TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/15 W169 2103966-2

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Veröffentlicht am 15.11.2019
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Entscheidungsdatum

15.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W169 2103970-2/11E

W169 2103966-2/11E

W169 2168897-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerden des 1. XXXX , geb. XXXX , der 2. XXXX , geb. XXXX und des 3. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2019, Zl. 1. 1019289700-190181341,

2. 1019290309-190181333, 3. 1159502106-190181350, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. und II. der angefochtenen Bescheide werden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Beschwerden gemäß §§ 15b, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 FPG als unbegründet abgewiesen.

III. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Zweitbeschwerdeführerin ist die Ehegattin des Erstbeschwerdeführers und die Mutter des Drittbeschwerdeführers.

1. Erstes Verfahren

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, afghanische Staatsangehörige, stellten nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 21.05.2014 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. Für den in Österreich geborenen Drittbeschwerdeführer wurde am 12.07.2017 durch den Erstbeschwerdeführer als seinen gesetzlichen Vertreter ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

1.2. Am 21.05.2014 fand die Erstbefragung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.

1.3. Am 11.02.2015 fand jeweils eine niederschriftliche Befragung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Zusammengefasst bezogen sie sich zu ihren Fluchtgründen auf eine Gefährdung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den Sikhs. Die Zweibeschwerdeführerin brachte sexuelle Belästigungen in diesem Zusammenhang vor. Sie seien aufgefordert worden, zum Islam zu konvertieren und als Ungläubige bezeichnet worden. Zudem seien Steine auf sie geworfen worden. Auch hinsichtlich ihres Bestattungsrituals seien sie gefragt worden. Die Zweitbeschwerdeführerin führte ins Treffen, dass sie dort nicht allein habe hinaus oder in den Tempel gehen können, hier könne sie alleine spazieren gehen. Sowohl die Zweitbeschwerdeführerin als auch der Erstbeschwerdeführer bezogen sich auf ein konkretes Ereignis, bei dem die Schwester des Erstbeschwerdeführers, als diese mit der Zweitbeschwerdeführerin am Weg zum Tempel gewesen wäre, entführt worden sei. Die Zweitbeschwerdeführerin führte aus, dass es einmal einen Drohbrief gegeben habe und später noch ein Brief gekommen sei, in dem Geld gefordert worden sei. Da sie das zweite Mal nicht gezahlt hätten, sei die Schwägerin entführt worden. Der Erstbeschwerdeführer führte schriftliche Gelderpressungen ins Treffen. Sie seien mit Briefen zur Konversion zum Islam aufgefordert worden. Zudem schilderte der Erstbeschwerdeführer, dass die Situation für Sikhs in Kandahar sehr schlecht sei. Auslösend für die Ausreise seien die unsichere Situation für ihre Frauen und für Angehörige ihrer Religion gewesen. Schließlich brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass nach seiner Schwester auch seine Cousine entführt worden sei. Die Zweitbeschwerdeführerin legte die Kopie eines Ausweises ihres Vaters vor. Der Erstbeschwerdeführer legte eine Heiratsurkunde und einen Kaufvertrag in deutscher Übersetzung vor.

In der Einvernahme vor dem Bundesamt am 08.08.2017 brachte der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich des Drittbeschwerdeführers als dessen gesetzlicher Vertreter vor, dass der Drittbeschwerdeführer gesund sei und für ihn die gleichen Fluchtgründe gelten würden.

1.4. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.03.2015 (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin) bzw. vom 10.08.2017 (hinsichtlich des Drittbeschwerdeführers) wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) und auf Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin gemäß §§ 55, 57 AsylG und dem Drittbeschwerdeführer gemäß § 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG wurde gegen sie jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und jeweils gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen bzw. 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. beim Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin bzw. Spruchpunkt IV. beim Drittbeschwerdeführer).

1.5. Gegen die unter 1.4. genannten Bescheide wurde jeweils fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.6. Das Bundesverwaltungsgericht führte über die eingebrachten Beschwerden am 14.06.2018 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durch. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Parteienvernehmung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin.

Hinsichtlich nachfolgender beigeschaffter Berichte zur Situation in Afghanistan

-

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 02.03.2017, aktualisiert am 30.01.2018,

-

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Afghanistan, Frauen in urbanen Zentren, vom 18.09.2017,

-

Bericht des Auswärtigen Amtes Berlin zu Afghanistan vom 31.05.2018,

-

Anfragebeantwortung von ACCORD vom 07.09.2017 (zur Lage der Sikhs) und vom 01.06.2017,

-

Gutachten zur Lage der Sikhs in Afghanistan von Dr. S. Rasuly vom 27.02.2016,

wurde eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt.

