TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/27 W200 2224697-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.01.2020
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Entscheidungsdatum

27.01.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W200 2224697-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Mag. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien vom 18.09.2019, Zl. 69829497000026-BASB-PASS-PA-8051040666, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen als der Spruch zu lauten hat:

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 12.06.2019 wird abgewiesen. Der Grad der Behinderung beträgt 30%.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der bulgarische Beschwerdeführer stellte am 12. Juni 2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses unter Anschluss eines ärztlichen Gutachtens vom 07.03.2019 eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie der PVA.

Ebenso angeschlossen war eine chefärztliche Stellungnahme der PVA, wonach beim Beschwerdeführer ein Gesamtleistungskalkül für die Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als 6 Monate nicht ausreiche.

Das Sozialministerium holte in weiterer Folge dazu ein orthopädisches Gutachten ein. Das Gutachten vom 20.08.2019 ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 30% und gestaltete sich wie folgt:

"Anamnese:

03/2018 offener dist. Unterschenkelbruch links mit Fixateur versorgt. 06/2018 Stoßwellenbehandlung. 09/2018 Verplattung und Pseudarthrosenresektion. Ab 11/2018 bis 22.01.2019 Reha am Rehabilitationszentrum Weißer Hof, 02/2019 Schraubenentfernung und ESWL im Traumazentrum Wien Standort Meidling. Eine weitere Reha am Rehabilitationszentrum Weißer Hof wird ab 30.07.2019, dzt. Ifd., durchgeführt. Vor ca. 30 Jahren OP am linken Knie (inneres Seitenband?)

Derzeitige Beschwerden:

Übersetzt durch eine mitgebrachte Dolmetscherin:

Der linke Fuß tut weh, vermehrt unter der Therapie. Auch das rechte Sprunggelenk schmerzt und das rechte Knie.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Schmerzmittel

Laufende Therapie: Reha am Rehabilitationszentrum Weisser Hof

Hilfsmittel: orthop. Schuhe, 2 Gehstöcke

Sozialanamnese: war Bauarbeiter

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe): 03/2019 orthop. GA wegen I-Pens.

Untersuchungsbefund: (...)

Klinischer Status - Fachstatus: (...)

Untere Extremitäten:

Freies Gehen wird nicht ausgeführt, mit Gehstock ist das Gangbild deutlich linkshinkend, im linken Sprunggelenk wird nicht abgerollt.

Untersuchung im Liegen:

Beinlänge links - 1cm. Die Beinachse ist im Lot.

Muskelverschmächtigung am linken Ober- und Unterschenkel. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird am linken Fuß als vermindert, sonst als ungestört angegeben. Die Fußsohlenbeschwielung ist links etwas herabgesetzt, auch rechts sehr zart. Das Fußgewölbe ist beidseits stark abgeflacht.

Rechtes Sprunggelenk:

Bandfest. Über der Peronaeussehne lokal Schwellung und Druckschmerz.

Linker Unterschenkel und Sprunggelenk:

Der Unterschenkel ist äußerlich gerade, nicht auffallend verdreht. Das Sprunggelenk ist verplumpt und verbreitert. Vom Innenknöchel zieht eine Narbe zur Schienbeinvorderkante. Eine weitere Narbe oberhalb vom Innenknöchel und eine kleine Narbe über dem Außenknöchel. Das Sprunggelenk ist wackelsteif, die Bewegungen sind deutlich schmerzhaft.

Rechtes Knie:

Gering intraartikulärer Erguss. Zohlen Test pos., allseits bandfest.

Linkes Knie:

Bogenförmige Narbe innenseitig. Ergussfrei und bandfest.

Beweglichkeit:

Hüften seitengleich frei, Knie S 0-0-130, oberes Sprunggelenk rechts frei, links wackelsteif, unteres Sprunggelenk rechts frei, links wackelsteif.

Umfang in cm (Oberschenkel gemessen 15 cm oberhalb vom Kniescheibenrand}: Oberschenkel rechts 54, links 53, Unterschenkel rechts 34,5, links 34.

(...)

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt in hohen orthopädischen Schuhen zur Untersuchung, verwendet 2 Gehstöcke, das Gangbild ist verlangsamt, linkshinkend, insgesamt sicher. Das Aus- und Ankleiden wird teilweise im Sitzen, teilweise im Stehen durchgeführt.

