Entscheidungsdatum
28.01.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W264 2194239-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Bernhard BRUCKNER als Beisitzer über die Beschwerde des
XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 25.1.2018, OB:
90720643000066, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 13.4.2018, mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen wurde, gemäß § 28 VwGVG zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer war im Besitz eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 70 % und der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", welcher bis 31.12.2017 befristet ausgestellt war.
2. Die in dem damals der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten vom 22.4.2013 festgestellten und nach der Richtsatzverordnung eingeschätzten Gesundheitsschädigungen waren:
1. Periphere arterielle Verschlusskrankheit
2. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus
3. Zustand nach Laserkoagulation der Netzhaut
4. Diabetische Netzhautveränderungen beidseits
5. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
6. Zustand nach Kleinzehenamputation links
Die Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beruhte auf dem Sachverständigengutachten vom 23.02.2016, in welchem dazu ausgeführt wurde, dass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und damit die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der linken unteren Extremität im Stadium IV mit längerstreckigem arteriellem Gefäßverschluss links sowie bestehendem Ulkus am linken Fuß und dokumentierter erheblicher Gehstreckenlimitierung erheblich eingeschränkt sei. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung lägen damit vor.
In dem Sachverständigengutachten vom 23.2.2016 wurde als Nachuntersuchung "September 2017" mit der Begründung vermerkt, dass eine Besserung des Gefäßleidens mittels geplanter Gefäßrekonstruktion möglich und damit eine Neuevaluierung der Zusatzeintragung erforderlich sei.
3. Mittels Antragsformulars 08/2017 stellte der Beschwerdeführer am 19.9.2017 einen "Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass" sowie einen "Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses wegen Ungültigkeit", wobei er unter Punkt 3. die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" begehrte.
In einem Begleitschreiben zu seinem Antrag führte er aus, dass sein Behinderten- sowie sein Parkausweis befristet ausgestellt worden seien und er einen Antrag auf Neuausstellung und Festsetzung des Grades der Behinderung stellen wolle, da sich sein Gesundheitszustand und die körperliche Verfassung nicht gebessert, sondern verschlechtert hätten. Seit dem Erstansuchen habe er eine Reihe von Spitalsaufenthalten hinter sich gebracht und würden ihn die Folgen dieser Ereignisse beeinträchtigen. Ohne Gehhilfen könne er sich derzeit nicht fortbewegen.
4. In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. XXXX vom 15.11.2017 wurde nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am gleichen Tage als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung festgehalten:
"Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da insulinpflichtig und die diabetische Nephropathie sowie der Zustand nach Kleinzehenamputation links in dieser Position mitberücksichtigt ist
09.02.04
50
2
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Wahl der Position mit dem oberen Rahmensatz, da eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung gegeben ist
02.01.01
20
3
Zustand nach Quadrizepsruptur links Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz aufgrund der Gangunsicherheit
02.05.25
20
4
Periphere arterielle Verschlusskrankheit Unterer Rahmensatz, da bei Zustand nach mehrfachen Gefäßinterventionen Oszillometrischer Index rechts 0,85, links 1,0
05.03.02
20
Die medizinische
Sachverständige stellte nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. fest und attestierte "Dauerzustand".
Zu beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen, welche keinen Grad der Behinderung erreichen, hielt die Sachverständige fest, dass eine in Abheilung befindliche Wunde sowie eine Carotisverengung ohne Interventionsbedarf keinen Grad der Behinderung erreichen.
Betreffend die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hielt die medizinische Sachverständige fest:
"Bei zufriedenstellender operativer Sanierung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke selbständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten ist das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Das sichere Anhalten ist möglich. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen möglich. Auch operative Sanierung der Quadricepsruptur links stellt keine erhebliche Einschränkung bei der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel dar. Die Verwendung eines Gehstockes ist zweckmäßig, steigert dadurch die vermehrte Sicherheit der Gehleistung und erschwert die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht im hohem Maß."
Auch verneinte die medizinische Sachverständige das Vorliegen einer schweren Erkrankung des Immunsystems beim Beschwerdeführer.
5. In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten der Fachärztin für Augenheilkunde Dr. XXXX vom 19.1.2018 wurde nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 17.1.2018 als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung festgehalten:
"Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Pos.Nr.
GdB %
1
Zust. nach Grauer Star Op mit Hinterkammerlinsenimplantation beidseits, Zust. nach Hornhauttransplantation links, Sehverminderung rechts auf 0,6 und links auf 0,5 Tabelle Kolonne 2 Zeile Kunstlinsenimplantation beidseits +10% inkl
11.02.01
30
2
Gesichtsfeldeinschränkung links
11.02.06
10"
Die fachärztliche Sachverständige stellte nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. fest und attestierte "Dauerzustand".
