TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/30 W194 2142428-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.12.2019
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Entscheidungsdatum

30.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W194 2142428-1/26E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas Reichenvater, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2016, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsbürger und schiitischer Hazara, reiste als unbegleiteter Minderjähriger unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 07.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 08.11.2014 erfolgte seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

2. Am 02.08.2016 wurde der Beschwerdeführer in Anwesenheit seines gesetzlichen Vertreters vor der belangten Behörde einvernommen.

3. Am 17.08.2016 erstattete der Beschwerdeführer durch seinen gesetzlichen Vertreter eine Stellungnahme an die belangte Behörde.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.11.2016, welcher dem gesetzlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 14.11.2016 zugestellt wurde, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 sowie § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 52 Abs. 9 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der XXXX Beschwerdeführer am 09.12.2016 Beschwerde.

6. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 19.12.2016 eingelangter Beschwerdevorlage den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt.

7. Am 04.01.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Urteil des zuständigen Landesgerichtes vom 12.12.2017 betreffend den Beschwerdeführer übermittelt.

8. Mit Bescheid vom 23.04.2019 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 17.11.2017 verloren habe.

9. Am XXXX wurde das Bundesverwaltungsgericht darüber informiert, dass sich der Beschwerdeführer in U-Haft befinde.

10. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.05.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W194 zugewiesen.

11. Am 05.08.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Urteil des zuständigen Landesgerichtes vom 23.07.2019 betreffend den Beschwerdeführer übermittelt.

12. Am XXXX wurde das Bundesverwaltungsgericht darüber informiert, dass der Beschwerdeführer aus der Haft entlassen worden sei.

13. Mit Schreiben vom 04.09.2019 und 16.10.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien des Verfahrens die Ladungen zur Verhandlung sowie die im Beschwerdefall vorläufig als relevant erachteten Berichte zur Lage in Afghanistan.

14. Am 25.10.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und sein Rechtsanwalt teilnahmen und der ein Dolmetscher für die Sprache Dari bzw. Farsi beigezogen wurde. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung fern.

Der Beschwerdeführer wurde in der Verhandlung zu seinem bisherigen Leben, seinen Fluchtgründen und seinem Leben in Österreich befragt. Er legte Unterlagen zum Nachweis seiner Integrationsbemühungen vor. Weiters wurden zwei vom Beschwerdeführer angebotene Zeugen befragt und die Länderberichte zum Herkunftsland des Beschwerdeführers erörtert.

15. Am 08.11.2019 übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zur Situation in Afghanistan sowie die psychologische Stellungnahme eines klinischen Psychologen vom 06.11.2019 zum Beschwerdeführer bzw. zur Prognose aufgrund der Verurteilungen des Beschwerdeführers.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer:

1.1.1. Zu seiner Person und seiner Herkunft:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem. Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz XXXX geboren. Als er ca. XXXX Jahre alt war, verließ er gemeinsam mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder Afghanistan und zog nach Pakistan. Der Vater des Beschwerdeführers kehrte kurze Zeit später nach Afghanistan zurück. Der Beschwerdeführer blieb mit seiner Mutter und seinem Bruder in Pakistan, lebte dort bis zu seiner Ausreise nach Europa und kam im Alter von ca. XXXX Jahren nach Österreich.

1.1.2. Zu seiner Familie:

Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Er hat regelmäßig und häufig Kontakt zu seiner Mutter und seinem Bruder, die weiterhin gemeinsam - ohne weitere Familie - in einem eigenen Haus in Pakistan leben. Der Bruder des Beschwerdeführers arbeitet regelmäßig als XXXX , seine Mutter manchmal als XXXX . Der Beschwerdeführer hat seinen Vater als Kleinkind zuletzt gesehen und keine Informationen über seinen Aufenthaltsort.

1.1.3. Zu seinem Leben in Österreich:

Der Beschwerdeführer stellte am 07.11.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er hält sich seit seiner Antragstellung durchgehend in Österreich auf und bezieht Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen. Er hat hier seit ca. XXXX Jahren eine afghanische Freundin, der im Jahr XXXX die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde. Diese lebt gemeinsam mit ihrer Familie. Der Beschwerdeführer und seine Freundin sehen sich fast jeden Tag. Sie besuchen dieselbe Schule, lernen gemeinsam, gehen essen oder schauen Filme an. Der Beschwerdeführer mietet ca. seit XXXX ein Zimmer bei einer österreichischen Staatsbürgerin, die er über seine Freundin kennengelernt hat. Sowohl die Freundin des Beschwerdeführers wie auch dessen Vermieterin wurden in der Verhandlung als Zeuginnen befragt.

Seit XXXX arbeitet der Beschwerdeführer ehrenamtlich XXXX . In der Verhandlung legte er einen Arbeitsvorvertrag vom XXXX für die Tätigkeiten Lagerarbeit und Verkauf in einem Handelsunternehmen sowie eine Unterschriftenliste von Personen (Lehrer, Freunde und Bekannte), die sich für seinen Aufenthalt in Österreich aussprechen würden, vor. Seit XXXX besucht er ein Bundesrealgymnasium für Berufstätige mit dem Ziel, die Matura zu absolvieren. Er besucht derzeit die Fächer Englisch, Mathematik, Geschichte, Psychologie, Deutsch und Musik und lernt Gitarre und Klavier. Am XXXX bestand er die ÖSD Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz (Niveau: B1) und zu Werte- und Orientierungswissen.

Der Beschwerdeführer verfügte über eine am XXXX vom AMS erteilte Beschäftigungsbewilligung als Systemgastronomiefachmann (Lehrling). Er beendete diese Lehre nach ca. zwei Monaten, XXXX .