1.7. Am 21.06.2018 langten Stellungnahmen dazu ein.

1.8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.07.2018, Zlen. W220 2103966-1/26E, W220 2103970-1/23E und W220 2168897-1/6E, wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Vorbringen der Beschwerdeführer zu ihren Fluchtgründen kein Glauben geschenkt werde. Insbesondere werde auch das Vorbringen der Beschwerdeführer über die Unkenntnis über den Verbleib und den fehlenden Kontakt zur Familie und Verwandtschaft in Afghanistan nicht geglaubt. Die Eltern des Erstbeschwerdeführers (dort: Zweitbeschwerdeführer) würden in der Stadt Kandahar leben und wohlhabend sein. Sie seien Eigentümer eines Hauses in Kandahar, würden über viel Vermögen verfügen und eine Apotheke betreiben, die wirtschaftlich erfolgreich sei, sodass die Familie von deren Ertrag gut leben könne. Unabhängig davon stehe den Beschwerdeführern aber auch eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan sei nicht gegeben. Schließlich sei davon auszugehen, dass die Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen in den Hintergrund treten würden.

1.9. Dagegen brachten die Beschwerdeführer außerordentliche Revisionen, mit denen jeweils ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden wurde, ein und gab der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 12.06.2019, Zl. Ra 2018/14/0332- bis 0334-16, diesen Anträgen der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung statt.

2. Gegenständliches Verfahren

2.1. Am 20.02.2019 stellten die Beschwerdeführer - nach illegaler Einreise in Deutschland im November 2018 und Rücküberstellung am 18.02.2019 - die gegenständlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz. Am selben Tag fand die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.

Dabei gab der Erstbeschwerdeführer zu Protokoll, dass die alten Fluchtgründe immer noch bestehen würden, es aber auch neue Fluchtgründe gebe. Die derzeitige Lage in Afghanistan und speziell in Kandahar sei sehr schlecht. Zur Zeit seiner Ausreise hätten dort noch 40 bis 45 Sikh-Familien gelebt. Nun lebe kein Sikh mehr in Kandahar. Man sei dabei, die Sikhs zu vernichten. Vor ca. 1,5 Monaten sei der letzte Sikhtempel geschlossen worden, weil keine Sikhs mehr dort leben würden. In ganz Afghanistan sei es nicht mehr möglich, als Sikh zu leben. Die Sikhs würden Drohbriefe erhalten, laut denen sie entweder zum Islam konvertieren sollen oder vernichtet werden. Sonst müsse man das Land verlassen. Im Falle einer Rückkehr habe der Erstbeschwerdeführer Angst, getötet zu werden.

Die Zweitbeschwerdeführerin führte an, dass ihr Leben in Afghanistan in Gefahr sei, da sie eine Sikh-Frau sei. Die Gefahr bestehe für sie umso mehr, weil in Afghanistan Sikhs verfolgt werden würden. In Kandahar lebe derzeit kein einziger Sikh. Alle hätten Angst, getötet zu werden, weshalb sie aus Afghanistan fliehen würden. Für die Zweitbeschwerdeführerin sei eine Rückkehr unmöglich. Als Frau sei es dort noch gefährlicher, da man vergewaltigt werde. Die alten Fluchtgründe würden ebenso noch bestehen. Im Falle einer Rückkehr habe die Zweitbeschwerdeführerin Angst, getötet zu werden. Sie könnten bombardiert werden, alles sei dort möglich.

2.2. Den Beschwerdeführern wurde vom Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl eine mit 27.02.2019 datierte Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG ausgefolgt, mit welcher ihnen mitgeteilt wurde, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beabsichtige, die Anträge auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

2.3. Am 11.03.2019 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen.

2.3.1. Der Erstbeschwerdeführer gab dabei an, keine Familienangehörige in Afghanistan zu haben. Es lebe kein einziger Sikh mehr in Kandahar. Er habe zu seinen Eltern keinen Kontakt, aber sie seien nicht in Afghanistan. Das hätten ihm Sikh-Familien, die dort gewesen seien, gesagt. Er habe das letzte Mal von ca. drei bis dreieinhalb Monaten in einem Tempel in Hamburg nachgefragt.

Auf die Frage, warum er einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stelle, führte der Erstbeschwerdeführer Folgendes aus (VP:

nunmehriger Erstbeschwerdeführer; LA: Leiterin der Amtshandlung):

"(...)

LA: Hat sich seit der rechtskräftigen Entscheidung von Ihrem Vorverfahren irgendetwas Wesentliches in Ihrem Leben geändert?