Betreffend den Gesamtgrad der Behinderung führte die Sachverständige aus, dass aufgrund eines ungünstigen Zusammenwirkens das Leiden 1 und 2 additiv zu werten sind.
6. Die bereits befasste Allgemeinmedizinerin Dr. XXXX erstattete ein die eingeholten Gutachten vom 15.11.2017 und vom 19.1.2018 zusammenfassendes Gesamtgutachten vom 22.1.2018.
7. Mit Schreiben vom 24.1.2018 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass das Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens einen Grad der Behinderung von 60% ergeben habe, ihm daher in den nächsten Tagen ein Behindertenpass in Scheckkartenformat übermittelt werde. Der Behindertenpass werde unbefristet ausgestellt. Mit diesem Schreiben wurden dem Beschwerdeführer zugleich die eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 15.11.2017, Dris. XXXX vom 19.1.2018 und das Gesamtgutachten Dris. XXXX vom 22.1.2018 übermittelt.
8. Mit Schreiben des gleichen Tages wurde der Behindertenpass an den Beschwerdeführer versendet.
9. Mit Bescheid vom 25.01.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab. Diesem Bescheid wurden ebenfalls die von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 19.1.2018 (Gutachten Augenheilkunde) und vom 22.1.2018 (zusammenfassendes Gutachten) zugrunde gelegt und dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.
10. Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 5.2.2018 gegen beide Entscheidungen der belangten Behörde das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin brachte der Beschwerdeführer vor, eine Herabsetzung von 70% auf 60% nicht zu verstehen, da in den vier Jahren mit seinem Körper einiges geschehen sei. Er habe eine Polyneuropathie in den Füßen und spüre nicht wo er hintrete. Er merke nicht, wenn er sich wo stoße. Sein Knie sei oft instabil. Stufensteigen ohne Handlauf und Stock sei ihm nicht möglich und würden Stufen, die nicht der Norm entsprechen große Hürden darstellen. Zum sicheren Gang müsse er einen Stock verwenden. Bei Belastung würden die Hüften und die Wirbelsäule schmerzen. Erschwerend sei dabei die einseitige Belastung durch das geschädigte linke Bein. Er könne ohne stehenzubleiben keine 100 Meter gehen. Das habe er 2016 schon nicht können und könne es nach der Verletzung am linken Bein und den gerissenen Kreuzbändern auch 2018 nicht. Nach weiteren 100 Metern würden seine Unterschenkel beginnen taub zu werden. Er bekomme auch starke Krämpfe.
Seiner Beschwerde fügte er einen aktuellen Befund der Diabetesambulanz des XXXX vom 14.02.2018 bei.
11. Die belangte Behörde holte nach Beschwerdeerhebung eine ergänzende Stellungnahme vom 1.3.2018 der bereits befassten allgemeinmedizinischen Sachverständigen ein und äußerte die sich darin wie folgt:
"Stellungnahme zum Beschwerdeschreiben vom 05.02.2018, da der Grad der Behinderung von 70% auf 60% reduziert wurde.
Von Seiten des BF wurde um einen neuen Behindertenpass angesucht.
Die Einstufung des letzten Pass-Gutachtens vom 22.04.2013 erfolgte noch nach der alten RVO. Die Einstufung des aktuellen Gutachtens erfolgte erstmals nach der neuen EVO, in welche auch andere Richtsätze gelten.
Im Vergleich zum Vorgutachten konnte eine Besserung des Leidens unter der Position 1 (periphere arterielle Verschlußkrankheit) festgestellt werden, somit erfolgte eine Absenkung. Befundmäßig wird eine Oszillometrischer Index von rechts 0,85 und links von 1,0 vom 29.09.2017 dokumentiert, wobei es sich um eine leichte Ischämie (Stadium I bis maximal IIa) handelt und ein zufriedenstellendes Ergebnis darstellt.
Bezüglich des diabetischen Fußsyndrom sind laut Letztbefund (Nachgereichter Befund, XXXX KH vom 14.02.2018) alle Läsionen abgeheilt. Die Stoffwechsellage ist unter Therapie ideal (HbAlc 6,8%).
Somit erfolgt diesbezüglich keine gesonderte Berücksichtigung.
Die diabetische Neuropathie ist in dem Leiden unter der Position 1 mitberücksichtigt. Ein aktueller NLG-Befund ist nicht vorliegend, somit ist eine hochgradige Polyneuropathie befundmäßig nicht belegt.
Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, sowie der Zustand nach Quadrizepsruptur links wurden entsprechend den Defiziten berücksichtigt. Auch bezüglich des Augenleidens konnte keine Verschlechterung attestiert werden. Eine Carotisverengung ohne Interventionsbedarf erreicht keinen GdB.
Das Letztgutachten vom 23.02.2016: Gutachten zur Befürwortung der Unzumutbarkeit der Öffentlichen Verkehrsmittel war befristet bis 9/2017.
Da es sich aufgrund der Befundverbesserung von Leiden 1 um eine maßgebliche Verbesserung der Durchblutungssituation handelt und auch keine offenen Läsionen befundmäßig dokumentiert sind, ist es dem BF durchaus zuzumuten eine kurze Wegstrecke selbständig zurückzulegen. Ebenso ist bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Das sichere Anhalten ist möglich. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen möglich. Auch operative Sanierung der Quadricepsruptur links stellt keine erhebliche Einschränkung bei der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel dar. Die Verwendung eines Gehstockes ist zweckmäßig, steigert dadurch die vermehrte Sicherheit der Gehleistung und erschwert die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht im hohen Maß. Somit ist die Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr begründbar. Alle anderen nachgereichten Befunde gelten als bereits bekannt und erbringen keine neuen Erkenntnisse."
12. Mit Schreiben vom 8.3.2018 wurde dem Beschwerdeführer die ergänzend eingeholte Stellungnahme der medizinischen Sachverständigen übermittelt und die Gelegenheit eingeräumt binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
13. Der Beschwerdeführer erstattete eine schriftliche Stellungnahme, welche am 4.4.2018 bei der belangten Behörde einlangte. In dieser führte er neuerlich aus keine 100 Meter gehen zu können, keinen sicheren Stand zu haben und kein zusätzliches Gewicht tragen zu können, weshalb seine Gattin die Einkäufe mehrmals hintereinander die 2. Etage nach oben tragen müsse. Die Kontrolle und die Messungen zur Polyneuropathie seien ab dem Befund vom 13.12.2012 des XXXX KH von den Ärzten nicht mehr angeordnet worden, da bei dieser Messung nichts bewertbar gewesen sei. Aufgrund der eingeschränkten Durchblutung bekomme er Krämpfe in den Unterschenkeln.
14. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.4.2018, Zl. OB 90720643000042, wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den mit Begleitschreiben vom 24.1.2018 ausgestellten Behindertenpass ab und sprach aus, dass mit einem Grad der Behinderung 60 % keine Veränderung des Grades der Behinderung eingetreten sei.
15. Mit gegenständlicher Beschwerdevorentscheidung vom 13.4.2018, Zl. OB 90720643000066, wies die belangte Behörde auch die Beschwerde gegen den Bescheid vom 25.1.2018 betreffend die Zusatzeintragung in den Behindertenpass ab und führte dazu begründend aus, dass die Begutachtung durch den Ärztlichen Dienst ergeben hätte, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden. Die wesentlichen Ergebnisse der ärztlichen Begutachtung seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen und übermittelte die belangte Behörde in der Beilage die eingeholten Sachverständigengutachten vom 15.11.2017 (Allgemeinmedizin), vom 19.1.2018 (Augenheilkunde), vom 22.1.2018 (zusammenfassendes Gutachten) und vom 1.3.2018 (Stellungnahme Allgemeinmedizin).
16. Jeweils mit E-Mail vom 19.4.2018 beantragte der Beschwerdeführer seine Beschwerde vom 5.2.2018, welche sich sowohl gegen den Bescheid in Form der Ausstellung des Behindertenpasses als auch gegen den Bescheid über die Abweisung der Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass richtete, dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).
17. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Beschwerdevorlageschreiben vom 2.5.2018 die bezughabenden Akten zur Entscheidung vor und langten diese am 3.5.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
18. Das Verfahren betreffend die Ausstellung des Behindertenpasses wird hg. zur Zahl W264 2194240-1 geführt.
19. Mit gesondertem E-Mail vom 25.6.2018 übermittelte der Beschwerdeführer im Wege der belangten Behörde dem Gericht weitere Unterlagen, welche ho. am 9.7.2018 einlangten.
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Befund des XXXX , Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation, vom 22.6.2018
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MRT-Befund des XXXX der Lendenwirbelsäule vom 16.5.2018
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Befund des AKH über Konventionelles Röntgen der LWS und des Beckens vom 3.5.2018
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Augenbefund der Netzhautambulanz des XXXX vom 24.4.2018
20. Zur Überprüfung des Beschwerdeschreibens und der in diesem Zuge vorgelegten Befunde wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ein Gutachten aus dem Fachbereich der Unfallchirurgie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers in Auftrag gegeben.