1.1.4. Zu seinen Verurteilungen in Österreich:

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zweimal rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes vom 12.12.2017 (rechtskräftig seit dem 16.12.2017) wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (Cannabis) nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG und § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, welche für die Dauer einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde (Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre mit Urteil vom 23.07.2019). Bei der Strafbemessung wurden als mildernd folgende Umstände berücksichtigt: die Begehung der Taten nach Vollendung des 18., jedoch noch vor Vollendung des 21. Lebensjahres, das reumütige Geständnis sowie dass der Beschwerdeführer sich bislang wohlverhalten hat und die Taten mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehen.

Mit Urteil des Landesgerichtes vom 23.07.2019 (rechtskräftig seit dem 23.07.2019) wurde der Beschwerdeführer wegen 1. des Verbrechens des Suchtgifthandels (Cannabis) nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und 2. des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt (davon sechs Monate unbedingt und 14 Monate bedingt). Bei der Strafbemessung wurde als mildernd das reumütige zur Wahrheitsfindung dienliche Geständnis des Beschwerdeführers sowie sein Alter unter 21 Jahren berücksichtigt. Erschwerend kamen folgende Umstände zum Tragen: Tatbegehung während offener Probezeit, Zusammentreffen von Vergehen und Verbrechen, Vorverurteilung.

Der Beschwerdeführer befand sich vom XXXX in Haft. Seit XXXX wird er im Rahmen der angeordneten Bewährungshilfe betreut und nimmt diese sehr ernst.

Mit Bescheid vom 23.04.2019 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 17.11.2017 verloren habe, da die Staatsanwaltschaft in diesem Tag gegen den Beschwerdeführer eine Anklage wegen § 27 Abs. 2a SMG eingebracht habe.

1.1.5. Zur befürchteten Verfolgung in Afghanistan:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan physische oder psychische Gewalt, Strafverfolgung oder andere erhebliche Eingriffen durch staatliche Organe oder Private, speziell Bedrohungen durch einen Onkel seines Vaters, als schiitischer Hazara oder aufgrund eines fehlenden sozialen Netzes, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung, zu erwarten hätte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seiner Zeit in Afghanistan derartigen Bedrohungen ausgesetzt gewesen ist.

1.1.6. Zu seinen Rückkehrmöglichkeiten nach Afghanistan:

Der Beschwerdeführer verließ Afghanistan im Alter von ca. XXXX Jahren. Seine Mutter und sein Bruder leben in Pakistan. Der Beschwerdeführer hat keine Freunde, Verwandte oder Bekannte in seinem Heimatland, zu denen er Kontakt hat. Seine Muttersprache ist Dari. Er ging in Pakistan zur Schule und kann in den Sprachen Urdu und Englisch lesen und schreiben. Er arbeitete in Pakistan als XXXX und für XXXX .

Der Beschwerdeführer ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung XXXX alt. Er ist gesund und arbeitsfähig. Er meldete sich im Jahr XXXX für ein Reintegrationsprojekt in Afghanistan an und nahm in weiterer Folge auf Anraten seiner Mutter von diesem Ansinnen wieder Abstand.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan ist der Schutz des Beschwerdeführers gewährleistet, und es kann ihm ein Aufenthalt dort, insbesondere in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt, zugemutet werden. Es ist davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer, der bei einer Rückkehr nicht von seiner Freundin begleitet werden würde, möglich ist, sich auch ohne soziales Netz vor Ort in einer der beiden Städte eine Existenzgrundlage aufzubauen, eine Unterkunft zu finden und sich selbst zu erhalten.

1.2. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:

* EASO Country Guidance: Afghanistan, Guidance note and common analysis, Juni 2019

* UNHCR-RICHTLINIEN zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018

* Sicherheitslage und sozioökonomische Lage in Herat und Masar-e Scharif, ACCORD, 27.06.2019

1.2.1. Die Provinzen Balkh, Herat und Ghazni:

1.2.1.1. Balkh (Provinzhauptstadt: Mazar-e Sharif; aus: EASO Country Guidance):

"Balkh province is situated in the northern part of Afghanistan, sharing an international border with Uzbekistan, Turkmenistan and Tajikistan, and bordering Kunduz, Baghlan, Samangan, Sar-e Pul, and Jawzjan. It consists of 15 districts. The provincial capital is Mazar-e Sharif.

The monopoly on power in Balkh was long held by the former warlord Atta Mohammed Noor, who later became governor of Balkh but who resigned in December 2017 following a dispute with President Ghani.

The majority of districts in Balkh are categorised by the LWJ as under government control or undetermined, with two districts categorised as contested and one district categorised as under Taliban control.

According to GIM, 131 incidents related to insurgents were reported in the period of January 2018 - February 2019 (average of 2.2 incidents per week).

While Balkh is reportedly one of Afghanistan's most stable provinces, anti-government elements are active in the province and security incidents have been reported in 2018 and early 2019. Taliban fighters have attacked ALP personnel, members of pro-government militias, and security posts in the districts of Sholgareh, Chahrbulak, Chemtal, and Dawlatabad throughout 2018 and early 2019. The ANSF conducted several clearing operations in Balkh. Furthermore, the US air force carried out an airstrike in Charbulak district in April 2018. Other examples of incidents include a roadside bomb blast in Sholgareh district, kidnapping of travellers by the Taliban, abduction and killing of polling observers.

UNAMA documented 227 civilian casualties (85 deaths and 142 injured) in 2018, representing 16 civilian victims per 100 000 inhabitants. This is an increase of 76 % compared to 2017. 99 civilian casualties were caused by ground engagements in Balkh province, which is a 296 % increase compared to 2017. The leading causes for the civilian casualties were ground engagements, followed by (non-suicide) IEDs and targeted killings.

