TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/19 96/11/0338

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Veröffentlicht am 19.05.1998
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Index

20/07 Schadenersatz Haftpflicht;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

EKHG 1959 §1;
KFG 1967 §73 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des F in T, vertreten durch Dr. Ernst Zauner, Rechtsanwalt in Wels, Edisonstraße 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. Oktober 1996, Zl. VerkR-392.338/3-1996/Kof, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, E, F und G wegen Verkehrsunzuverlässigkeit für fünf Monate vorübergehend entzogen.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Entziehungsmaßnahme liegt zugrunde, daß der Beschwerdeführer am 11. Februar 1996 auf einer näher bezeichneten Straße ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemalkoholgehalt 0,85 mg/l) gelenkt, dieses wegen eines die Fahrbahn querenden Rehes verrissen hat und in der Folge von der Fahrbahn abgekommen ist. Das auf der angrenzenden Böschung zum Stillstand gekommene Fahrzeug des Beschwerdeführers mußte von der Feuerwehr geborgen werden, wodurch Bergekosten in näher bezeichneter Höhe entstanden. Die belangte Behörde nahm (im Gegensatz zur Erstbehörde) nicht mehr an, daß durch den gegenständlichen Vorfall ein Sachschaden entstanden sei. Sie bejahte aber im Hinblick auf die Bergungskosten unter Berufung auf Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte zu § 1 EKHG gleichwohl das Vorliegen eines Verkehrsunfalles im Sinne des § 73 Abs. 3 KFG 1967. Da dieser vom Beschwerdeführer auch verschuldet worden sei, komme eine Entziehung der Lenkerberechtigung für die Dauer von nur vier Wochen nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer hält diese Argumentation für verfehlt, weil mangels eines Sachschadens kein Verkehrsunfall vorliege. Im übrigen treffe ihn am Abkommen des Fahrzeuges von der Fahrbahn kein Verschulden.

Nach § 73 Abs. 3 erster Satz KFG 1967 (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 103/1997) kommt bei erstmaliger Begehung einer Übertretung im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 eine Entziehung der Lenkerberechtigung für bloß vier Wochen nur unter der Voraussetzung in Betracht, daß der Betreffende bei Begehung dieser Übertretung nicht einen Verkehrsunfall verschuldet hat. Das Kriterium "Verschulden eines Verkehrsunfalles" fand sich vor der 12. KFG-Novelle im § 66 Abs. 2 lit. e sublit. bb KFG 1967. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lag ein Verkehrsunfall im Sinne dieser Bestimmung nur dann vor, wenn zumindest ein Sachschaden, sei es am eigenen Fahrzeug, sei es an anderen Objekten, eingetreten war (siehe die Erkenntnisse vom 21. Dezember 1979, Slg. Nr. 10 003/A, und vom 26. April 1988, Zl. 87/11/0270). Es besteht auch aus der Sicht des vorliegenden Falles kein Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Ein Sachschaden in diesem Sinne ist im Beschwerdefall unbestritten nicht eingetreten. Daran vermag die Argumentation der belangten Behörde, die unter Berufung auf die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte zum Begriff "Schaden" in § 1 EKHG (wonach darunter auch Abschleppkosten nach einem Verkehrsunfall zu verstehen sind) das Voliegen eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden bejaht, nichts zu ändern.

Da die belangte Behörde aufgrund eines unrichtigen Verständnisses des Begriffes "Verkehrsunfall" im § 73 Abs. 3 KFG 1967 die Anwendbarkeit dieser Bestimmung verneint hat, war der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996110338.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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