Die persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers erfolgte am 13.12.2018 und erstattete die Sachverständige aus dem Bereich der Allgemeinmedizin und Fachgebiet der Unfallchirurgie DDr. XXXX ihr Gutachten am 10.2.2019, worin sie zur beantragten Zusatzeintragung ausführte wie folgt:
"STELLUNGNAHME:
ad a) Liegen erhebliche Einschränkungen der unteren Extremitäten vor?
Nein.
Bei Zustand nach Quadrizepssehnenruptur links und operativer Versorgung konnten eine annähernd seitengleiche Bemuskelung und seitengleiche gute Kraft festgestellt werden, keine Einschränkung der Beugefähigkeit des linken Kniegelenks objektivierbar. Ein neurologisches Defizit im Sinne einer radikulären Läsion bei nachgewiesenen degenerativen Veränderungen insbesondere 1.4/1.5 konnte nicht festgestellt werden. Dokumentierte diabetische Polyneuropathie führt zwar zu Gefühlsstörungen beider Füße, eine dadurch bedingte höhergradige Gangbildbeeinträchtigung konnte jedoch nicht beobachtet werden.
Die geringgradige vordere Instabilität des linken Kniegelenks führt zu keiner relevanten Funktionsbeeinträchtigung bzw. Gangbildbeeinträchtigung.
ad b) Ist dem BF das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und allenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln möglich?
Ja.
Es konnte weder eine maßgebliche Funktionseinschränkung der Gelenke der unteren Extremitäten noch eine höhergradige Funktionsbeeinträchtigung aufgrund der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen festgestellt werden. Weder liegt ein neurologisches Defizit vor - Lähmungen konnten nicht festgestellt werden, noch ist die Polyneuropathie so ausgeprägt, dass es zu einem motorischen Defizit kommen würde. Insbesondere wird auf die Gangbildanalyse verwiesen, ausreichende Bodenfreiheit und keine höhergradige Unsicherheit feststellbar.
ad c) Sind allenfalls für die Zurücklegung einer Wegstrecke benötigte Behelfe für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwerend?
Nein. Der teilweise eingesetzte Gehstock führt zu keiner maßgeblichen Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
ad a) Ist es dem BF möglich, Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen zu überwinden?
Ja.
Der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ist ausreichend. Ausreichend Kraft konnte im Bereich beider unteren Extremitäten festgestellt werden.
ad b) Sind aufgrund der bei dem BF festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen Schwierigkeiten im Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt zu befürchten? Nein.
Eine höhergradige Trittunsicherheit, Gangunsicherheit oder Gangbildbeeinträchtigung konnte nicht festgestellt werden. Zwar liegt eine diabetische Polyneuropathie mit Gefühlsstörungen vor, sodass eine leichte Unsicherheit feststellbar ist, insbesondere ein geringgradig breitspuriger Gang, eine höhergradige Beeinträchtigung mit Schwierigkeiten beim Benützen öffentlicher Verkehrsmittel sind daraus jedoch nicht abzuleiten.
Stellungnahme zur Zumutbarkeit eventueller therapeutische Maßnahmen:
eine multimodale konservative Therapie zur Linderung der Beschwerden von Seiten der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, insbesondere analgetische und physikalische Behandlungen, ist zumutbar.
ad d) Stellungnahme zu Art und Ausmaß der beim BF vorliegenden Funktionseinschränkungen zu deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
1) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden L4/L5 und L5/S1 ohne radikuläres Defizit
2) Zustand nach Quadrizepssehnenruptur und -reinsertion ohne relevante funktionelle Beeinträchtigung
3) Diabetische Polyneuropathie
4) periphere arterielle Verschlusskrankheit, aktuell pAVK I
Weder die orthopädischen Funktionseinschränkungen noch die Funktionseinschränkungen aus dem chirurgisch/internistischen Fachgebiet führen zu einer maßgeblichen Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, da insbesondere ein motorisches Defizit oder eine höhergradige Gangunsicherheit nicht objektivierbar sind.
ad e) Bedingen die vorgelegten neuen Befunde eine Abweichung vom bisherigen Ergebnis? Es wird ersucht zu beurteilen, ob diese eine Änderung der erfolgten Einschätzung, Grad der Behinderung, nach der Anlage der Einschätzungsverordnung bedingen.