In the period 1 January 2018 - 28 February 2019, 1 218 persons were displaced from the province of Balkh, all of them within the province itself. In the same period, 17 539 persons were displaced to Balkh province, mainly from the provinces of Faryab and Sar-e-Pul.

In the map depicting conflict severity in 2018, UNOCHA places the districts Chemtal, Charbulak, Balkh and Mazar-e Sharif in the second highest category. The remaining districts are placed the lower categories.

Focus on the provincial capital: Mazar-e Sharif

Mazar-e Sharif is the provincial capital of Balkh. Its population is officially reported to be 454 457. Dubbed a 'Silk Route crossroad', Balkh - and more specifically Mazar-e Sharif - is an import/export hub, as well as a regional trading centre. An airport with scheduled passenger services to national and international destinations is located in Mazar-e Sharif.

The resignation of Atta Mohammed Noor as governor of Balkh in December 2017 reportedly led to an increase in criminal activities such as armed robberies, murder, clashes, and kidnapping in Mazar-e Sharif.

The district of the capital city is categorised as under government control by LWJ.

In the period 1 January 2018 - 28 February 2019, no conflict-related displacement was reported from Mazar-e Sharif; and 3 108 persons were displaced to the city.

UNOCHA places the district Mazar-e Sharif in the second highest category of conflict severity.

Looking at the indicators, it can be concluded that indiscriminate violence is taking place in the province of Balkh, however not at a high level and, accordingly, a higher level of individual elements is required in order to show substantial grounds for believing that a civilian, returned to the territory, would face a real risk of serious harm within the meaning of Article 15(c) QD.

In the provincial capital of Mazar-e Sharif, indiscriminate violence is taking place at such a low level that in general there is no real risk for a civilian to be personally affected by reason of indiscriminate violence within the meaning of Article 15(c) QD. However, individual elements always need to be taken into account as they could put the applicant in risk-enhancing situations."

1.2.1.2. Herat (Provinzhauptstadt: Herat-Stadt; aus: EASO Country Guidance):

"The province of Herat is located in the west of Afghanistan and is divided in 20 districts, including four temporary districts. It borders with Badghis, Ghor, Farah, and shares an international border with Iran and Turkmenistan. The provincial capital of Herat is Herat City. The province is connected to other major cities by the Ring Road.

It is reported that Herat has been among the relatively calm provinces in the west of Afghanistan, but the Taliban militants are active in some of its remote districts and in the capital, and often attempt to carry out terrorist-related activities. The ISKP is also active in the provincial capital.

According to LWJ, seven of the districts of Herat are contested, while the other districts are categorised as under government control.

According to GIM, 175 incidents related to insurgents were reported in the period of January 2018 - February 2019 (average of 2.9 incidents per week).

Examples of incidents include clashes between the Taliban and government forces in the districts of Zawal, Guzra and Shindand; Taliban leaders were killed in two separate drone strikes in the districts of Farsi and Zawal. Attacks on Shia religious figures and sites have reportedly increased in Herat since 2016. Furthermore, bombings were reported in Gulran district and Shindand district, killing civilians. Shindand is allegedly the most volatile district of Herat, witnessing violent clashes between rival Taliban factions, as well as between the mainstream Taliban and pro-government forces.

UNAMA documented 259 civilian casualties (95 deaths and 164 injured) in 2018, representing 13 civilian victims per 100 000 inhabitants. This is a decrease of 48 % compared to 2017. The leading causes for the civilian casualties were (non-suicide) IEDs, followed by ground engagements and targeted killings.

In the period 1 January 2018 - 28 February 2019, 669 persons were displaced from the province of Herat, mainly within the province itself. In the same period, 7 040 persons were displaced to the province of Herat. It was reported that in 2018, Herat province hosted the 'the highest number of IDPs and returnees nationwide - more than 200 000.

In the map depicting conflict severity in 2018, UNOCHA places the district of Shindand (together with the temporary districts formerly part of Shindand) in the highest category, and the district of Herat in the second highest category. The remaining districts fall in the lower categories.

Further impact on the civilian population includes, for example, an upsurge of criminality in the district of Nizam-e Shadid and in the provincial capital, as well as the interference with public services, reportedly with the exception of healthcare, by the Taliban in Obe district.

Focus on the provincial capital: Herat City

Herat City is the provincial capital of Herat. Its population is officially reported to be 506 896. An airport with scheduled passenger services to national and international destinations is located in the vicinity of the city.

According to LWJ, Herat City is categorised as under government control.

There are reported activities of the Taliban and ISKP. Examples of incidents include attacks by the ISKP near mosques, killing and injuring civilians, in particular against the Shia. The Taliban are allegedly also active in the city, causing casualties among security force members, as well as civilians.

In the period 1 January 2018 - 28 February 2019, 5 663 persons were displaced to the district of Herat in conflict-related displacement. In August 2018, 12 000 displaced families were reportedly settled in Herat City, mainly in the west of provincial capital.

UNOCHA places the conflict severity for the district of Herat in the second highest category.

Further impact on the civilian population includes, for example, an upsurge of criminality in Herat City.

Looking at the indicators, it can be concluded that indiscriminate violence is taking place in the province of Herat, however not at a high level and, accordingly, a higher level of individual elements is required in order to show substantial grounds for believing that a civilian, returned to the territory, would face a real risk of serious harm within the meaning of Article 15(c) QD.

In the provincial capital of Herat City, indiscriminate violence is taking place at such a low level that in general there is no real risk for a civilian to be personally affected by reason of indiscriminate violence within the meaning of Article 15(c) QD. However, individual elements always need to be taken into account as they could put the applicant in risk-enhancing situations."

