TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/27 W115 2215952-1

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Veröffentlicht am 27.01.2020
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Entscheidungsdatum

27.01.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W115 2215952-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK sowie den fachkundigen Laienrichter Thomas SCHAUFLINGER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom XXXX , OB: XXXX , in Form von Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer hat am XXXX beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage von medizinischen Beweismitteln einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein ärztliches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH bewertet wurde.

1.2. Weiters war von der belangten Behörde zur Überprüfung des Antrages die Einholung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens beabsichtigt. Der Vorladung zur allgemeinmedizinischen Untersuchung durch Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, am XXXX hat der Beschwerdeführer zwar Folge geleistet, hat aber in weiterer Folge die persönliche Untersuchung durch die Sachverständige verweigert.

1.3. Mit Schreiben vom XXXX hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH ergeben habe. Als Beilage zu dem Schreiben wurden von der belangten Behörde die eingeholten Sachverständigengutachten übermittelt.

1.4. Am XXXX hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen unbefristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH ausgestellt.

2. Gegen diesen Bescheid in Form der Ausstellung eines unbefristeten Behindertenpasses wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde vom Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass ihm die Ärzte des XXXX , welche alle hochqualifiziert seien, nicht ohne Grund einen Grad der Behinderung von 100% bescheinigt hätten. Dies sei auch von einem Amtsarzt der Bundespolizeidirektion XXXX bestätigt worden. Die bei ihm vorliegende depressive Psychose sei nicht korrekt beurteilt worden.

3. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Status Psychicus: Wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert. Konzentration und Mnestik reduziert. Affektive Verflachung. Erhöhte Reizbarkeit und Impulsivität. Verminderte Kritikfähigkeit, querulatorisch, teilweise distanzlos. Ductus kohärent und insgesamt zum Denkziel führend, insgesamt jedoch etwas weitschweifig und schlecht lenkbar. Keine produktive psychotische Symptomatik explorierbar. Stimmungslage normothym bei dysphorer Befindlichkeit. Keine Ängste, keine Zwänge. Rez. Alkoholexzesse bis zur Bewusstlosigkeit bei intermittierender Abstinenz. Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen erhalten. Antrieb unauffällig. Keine depressive Symptomatik. Keine akute Selbst- oder Fremdgefährdung fassbar.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Suchterkrankung mit fortgeschrittenen körperlichen und psychischen Veränderungen, Alkoholabusus Unterer Rahmensatz, da langjährige Anamnese von Substanzmissbrauch sowie mehreren erfolglosen Behandlungsversuchen und sozialem Abstieg, jedoch keine Befunde für alkoholbedingte Organschäden.

03.08.02

50 vH

1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am XXXX bei der belangten Behörde eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkung und des Gesamtgrades der Behinderung des Beschwerdeführers gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers sowie auf die vom Beschwerdeführer im angefochtenen Verfahren vorgelegten medizinischen Beweismittel.

Das von der belangten Behörde eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, entspricht unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel der festgestellten Funktionseinschränkung.

