TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/6 W173 2225176-1

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Veröffentlicht am 06.02.2020
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Entscheidungsdatum

06.02.2020

Norm

BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W173 2225176-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela Schidlof sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über den Vorlageantrag iVm der Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen die Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 18.10.2019, betreffend Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerdevorentscheidung vom 18.10.2019 und der Bescheid vom 25.7.2019 werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Auf Grund des Antrages von XXXX , geb. am XXXX , (in der Folge BF) im Jahr 2018 zur Ausstellung eines Behindertenpasses samt Zusatzeintragung zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde von der belangten Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Der medizinische Sachverständige Dr. XXXX , FA für Innere Medizin, führte im Gutachten vom 20.4.2018 nach einer persönlichen Untersuchung des BF Nachfolgendes aus:

"...........................

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB%

1

ischämische Kardiomyopathie 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da keine manifesten Dekompensationszeichen unter Entwässerungsbehandlung. Hypertonie und (wahrscheinlich relative) Mitralinsuffizienz sind in dieser Position erfasst.

05.05.03

60

2

Koordinationsstörung nach längerer Intensivbehandlung ("Critical lllness Neuropathie") Auswahl dieser Position, da Koordinationsstörung und Rest- Peronaeus-Paresen beidseits, unterer Rahmensatz, da Gehfähigkeit eingeschränkt.

04.06.02

50

3

Niereninsuffizienz Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da nur mäßig ausgeprägt.

05.04.01.

20

Gesamtgrad der Behinderung

70v.H.

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70 %, da eine ungünstige wechselseitige

Leidensbeeinflussung zwischen Leiden 2 und Leiden 1 vorliegt und somit das führende Leiden Nr. 1 um 1 Stufe anhebt.

Leiden 3 erhöht dagegen den Gesamtgrad der Behinderung nicht weiter.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

COPD laut Befund, da derzeit ohne Medikation klinisch zufriedenstellender Befund

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

keines vorliegend

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

keines vorliegend

.............................

X Nachuntersuchung 05/2019 - da Besserung der Gehfähigkeit noch

möglich ist.

.............................

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Das in der Diagnosenliste festgehaltene Leiden 1 bewirkt durch ungünstiges Zusammenwirken mit Leiden 2 eine Funktionsbeeinträchtigung, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel erheblich erschwert.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein

............................."

In der Folge wurde dem BF ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70% samt Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" ausgestellt. Ebenso wurde dem BF nach Beantragung ein bis 2.5.2019 befristeter Parkausweis für Behinderte ausgestellt.

2. Am 14.2.2019 beantragte der BF die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO mit Hilfe eines Standardformulars. Das vom BF dazu herangezogenen Formular enthielt folgenden Hinweis:

"Hinweis:

Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."

Der BF führte im Formular weiter Nachfolgendes aus:

X Ich bin in Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel'. 13109354600019

Falls diese Voraussetzungen nicht vorliegen, sind folgende Punkte zu beachten:

Ich beantrage gleichzeitig die Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. die Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass.

..............................

Ich erkläre, dass ich

keinen Ausweis gemäß § 29b StVO (Parkausweis) besitze

X einen ausgestellten Ausweis gemäß § 29b StVO (Parkausweis) besitze (Kopie jedenfalls beigelegt).

Ich verpflichte mich, jede Änderung in den Voraussetzungen für die Ausstellung des Ausweises gemäß § 29b StVO bzw. des Behindertenpasses bzw. jede Änderung, durch welche die behördlichen Eintragungen im Ausweis bzw. im Behindertenpass berührt werden, binnen vier Wochen dem Sozialministerium anzuzeigen.

Ich nehme zur Kenntnis, dass das Sozialministeriumservice verpflichtet ist, bei Wegfall der gesetzlichen Voraussetzungen, den Ausweis gemäß § 29b StVO bzw. den Behindertenpass einzuziehen.