1.2.1.3. Zur Nahrungsmittelversorgung in Herat und Mazar-e Sharif im Zeitraum Juni bis September 2019 (aus: Sicherheitslage und sozioökonomische Lage in Herat und Masar-e Scharif):

Nach den Karten zur Ernährungssicherheit für Afghanistan befindet sich die Stadt Herat in der zweithöchsten Stufe des von FEWS NET verwendeten Klassifizierungssystems. Masar-e Scharif befindet sich im selben Zeitraum in Phase 1 des Klassifizierungssystems. (FEWS NET, 25. Juli 2019 (http://fews.net/central-asia/afghanistan)). In Phase 1, auch "minimal" genannt, sind die Haushalte in der Lage, den Bedarf an lebensnotwendigen Nahrungsmitteln und Nicht-Nahrungsmitteln zu decken, ohne atypische und unhaltbare Strategien für den Zugang zu Nahrung und Einkommen zu verfolgen. In Phase 2, auch "Stressed" genannt, weisen Haushalte einen gerade noch angemessenen Lebensmittelverbrauch auf und sind nicht in der Lage, sich wesentliche, nicht nahrungsbezogene Güter zu leisten, ohne dabei irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden.

1.2.1.4. Ghazni (aus: EASO Country Guidance):

"The province of Ghazni is located in the south-east of Afghanistan, bordering the provinces of Bamyan, Wardak, Logar, Paktya, Paktika, Zabul, Uruzgan and Daikundi. It consists of 19 districts. Ghazni City is considered a 'key intersection', as it is situated on the Ring Road connecting the capital Kabul with the major population centre Kandahar in the south.

Ghazni continued to be highly contested and a major battlefield between Taliban insurgents and the Afghan government, backed by US forces since the second half of 2018. The Taliban has significant presence and dominates almost all of the district centres. In the middle of August 2018, the Taliban captured large parts of Ghazni City during 5 days, leading to fierce clashes between the insurgents and government forces.

12 of the districts of the province are categorised by LWJ as under Taliban control and seven districts are categorised as contested.

According to GIM, 476 incidents related to insurgents were reported in the period of January 2018 - February 2019 (average of 7.9 incidents per week).

Examples of incidents include attacks against the previously peaceful districts of Jaghori and Malestan, clashes between the Taliban and government forces, airstrikes causing civilian casualties, and the temporary capture of Ghazni City.

UNAMA documented 653 civilian casualties (253 deaths and 400 injured) in 2018, representing 50 civilian victims per 100 000 inhabitants. This is an increase of 84 % compared to 2017. The leading causes for the civilian casualties were ground engagements, followed by aerial attacks and targeted or deliberate killings.

In the period 1 January 2018 - 28 February 2019, 46 394 persons were displaced from the province of Ghazni, the majority within the province itself.

In the map depicting conflict severity in 2018, UNOCHA places the district of Andar in the highest category and the districts of Ajrestan, Qarabagh, Dehyak and Ghazni in the second highest category. The remaining districts fall in the lower categories.

Further impact on the civilian population includes destruction of civilian property, extortion and forced taxation, intimidations by armed groups, road checkpoints, and postponement of elections.

Looking at the indicators, it can be concluded that 'mere presence' in the area would not be sufficient to establish a real risk of serious harm under Article 15(c) QD in the province of Ghazni, however, indiscriminate violence reaches a high level, and, accordingly, a lower level of individual elements is required to show substantial grounds for believing that a civilian, returned to the territory, would face a real risk of serious harm within the meaning of Article 15(c) QD."

1.2.2. Zumutbarkeit einer internen Schutzalternative:

1.2.2.1. Aus den UNHCR-RICHTLINIEN:

"Vor diesem Hintergrund ist UNHCR der Auffassung, dass eine vorgeschlagene interne Schutzalternative nur dann zumutbar ist, wenn die Person Zugang zu (i) Unterkunft, (ii) grundlegender Versorgung wie sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung und (iii) Lebensgrundlagen hat oder über erwiesene und nachhaltige Unterstützung verfügt, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht. UNHCR ist ferner der Auffassung, dass eine interne Schutzalternative nur dann als zumutbar angesehen werden kann, wenn die Person im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft hat und man sich vergewissert hat, dass diese willens und in der Lage sind, den Antragsteller tatsächlich zu unterstützen. Die einzige Ausnahme von diesem Erfordernis der externen Unterstützung stellen nach Auffassung von UNHCR alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter ohne die oben beschriebenen besonderen Gefährdungsfaktoren dar. Diese Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten leben, die die notwendige Infrastruktur sowie Lebensgrundlagen zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter der tatsächlichen Kontrolle des Staates stehen."

1.2.2.2. Aus: EASO Country Guidance:

"Reasonableness to settle

[...]

Individual circumstances

In addition to the general situation in the area of potential IPA, the assessment whether it is reasonable for the applicant to settle in that part of the country should take into account the individual circumstances of the applicant, such as age, gender, ethnicity, religion, health condition, social and educational background, family and social ties, language, etc.

The individual considerations could relate to certain vulnerabilities of the applicant as well as to available coping mechanisms which would have an impact on his or her personal circumstances and determine to what extent it would be reasonable for the applicant to settle in a particular area.

Please note that this is a non-exhaustive list:

* Age [Key socio-economic indicators 2019, 7]: Young age as well as elderly age could significantly limit the applicant's access to means of subsistence such as through employment, making him or her dependent on other providers. Therefore, this element should be seen in conjunction with the available support by family or a broader support network. In case of children, the best interests of the child shall be a primary consideration, for example, with regard to access to basic education. Afghanistan's education system has been described as overwhelmed, particularly due to the increased displacement, with most schools overcrowded and insufficiently resourced. Factors such as residence, gender, disability status and poverty affect access to education. There have been limitations in the access to education for IDPs and undocumented refugee returnees. Education facilities are present in the cities.