(...)

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Funktionsbehinderung am linken Sprunggelenk nach Unterschenkelbruch 1 Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da in Neutralstellung wackelsteif.

02.05.32

30

2

Kniegelenksarthrose rechts Unterer Rahmensatz, da frei beweglich, aber gering Reizerguss

02.05.18

10

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, wegen zu geringer funktioneller Relevanz.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Z.n. OP am linken Knie, ohne Funktionsdefizit"

Im gewährten Parteiengehör gab der Beschwerdeführer zum übermittelten Gutachten keine Stellungnahme ab. Am 18.09.2019 wurde ein Bescheid mit folgendem Wortlaut erlassen:

Mit einem Grad der Behinderung von 30% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Ihr Antrag vom 12.06.2019 ist daher abzuweisen.

Begründend wurde auf das eingeholte Gutachten verwiesen, das dem Bescheid als Beilage angeschlossen war.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 12.10.2019 machte der Beschwerdeführer geltend, dass die Heilung seines Unterschenkels langsam bis gar nicht laufe und er andauernd Schmerzen habe, sich ausschließlich mit Hilfe von zwei Gehstöcken bewege und inzwischen auch schon sein rechtes Bein aufgrund der Belastung beschädigt sei. Deshalb sei er mit der Feststellung des Behindertengrades von 30% nicht einverstanden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

beschwerderelevanter Status:

Untere Extremitäten:

Freies Gehen wird nicht ausgeführt, mit Gehstock ist das Gangbild deutlich linkshinkend, im linken Sprunggelenk wird nicht abgerollt.

Untersuchung im Liegen:

Beinlänge links - 1cm. Die Beinachse ist im Lot.

Muskelverschmächtigung am linken Ober- und Unterschenkel. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird am linken Fuß als vermindert, sonst als ungestört angegeben. Die Fußsohlenbeschwielung ist links etwas herabgesetzt, auch rechts sehr zart. Das Fußgewölbe ist beidseits stark abgeflacht.

Rechtes Sprunggelenk:

Bandfest. Über der Peronaeussehne lokal Schwellung und Druckschmerz.

Linker Unterschenkel und Sprunggelenk:

Der Unterschenkel ist äußerlich gerade, nicht auffallend verdreht. Das Sprunggelenk ist verplumpt und verbreitert. Vom Innenknöchel zieht eine Narbe zur Schienbeinvorderkante. Eine weitere Narbe oberhalb vom Innenknöchel und eine kleine Narbe über dem Außenknöchel. Das Sprunggelenk ist wackelsteif, die Bewegungen sind deutlich schmerzhaft.

Rechtes Knie:

Gering intraartikulärer Erguss. Zohlen Test pos., allseits bandfest.

Linkes Knie:

Bogenförmige Narbe innenseitig. Ergussfrei und bandfest.

Beweglichkeit:

Hüften seitengleich frei, Knie S 0-0-130, oberes Sprunggelenk rechts frei, links wackelsteif, unteres Sprunggelenk rechts frei, links wackelsteif.

Umfang in cm (Oberschenkel gemessen 15 cm oberhalb vom Kniescheibenrand}: Oberschenkel rechts 54, links 53, Unterschenkel rechts 34,5, links 34.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt in hohen orthopädischen Schuhen zur Untersuchung, verwendet 2 Gehstöcke, das Gangbild ist verlangsamt, linkshinkend, insgesamt sicher. Das Aus- und Ankleiden wird teilweise im Sitzen, teilweise im Stehen durchgeführt.

1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Funktionsbehinderung am linken Sprunggelenk nach Unterschenkelbruch 1 Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da in Neutralstellung wackelsteif.

02.05.32

30

2

Kniegelenksarthrose rechts Unterer Rahmensatz, da frei beweglich, aber gering Reizerguss

02.05.18

10

Der Gesamtgrad

der Behinderung beträgt 30 v. H., da das führende Leiden 1 durch Leiden 2 wegen zu geringer funktioneller Relevanz nicht erhöht wird.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung des Beschwerdeführers gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte orthopädische Gutachten vom 20.08.2019, welches einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 % feststellt, und schlüssig und nachvollziehbar ist.