Die im angefochtenen Verfahren vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die befasste Sachverständige hat sich im Rahmen der Gutachtenserstellung ausführlich damit auseinandergesetzt. Diese Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Die beim Beschwerdeführer vorliegende Suchterkrankung wurde im eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionseinschränkung entsprechend beurteilt und im Einklang mit den vorgelegten Befunden und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen klinischen Status unter die Positionsnummer 03.08.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt. Durch die Heranziehung dieser Positionsnummer (Suchterkrankung mit fortgeschrittenen körperlichen und psychischen Veränderungen) ist den Beschwerden des Beschwerdeführers ausreichend Rechnung getragen worden. Dr. XXXX führt fachärztlich überzeugend aus, dass der untere Rahmensatz dieser Positionsnummer mit einem Grad der Behinderung von 50 vH heranzuziehen ist, da beim Beschwerdeführer ein Zustand bei langjährigem Alkoholabusus mit mehreren erfolglosen Behandlungsversuchen und sozialem Abstieg besteht, wobei jedoch befunddokumentierte alkoholbedingte Organschäden nicht bestehen. Diese Beurteilung steht auch im Einklang mit den Vorgaben der Anlage zur Einschätzungsverordnung, nach denen Positionsnummer 03.08.02 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH für Suchterkrankungen heranzuziehen ist, wenn eine hochgradige Abhängigkeit vorliegt, mehrere nachgewiesene stationäre Entzugsversuche erfolgt sind, ein körperlicher Abbau besteht, affektive Begleiterkrankungen vorliegen, das Suchtverhalten öfters unkontrollierte Formen annimmt und ein beginnender sozialer Abstieg besteht. Ein höherer Grad der Behinderung wäre u.a. erst bei Vorliegen von Organschäden vorgesehen. Dass beim Beschwerdeführer alkoholbedingte Organschäden vorliegen, ist den vorgelegten medizinischen Beweismitteln nicht zu entnehmen und wurde vom Beschwerdeführer darüber hinaus auch nicht vorgebracht. Einer höheren Einschätzung dieses Leidens war daher die Grundlage entzogen.

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass vom Beschwerdeführer die Mitwirkung an der ärztlichen Untersuchung durch die von der belangten Behörde herangezogene allgemeinmedizinische Sachverständige grundlos verweigert worden ist. Aufgrund des eingeholten psychiatrischen Sachverständigengutachtens und unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde erachtet das Bundesverwaltungsgericht eine solche für die Entscheidungsfindung auch nicht mehr für erforderlich, da die beim Beschwerdeführer vorliegenden dokumentierten Gesundheitsschädigungen bereits im Rahmen der persönlichen Untersuchungen durch die befasste psychiatrische Sachverständige vollumfänglich - soweit ein einschätzungsrelevantes Leiden vorliegt - berücksichtigt worden sind. Im Übrigen wurde vom Beschwerdeführer weder im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens noch in der Beschwerde die Einholung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens beantragt.

Die vom Beschwerdeführer im Zuge der Antragstellung vorgelegte amtsärztliche Bestätigung der Bundespolizeidirektion XXXX aus dem Jahr XXXX , in welcher ein Grad der Behinderung in Höhe von 100 vH bestätigt wurde, ist nicht geeignet eine geänderte Beurteilung oder Erweiterung des Ermittlungsverfahrens zu rechtfertigen. In dieser amtsärztlichen Bestätigung wurde der Grad der Behinderung ohne Begründung mit 100 vH bewertet. Es finden sich jedoch weder Befund noch Gutachten im engeren Sinn. Lässt ein ärztliches Attest nicht erkennen, auf welchem Weg sein Aussteller zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist, ist es mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel nicht geeignet. Eine Vermutung, dass das in einem "befundlosen" Attest abgegebene Fachurteil nach den Regeln der Wissenschaft erstellt worden sei, besteht nicht (siehe dazu VwGH vom 06.11.2001, 94/09/0060).