* Gender [Key socio-economic indicators 2019, 2.3]: Women and girls in Afghanistan may be subjected to discriminatory restrictions and may need the support of a male family member or chaperone in order to access different services and to exercise certain rights. Therefore, the gender of the applicant should be taken into account when considering reasonableness in conjunction with their family status and available support.

* State of health (illness or disabilities) [Key socio-economic indicators 2019, 8]: Access to healthcare is strained in the three cities, making the health status of the applicant an important consideration when assessing the reasonableness of IPA for those who require medical treatment, also taking into account that their state of health may affect their ability to work and travel. For those with disabilities, access to basic subsistence such as through employment would be further limited.

* Ethnicity and linguistic background [Security situation 2019, 2.1.1, 2.5.1, 2.13.1]: While parts of Afghanistan are ethnically homogenous, different ethnicities are present in the cities of Kabul, Herat and Mazar-e Sharif. Kabul is a 'melting pot' for various ethnicities and linguistic groups, each of them settled in specific places. In Herat province. Pashtuns, Tajiks, Hazara, Turkmen, Uzbeks and Aimaqs are the main ethnic groups. Balkh is an ethnically diverse province. It is inhabited by Pashtun, Uzbek, Hazara, Tajik, Turkmen, Aimaq, Baloch, Arab, and Sunni Hazara (Kawshi) communities. In these cities, the knowledge of Dari or Pashtu is generally considered sufficient and the linguistic background of the applicant would not be a determinative factor.

* Religion [Society-based targeting, 2]: Being part of a religious minority (e.g. Sikhs, Hindu or other religions) should be taken into account for IPA in the three cities, as members of those religious minorities may face discrimination due to religious belief, making it difficult for them to access basic means of subsistence such as through employment.

* Documentation [Key socio-economic indicators 2019, 2.2]: The most important identification document in Afghanistan is called tazkera. A tazkera is formally required to access a range of public services, such as education, employment, healthcare, and official loans provided by a bank. It is also formally required for the issuance of housing, land and property certificates and title deeds.

* Local knowledge: Having lived in Afghanistan and/or being familiar with the societal norms is an important factor to take into account when assessing the reasonableness of IPA. Experience of having lived in an urban environment or, especially, in the respective city, could assist the applicant in settling there. Such experience may include, for example, having lived in the city for work or education, or having travelled to the city before.

* Professional and educational background and financial means: The background of the applicant, their level of education and available financial means can be taken into account when assessing the reasonableness of IPA and in particular the access of the applicant to means of basic subsistence.

* Support network [Networks]: A support network can be the family network, not restricted to the core family, but also including the extended family, and/or a social network, in particular: friends, employers, classmates, members of the same clan, especially when there is a certain point of contact, etc., taking into account their willingness and ability to assist the person in accessing basic subsistence. Special consideration should be given in the case of individuals who lived abroad for a long period of time and who have no relatives in the three cities, as they may often lack the necessary support network.

It should be noted that these factors would often intersect in the case of the particular applicant, leading to different conclusions on the reasonableness of IPA. In some cases, more than one element of vulnerability would confirm a conclusion that IPA is not reasonable for the particular applicant (e.g. unaccompanied child with no support network), while in other cases, they would balance each other (e.g. IPA may be reasonable for a married couple with available financial means or a support network in one of the cities).

[...]

Single able-bodied men

Although the situation related to settling in the cities of Kabul, Herat and Mazar-e Sharif entails certain hardships, IPA may be reasonable for single able-bodied men, taking into account their individual circumstances. The following can in particular be taken into account: age, gender, family status, state of health, professional and educational background and financial means, local knowledge, support network, etc.

*For applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time see separate conclusion below.

[...]

Applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time

Afghan nationals who resided outside of the country over a prolonged period of time may lack essential local knowledge necessary for accessing basic subsistence means and basic services. An existing support network could also provide the applicant with such local knowledge. The background of the applicant, including their educational and professional experience and connections, as well as previous experience of living on their own outside Afghanistan, could be relevant considerations.

For applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time, IPA may not be reasonable if they do not have a support network which would assist them in accessing means of basic subsistence."

1.2.3. Hazara und Schiiten (aus: EASO Country Guidance Afghanistan):

"a. Individuals of Hazara ethnicity

This profile includes people who belong to the Hazara ethnicity. Mostly, persons of Hazara ethnicity are of Shia religion and the two profiles should be read in conjunction.

The majority of the Hazara population inhabits the Hazarajat. Hazara are also well represented in most cities, including Kabul.

The Hazara ethnicity can usually be recognised by their physical appearance.

COI summary

Since the fall of the Taliban regime, the Hazara have improved their position in society and the Afghan Constitution includes the Hazara as one of the people that comprise the nation of Afghanistan [Conflict targeting, 1.2.10.1]. There is no information of mistreatment by the State [Conflict targeting, 2.5].

Attacks by insurgent groups, in particular by ISKP, have significantly affected the Hazara population in 2018. Attacks by ISKP targeted places where Hazara/Shia gather, such as religious commemorations or political demonstrations, and sites in Hazara-dominated neighbourhoods in large cities, including Kabul and Herat. Such attacks could be related to their religion (see the profile on Shia). Among other reasons, the ISKP also reportedly targets the Hazara due to their perceived closeness and support for Iran and the fight against the Islamic State in Syria [Conflict targeting, 1.2.10.3; Security situation 2019, 1.2.2, 2.1, 2.13].

There are instances of Hazara civilians being abducted or killed while travelling along the roads. In reported incidents where Hazara road passengers were singled out and killed or abducted, other reasons could often be identified, such as non-political communal disputes or the individual being an ANSF member, having a job in the government or the NGO sector, etc., linking these incidents to other profiles [Conflict targeting, 1.2.10.2].

