10.2015 nach Österreich. Nachdem seine Mutter bereits während seines Iran-Aufenthaltes und sein Vater 2018 eines natürlichen Todes gestorben sind, hat er keine Eltern mehr in Afghanistan. Seine beiden (verheirateten) Schwestern würden im Iran leben. Auch sonst ist er seinen eigenen Angaben zufolge mit niemandem mehr in Afghanistan in Kontakt. Der Beschwerdeführer ist gesund und führt kein Familienleben in Österreich. Er besucht wohl Deutschkurse, hat aber noch keine Deutschdiplome oder einen Pflichtschulabschluss erworben. Er hat gelegentlich Nachbarn unentgeltlich geholfen, aber keine legale Erwerbsarbeit verrichtet und insbesondere nicht selbsterhaltungsfähig. Er ist auch nicht bei Vereinen, wenn er auch über das Volleyball-Spielen Kontakte zu Österreichern gefunden hat. Der Beschwerdeführer ist unbescholten.

Zu Afghanistan wird Folgendes verfahrensbezogen festgestellt:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 4.6.2019, politische Ereignisse, zivile Opfer, Anschläge in Kabul, IOM (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage; Abschnitt 2/Politische Lage; Abschnitt 23/Rückkehr).

Politische Ereignisse: Friedensgespräche, Loya Jirga, Ergebnisse Parlamentswahl

Ende Mai 2019 fand in Moskau die zweite Runde der Friedensgespräche zwischen den Taliban und afghanischen Politikern (nicht der Regierung, Anm.) statt. Bei dem Treffen äußerte ein Mitglied der Taliban, Amir Khan Muttaqi, den Wunsch der Gruppierung nach Einheit der afghanischen Bevölkerung und nach einer "inklusiven" zukünftigen Regierung. Des Weiteren behauptete Muttaqi, die Taliban würden die Frauenrechte respektieren wollen. Ein ehemaliges Mitglied des afghanischen Parlaments, Fawzia Koofi, äußerte dennoch ihre Bedenken und behauptete, die Taliban hätten kein Interesse daran, Teil der aktuellen Regierung zu sein, und dass die Gruppierung weiterhin für ein islamisches Emirat stünde. (Tolonews 31.5.2019a).

Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den inner-afghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an, betonte aber dennoch, dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Einer weiteren Quelle zufolge wurden die kritischen Äußerungen zahlreicher Jirga-Teilnehmer zu den nächtlichen Militäroperationen der USA nicht in den Endbericht aufgenommen, um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht zu gefährden. Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil, was wahrscheinlich u.a. mit dem gescheiterten Dialogtreffen, das für Mitte April 2019 in Katar geplant war, zusammenhängt. Dort wäre die Regierung zum ersten Mal an den Friedensgesprächen mit den Taliban beteiligt gewesen. Nachdem erstere jedoch ihre Teilnahme an die Bedingung geknüpft hatte, 250 Repräsentanten nach Doha zu entsenden und die Taliban mit Spott darauf reagierten, nahm letztendlich kein Regierungsmitarbeiter an der Veranstaltung teil. So fanden Gespräche zwischen den Taliban und Exil-Afghanen statt, bei denen viele dieser das Verhalten der Regierung öffentlich kritisierten (Heise 16.5.2019).

Anfang Mai 2019 fand in Katar auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA statt. Der Sprecher der Taliban in Doha, Mohammad Sohail Shaheen, betonte, dass weiterhin Hoffnung hinsichtlich der inner-afghanischen Gespräche bestünde. Auch konnten sich der Quelle zufolge die Teilnehmer zwar bezüglich einiger Punkte einigen, dennoch müssten andere "wichtige Dinge" noch behandelt werden (Heise 16.5.2019).

Am 14.5.2019 hat die unabhängige Wahlkommission (Independent Electoral Commission, IEC) die Wahlergebnisse der Provinz Kabul für das afghanische Unterhaus (Wolesi Jirga) veröffentlicht (AAN 17.5.2019; vgl. IEC 14.5.2019, IEC 15.5.2019). Somit wurde nach fast sieben Monaten (die Parlamentswahlen fanden am 20.10.2018 und 21.10.2018 statt) die Stimmenauszählung für 33 der34 Provinzen vervollständigt. In der Provinz Ghazni soll die Wahl zusammen mit den Präsidentschafts- und Provinzialratswahlen am 28.9.2019 stattfinden. In seiner Ansprache zur Angelobung der Parlamentsmitglieder der Provinzen Kabul und Paktya am 15.5.2019 bezeichnete Ghani die siebenmonatige Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen, die IEC und die Electoral Complaints Commission (ECC), als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).