VP: Ein Bericht über den geschlossenen Sikh Tempel, der vor 2 Monaten geschlossen wurde. Es lebt dort kein einziger Sikh mehr. Nachdem ich das Interview hatte gab es wieder Angriffe auf Sikh Personen. Über Sikh Personen gibt es vieles im Internet, ich habe aber speziell für Sikh aus Afghanistan diese Ausdrucke gemacht. Wöchentlich bzw. monatlich werden die Sikhs aufgefordert den Islam anzunehmen oder widrigenfalls das Land zu verlassen (AW gibt diverse Kopien ab).

LA: Ist das der Grund Ihrer neuerlichen Antragstellung?

VP: Ja. Wenn es nicht so schlimm wäre, wieso würden dann Kanadier Leute aus Afghanistan, also die Sikhs sponsern und zu sich holen, Leute fliehen aus dem Land und Sie sagen ich solle zurück??!!! In ganz Afghanistan gibt es derzeit 35 Sikh Familien verteilt in Kabul und Jalalabad, aber selbst die werden dieses oder nächsten Monat fliehen, das wird sicher diese Woche in den Nachrichten zu sehen sein, weil sie ein Ticket bekommen.

LA: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr?

VP: Wenn Sie mich zurückschicken werde ich sterben. Heutzutage ist es ja so, wenn man den Koran nicht lesen kann wird man von der IS oder der Daesh getötet. Ich bin ja von der Sikh Religion, ich kann dort überhaupt nicht leben, ich kann dort weder arbeiten noch wohnen. Ich habe eine Sohn hier bekommen, er hat weder einen Schulzugang dort noch haben wir dort eine Zukunft, ich bin mittlerweile 34 Jahre alt und bin noch gar nicht in die Schule gegangen, dort bekommen wir Sikhs keinen Schulzugang oder eine Anmeldung und selbst wenn, wird man gezwungen den Koran zu lesen. Afghanistan ist ein islamisches Land, ich als Sikh kann dort nicht leben,

(...)"

Zu den Lebensumständen im Bundesgebiet gab der Erstbeschwerdeführer zu Protokoll, dass seine Schwester und ein Cousin in Wien leben würden. Er lebe mit seiner Frau und seinem Kind in einem Haushalt. Er habe im Erstverfahren bei der Caritas als Übersetzer gearbeitet und Büros gereinigt; jetzt gehe er keine Beschäftigung nach. Er spreche etwas Deutsch. Er sei nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen. Seine Frau sei krank, sie habe Nierensteine und habe eine Gallenoperation gehabt. Seit der Geburt des Kindes habe sie am Bauch und am Rücken Schmerzen. Der Sohn sei seit sieben bis acht Monaten sehr verstört, schlafe kaum und weine den ganzen Tag, sobald er die Polizei oder blaue Fahrzeuge sehe.

Weiters wurde der Erstbeschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und ihn nach Afghanistan auszuweisen. Dazu brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass diese Entscheidung nicht richtig sei.

Dem Erstbeschwerdeführer wurde am Ende der Einvernahme die Möglichkeit geboten, in die aktuellen Länderberichte zur Situation in Afghanistan Einsicht zu nehmen und eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben. Der Erstbeschwerdeführer verzichtete auf eine Einsichtnahme sowie eine Stellungnahme.

Vom Erstbeschwerdeführer vorgelegt wurden ein Zertifikat über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 vom 23.07.2018, diverse Berichte über die Lage der Sikhs in Afghanistan, Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben datiert zwischen 02.04.2015 und 23.02.2019 sowie Kopien der Konventionspässe der Schwester und eines Cousins des Erstbeschwerdeführers.

2.3.2. Die Zweitbeschwerdeführerin gab vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an, in Kandahar keine Verwandten zu haben. Außerhalb von Kandahar gebe es nur in Kabul 30 bis 35 Sikh-Familien.

Auf die Frage, warum sie einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stelle, führte die Zweitbeschwerdeführerin Folgendes aus (VP: nunmehrige Zweitbeschwerdeführerin; LA: Leiterin der Amtshandlung):

"(...)

LA: Aus welchem Grund stellten Sie neuerlich einen Asylantrag?

VP: Wegen den Gründen, die wir davor bereits gesagt haben, wir haben dort keinen Schulzugang, dort ist es für eine Frau ganz anders, man muss durchgehend eine Burka tragen. Es ist keine Burka wie bei den Türken, es ist anders, es ist in Kandahar ganz anders. Vor 2 Monaten wurde ein Sikhtempel geschlossen, es lebt dort keiner mehr. In der Hitze in Kandahar muss man die ganze Haut bedecken. Wir beide sind Analphabeten und haben nicht gelernt, ich will nicht, dass mein Kind auch so aufwächst. (AW weint)

LA: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr?