Risk analysis

The acts to which individuals under this profile could be exposed are of such severe nature that they would amount to persecution (e.g. killing, abduction, sectarian attacks).

Being a Hazara in itself would normally not lead to the level of risk required to establish well-founded fear of persecution. In most cases where a well-founded fear of persecution is substantiated, it would be related to circumstances falling under other profiles included in this guidance, such as the profiles on Shia, including Ismaili, Members of the security forces and pro-government militias, Government officials, including judges, prosecutors and judicial staff; and those perceived as supporting the government, etc. The individual assessment should also take into account risk-impacting circumstances, such as the area of origin and area of work (depending on the actor of persecution), profession, political activism, etc.

Nexus to a reason for persecution

Available information indicates that persecution of this profile may be for reasons of (imputed) religion (see profile on Shia), (imputed) political opinion (e.g. links to the government, perceived support for Iran), and/or race (ethnicity).

b. Shia, including Ismaili

This profile includes people who belong to the Shia religion. In Afghanistan, 10 to 15 % of the population are Shia Muslim. The majority of these Shia ethnic Hazara and the two profiles should be read in conjunction.

COI summary

The Shia community is disproportionately represented among civilian casualties in Kabul and Herat. There are reports of attacks against the Shia, especially on places where Shia gather, such as mosques, and during religious commemorations and political demonstrations [Conflict targeting, 1.2.10.2].

In 2018, the majority of ISKP attacks on religious sites reportedly targeted Shia communities. The territorial control of the ISKP is limited, however they have been able to carry out attacks in different parts of the country [Security situation 2019, 1.2.2, 2.1, 2.13; Conflict targeting, 1.2.10.3, 1.5.1.1].

Instances of discrimination against the Shia community are reported [Conflict targeting, 1.2.10.2, 2.5].

Risk analysis

The acts to which individuals under this profile could be exposed are of such severe nature that they would amount to persecution (e.g. sectarian attacks). When the acts in question are (solely) discriminatory measures, the individual assessment of whether or not discrimination could amount to persecution should take into account the severity and/or repetitiveness of the acts or whether they occur as an accumulation of various measures.

Not all individuals under this profile would face the level of risk required to establish well-founded fear of persecution. The individual assessment of whether or not there is a reasonable degree of likelihood for the applicant to face persecution should take into account risk-impacting circumstances, such as: area of origin (areas where ISKP has operational presence), participation in religious practices, political activism, etc.

Nexus to a reason for persecution

Available information indicates that persecution of this profile is for reasons of religion."

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Beschwerdeführer:

2.1.1. Zu seiner Person und seiner Herkunft:

Die Feststellungen zur Herkunft des Beschwerdeführers, zu seiner Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit sowie dahingehend, dass er im Alter von ca. XXXX Jahren Afghanistan verlassen habe und mit seiner Familie nach Pakistan gezogen sei, gründen sich auf die glaubwürdigen Aussagen des Beschwerdeführers im Verfahren. Es besteht kein Grund an diesen Angaben zu zweifeln, weil diese im Laufe des gesamten Verfahrens gleichgeblieben sind und in der Verhandlung spontan und ohne Zögern dargetan wurden (vgl. die Seiten 5f der Niederschrift). Die Feststellungen, dass der Vater des Beschwerdeführers kurze Zeit später nach Afghanistan zurückgekehrt sei und der Beschwerdeführer mit seiner Mutter und seinem Bruder bis zu seiner Ausreise in Pakistan gelebt habe, stützen sich auf die nachvollziehbaren und glaubwürdigen Schilderungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. die Seite 6 der Niederschrift). Dass der Beschwerdeführer im Alter von ca. XXXX nach Österreich gekommen ist, beruht auf seinen im Verfahren nicht strittigen Angaben zu seinem Alter.

2.1.2. Zu seiner Familie:

Dass der Beschwerdeführer nicht verheiratet ist und keine Kinder hat, hat er in der Verhandlung glaubwürdig angegeben (vgl. Seite 13 der Niederschrift). Ebenso stützen sich die Feststellungen zur Mutter und zum Bruder des Beschwerdeführers sowie zu seinem Vater auf die glaubwürdigen und schlüssigen Ausführungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. die Seiten 5ff und 9f der Niederschrift).

2.1.3. Zu seinem Leben in Österreich:

Dass der Beschwerdeführer am 07.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte, ist dem entsprechenden Polizeibericht im Verwaltungsakt der belangten Behörde zu entnehmen. Im Verfahren haben sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben, dass der Beschwerdeführer sich seit der Antragstellung nicht durchgehend in Österreich aufgehalten hätte. Dass der Beschwerdeführer Grundversorgung bezieht und keine Familienangehörigen in Österreich hat, hat er in der Verhandlung glaubwürdig angegeben (vgl. die Seiten 11 und 13 der Niederschrift).

Die Feststellungen zur Freundin des Beschwerdeführers und ihren gemeinsamen Aktivitäten gründen sich ebenso wie die Feststellungen zur aktuellen Wohnsituation des Beschwerdeführers auf die glaubwürdigen und übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und der beiden in der Verhandlung befragten Zeuginnen (vgl. die Seiten 11, 13 und 16ff der Niederschrift).

Die Feststellungen zur ehrenamtlichen Tätigkeit, zum Arbeitsvorvertrag, zur Unterschriftenliste, zum Besuch des Gymnasiums und zur bestandenen ÖSD Integrationsprüfung beruhen auf den in der Verhandlung vorgelegten Unterlagen des Beschwerdeführers (vgl. die Beilagen zur Niederschrift) in Verbindung mit seinen glaubwürdigen, schlüssigen und lebensnahen Schilderungen in der Verhandlung (vgl. die Seiten 12ff der Niederschrift).