Ich nehme zur Kenntnis, dass der Ausweis gemäß § 29b StVO nicht übertragbar ist, nicht missbräuchlich verwendet werden darf und ein Zuwiderhandeln den Tatbestand des Betruges gemäß Strafgesetzbuch erfüllen kann.

Ich nehme zur Kenntnis, dass das Sozialministierumservice allenfalls bereits aufliegende meine Person betreffende Gutachten und Krankenbefunde ärztlicher Sachverständiger im nunmehr durchzuführenden Verfahren heranzieht.

...........................

Wien, 12.1.2019 .........................."

3. Nach Vorlage von medizinischen Unterlagen wurde von der belangten

Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Im

Gutachten vom 5.7.2019 führte Dr. XXXX , FÄ für Innere Medizin, auf

Basis einer persönlichen Untersuchung des BF im Wesentlichen aus:

".................................

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB%

1

ischämische Cardiomyopathie eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da auch Vorhofflimmern mitberücksichtigt, kardial kompensiert

05.05.03

60

2

chronische Niereninsuffizienz eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da nur mäßig ausgeprägt

05.04.01

20

Gesamtgrad der Behinderung

60v.H.

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird von Leiden 2 nicht weiter erhöht, da kein relevantes ungünstiges Zusammenwirken besteht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten

Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Das vormalige Leiden 2 ist ohne weiterer Therapie oder Behandlungsnotwendigkeit sowie nicht durch weiterführende fachärztliche Befunde belegt und begründet daher keinen GdB, da ausgeheilt.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Entfall des vormaligen Leiden 2.

X Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es besteht eine chronische Herzerkrankung nach den vorliegenden Befunden und bei der hierorts durchgeführten Begutachtung im kardiorespiratorisch kompensiertem Zustand. Im Vergleich zum Vorgutachten kann nunmehr die Koordinationsstörung nach Intensivaufenthalt weder durch fachärztliche Befunde noch bei der hierorts durchgeführten Begutachtung weiterhin objektiviert werden, ebenso ist die hierortige Verwendung eines Rollators, bei freiem und unauffälligem Gangbild durch den Raum, mit den aktuell befundbelegten

Funktionseinschränkungen nicht begründbar, sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken sowie die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert ist.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

............................"

3. Das Gutachten vom 5.7.2019 wurde dem Parteiengehör unterzogen. Mit Schreiben vom 19.7.2019 brachte der BF vor, die Einschätzung der Gutachterin zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht teilen zu können. Er leide an Kurzatmigkeit begleitet von Schwindelanfällen. Zudem basiere sein von der Gutachterin festgestelltes unauffälliges Gangbild auf der Zurücklegung einiger Schritte von der ihm angebotenen Sitzgelegenheit bis zur Behandlungsliege. Daraus könne jedoch nicht der Schluss gezogen werden, eine weitere Wegstrecke bewältigen zu können. Er leide an Gangunsicherheit, sodass er sich in Anwesenheit einer Begleitperson befunden habe, die ihn mit dem PKW zur Untersuchung gebracht habe und ihn bei erhöhter Anstrengung und bei einem Schwindelanfall zur Seite stehen könne. Obwohl er die Gutachterin über die Schwindelanfällte informiert habe, sei dies nicht beachtet worden. Dazu könne eine ärztliche Bestätigung auf Wunsch vorgelegt werden. Entgegen den Ausführungen im Gutachten würden bei ihm Funktionseinschränkungen vorliegen. Er würde nach dem Gutachten den Parkausweis und die Zuteil einer Gratisvignette verlieren. Dies würde finanzielle und gesundheitliche Folgen haben, zumal er einer erhöhten gesundheitlichen Belastung ausgesetzt sei und den Behindertenparkplatz nicht mehr nützen könne. Befunde waren angeschlossen.

4. Mit Bescheid vom 25.7.2019 wurde die mit Antrag vom 14.2.2019 beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Bescheidbegründung darstelle. Daraus ergebe sich, dass die Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung vom BF nicht erfüllt würden.