NLG 22.6.2018 (ausgeprägte distal symmetrische gemischt sensomotorische Polyneuropathie, Diabetische Neuropathie-Verlaufskontrolle) - keine neuen Informationen.
Röntgen LWS, Beckenübersicht vom 2.5.2018 (hochgradige Osteochondrose L4/L5, geringe Osteochondrose L5/S1, geringe Coxarthrose beidseits)
MRT der LWS vom 15.5.2018 (Discusvorwölbungen L4/L5, geringe Einengung der Neuroforamina, Spinalkanal kurzstreckig eingeengt) - Befunde der bildgebenden Diagnostik stellen Hilfsbefunde dar. Die festgestellten degenerativen Veränderungen stehen nicht in Widerspruch zu getroffener Einschätzung, höhergradige funktionelle Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule sind nicht objektivierbar.
Die vorgelegten neuen Befunde bedingen keine Abweichung vom bisherigen Ergebnis.
ad f) Stellungnahme zu "Schmerzen aufgrund der Wirbelsäulenveränderungen"
Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden.
Anhand des beobachteten Gangbilds - geringgradig links hinkend, etwas breitspurig, verlangsamt und etwas kleinschrittig, mit ausreichend sicherer Gesamtmobilität, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit guter Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis (keine analgetische Medikation etabliert) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwerten.
ad g) Nimmt der BF Schmerzmittel ein, gegen welches seiner Leiden sollen diese Linderung verschaffen?
Eine analgetische Medikation ist nicht dokumentiert.
Pregabalin wird zur Behandlung neuropathischer Beschwerden eingesetzt.
ad h) Liegt beim BF eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor?
Nein.
Aus orthopädischer Sicht liegt keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor."
21. Mit Erledigung vom 7.3.2019 wurden dem Beschwerdeführer, als auch der belangten Behörde, das Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Unfallchirurgie vom 10.2.2019 im Wege des Parteiengehörs mit der Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme übermittelt.
22. Die Zustellung ist durch unbedenklichen Rückschein RSb durch Ersatzzustellung am 11.3.2019 ausgewiesen. Die vierwöchige Frist endete daher am Montag den 8.4.2019. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers langte beim Bundesverwaltungsgericht nicht ein. Die belangte Behörde erstattete ebenso keine Stellungnahme.
23. Zur Überprüfung der nachgereichten augenfachärztlichen Befunde des Beschwerdeführers wurde mit Auftragsschreiben vom 20.5.2019 die bereits befasste Augenärztin Dr. XXXX neuerlich beigezogen.
Die Fachärztin für Augenheilkunde kam in ihrem Sachverständigengutachten vom 2.8.2019 basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers zu einem geänderten Gesamtgrad der Behinderung betreffend die Augenleiden des Beschwerdeführers in Höhe von 50 %.
Als Gesundheitsschädigungen stellte sie fest:
"1. Zustand nach Grauer Star OP mit Hinterkammerlinsenimplantation beidseits, Zust. Nach Linsentausch und mehrfacher Hornhauttransplantation links, diabetische Netzhautveränderungen beidseits, Sehverminderung rechts auf 0,6 und links auf 0,3
Pos. 11.02.01 GdB 30%
Tabelle Kolonne 2 Zeile 4
Kunstlinsenimplantation beidseits +10% inkl
2. Zustand nach Laserkoagulation der Netzhaut beidseits mit Gesichtsfeldeinengung links mehr als rechts
Pos. 11.02.10 GdB 20%
Unterer Rahmensatz da nur leichte Einschränkung rechts
Augen Gesamt GbB 50%
Additive Wertung da ungünstiges Zusammenwirken
Dauerzustand
Zum Vorgutachten vom 19.1.2018 besteht ein schlechteres Sehvermögen links nach dem Linsentausch und der Hornhauttransplantation sowie ein schlechteres Gesichtsfeld"
Zur Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führte die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 20.5.2019 aus:
"Die objektivierbare Sehminderung erreicht nicht das Ausmaß einer hochgradigen Sehbehinderung, welches zu einer erheblichen Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führen würde (ist erst ab einem Augen GdB von 90% gegeben)
...
Bei Kombinationen von Störungen des zentralen Sehens und maßgeblichen Gesichtsfeldausfällen (nicht maßgebliche Gesichtsfeldausfälle wie zB unspezifische Skotome, Zentralskotome, geringe periphere Einschränkungen werden nicht eingeschätzt) kann wegen der ausgeprägten wechselseitigen Leidensbeeinflussung eine Addition des GdB der einzelnen Einschätzungen vorgenommen werden, wenn es im Hinblick auf das Gesamtbild der Behinderung gerechtfertigt erscheint. (siehe Handbuch der EVO Pos. 11.02.01 Seite 128)"
24. Mit Erledigung vom 29.8.2019 wurden dem Beschwerdeführer, als auch der belangten Behörde, das Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Augenheilkunde vom 2.8.2019 im Wege des Parteiengehörs mit der Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme übermittelt.