Die Feststellungen zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung an den Beschwerdeführer (vgl. AS 293) sowie dahingehend, dass der Beschwerdeführer diese Beschäftigung nach ca. zwei Monaten wieder beendete, gründen sich auf die glaubwürdigen Erläuterungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. Seite 11 der Niederschrift).

2.1.4. Zu seinen Verurteilungen in Österreich:

Die Feststellungen zu den beiden rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers und den herangezogenen Strafbemessungsgründen ergeben sich aus den zitierten dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Urteilen (OZ 6 und 14) in Verbindung mit den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszügen. Die Feststellungen zu seiner Haft gründen sich auf die in der Verhandlung vorgelegte Strafzeitberechnung der Justizanstalt sowie den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Haftmeldezettel über die Abmeldung des Beschwerdeführers aus der Justizanstalt (OZ 15).

Die Feststellungen zur Bewährungshilfe gründen sich auf die in der Verhandlung vorgelegte Stellungnahme seiner Bewährungshilfe vom 24.10.2019, aus der insbesondere hervorgeht, dass zu den Ressourcen des Beschwerdeführers die große Motivation, die derzeit besuchte Schule zu absolvieren, sowie seine sehr guten Deutschkenntnisse zählen würden. Der Beschwerdeführer stehe der Deliktbearbeitung sehr positiv gegenüber und setze sich damit auseinander. Daraus sowie aus den schlüssigen und ernsthaft dargetanen Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. Seite 12 der Niederschrift) ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht, dass der Beschwerdeführer die Bewährungshilfe sehr ernst nimmt. Zudem ergibt sich aus der vorgelegten psychologischen Stellungnahme (OZ 25), dass der Beschwerdeführer seit seiner Entlassung aus der Haft im XXXX ein gänzlich verändertes Nachtatverhalten zeige; ein Eindruck, der mit den Wahrnehmungen des Bundesverwaltungsgerichtes in der Verhandlung übereinstimmt.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 17.11.2017 verloren habe, ergeben sich aus dem zitierten dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Bescheid vom 23.04.2019 (OZ 7).

2.1.5. Zur befürchteten Verfolgung in Afghanistan:

2.1.5.1. Der Beschwerdeführer hat vor der belangten Behörde vorgebracht, dass sein Vater gemeinsam mit seinem Onkel in XXXX viele Grundstücke besessen habe. Nachdem der Vater einen Teil der Grundstücke gegen den Widerstand des Onkels verkauft habe, sei die Familie nach Pakistan gezogen. Der Vater sei kurze Zeit später wieder zurück nach Afghanistan gegangen und nie mehr zurückgekehrt.

Die belangte Behörde hat dieses Vorbringen im angefochtenen Bescheid mangels konkreter und vertiefender Angaben des Beschwerdeführers zum behaupteten Konflikt des Vaters mit dem Onkel, dem Verschwinden des Vaters sowie einer persönlichen Bedrohung des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft qualifiziert (vgl. AS 229).

In der Beschwerde wird diese Würdigung weder substantiiert noch konkret bestritten bzw. dieses Fluchtvorbringen gar nicht näher erwähnt.

In der Verhandlung hat der Beschwerdeführer auf die Frage, aus welchem Grund er bzw. er mit seiner Familie Afghanistan verlassen habe, angegeben (vgl. Seite 7 der Niederschrift): "Mein Vater hat in Afghanistan als XXXX gearbeitet. Gemeinsam mit seinem Onkel m.s. Das Geschäft lief nicht besonders gut - der Grund war, dass dort Krieg herrschte - und mein Vater wollte deshalb mit seiner Familie nach Pakistan gehen, um dort zu arbeiten. Er wollte diese Felder, zumindest Teile dieser Felder, verkaufen. Sein Onkel war dagegen. Schlussendlich hat mein Vater ein paar Felder verkauft und ist nach Pakistan gezogen, und er hat mit diesem Geld in Pakistan ein kleines Haus gekauft. Sein Onkel war sehr unzufrieden, und so kam es zu einer Feindschaft zwischen ihm und meinen Vater. Wenig später ist mein Vater alleine nach Afghanistan zurückgereist, um seinen Anteil an diesen Feldern zu verkaufen. Er wollte das Geld nach Pakistan mitnehmen und mit diesem Geld etwas anfangen. Mein Vater ist aber nie wieder zurückgekehrt. Meine Mutter sagte, dass wir von ihm nichts mehr gehört haben."

Auf die weitere Frage, von wem konkret er aktuell Verfolgung in Afghanistan befürchte, antwortete er (vgl. Seite 8 der Niederschrift): "[...] meine Mutter meint, dass diese Felder uns gehören, das heißt ich bzw. meine Mutter sind jetzt Inhaber dieser Felder. Es könnte sogar sein, dass mein Vater diese Felder unter unseren Namen registriert hat. Wenn wir jetzt zurückkehren, werden wir es mit diesem Onkel meines Vaters zu tun bekommen. Er sieht uns als Feind, als Gefahr, und wir müssen versuchen, uns zu verteidigen." Weitere Angaben machte er nicht.

Es ist vor diesem Hintergrund auch für das Bundesverwaltungsgericht nicht glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer aus den geltend gemachten Gründen Gewalt oder Bedrohungen in seinem Heimatland zu befürchten hat. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in dieser Hinsicht ist vage, wenig konkret und vermag keine konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers darzutun. Der Beschwerdeführer äußert bloße Vermutungen hinsichtlich einer möglichen Gefährdung bzw. dahingehend, dass er möglicherweise von dem angesprochenen Onkel als Feind angesehen wird. Die belangte Behörde hat zutreffend hervorgehoben, dass der Beschwerdeführer letztlich nicht weiß, was mit seinem Vater passiert ist und nie konkret behauptet hat, dass der Onkel etwas mit dem Verschwinden des Vaters zu tun hat. Bei alledem muss auch darauf Bedacht genommen werden, dass das Verschwinden des Vaters fast XXXX Jahre zurückliegt.