VP: Man wird uns töten. Falls Sie denken dass wir zurückkönnen und mit Geld woanders hinziehen ist das falsch, denn wir können nicht einmal von Kabul nach Kandahar ohne dass ein Moslem es mitbekommt. Sie können das nicht wissen, weil nicht alles in den Nachrichten gezeigt wird, die Medienleute haben alle Angst, nur eine Person von dort kann sagen wie es wirklich ist, wir sind von dort. (AW weint). E gibt nur mehr 30-35 Familien, selbst die sind am Wegkommen, weil die USA und Kanada versuchen die wegzubringen. Ich habe das bereits zweimal davor gesagt, dass wir nach dem Tod nicht einmal die Möglichkeit haben die Körper zu verbrennen, früher schon im Tempel jetzt nicht einmal das.

(...)"

Zu den Lebensumständen im Bundesgebiet gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass ihre Eltern und drei Brüder in Österreich leben würden, sowie Verwandte ihres Mannes. Sie habe Kontakt zu ihren Eltern und treffe sich wöchentlich zum Einkaufen oder im Tempel. Sie gehe keiner Beschäftigung nach. Sie spreche etwas Deutsch. Sie sei nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen. Sie habe im Mai 2018 eine Gallenoperation gehabt und davon noch Schmerzen. Vor einem Jahr habe man ihr gesagt, dass sie Nierensteine habe. Ihrem Mann gehe es gut, ihr Sohn habe derzeit Schnupfen und Husten. Sie habe seit sieben Monaten Albträume und Kopfschmerzen wegen der Angst, zurückgeschickt und vergewaltigt zu werden. Als sie hier beim Arzt gewesen sei, sei es für sie sehr schwierig gewesen zu erklären, welche "schmutzigen Sachen" mit ihr passiert seien. Sie wolle nicht, dass dies wieder passiere. Sie möchte das nicht erwähnen, weil man sonst für den Ehemann auch "schmutzig" sei. Sie habe das bislang vor den Behörden nicht erwähnt, sie sei schon schwach davon. Was ihr passiert sei, sei ihr auch ein zweites Mal passiert.

Der Zweitbeschwerdeführerin wurde am Ende der Einvernahme die Möglichkeit geboten, in die aktuellen Länderberichte zur Situation in Afghanistan Einsicht zu nehmen und eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben. Sie verzichtete auf eine Einsichtnahme sowie eine Stellungnahme.

2.4. Am selben Tag wurde die Zweitbeschwerdeführerin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer ärztlichen Untersuchung (PSY III) am 08.04.2019 geladen.

2.5. Am 12.03.2019 legte die Zweitbeschwerdeführerin einen orthopädischen Befund und einen Laborbefund, sowie außerdem eine Ambulanzkarte des Landesklinikums Baden-Mödling vom 13.03.2018 mit letztmaliger Kontrolle am 18.05.2018, eine Aufenthaltsbestätigung des Landesklinikums Mödling vom 24.05.2018, eine weitere Ambulanzkarte des Landesklinikums Baden-Mödling vom 13.03.2018 mit letztmaliger Kontrolle am 01.06.2018 und einen Bericht des Landeskrankenhauses Bregenz vom 25.06.2017 vor.

Ebenso vorgelegt wurden diverse Deutschkursbestätigungen datiert zwischen 22.12.2014 und 20.11.2015, ein Zeugnis über ein Sprachkompetenztraining vom 23.06.2016 sowie Kopien der Konventionspässe der Eltern und eines Bruders.

2.6. Am 04.04.2019 legte die Zweitbeschwerdeführerin einen Ambulanzbefund des Landesklinikums Baden-Mödling vom 03.04.2019 vor, wonach ihr eine depressive Episode, ggw. mittelgradig, sowie eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert werde.

Ebenfalls vorgelegt wurde ein Schreiben der Beschwerdeführer vom 04.04.2019, wonach diese ihre Gründe anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht vollumfänglich darlegen hätten können, da der Dolmetscher ein muslimischer Mann gewesen sei. Die Beschwerdeführer hätten vor ihm nicht sagen wollen, wie sehr das Leben der Sikhs aufgrund der Verfolgung durch Muslime in Afghanistan eine Hölle sei.

2.7. Laut "Gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren" vom 12.04.2019 leide die Zweitbeschwerdeführerin an einer Anpassungsstörung F43.2. Eine posttraumatische Belastungsstörung liege nicht vor. Therapeutische und medizinische Maßnahmen seien nicht zwingend anzuraten. Eine vorübergehende Verschlechterung des psychischen und physischen Zustandes durch eine Überstellung könne angenommen werden. Affekthandlungen seien niemals auszuschließen. Eine akute Suizidalität finde sich bei Befundaufnahme nicht.