25. Die Zustellung ist durch unbedenklichen Rückschein RSb am 4.9.2019 ausgewiesen. Die vierwöchige Frist endete daher am Mittwoch den 2.10.2019. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers langte beim Bundesverwaltungsgericht bis zum heutigen Tag nicht ein. Die belangte Behörde erstattete ebenso keine Stellungnahme.
26. Aus dem bundesverwaltungsgerichtlich eingeholten zusammenfassenden Gutachten DDris. XXXX vom 22.10.2019 ergibt sich ein beim Beschwerdeführer bestehender Gesamtgrad der Behinderung von 60 %.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in seinen Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war die Beschwerde dahingehend zu prüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer war in Besitz eines bis zum 31.12.2017 befristet ausgestellten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. und der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung".
1.2. Der festgestellte Grad der Behinderung basierte auf dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 22.4.2013, in welchem folgende Gesundheitsschädigungen festgestellt wurden:
1. Periphere arterielle Verschlusskrankheit
2. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus
3. Zustand nach Laserkoagulation der Netzhaut
4. Diabetische Netzhautveränderungen beidseits
5. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
6. Zustand nach Kleinzehenamputation links
1.3. Er stellte unter Verwendung des vorgesehenen Formulars idF 08/2017 bei der belangten Behörde den Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses wegen Ungültigkeit mit dem Vermerk auch die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" beantragen zu wollen.
1.4. Dem Beschwerdeführer wurde mit Begleitschreiben vom 24.1.2018 ein Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 v.H. ausgestellt.
1.5. Beim Beschwerdeführer liegen folgende einschätzungsrelevante Funktionseinschränkungen vor, wobei es sich bei der Funktionsbeeinträchtigung 1. um das führende Leiden handelt:
1. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus
2. Zustand nach Grauer Star Operation mit Hinterkammerlinsenimplantation beidseits, Zustand nach Linsentausch und mehrfacher Hornhauttransplantation links, diabetische Netzhautveränderungen beidseits, Sehverminderung rechts auf 0,6 und links auf 0,3
3. Zustand nach Laserkoagulation der Netzhaut beidseits mit Gesichtsfeldeinengung links mehr als rechts
4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
5. Zustand nach Quadricepssehnenruptur und -reinsertion links
6. Periphere arterielle Verschlusskrankheit
7. Bluthochdruck
1.6. Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 60 v.H.
1.7. Trotz Vorliegens der genannten Funktionseinschränkungen ist dem Beschwerdeführer bei operativer Sanierung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300 m bis 400 m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung von zweckmäßigen Behelfen möglich.
Es liegt weder eine maßgebliche Funktionseinschränkung der Gelenke der unteren Extremitäten noch eine höhergradige Funktionsbeeinträchtigung aufgrund der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen vor. Zudem liegt kein neurologisches Defizit beim Beschwerdeführer vor, welches ihm die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel verunmöglichen würde. Die beim Beschwerdeführer bestehende Polyneuropathie mit leichten Gefühlsstörungen ruft zwar eine leichte Unsicherheit hervor, welche sich insbesondere in einem geringgradig breitspurigen Gang äußert, ist jedoch nicht derart ausgeprägt, dass es zu einem motorischen Defizit kommen würde. Eine Besserung der vormals als Leiden 1 "Periphere arterielle Verschlusskrankheit" gelisteten Funktionseinschränkung ist eingetreten. Die Durchblutungssituation des BF hat sich maßgeblich verbessert und es sind keine offenen Läsionen befundmäßig dokumentiert, weshalb die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 15.11.2017 zu dem Ergebnis der Zuordnung zur Positionsnummer 05.03.02 Arterielle Gefäßsystem;
Funktionseinschränkungen mittleren Grades) der Anlage zur Einschätzungsverordnung gelangte, für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmensatz von 20 - 40 % vorsieht. Die unfallchirurgische und allgemeinmedizinische Sachverständige DDr. XXXX schöpfte bei der Festsetzung des Grades der Behinderung den Rahmensatz der Positionsnummer 05.03.02 mit 20 % aus. Sie stellte den Grad der Behinderung in ihrem Gutachten vom 22.10.2019 mit dem unteren Rahmensatz bei ausreichender Kollateralisation fest. Auch die allgemeinmedizinische Sachverständige Dr. XXXX ordnete in ihrem Gutachten vom 15.11.2017 diese Funktionseinschränkung der Position 05.03.02 zu und führte als Begründung bei der Wahl des unteren Rahmensatzes von 20 % aus, dass ein Zustand nach mehrfachen Gefäßinterventionen und damit eine Verbesserung dieses Leidens vorliegt.