5. Mit Schreiben vom 27.8.2019 erhob der BF Beschwerde, in der er sich gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundliegenden Ergebnisse im medizinischen Sachverständigengutachten wandte. Der BF verwies zudem auf die zuletzt vorgelegten Befunde.

6. Aufgrund des Vorbringens des BF wurde von der belangten Behörde ein ergänzendes medizinisches Sachverständigengutachten auf Basis der Akten eingeholt. Dr. XXXX , FÄ für Innere Medizin, führte im ergänzenden Aktengutachten vom 14.10.2019 Nachfolgendes aus:

...................

Gutachterliche Stellungnahme:

Es besteht eine ischämische Cardiomyopathie, nach den vorliegenden Befunden im durchwegs kardiorespiratorisch kompensiertem Zustand. Eine neuerliche Intervention wird aufgrund der Beschwerdearmut abgelehnt. Dokumentiert ist ein Zustand NYHA I (Befund vom 4.2.2019) sowie Gleichgewichtsstörungen beim Bücken und Steigen auf die Leiter, nicht kardial bedingt (Befund vom 27.8.2019). Somit kann eine erhebliche und vor allem anhaltende Erschwernis beim Zurücklegen kurzer Wegstrecken oder beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel weiterhin nicht begründet werden.

........................"

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.10.2019 wurde die Beschwerde des BF abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung würden nicht vorliegen. Es werde auf das ergänzend eingeholte Gutachten, das angeschlossen sei und einen Bestandteil der Begründung bilde, verwiesen. Darin seien die wesentlichen Ergebnisse festgehalten, die als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt werden würden.

7. Mit Schreiben vom 30.10.2019 beantragte der BF die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Im Gutachten von Dr. XXXX sei nicht alles völlig korrekt dargestellt. Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führte der BF aus, seit seinem Intensivstationsaufenthalt unter Polyneuropathie in beiden Füßen zu leiden, was zu Stürzen führen würde. Es sei nicht mehr belastbar. Er sei auch mit seinem Rollator unterwegs, da er eine Strecke von 300 bis 400 m ohne Pause nicht schaffe und sich zwischenzeitig setzen müsse. Er bewältige allenfalls 1 1/2 bis 2 Meter. Im öffentlichen Verkehrsmittel sei er auf einen Sitzplatz angewiesen. Mit dem Rollator sei es nicht einfach. Er nehme auch Entwässerungstabletten. Unklar sei für ihn, wie auf Beschwerdearmut geschlossen werde könne. Sei Beschwerdeschreiben sei offensichtlich nicht gelesen worden. Ihm sei ein Behindertenparkausweis auf unbestimmte Zeit auszustellen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Im Jahr 2018 verfügte der BF noch über einen Gesamtgrad der Behinderung von 70%, der auf den Leiden ischämische Kardiomyopathie, Koordinationsstörungen nach längerer Intensivbehandlung (Critical Illness Neuropathie) und Niereninsuffizienz beruhte. Zudem wurde dem BF die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" zuerkannt. Eine Nachuntersuchung war für 05/2019 wegen möglicher Besserung der Gehfähigkeit des BF vorgesehen. Der BF verfügte über einen bis 05/2019 befristeten Ausweis gemäß § 29b StVO (Parkausweis).

1.2.Mit Antrag vom 14.2.2019 wurde vom BF die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO begehrt. Das vom BF dazu herangezogenen Formular enthielt den Hinweis, bei fehlendem Behindertenpass mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" auch die genannte Zusatzeintragung zu beantragen. Der BF erklärte ausdrücklich, in Besitz eines Behindertenausweise mit der Zusatzeintragung ""Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" zu sein. Es wurde von der belangten Behörde das oben wiedergegebene Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , FÄ für Innere Medizin, vom 5.7.2019, das auf einer persönlichen Untersuchung des BF beruhte, eingeholt. Der Grad der Behinderung des BF reduzierte sich auf 60% durch den Wegfall seiner Koordinationsstörungen nach längerer Intensivbehandlung. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wurde verneint. Die Einwendungen des BF gegen das medizinische Sachverständigengutachten richteten sich gegen die Verneinung des Vorliegens der Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung. Mit Bescheid vom 25.7.2019 wurde im Spruch der Antrag des BF vom 14.2.2019 zur Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen.

1.3.Gegen den Bescheid vom 25.7.2019 erhob der BF mit 27.8.2019 datiertem Schreiben Beschwerde. Auf Grund seines Beschwerdevorbringens wurde die oben wiedergegebene ergänzende Stellungnahme der genannten Gutachterin vom 14.10.2019 eingeholt, die zu keinem abweichenden Ergebnis im Gutachten kam. In der Folge wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.10.2019 die Beschwerde des BF abgewiesen. Der BF stellte mit Schreiben vom 30.10.2019 einen Vorlagentrag.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem vorliegenden Gerichtsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).

3.1.Zu Spruchpunkt A)

3.1.1. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

3.1.2. Fehlen eines Begehrens auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Antrag vom 14.2.2019

Wie sich aus der Bestimmung des § 45 Abs. 1 BBG ergibt, ist für die Gewährung der Vornahme einer Zusatzeintragung in den Behindertenpass ein Antrag beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. Zu diesen Zusatzeintragungen zählt auch die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Auch aus § 1 Abs. 2 Z 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen geht hervor, dass erst auf Grund eines Antrages des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen ist, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist

In der gegenständlichen Fallkonstellation hat der BF zwar am 14.2.2019 einen Antrag bei der belangten Behörde unter Verwendung eines Formulars eingebracht. Dieser war aber auf die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) ausgerichtet. In diesem Antrag erklärte der BF auch ausdrücklich, bereits im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" zu sein. Dieser Antrag des BF vom 14.2.2019 umfasst daher auch kein Begehren auf Vornahme einer solchen Zusatzeintragung in seinen Behindertenpass.

Daran kann auch der im vom BF ausgefüllten Formular vom 14.2.2019 enthaltene Hinweis nichts ändern, wonach dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu werten sei. Dies würde nämlich nur im Fall eines noch nicht vorliegenden Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gelten. Der BF verfügte jedoch am 14.2.2019 über einen solchen, was von ihm auch im verwendeten Formular auch ausdrücklich bestätigt wurde.

Obwohl es an einem Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass im ausgefüllten Formular vom 14.2.2019 gefehlt hat, hat die belangte Behörde im vom BF bekämpften Bescheid vom 25.7.2019 im Spruch über einen Antrag des BF vom 14.2.2019 abgesprochen, der auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ausgerichtet gewesen sein sollte.

Da die Gewährung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß § 45 Abs 1 BBG und gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen an einen Antrag des BF gebunden ist, es aber in der gegenständlichen Fallkonstellation im vom BF ausgefüllten Formular vom 14.2.2019 an einem solchen gefehlt hat, ist der vom BF bekämpfte abweisende, mit 25.7.2019 datierte Bescheid zur Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gestützt auf den Antrag des BF vom 14.2.2019 rechtswidrig. Damit ist auch die Beschwerdevorentscheidung vom 18.10.2019 mit Rechtswidrigkeit belastet, in der die gegen den rechtswidrigen Bescheid vom 25.7.2019 gerichtete Beschwere des BF abgewiesen wurde.

3.2.Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt ist und in der Beschwerde und dem Vorlageantrag nicht bestritten wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich ], wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung [im Originaltext "any hearing at all"] erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat (vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 29.April 2015, Zl. Ro 20015/08/0005). In der gegenständlichen Fallkonstellation war der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides jedenfalls aus der Aktenlage geklärt.

3.2.Zu Spruchpunkt B) (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

In der gegenständlichen Fallkonstellation war der Sachverhalt ist geklärt und daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

3.3.Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Behindertenpass, ersatzlose Behebung, Rechtswidrigkeit,
Verfahrensgegenstand, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W173.2225176.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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