2.8. Der Zweitbeschwerdeführerin wurde dazu am 29.04.2019 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Möglichkeit zur Stellungnahme geboten, die diese nicht wahrnahm.

2.9. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde den Beschwerdeführern nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters bestehe gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.) und den Beschwerdeführern wurde gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, ab 20.02.2019 in einem näher genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die von den Beschwerdeführern vorgebrachten neuen Fluchtgründe schon zum Zeitpunkt der Erstverfahrens bestanden hätten, sie diese gekannt hätten und diese somit auch schon vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidungen des ersten Asylverfahrens bestanden hätten. Es liege daher kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt vor. Da weder in der maßgeblichen Sachlage - und zwar weder im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Beschwerdeführer gelegen sei, noch in jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei - noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung der Anträge nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließen, seien die neuerlichen Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen. Hinsichtlich des Spruchpunktes III. wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vorliegen würden. Weiters wurde festgehalten, dass eine der Rückkehr entgegenstehende Integration der Beschwerdeführer ebenso wenig erkannt werden könne, wie eine der Rückkehr entgegenstehende Situation in Afghanistan. Die Nichtzuerkennung einer Frist für die freiwillige Ausreise sei Folge der zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG. Die Anordnung der Unterkunftnahme sei aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zweckdienlich.

Zum Herkunftsstaat stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen Folgendes fest:

"KI vom 26.3.2019, Anschläge in Kabul, Überflutungen und Dürre, Friedensgespräche, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage; Abschnitt 3/Sicherheitslage; Abschnitt 21/Grundversorgung und Wirtschaft).

Anschläge in Kabul-Stadt

Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019). Die Detonation erfolgte in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins, in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Quellen zufolge wurden dafür drei Bomben platziert: eine im Waschraum einer Moschee, eine weitere hinter einem Krankenhaus und die dritte in einem Stromzähler (TDP 21.3.2019; AJ 21.3.2019). Der ISKP (Islamische Staat - Provinz Khorasan) bekannte sich zum Anschlag (Reuters 21.3.2019).

Während eines Mörserangriffs auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi kamen am 7.3.2019 elf Menschen ums Leben und 95 weitere wurden verletzt. Der ISKP bekannte sich zum Anschlag (AJ 8.3.2019).

Überflutungen und Dürre

Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul, wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.3.2019). Dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.3.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.3.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren, Anm.) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.9.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach Herat-Stadt und 94.945 nach Qala-e-Naw, wo sie sich in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte ansiedelten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (IFRCRCS 17.3.2019).

Friedensgespräche

Kurz nach der Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und Vertretern der USA in Katar Ende Jänner 2019 fand Anfang Februar in Moskau ein Treffen zwischen Taliban und bekannten afghanischen Politikern der Opposition, darunter der ehemalige Staatspräsident Hamid Karzai und mehrere "Warlords", statt (Qantara 12.2.201). Quellen zufolge wurde das Treffen von der afghanischen Diaspora in Russland organisiert. Taliban-Verhandlungsführer Sher Muhammad Abbas Stanaksai wiederholte während des Treffens schon bekannte Positionen wie die Verteidigung des "Dschihad" gegen die "US-Besatzer" und die gleichzeitige Weiterführung der Gespräche mit den USA. Des Weiteren verkündete er, dass die Taliban die Schaffung eines "islamischen Regierungssystems mit allen Afghanen" wollten, obwohl sie dennoch keine "exklusive Herrschaft" anstrebten. Auch bezeichnete er die bestehende afghanische Verfassung als "Haupthindernis für den Frieden", da sie "vom Westen aufgezwungen wurde"; Weiters forderten die Taliban die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Führer und die Freilassung ihrer gefangenen Kämpfer und bekannten sich zur Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Länder, zur Bekämpfung des Drogenhandels, zur Vermeidung ziviler Kriegsopfer und zu Frauenrechten. Diesbezüglich aber nur zu jenen, "die im Islam vorgesehen seien" (z.B. lernen, studieren und sich den Ehemann selbst auswählen). In dieser Hinsicht kritisierten sie dennoch, dass "im Namen der Frauenrechte Unmoral verbreitet und afghanische Werte untergraben würden" (Taz 6.2.2019).