Zivile-Opfer, UNAMA-Bericht

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).

Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019).

Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019).

Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).

Anschläge in Kabul-Stadt

Ende Mai 2019 fanden in Kabul-Stadt einige Anschläge und gezielte Tötungen in kurzen Abständen zu einander statt: Am 26.5.2019 wurde ein leitender Mitarbeiter einer NGO in Kart-e Naw (PD5, Police District 5) durch unbekannte bewaffnete Männer erschossen (Tolonews 27.5.2019a). Am 27.5.2019 wurden nach der Explosion einer Magnetbombe, die gegen einen Bus von Mitarbeitern des Ministeriums für Hadsch und religiöse Angelegenheiten gerichtet war, zehn Menschen verletzt. Die Explosion fand in Parwana-e Do (PD2) statt. Zum Vorfall hat sich keine Gruppierung bekannt (Tolonews 27.5.2019b).

Des Weiteren wurden im Laufe der letzten zwei Maiwochen vier Kontrollpunkte der afghanischen Sicherheitskräfte durch unbekannte bewaffnete Männer angegriffen (Tolonews 31.5.2019b).

Am 30.5.2019 wurden in Folge eines Selbstmordangriffes nahe der Militärakademie Marshal Fahim im Stadtteil Char Rahi Qambar (PD5) sechs Personen getötet und 16 Personen, darunter vier Zivilisten, verletzt. Die Explosion erfolgte, während die Kadetten die Universität verließen (1 TV NEWS 30.5.2019). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zu dem Anschlag (AJ 30.5.2019).

Am 31.5.2019 wurden sechs Personen, darunter vier Zivilisten, getötet und fünf Personen, darunter vier Mitglieder der US-Sicherheitskräfte, verletzt, nachdem ein mit Sprengstoff beladenes Auto in Qala-e Wazir (PD9) detonierte. Quellen zufolge war das ursprüngliche Ziel des Angriffs ein Konvoi ausländischer Sicherheitskräfte (Tolonews 31.5.2019c).

Am 2.6.2019 kam nach der Detonation von mehreren Bomben eine Person ums Leben und 17 weitere wurden verletzt. Die Angriffe fanden im Westen der Stadt statt, und einer davon wurde von einer Klebebombe, die an einem Bus befestigt war, verursacht. Einer Quelle zufolge transportierte der Bus Studenten der Kabul Polytechnic University (TW 2.6.2019). Der IS bekannte sich zu den Anschlägen und beanspruchte den Tod von "mehr als 30 Schiiten und Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte" für sich. Die Operation erfolgte in zwei Phasen: Zuerst wurde ein Bus, der 25 Schiiten transportierte, angegriffen, und darauf folgend detonierten zwei weitere Bomben, als sich "Sicherheitselemente" um den Bus herum versammelten. Vertreter des IS haben u.a. in Afghanistan bewusst und wiederholt schiitische Zivilisten ins Visier genommen und sie als "Polytheisten" bezeichnet. (LWJ 2.6.2019).

Am 3.6.2019 kamen nach einer Explosion auf der Darul Aman Road in der Nähe der American University of Afghanistan fünf Menschen ums Leben und zehn weitere wurden verletzt. Der Anschlag richtete sich gegen einen Bus mit Mitarbeitern der Independent Administrative Reform and Civil Service Commission (Tolonews 3.6.2019) US-Angaben zufolge ist die Zahl der IS-Anhänger in Afghanistan auf ca. 5.000 gestiegen, fünfmal so viel wie vor einem Jahr. Gemäß einer Quelle profitiert die Gruppierung vom "zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan und von aus Syrien geflohenen Kämpfern". Des Weiteren schließen sich enttäuschte Mitglieder der Taliban sowie junge Menschen ohne Zukunftsperspektive dem IS an, der in Kabul, Nangarhar und Kunar über Zellen verfügt (BAMF 3.6.2019). US-Angaben zufolge ist es "sehr wahrscheinlich", dass kleinere IS-Zellen auch in Teilen Afghanistans operieren, die unter der Kontrolle der Regierung oder der Taliban stehen (VOA 21.5.2019). Eine russische Quelle berichtet wiederum, dass ca. 5.000 IS-Kämpfer entlang der Nordgrenze tätig sind und die Nachbarländer bedrohen. Der Quelle zufolge handelt es sich dabei um Staatsbürger der ehemaligen sowjetischen Republiken, die mit dem IS in Syrien gekämpft haben (Newsweek 21.5.2019).