Ebenfalls nicht geeignet eine geänderte Beurteilung oder Erweiterung des Ermittlungsverfahrens zu rechtfertigen ist das vom Beschwerdeführer im Zuge der Antragstellung vorgelegte Beiblatt zu einem nicht näher bezeichneten Bescheid. Dem Beiblatt ist lediglich zu entnehmen, dass es auf ein mit XXXX datiertes Sachverständigengutachten Bezug nimmt, welches nach den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetztes eingeholt worden ist. In diesem Beiblatt wurde der Grad der Behinderung in Höhe von 100 vH beurteilt, wobei als Hauptleiden eine schizopathische Neurose mit Krankheitswert angeführt und mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 100 vH bewertet wurde. Diesbezüglich wird festgehalten, dass die Einschätzung des Grades der Behinderung im Jahr XXXX anhand der damals zur Beurteilung heranzuziehenden Richtsatzverordnung erfolgt ist. Nunmehr ist die Beurteilung des Grades der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung vorzunehmen, woraus sich eine abweichende Einschätzung ergibt (siehe diesbezüglich auch die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II.3.1.). Darüber hinaus beschreibt Dr. XXXX schlüssig und nachvollziehbar, dass zum aktuellen Zeitpunkt keine aussagekräftigen Befunde für eine schizopathische Neurose vorliegen. Dies steht auch im Einklang der erhobenen Anamnese, wo der Beschwerdeführer angibt, seit dem Jahr XXXX keine psychiatrischen Behandlungen mehr in Anspruch zu nehmen und auch keine psychopharmakologische Medikation einzunehmen. Auch konnte im Rahmen der klinischen Untersuchung durch Dr. XXXX weder eine produktive psychotische Symptomatik noch Ängste, Zwänge oder eine depressive Symptomatik objektiviert werden. Auch lagen keine Hinweise für eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung vor.

Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde somit umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Aufgrund des festgestellten Ausmaßes der Funktionseinschränkung war einer höheren Einschätzung des Grades der Behinderung somit die Grundlage entzogen.

Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorliegenden Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Der Beschwerdeführer ist dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten nicht substantiiert entgegengetreten. Medizinische Beweismittel, durch die das Vorbringen fundiert belegt bzw. dem eingeholten Sachverständigengutachten substantiiert entgegengetreten wird, sind vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde nicht vorgelegt worden. Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist - wie bereits vorhin ausgeführt - jedoch nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 vH vorliegt, zu entkräften. Es ist auch kein Vorbringen erstattet worden bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre. Dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers seit der sachverständigen Beurteilung maßgeblich verschlechtert hätte, ist von diesem nicht substantiiert vorgebracht worden. Die vom Beschwerdeführer im angefochtenen Verfahren vorgelegten medizinischen Beweismittel und geschilderten Leidenszustände sind einer eingehenden Überprüfung durch die befasste Sachverständige unterzogen und im Rahmen der Gutachtenserstellung berücksichtigt worden, soweit einschätzungsrelevante Aspekte davon betroffen gewesen sind.

Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum XXXX auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 54 Abs. 12 BBG treten § 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft.

Gemäß § 55 Abs. 4 BBG ist die Bestimmung des § 41 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren nicht anzuwenden. Diese Verfahren sind unter Zugrundelegung der bis zum 31. August 2010 geltenden Vorschriften zu Ende zu führen. Dies gilt bis 31. August 2013 auch für Verfahren nach §§ 40ff, sofern zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ein rechtskräftiger Bescheid nach §§ 40ff oder auf Grund der Bestimmungen des § 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes vorliegt.

Gemäß § 55 Abs. 5 erster Satz BBG hat im Falle eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach Ablauf des 31. August 2013 die Einschätzung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) zu erfolgen.

Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am XXXX gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 50 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche.

Da ein Grad der Behinderung von 50 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Falls sich der Leidenszustand des Beschwerdeführers maßgebend verschlechtert, ist es zulässig, einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass zu stellen und kommt eine neuerliche Feststellung des Grades der Behinderung in Betracht (vgl. dazu etwa VwGH vom 20.11.2012, 2011/11/0118 zu § 14 BEinstG). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher im erstinstanzlichen Verfahren ein auf persönlicher Untersuchung basierendes ärztliches Sachverständigengutachten durch eine Fachärztin für Psychiatrie eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Der Beschwerdeführer hat von diesem Sachverständigenbeweis vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Das Beschwerdevorbringen war allerdings - wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits ausgeführt - nicht geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Schlussfolgerungen hervorzurufen. Im Rahmen der Beschwerde wurden auch keine Beweismittel vorgelegt, welche das Vorbringen fundiert erhärten bzw. die sachverständige Beurteilung überzeugend in Zweifel ziehen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017-5).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W115.2215952.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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