Ende Februar 2019 fand eine weitere Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und US-Vertretern in Katar statt, bei denen die Taliban erneut den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan forderten und betonten, die Planung von internationalen Angriffen auf afghanischem Territorium verhindern zu wollen. Letzterer Punkt führte jedoch zu Meinungsverschiedenheiten: Während die USA betonten, die Nutzung des afghanischen Territoriums durch "terroristische Gruppen" vermeiden zu wollen und in dieser Hinsicht eine Garantie der Taliban forderten, behaupteten die Taliban, es gebe keine universelle Definition von Terrorismus und weigerten sich gegen solch eine Spezifizierung. Sowohl die Taliban- als auch die US-Vertreter hielten sich gegenüber den Medien relativ bedeckt und betonten ausschließlich, dass die Friedensverhandlungen weiterhin stattfänden. Während es zu Beginn der Friedensgesprächsrunde noch Hoffnungen gab, wurde mit Voranschreiten der Verhandlungen immer klarer, dass sich eine Lösung des Konflikts als "frustrierend langsam" erweisen würde (NYT 7.3.2019).

Die afghanische Regierung war weder an den beiden Friedensgesprächen in Doha noch an dem Treffen in Moskau beteiligt (Qantara 12.2.2019; vgl. NYT 7.3.2019), was Unbehagen unter einigen Regierungsvertretern auslöste und die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beeinträchtigte (Reuters 18.3.2019; vgl. WP 18.3.2019). Beispielsweise erklärte US-Unterstaatssekretär David Hale am 18.3.2019 die Beendigung der Kontakte zwischen US-Vertretern und dem afghanischen nationalen Sicherheitsberater Hamdullah Mohib, nachdem dieser US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen öffentlich kritisiert hatte (Reuters 18.3.2019).

Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Die Präsidentschaftswahl, welche bereits von April auf Juni 2019 verschoben worden war, soll Quellen zufolge nun am 28.9.2019 stattfinden. Grund dafür seien "zahlreiche Probleme und Herausforderungen" welche vor dem Wahltermin gelöst werden müssten, um eine sichere und transparente Wahl sowie eine vollständige Wählerregistrierung sicherzustellen - so die unabhängige Wahlkommission (IEC) (VoA 20.3.2019; vgl. BAMF 25.3.2019).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (21.3.2019): Blasts in Afghan capital Kabul kill six during new year festival,

https://www.aljazeera.com/news/2019/03/blasts-afghan-capital-kabul-kill-6-year-festival-190321064823472.html, Zugriff 26.3.2019

AJ - Al Jazeera (8.3.2019): Death toll rises to 11 in attack on Shia gathering in Kabul,

https://www.aljazeera.com/news/2019/03/death-toll-rises-11-afghan-capital-attack-shia-gathering-190308102222870.html, Zugriff 26.3.2019

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (25.3.2019): Briefing Notes Afghanistan, liegen im Archiv der Staatendokumentation auf

NYT - The New York Times (7.3.2019): U.S. Peace Talks With Taliban Trip Over a Big Question: What Is Terrorism?, https://www.nytimes.com/2019/03/07/world/asia/taliban-peace-talks-afghanistan.html, Zugriff 26.3.2019

IFRCRCS - International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (17.3.2019): Emergency Appeal Afghanistan: Drought and Flash Floods,

https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-drought-and-flash-floods

Qantara (12.02.2019): Any deal will do, https://en.qantara.de/print/34493, Zugriff 26.3.2019

Reuters (21.3.2019): Explosions in Afghan capital Kabul kills six during new year festival,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack/explosions-in-afghan-capital-kabul-kill-6-during-new-year-festival-idUSKCN1R20GL, Zugriff 26.3.2019

Reuters (18.3.2019): U.S. freezes out top Afghan official in peace talks feud: sources,

https://www.reuters.com/article/us-usa-afghanistan/us-freezes-out-top-afghan-official-in-peace-talks-feud-sources-idUSKCN1QZ2OU, Zugriff 26.3.2019

Taz - Die Tagezeitung (6.2.2019): Auch Moskau spielt die Taliban-Karte,

https://www.taz.de/Gespraeche-zwischen-Taliban-und-Russland/!5568633/, Zugriff 26.3.2019

TDP - The Defense Post (21.3.2019): Bomb blasts around Afghanistan capital kill 6 during Nowruz celebrations, https://thedefensepost.com/2019/03/21/afghanistan-kabul-bombings-nowruz/, Zugriff 26.3.2019

UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (19.3.2019): Afghanistan: Flash Floods, Update No. 7 (as of 19 March 2019),

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_flash_floods_update_7_19_mar_2019_web.pdf, Zugriff 26.3.2019

VoA - Voice of America (20.3.2019): Afghanistan Again Postpones Presidential Election,

https://www.voanews.com/a/afghanistan-again-postpones-presidential-election/4840141.html, Zugriff 26.3.2019

WP - The Washington Post (18.3.2019): Afghan government, shut out of U.S.-Taliban peace talks, running short on options, https://www.washingtonpost.com/world/afghan-government-shut-out-of-us-taliban-peace-talks-running-short-on-options/2019/03/18/92cd6128-497d-11e9-8cfc-2c5d0999c21e_story.html?noredirect=on&utm_term=.ffa121b12dbc, Zugriff 26.3.2019

Kommentar:

Die Lage vor Ort wird weiterhin beobachtet und gegebenenfalls wird mit weiteren Kurzinformationen reagiert. Weiterführende Informationen zu der Friedensgesprächsrunde von Jänner 2019 können der KI vom 31.1.2019 entnommen werden.

KI vom 1.3.2019, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2018 (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).

Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).

Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert

In der folgenden Grafik der Staatendokumentation wird das Verhältnis zwischen den vier Quartalen des Jahres 2018 anhand der registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle für den Zeitraum 1.1.2018 - 31.12.2018 veranschaulicht.

Bild kann nicht dargestellt werden

(BFA Staatendokumentation 20.02.2019b)

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;

1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).

Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).

Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).

Quellen:

BFA Staatendokumentation (20.02.2019a): kartografische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Jänner-Dezember 2018, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

BFA Staatendokumentation (20.02.2019b): grafische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Q1 bis Q4, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.1.2019): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2019-01-30qr.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.2.2019): Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Annual report 2018,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/afghanistan_protection_of_civilians_annual_report_2018_final_24_feb_2019_v3.pdf, Zugriff 25.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (11.2018):

Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Special report: 2018 elections violence, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/special_report_on_2018_elections_violence_november_2018.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018): Quarterly report on the protection of civilians in armed conflict: 1 January to 30 September 2018, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNGASC - United Nations General Assembly Security Council (7.12.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General, https://undocs.org/S/2018/1092, Zugriff 20.2.2019

KI vom 31.1.2019, Friedensgespräche zwischen den USA und den Taliban (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Am Samstag dem 26.1.2019 endete die sechstägige Friedensgesprächsrunde in Doha, Katar, zwischen dem U.S.-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Taliban-Vertretern (DP 28.1.2019; vgl. NYT 28.1.2019, CNN 27.1.2019, Tolonews 28.1.2019). Quellen zufolge wurde ein erster Vertragsentwurf ausgehandelt, wonach sich die Taliban dazu verpflichten würden, ausländische Terrororganisationen von Afghanistan fernzuhalten, und die USA würden im Gegenzug dazu ihren Truppenabzug aus Afghanistan innerhalb von 18 Monaten garantieren. Dieser sei jedoch an weitere Bedingungen gebunden, die noch genau besprochen werden müssen, wie die Ausrufung eines Waffenstillstands zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung sowie die Forderung von direkten Gesprächen zwischen diesen beiden Akteuren (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, FP 29.1.2019). Inoffiziellen Quellen zufolge wurde bei den Gesprächen u.a. die Schaffung einer Interimsregierung, in der auch die Taliban vertreten sein sollen, angedacht, was jedoch von Khalilzad dementiert wurde (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019). Die nächste Friedensgesprächsrunde wird voraussichtlich Ende Februar 2019 stattfinden (NYT 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019). Der afghanische Präsident Ashraf Ghani äußerte während einer Fernsehansprache am 28.1.2019 sein Unbehagen bzgl. eines voreiligen Abzugs der U.S.-Truppen aus Afghanistan und erinnerte an die dramatischen Auswirkungen des sowjetischen Abzuges Ende der 1980er Jahre, dem Anarchie und die Ermordung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah folgten (NYT 28.1.2019). Ghani, der die Taliban mehrmals dazu aufgefordert hatte, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln, zeigte sich des Weiteren über den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, IM 28.1.2019). Während sich einige Quellen hinsichtlich gründlicher Friedensgespräche und eines effizient ausgehandelten Abkommens optimistisch zeigen (Internazionale 30.1.2019; vgl. WP 30.1.2019), fürchten andere, dass ein Abzug der amerikanischen Truppen den Zusammenbruch der afghanischen Regierung wegen der Taliban und vorhersehbarer Machtkämpfe zwischen den verschiedenen lokalen Akteuren zur Folge haben könnte (DP 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019).