Anmerkung der Staatendokumentation: Zur besseren Ortung der oben beschriebenen Vorfälle folgt eine kartografische Darstellung der Staatendokumentation mit der Einteilung der Stadt Kabul in Polizeidistrikte:

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(Quelle: BFA 13.2.2019)

Rückkehr

Die International Organization for Migration (IOM) gewährt seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr. Diese erhalten eine Barzuwendung von ca. 150 Euro sowie Informationen über mögliche Unterkunftsmöglichkeiten. Gemäß dem Europäischen Auswärtigen Amt (EAD) nutzten nur wenige Rückkehrer die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM (BAMF 20.5.2019).

Quellen:

1 TV NEWS (30.5.2019): At least six killed in suicide blast near military academy in Kabul, http://www.1tvnews.af/

en/news/afghanistan/38366-breaking -blast-rocks-kabu l, Zugriff 3.6.2019

AAN - Afghanistan Analysts Network (17.5.2019): The Results of Afghanistan's 2018 Parliamentary Elections: A new, but incomplete Wolesi Jirga,

https://www.afghanistan-analysts.org/the-results-of-afghanistans-2018-parliamentary-elections-a-new-but-incomplete-wolesi-jirga/, Zugriff 22.5.2019

AJ - Al Jazeera (30.5.2019): Suicide bomber targets Afghan military training centre in Kabul,

https://www.aljazeera.com/news/2019/05/suicide-bomber-targets-afghan-military-training-centrekabul-190530082719388.html, Zugriff 3.6.2019

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.6.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per EMail

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (20.5.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per EMail

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.5.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per EMail

BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (13.2.2019): Kabul Police Districts Map, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf

Heise (16.5.2019): Afghanistan: Wie viel Macht hat der Präsident?, https://www.heise.de/tp/

features/Afghanistan-Wie-viel-Macht-hat-der-Praesident-4422023.html,Zugriff 3.6.2019

IEC - Independent Electoral Commission via Facebook (14.5.2019):

Press Declaration 24/2/1398,

https://www.facebook.com/AfghanistanIEC/posts/2361637283896572?__tn__=-R, Zugriff 4.6.2019

IEC - Independent Electoral Commission (15.5.2019): Kabul - Wolesi Jirga Final Results,

http://www.iec.org.af/results/en/home/finalresult_by_province/1/2, Zugriff 4.6.2019

LWJ - Long War Journal (2.6.2019): Islamic State bombs bus, security personnel in western Kabul,

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Newsweek (21.5.2019): Russia Spy Chief warns 5,000 ISIS Foreign Fighters Threaten Borders of Former Soviet Union, https://www.newsweek.com/russia-spy-chief-warns-5000-isis-foreignfighters-threaten-borders-former-1431576, Zugriff 4.6.2019

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Tolonews (31.5.2019a): Taliban Wants An ‚Inclusive Post-Peace Govt', https://www.tolonews.com/afghanistan/

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In Kabul, https://www.tolonews.com/

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Tolonews (31.5.2019c): Heavy Explosion Rocks Kabul; 4 Civilians Killed, https://www.tolonews.com/

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Tolonews (27.5.2019a): Seven Members Of One Family Murdered in Kabul, https://www.tolonews.com/

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Tolonews (27.5.2019b): 10 Wounded As Blast Targets Govt Employees Bus In Kabul, https://www.tolonews.com/

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UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.4.2019): Quarterly Report on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 31 March 2019, https://unama.unmissions.org/sites/

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VOA - Voice of America (21.5.2019): Islamic State in Afghanistan Growing Bigger, More Dangerous, https://www.voanews.com/a/islamic-state-in-afghanistan-growing-bigger-moredangerous/4927406.html, Zugriff 4.6.2019

KI vom 26.3.2019, Anschläge in Kabul, Überflutungen und Dürre, Friedensgespräche, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage; Abschnitt 3/Sicherheitslage; Abschnitt 21/Grundversorgung und Wirtschaft).