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers ist vor diesem Hintergrund unglaubwürdig. Der Beschwerdeführer vermochte mit seinem Vorbringen kein schlüssiges und nachvollziehbares, ihn konkret betreffendes aktuelles Bedrohungsszenario in seinem Heimatland darzutun, wobei auch berücksichtigt werden muss, dass der Beschwerdeführer die Behauptung, dass der Onkel ihn bzw. seine Familie als Feind sehe (vgl. zuvor bzw. Seite 8 der Niederschrift:

"Er sieht uns als Feind, als Gefahr, und wir müssen versuchen, uns zu verteidigen.") in keiner Weise näher spezifiziert bzw. konkretisiert hat. Der Beschwerdeführer hat auch nicht geltend gemacht, dass er persönlich mit dem Onkel jemals Kontakt gehabt hätte oder von ihm bedroht worden wäre.

2.1.5.2. In der Verhandlung verwies der Beschwerdeführer weiters darauf, dass er praktisch nie in Afghanistan gewesen sei, er sich dort nicht auskenne, dort nicht zurechtkommen könne und auch niemanden habe. Es sei sehr schwer, in Afghanistan einen Job und eine Wohnung zu finden und von Null anzufangen (vgl. Seite 8 der Niederschrift). Auch mit diesem Vorbringen zeigt er eine konkrete Bedrohung gerade seiner Person in seinem Heimatland nicht hinreichend substantiiert auf. Hierbei muss besonders darauf Bedacht genommen werden, dass der Beschwerdeführer XXXX , gesund, arbeitsfähig und in einer afghanischen Familie aufgewachsen ist (vgl. dazu sogleich die Erwägungen zu seinen Rückkehrmöglichkeiten).

In der Beschwerde wird die Befürchtung geäußert (der Beschwerdeführer selbst spricht dieses Thema im Zuge seiner Befragungen im Verfahren nie an), dass der Beschwerdeführer als schiitischer Hazara in Afghanistan Diskriminierungen ausgesetzt werden könnte. Es wird dazu jedoch keinerlei konkretes, seine Person betreffendes Vorbringen erstattet, weswegen der Beschwerdeführer schon aus diesem Grund eine hinreichend substantiierte Bedrohung gerade seiner Person aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit nicht glaubwürdig geltend zu machen vermochte.

Auch unter Bedachtnahme auf die Länderfeststellungen - besonders betreffend die Städte Herat und Mazar-e Sharif - ergeben sich für das Bundesverwaltungsgericht in diesen beiden Punkten keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in sein Heimatland.

2.1.5.3. Der Beschwerdeführer hat keine weiteren Befürchtungen hinsichtlich Bedrohungen in seinem Heimatland geltend gemacht. Für das Bundesverwaltungsgericht sind solche im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer hat insbesondere auch nicht vorgebracht, dass er in seiner Zeit in Afghanistan Bedrohungen ausgesetzt gewesen wäre.

Dass der Beschwerdeführer in Afghanistan konkrete individuelle Bedrohungen zu erwarten hat, konnte vor diesem Hintergrund nicht festgestellt werden. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund derartiger Bedrohungen sein Heimatland verlassen hat.

2.1.6. Zu seinen Rückkehrmöglichkeiten nach Afghanistan:

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer Afghanistan im Alter von ca. XXXX Jahren verlassen habe, seine Mutter und sein Bruder in Pakistan leben würden und der Beschwerdeführer in Afghanistan keine sozialen Anknüpfungspunkte habe, ergeben sich aus seinen glaubwürdigen Angaben in der Verhandlung (vgl. die Seiten 6 und 9 der Niederschrift). Die Feststellungen zu seiner Muttersprache, seiner Schulbildung, seinen Sprachkenntnissen und seinen beruflichen Tätigkeiten in Pakistan beruhen auf den glaubwürdigen und schlüssigen Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. die Seiten 3 und 9 der Niederschrift), welche mit seinen Angaben vor der belangten Behörde im Einklang stehen (vgl. die AS 184).

Das Alter des Beschwerdeführers ist im Verfahren nicht strittig. Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich aus seinen nachdrücklichen Angaben in der Verhandlung (vgl. Seite 3 der Niederschrift: "Ich bin ganz gesund."). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig ist, beruht auf seinen Angaben zu seinen beruflichen Tätigkeiten in Pakistan. Zudem ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das auf eine mangelnde Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers deuten würde. Dass sich der Beschwerdeführer für ein Reintegrationsprojekt in Afghanistan angemeldet und davon wieder Abstand genommen hat, ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen (OZ 2 und 3) in Verbindung mit den Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. die Seiten 8f der Niederschrift).

Vor dem Hintergrund der Berichtslage konnte festgestellt werden, dass der Schutz des Beschwerdeführers in den Städten Mazar-e Sharif und Herat gewährleistet ist und ihm ein Aufenthalt dort auch zugemutet werden kann. Hierbei war zu berücksichtigen, dass sich die geltend gemachten Befürchtungen des Beschwerdeführers hinsichtlich Bedrohungen durch einen Onkel seines Vaters nach den zuvor getroffenen Erwägungen als nicht glaubwürdig erwiesen haben. Dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht von seiner Freundin begleitet werden würde - auch wenn sie grundsätzlich planen würden, einmal zu heiraten -, ergibt sich aus den Angaben der Freundin in der Verhandlung (vgl. S

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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