Der der von der belangten Behörde befasste Facharzt für Unfallchirurgie beschreibt den Status des Beschwerdeführers genau und detailreich und unterzog auch alle von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung.

Das führende Leiden 1 stuft der Gutachter nachvollziehbar unter Pos.Nr. 02.05.32 - Funktionsbehinderung am linken Sprunggelenk nach Unterschenkelbruch - mit einem GdB von 30 vH ein und begründet schlüssig die Anwendung einer Stufe unter dem oberen Rahmensatz damit, dass es in Neutralstellung wackelsteif sei.

Das Leiden 2 stuft er schlüssig unter Pos.Nr. 02.05.18- Kniegelenksarthrose rechts - mit einem GdB von 10 vH ein und begründet nachvollziehbar die Anwendung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz damit, da es frei beweglich ist, jedoch geringer Reizerguss vorliegt.

Den Zustand nach Knieoperation links stuft er mangels Funktionsdefizit nicht als Behinderung ein.

Wenn der Beschwerdeführer nunmehr vermeint, dass die Einstufung nicht ordnungsgemäß sei, da die Heilung seines Unterschenkels langsam bis gar nicht laufe, er andauernd Schmerzen habe und sich ausschließlich mit der Hilfe von zwei Gehstöcken bewegen könne und nunmehr sein rechtes Bein deshalb beschädigt sei, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Sachverständige bereits eine Einstufung der Kniegelenksarthrose rechts vorgenommen hat.

Die Einstufung unter 02.05.32 ist die einzig mögliche, da die Anlage zur EVO folgenden Einstufungsmöglichkeiten zum Sprunggelenk vorsieht:

Funktionseinschränkung bis Versteifung der Sprunggelenke je nach Funktion und Stellung - günstige oder ungünstige Stellung.

02.05.32

Funktionseinschränkung bis Versteifung einseitig

10 - 40 %

02.05.33

Funktionseinschränkung geringen bis mittleren Grades beidseitig

30 - 40 %

02.05.34

Funktionseinschränkung schweren Grades beidseitig

50 - 60 %

Somit ist

aufgrund der Einseitigkeit ausschließlich eine Einstufung unter 02.05.32. möglich. Hinzuweisen ist auch darauf, dass dem Unfallchirurgen bei der Untersuchung am 19.08.2019 der Unfallszeitpunkt März 2018 und bekannt war (vgl. Anamnese) und ihm deshalb auch der Heilungsverlauf bekannt ist.

Das Sachverständigengutachten wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Zweifel am Inhalt des Gutachtens bestehen für das BVwG keine - das Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Für den erkennenden Senat ergibt sich kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 von Hundert abzuweichen. Die Ausführungen in der Beschwerde vermochten keine substantiierten Einwendungen gegen das eingeholte Sachverständigengutachten darzustellen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf das von der erstinstanzlichen Behörde eingeholten Gutachten, worin ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 % festgestellt wurde.

Die Beschwerdeführerin ist den Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.

Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides, dass der Teil des Spruches zu entfallen hat, wonach die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt, wir auf das das Erkenntnis des VwGH Ra 2018/11/0204-7, Rz 24 vom 13. Dezember 2018 betreffend die Einziehung eines Behindertenpasses verwiesen:

§ 43 Abs. 1 BBG ermächtigt die Behörde daher zwar zu einem amtswegigen Vorgehen, allerdings nach den bisherigen Ausführungen nur zu einem Ausspruch der Einziehung des Behindertenpasses. Ein Bescheid, in dem ausgesprochen wird, dass die Betreffende mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle, oder in dem festgestellt wird, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht, findet in § 43 Abs. 1 BBG keine Deckung.

Analog dazu wird darauf hingewiesen, dass weder die §§ 40 und 41 noch § 45 BBG die Voraussetzungen für die von der belangen Behörde gewählte Formulierung "Mit einem Grad der Behinderung von 30% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses." bieten.

Auch die Formulierung "Ihr Antrag ist daher abzuweisen." ist insofern falsch als sie eine Handlungsanweisung bzw. eine Forderung an einen Dritten beinhaltet, den Antrag abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Gesundheitsschädigungen.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die beschwerdeführende Partei hat auch mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der erstinstanzlichen gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre. Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorläge und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W200.2224697.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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