Bei Zustand nach Quadrizepssehnenruptur links und operativer Versorgung konnten eine annähernd seitengleiche Bemuskelung und eine seitengleiche, gute Kraft festgestellt werden. Es liegt keine Einschränkung der Beugefähigkeit des linken Kniegelenks vor. Die geringgradige vordere Instabilität des linken Kniegelenks führt zu keiner relevanten Funktionsbeeinträchtigung bzw. Gangbildbeeinträchtigung. Eine höhergradige Gangunsicherheit ist nicht objektivierbar.
Der BF verwendet einen Gehstock, welcher zu keiner maßgeblichen Erschwernis bei der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel führt.
Erhebliche Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden erheblich beeinträchtigen würden, sind nicht objektivierbar. Eine analgetische Medikation ist nicht dokumentiert.
Beim BF liegt keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor.
Die beim BF bestehenden Sehverminderungen erreichen kein Ausmaß, welches einer hochgradigen Sehbehinderung entsprechen würde und damit die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel verunmöglichen würde.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die unter 1.1. bis 1.4. getroffenen Feststellungen gründen auf dem unbestrittenen Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdaktes.
Das verwaltungsbehördliche Ermittlungsverfahren ergab beim BF einen Grad der Behinderung von 60 v.H., weshalb ihm ein neuer Behindertenpass unbefristet übermittelt wurde (siehe Informationsschreiben an den BF vom 24.1.2018).
2.2. Die unter 1.5. bis 1.7. getroffenen Feststellungen zu den aktuellen Gesundheitsschädigungen des BF basieren auf den verwaltungsbehördlich eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 15.11.2017 und Dris. XXXX , Fachärztin für Augenheilkunde, vom 19.1.2018, dem diese beiden Gutachten zusammenfassenden Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 22.1.2018 sowie den verwaltungsgerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Fachärztin für Orthopädie, vom 10.2.2019 sowie Dris. XXXX vom 2.8.2019 und beruhen sämtliche Gutachten auf einer persönlichen Untersuchung des BF.
Sämtliche eingeholten Sachverständigenbeweise kamen zu dem Ergebnis, dass dem BF das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke selbständig, bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten, das Ein- und Aussteigen in und aus einem öffentlichen Verkehrsmittel, sowie das sichere Anhalten darin möglich ist. Im Vergleich zum Vorgutachten vom 23.2.2016, auf dessen Basis dem BF die Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" befristet bis September 2017 gewährt wurde, bewirkten die zwischenzeitlich vorgenommenen operativen Sanierungen der arteriellen Verschlusskrankheit sowie der Quadicepsruptur links eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation, sodass eine erhebliche Einschränkung der unteren Extremitäten nicht mehr gegeben ist.
Die Verwendung eines Gehstockes ist beim Beschwerdeführer zweckmäßig, erschwert jedoch nicht die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel in hohem Maß.
Bei einem Zustand nach Quadrizepssehnenruptur links und operativer Versorgung konnte beim Beschwerdeführer im Rahmen der persönlichen Untersuchung durch die Fachärztin für Orthopädie am 13.12.2018 eine annähernd seitengleiche Bemuskelung und eine seitengleiche, gute Kraft festgestellt werden, und ist damit ein sicheres Ein- und Aussteigen in und aus einem öffentlichen Verkehrsmittel gewährleistet. Eine Einschränkung der Beugefähigkeit des linken Kniegelenks war ebenso wenig objektivierbar, wie ein neurologisches Defizit im Sinne einer radikulären Läsion bei nachgewiesenen degenerativen Veränderungen, insbesondere L4/L5. Die dokumentierte diabetische Polyneuropathie führt zwar zu Gefühlsstörungen beider Füße und ist damit eine leichte Unsicherheit gegeben, jedoch konnte dadurch keine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung beobachten werden.
Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Leiden wurden im Rahmen der Gutachtenserstattung ebenso berücksichtigt, wie sämtliche von ihm in Vorlage gebrachten ärztlichen Befunde.