Anschläge in Kabul-Stadt

Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019). Die Detonation erfolgte in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins, in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Quellen zufolge wurden dafür drei Bomben platziert: eine im Waschraum einer Moschee, eine weitere hinter einem Krankenhaus und die dritte in einem Stromzähler (TDP 21.3.2019; AJ 21.3.2019). Der ISKP (Islamische Staat -Provinz Khorasan) bekannte sich zum Anschlag (Reuters 21.3.2019).

Während eines Mörserangriffs auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi kamen am 7.3.2019 elf Menschen ums Leben und 95 weitere wurden verletzt. Der ISKP bekannte sich zum Anschlag (AJ 8.3.2019).

Überflutungen und Dürre

Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul, wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.3.2019). Dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.3.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.3.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren, Anm.) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.9.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach Herat-Stadt und 94.945 nach Qala-e-Naw, wo sie sich in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte ansiedelten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (IFRCRCS 17.3.2019).

Friedensgespräche

Kurz nach der Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und Vertretern der USA in Katar Ende Jänner 2019 fand Anfang Februar in Moskau ein Treffen zwischen Taliban und bekannten afghanischen Politikern der Opposition, darunter der ehemalige Staatspräsident Hamid Karzai und mehrere "Warlords", statt (Qantara 12.2.201). Quellen zufolge wurde das Treffen von der afghanischen Diaspora in Russland organisiert. Taliban-Verhandlungsführer Sher Muhammad Abbas Stanaksai wiederholte während des Treffens schon bekannte Positionen wie die Verteidigung des "Dschihad" gegen die "US-Besatzer" und die gleichzeitige Weiterführung der Gespräche mit den USA. Des Weiteren verkündete er, dass die Taliban die Schaffung eines "islamischen Regierungssystems mit allen Afghanen" wollten, obwohl sie dennoch keine "exklusive Herrschaft" anstrebten. Auch bezeichnete er die bestehende afghanische Verfassung als "Haupthindernis für den Frieden", da sie "vom Westen aufgezwungen wurde"; Weiters forderten die Taliban die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Führer und die Freilassung ihrer gefangenen Kämpfer und bekannten sich zur Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Länder, zur Bekämpfung des Drogenhandels, zur Vermeidung ziviler Kriegsopfer und zu Frauenrechten. Diesbezüglich aber nur zu jenen, "die im Islam vorgesehen seien" (z.B. lernen, studieren und sich den Ehemann selbst auswählen). In dieser Hinsicht kritisierten sie dennoch, dass "im Namen der Frauenrechte Unmoral verbreitet und afghanische Werte untergraben würden" (Taz 6.2.2019).

Ende Februar 2019 fand eine weitere Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und US-Vertretern in Katar statt, bei denen die Taliban erneut den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan forderten und betonten, die Planung von internationalen Angriffen auf afghanischem Territorium verhindern zu wollen. Letzterer Punkt führte jedoch zu Meinungsverschiedenheiten: Während die USA betonten, die Nutzung des afghanischen Territoriums durch "terroristische Gruppen" vermeiden zu wollen und in dieser Hinsicht eine Garantie der Taliban forderten, behaupteten die Taliban, es gebe keine universelle Definition von Terrorismus und weigerten sich gegen solch eine Spezifizierung. Sowohl die Taliban- als auch die US-Vertreter hielten sich gegenüber den Medien relativ bedeckt und betonten ausschließlich, dass die Friedensverhandlungen weiterhin stattfänden. Während es zu Beginn der Friedensgesprächsrunde noch Hoffnungen gab, wurde mit Voranschreiten der Verhandlungen immer klarer, dass sich eine Lösung des Konflikts als "frustrierend langsam" erweisen würde (NYT 7.3.2019).

Die afghanische Regierung war weder an den beiden Friedensgesprächen in Doha noch an dem Treffen in Moskau beteiligt (Qantara 12.2.2019; vgl. NYT 7.3.2019), was Unbehagen unter einigen Regierungsvertretern auslöste und die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beeinträchtigte (Reuters 18.3.2019; vgl. WP 18.3.2019). Beispielsweise erklärte US-Unterstaatssekretär David Hale am 18.3.2019 die Beendigung der Kontakte zwischen US-Vertretern und dem afghanischen nationalen Sicherheitsberater Hamdullah Mohib, nachdem dieser US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen öffentlich kritisiert hatte (Reuters 18.3.2019).

Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Die Präsidentschaftswahl, welche bereits von April auf Juni 2019 verschoben worden war, soll Quellen zufolge nun am 28.9.2019 stattfinden. Grund dafür seien "zahlreiche Probleme und Herausforderungen, welche vor dem Wahltermin gelöst werden müssten, um eine sichere und transparente Wahl sowie eine vollständige Wählerregistrierung sicherzustellen - so die unabhängige Wahlkommission (IEC) (VoA 20.3.2019; vgl. BAMF 25.3.2019).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (21.3.2019): Blasts in Afghan capital Kabul kill six during new year festival,

https://www.aljazeera.com/news/2019/03/blasts-afghan-capital-kabul-kill-6-year-festival-190321064823472.

html, Zugriff 26.3.2019

AJ - Al Jazeera (8.3.2019): Death toll rises to 11 in attack on Shia gathering in Kabul, https://www.aljazeera.

com/news/2019/03/death-toll-rises-11-afghan-capital-attack-shia-gathering-190308102222870.html, Zugriff 26.3.2019

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (25.3.2019): Briefing Notes Afghanistan, liegen im Archiv der Staatendokumentation auf

NYT - The New York Times (7.3.2019): U.S. Peace Talks With Taliban Trip Over a Big Question: What Is Terrorism?, https://www.nytimes.com/2019/03/07/world/asia/taliban-peace-talksafghanistan.html, Zugriff 26.3.2019

IFRCRCS - International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (17.3.2019): Emergency Appeal Afghanistan: Drought and Flash Floods,

https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-drought-and-flash-floods

Qantara (12.02.2019): Any deal will do, https://en.qantara.de/print/34493, Zugriff 26.3.2019

Reuters (21.3.2019): Explosions in Afghan capital Kabul kills six during new year festival,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack/explosions-in-afghan-capital-kabul-kill-6-during-new-year-festival-idUSKCN1R20GL, Zugriff 26.3.2019

Reuters (18.3.2019): U.S. freezes out top Afghan official in peace talks feud: sources, https://www.reuters.com/

article/us-usa-afghanistan/us-freezes-out-top-afghan-official-in-peacetalks-feud-sources-idUSKCN1QZ2OU, Zugriff 26.3.2019

Taz - Die Tagezeitung (6.2.2019): Auch Moskau spielt die Taliban-Karte,

https://www.taz.de/Gespraeche-zwischen-Taliban-und-Russland/!5568633/, Zugriff 26.3.2019

TDP - The Defense Post (21.3.2019): Bomb blasts around Afghanistan capital kill 6 during Nowruz celebrations, https://thedefensepost.com/2019/03/21/afghanistan-kabul-bombings-nowruz/, Zugriff 26.3.2019

UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (19.3.2019): Afghanistan: Flash Floods, Update No. 7 (as of 19 March 2019),

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources

/afg_flash_floods_update_7_19_mar_2019_web.pdf, Zugriff 26.3.2019

VoA - Voice of America (20.3.2019): Afghanistan Again Postpones Presidential Election, https://www.voanews.

com/a/afghanistan-again-postpones-presidential-election/4840141.html, Zugriff 26.3.2019

WP - The Washington Post (18.3.2019): Afghan government, shut out of

U.S.-Taliban peace talks, running short on options,

https://www.washingtonpost.com/world/afghan-government-shut-out-ofus-taliban-peace-talks-running-short-on-options/2019/03/18/92cd6128-497d-11e9-8cfc-2c5d0999c21e_story.html?noredirect=on&

utm_term=.ffa121b12dbc, Zugriff 26.3.2019

Kommentar:

Die Lage vor Ort wird weiterhin beobachtet und gegebenenfalls wird mit weiteren Kurzinformationen reagiert. Weiterführende Informationen zu der Friedensgesprächsrunde von Jänner 2019 können der KI vom 31.1.2019 entnommen werden.

KI vom 1.3.2019, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2018 (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018).

Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019). Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).

Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

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(BFA Staatendokumentation 20.02.2019a)

In der folgenden Grafik der Staatendokumentation wird das Verhältnis zwischen den vier Quartalen des Jahres 2018 anhand der registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle für den Zeitraum 1.1.2018 - 31.12.2018 veranschaulicht.

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(BFA Staatendokumentation 20.02.2019b)

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;

1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen).

Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382;davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmte

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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