Quellen:

CNN - Cable News Network (27.1.2019): US-Taliban peace talks in Doha a 'significant step',

https://edition.cnn.com/2019/01/27/asia/us-taliban-afghan-peace-talks-doha-intl/index.html, Zugriff 31.1.2019

DP - Die Presse (28.1.2019): Afghanistan vor dramatischer Wende, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5570225/Afghanistan-vor-dramatischer-Wende, Zugriff 31.1.2019

FP - Foreign Policy (29.1.2019): Will Zalmay Khalilzad Be Known as the Man Who Lost Afghanistan?,

https://foreignpolicy.com/2019/01/29/will-zalmay-khalilzad-be-known-as-the-man-who-lost-afghanistan-envoy-taliban/, Zugriff 31.1.2019

IM - Il Messaggero (28.1.2019): Afghanistan, fonti Difesa: "Entro un anno via truppe italiane". Moavero: "Apprendo ora". Lega: "Nessuna decisione",

https://www.ilfattoquotidiano.it/2019/01/28/afghanistan-entro-un-anno-ritiro-del-contingente-italiano-moavero-lo-apprendo-ora-trenta-non-ne-ha-parlato-con-me/4930395/, Zugriff 31.1.2019

Internazionale (30.1.2019): La trattativa in Afghanistan arriva con 17 anni di ritardo,

https://www.internazionale.it/opinione/gwynne-dyer/2019/01/30/trattativa-afghanistan-ritardo, Zugriff 31.1.2019

NYT - The New York Times (28.1.2019): U.S. and Taliban Agree in Principle to Peace Framework, Envoy Says, https://www.nytimes.com/2019/01/28/world/asia/taliban-peace-deal-afghanistan.html, Zugriff 31.1.2019

Tolonews (28.1.2019): US Peace Envoy Visits Kabul To Consult On Talks With Taliban,

https://www.tolonews.com/afghanistan/us-peace-envoy-visits-kabul-consult-talks-taliban, Zugriff 31.1.2019

WP - The Washington Post (30.1.2019): The real challenge for Afghanistan isn't negotiating with the Taliban, https://www.washingtonpost.com/opinions/global-opinions/the-real-challenge-for-afghanistan-isnt-negotiating-with-the-taliban/2019/01/30/12229732-23ee-11e9-ad53-824486280311_story.html?noredirect=on&utm_term=.b049b43b3c79, Zugriff 31.1.2019

Kommentar:

Die Lage vor Ort wird weiterhin beobachtet und gegebenenfalls wird mit weiteren Kurzinformationen reagiert.

KI vom 22.01.2019, Anschlag auf Ausbildungszentrum des National Directorate of Security (NDS) in der Provinz Wardak und weitere (relevant für Abschnitt 2 / politische Lage und Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Bei einem Anschlag auf einen Stützpunk des afghanischen Sicherheitsdienstes (NDS, National Directorate of Security) in der zentralen Provinz Wardak (auch Maidan Wardak) kamen am 21.1.2019 zwischen zwölf und 126 NDS-Mitarbeiter ums Leben (TG 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Quellen zufolge begann der Angriff am Montagmorgen, als ein Humvee-Fahrzeug der U.S.-amerikanischen Streitkräfte in den Militärstützpunkt gefahren und in die Luft gesprengt wurde. Daraufhin eröffneten Angreifer das Feuer und wurden in der Folge von den Sicherheitskräften getötet (TG 21.1.2019; vgl. NYT 21.1.2019). Die Taliban bekannten sich zum Anschlag, der, Quellen zufolge, einer der tödlichsten Angriffe auf den afghanischen Geheimdienst der letzten 17 Jahre war (NYT 21.1.2019; IM 22.1.2019). Am selben Tag verkündeten die Taliban die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den U.S.-amerikanischen Vertretern in Doha, Qatar (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019, Tolonews 21.1.2019).

Am Vortag, dem 20.1.2019, war der Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz Logar, Shahpoor Ahmadzai, auf dem Autobahnabschnitt zwischen Kabul und Logar durch eine Autobombe der Taliban angegriffen worden. Die Explosion verfehlte die hochrangigen Beamten, tötete jedoch acht afghanische Sicherheitskräfte und verletzte zehn weitere (AJ 20.1.2019; vgl. IM 22.1.2019).

Des Weiteren detonierte am 14.1.2019 vor dem gesicherten Green Village in Kabul, wo zahlreiche internationale Organisationen und NGOs angesiedelt sind, eine Autobombe (Reuters 15.1.2019). Quellen zufolge starben bei dem Anschlag fünf Menschen und über 100, darunter auch Zivilisten, wurden verletzt (TG 21.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019, RFE/RL 14.1.2019). Auch zu diesem Anschlag bekannten sich die Taliban (TN 15.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019).

Quellen:

-

AJ - Al Jazeera (20.1.2019): Taliban attack in Afghanistan's Logar kills eight security forces,

https://www.aljazeera.com/news/2019/01/taliban-attack-afghanistan-logarkills-security-forces-190120093626695.html, Zugriff 22.1.2019

-

IM - Il Messaggero (22.1.2019): Afghanistan, sangue sul disimpegno Usa: autobomba dei talebani contro scuola militare, 130 vittime, https://www.ilmessaggero.it/pay/edicola/afghanistan_autobomba_morti_talebani-4246561.html, Zugriff 22.1.2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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