Dazu führte die Sachverständige aus dem Fachbereich der Orthopädie in ihrem Gutachten vom 10.2.2019 unter anderem aus, dass eine multimodale konservative Therapie zur Linderung der Beschwerden von Seiten der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, insbesondere analgetische und physikalische Behandlungen, zumutbar sei.
Zu den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Schmerzen aufgrund der Wirbelsäulenveränderungen wurde seitens der Sachverständigen kein Gangbild beobachtet, welches einen Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände liefere. Die fachärztliche Sachverständige führte dazu aus, dass Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, nur indirekt erfasst würden. Das aktuelle Untersuchungsergebnis ergebe eine ausreichend sichere Gesamtmobilität bedingt durch die gute Beweglichkeit der Gelenke der unteren Extremitäten und eines derzeitigen Therapieerfordernisses. Dazu hielt die Sachverständige fest, dass keine analgetische Medikation etabliert sei.
Die befassten fachärztlichen Sachverständigen konnte sich im Rahmen der jeweils durchgeführten persönlichen Untersuchung des BF ein Bild vom Gesundheitszustand des BF machen und kam insbesondere die fachärztliche Sachverständige aus dem Bereich der Orthopädie zu dem Ergebnis, dass beim BF keine erhebliche Einschränkung der unteren und/oder oberen Extremitäten bzw. der körperlichen Belastbarkeit vorliegt.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, und die Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen der genannten Sachverständigen in deren Gutachten der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Die Leiden des Beschwerdeführers und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden auf Grundlage des Ergebnisses der jeweils durchgeführten persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers von einer Allgemeinmedizinerin und zwei Fachärztinnen erhoben und gelangen die Sachverständigen in ihren jeweiligen Gutachten zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer an Beeinträchtigungen, welche die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken, mangelt. Ebenso mangelt es ihm an solchen Funktionsbeeinträchtigungen, welche ihn nicht eine Wegstrecke von 300 m bis 400 m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung von zweckmäßigen Behelfen, zurücklegen lassen oder die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschweren würde.
Zur Überprüfung der zahlreichen Einwendungen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde holte das erkennende Gericht weitere Sachverständigengutachten ein. Insbesondere wurde mit Gutachtensbeauftragung vom 31.10.2018 eine Fachärztin für Orthopädie mit der Beurteilung des Gesundheitszustandes des BF beauftragt und erstattete die Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie, welche auch Ärztin für Allgemeinmedizin ist, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 13.12.2018 das umfassende Sachverständigengutachten vom 10.2.2019.
Zur weiteren Beurteilung der ergänzend vorgelegten fachärztlichen Befunde wurde auch ein neuerliches Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Augenheilkunde eingeholt, welches jedoch ebenfalls wie das orthopädisches Sachverständigengutachten im Hinblick auf die Zumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel keine Kalkülsänderung hervorbrachte.
Die beiden befassten Fachärztinnen gingen in ihren Gutachten auf die Einwendungen des BF und Fragestellungen des erkennenden Gerichts umfassend ein.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht es einem Antragsteller frei, im Falle dessen, dass er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Der Beschwerdeführer brachte im Rechtsmittelverfahren ein solches Gegengutachten nicht bei. Die von ihm ergänzend vorgelegten medizinischen Beweismittel wurden in den Gutachten DDris. XXXX vom 10.2.2019 und Dris. XXXX vom 2.8.2019 berücksichtigt.
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte werden die Gutachten der medizinischen Sachverständigen vom 15.11.2017 (Allgemeinmedizin), 19.1.2018 (Augenheilkunde), 22.1.2018 (zusammenfassendes Gesamtgutachten), 1.3.2019 (Stellungnahme Allgemeinmedizin), 10.2.2019 (Orthopädie), 2.8.2019 (Augenheilkunde) und vom 22.10.2019 (zusammenfassendes Gesamtgutachten) im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung verwertet.
Diese Sachverständigengutachten stammen aus der Feder von Ärzten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin und den Fachbereichen der Orthopädie und Augenheilkunde und werden vom Bundesverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung dieser Entscheidung zu Grunde gelegt.
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG, welcher gemäß § 17 VwGVG vor dem Verwaltungsgericht anzuwenden ist) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des
§ 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist.
Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.9.1978, 1013, 1015/76).
Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs. 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.
Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.2.1987, 13 Os 17/87, aus:
"Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungs-methoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn
(VwGH vom 17.2.2004, 2002/06/0151).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte - insbesondere der zitierten Entscheidungen - sind die oben genannten medizinischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX , DDris. XXXX und Dris. XXXX schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen diese Sachverständigengutachten auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. Diese sind schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde