TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/19 94/05/0286

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.05.1998
beobachten
merken

Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauO OÖ 1976 §1 Abs2;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art15;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Marktgemeinde Vöcklamarkt, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und Dr. Otto Urban, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, Feldgasse 6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. August 1994, Zl. BauR-010654/18-1994 Jo/Lan, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Theresia Häupl OHG in Vöcklamarkt, vertreten durch Dr. Bruno Binder und Dr. Georg Lehner, Rechtsanwälte in Linz, Wischerstraße 30), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In Anwendung des § 61 Abs. 5 der OÖ Bauordnung 1976 untersagte der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde mit Bescheid vom 26. November 1990 die auf den Grundstücken Nr. 1158, 1151, 1150, 1125/1, 1122/2, 1124/1, 1124/2, je KG Vöcklamarkt, vorgenommenen Asphaltierungsarbeiten und trug gleichzeitig die Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes auf, weil diese Bauarbeiten der Grünlandwidmung der Grundstücke widersprochen hätten. Die mitbeteiligte Bescheidadressatin berief sich in ihrer Berufung und in ihrer gegen den abweisenden Berufungsbescheid gerichteten Vorstellung auf die mit Bescheid vom 20. September 1989 vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr erteilte eisenbahnrechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Anschlußbahngleises. Die abweisende Vorstellungsentscheidung hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. April 1993, Zl. 92/05/0279, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf. Der Verwaltungsgerichtshof verwies auf Art. 10 Abs. 9 Z. 9 B-VG, wonach das Verkehrswesen bezüglich Eisenbahnen und der Luftfahrt Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung sei. Auch die Anschlußbahnen seien von der Kompetenzbestimmung erfaßt. Bei der Anschlußbahn seien Teil der Eisenbahnanlage auch jene Grundflächen, die für den Eisenbahnbetrieb erforderlich sind, also jedenfalls auch Grundflächen, welche einem Be- und Entladevorgang dienten. Da eine Prüfung unterlassen worden sei, ob die vom baupolizeilichen Auftrag erfaßten Anlagen nicht Teil einer Eisenbahnanlage seien, habe die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Mittels Ersatzbescheid vom 13. Mai 1993 hob die belangte Behörde die Bescheide des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 31. Mai und 28. Juni 1991 auf. Über Anfrage des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin erklärte der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr im Schreiben vom 22. November 1993, daß neben den Gleisanlagen selbst auch bestimmte betriebliche Abläufe, wie z.B. die unmittelbare Be- und Entladetätigkeit von Eisenbahnwaggons, mit einem geordneten Eisenbahnbetrieb in einem derartigen Zusammenhang stünden, daß ohne diese der Eisenbahnbetrieb bzw. der eisenbahnbezogene Zweck des Be- und Entladens nicht vorstellbar wäre und daher ebenfalls unter die Bestimmung des § 10 Eisenbahngesetz zu subsumieren sei. Damit seien auch jene baulichen Anlagen zu umfassen, deren spezielle Funktion die Ermöglichung der Be- und Entladung darstellten. Es könne daher für bestimmte Anlagen bzw. Grundflächen neben den Gleisanlagen selbst aufgrund eines entsprechenden Antrages und der Vorlage von Unterlagen, die diese Flächen auswiesen, ebenfalls die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erteilt werden, sofern diese für die unmittelbare Be- und Entladung von Eisenbahnwaggons erforderlich seien und daher Eisenbahnzwecken dienten.

Darauf änderte der Gemeinderat mit Bescheid vom 17. Mai 1994 den Bescheid des Bürgermeisters vom 26. November 1990 wie folgt ab:

"Gemäß § 61 Abs. 5 Oö BauO ist die Berufungswerberin verpflichtet, auf den Grundstücken 1185, 1151, 1150, 1125/1, 1122/2, 1124/1 und 1124/2, je KG Völkermarkt den rechtmäßigen Zustand binnen acht Wochen wiederherzustellen und die verlegte Asphaltschicht abzutragen. Dies gilt nicht für den durch Bescheid des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 20. September 1989, Zl. ... genehmigten Bereich des A.B.-Gleises 5H samt eines beiderseitig vom Gleis angeordneten Verschieberbahnsteiges bis 2,5 m von der Gleisachse in den geraden Teilbereichen des Gleises, sowie einer Verbreiterung um einen Bogenzuschlag gemäß der ÖNORM B 4920, Teil 3, Punkt 6.2. in Bogenbereichen."

In seiner Begründung anerkannte der Gemeinderat die Bundeskompetenz hinsichtlich des im Genehmigungsbescheid des Verkehrsministers beschriebenen Bereiches und verwies darauf, daß darüberhinaus die Beschwerdeführerin keine Anträge auf eine eisenbahnrechtliche Baubewilligung gestellt habe. Nur der Gleisbereich sei kompetenzrechtlich der Entscheidungsbefugnis der Gemeindebehörde entzogen; die außerhalb dieses Bereiches durchgeführten Asphaltierungsarbeiten widersprächen der Grünlandwidmung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung der Mitbeteiligten Folge und behob den Berufungsbescheid. Der Gemeinderat habe nicht geprüft, inwieweit über den Gleisbereich samt Bogenzuschlag hinausgehende Bereiche für den Eisenbahnbetrieb erforderlich und daher von der Zuständigkeit der Gemeinde ausgenommen seien. Der Beseitigungs- (richtig: Wiederherstellungs-)Auftrag hätte daher nicht in diesem Umfang, sondern nur hinsichtlich der die Eisenbahnanlage nicht umfassenden Grundstücke bzw. Grundstücksteile erlassen werden dürfen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art. 119 Abs. 9 B-VG; die Beschwerdeführerin begehrte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die Mitbeteiligte, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde sprach in dem gemäß § 63 Abs. 1 VwGG ergangenen Ersatzbescheid vom 13. Mai 1993 für die Berufungsbehörde bindend aus, daß Anschlußbahnen von der Kompetenzbestimmung des Art. 1 (richtig: 10) Abs. 1 Z. 9 B-VG erfaßt seien und bei einer Anschlußbahn Teil der Eisenbahnanlage auch jene Grundflächen seien, welche für den Eisenbahnbetrieb erforderlich seien, also jedenfalls auch Grundflächen, welche einem Be- und Entladevorgang dienten. Tragender Aufhebungsgrund war, daß eine Prüfung, ob die vom baupolizeilichen Auftrag erfaßten Anlagen nicht Teil der Eisenbahnanlage seien, als nicht erforderlich erachtet wurde, sodaß dieser Umstand zur Aufhebung des bekämpften Bescheides führte.

Die Berufungsbehörde nahm in der Folge für ihre Entscheidung eine derartige Prüfung nur insoferne vor, als sie Flächen, die vom eisenbahnrechtlichen Baubewilligungsbescheid erfaßt waren, von ihrem Wiederherstellungsauftrag ausnahm; sie ging also davon aus, daß zu einer "Eisenbahnanlage" nur jene Grundflächen gehörten, für die eine eisenbahnrechtliche Baubewilligung vorliege.

Damit verkennt sie aber, daß die durch Art. 10 bis 15 B-VG getroffene Aufteilung der Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenzen nicht daran anknüpft, welche der dort genannten Gebietskörperschaften schon vollziehend, also bescheiderlassend vorgegangen ist. Vielmehr hatte die Baubehörde (auch in Anwendung des § 1 Abs. 2 Oö BauO 1976) zu prüfen, ob die Zuständigkeit des Bundes berührt wird. Im konkreten Fall oblag der Gemeindebehörde nicht die Prüfung der Frage, ob die Eisenbahnanlage auch eisenbahnrechtlich bewilligt ist, sondern, ob auf Flächen, hinsichtlich derer sie mit einem Bauauftrag vorzugehen beabsichtigte, eine Eisenbahnanlage besteht oder nicht. Die Vorstellungsbehörde hat daher zu Recht die Unterlassung dieser Prüfung zum Anlaß ihrer Aufhebung genommen.

Im fortgesetzten Verfahren wird die Mitbeteiligte zweckmäßigerweise aufzufordern sein, anhand von Plänen die für den Eisenbahnbetrieb vorgesehenen Flächen darzulegen; unabhängig davon, ob sie einer solchen Aufforderung nachkommen oder ob sie sich auf den Standpunkt stellen wird, daß alle vom Bauauftrag erfaßten Grundstücke (oder, wie aus der Gegenschrift entnehmbar, nur die in der eisenbahnrechtlichen Bewilligung genannten vier Grundstücke) zur Gänze als Eisenbahnanlage in Anspruch genommen werden, muß unter Beiziehung eines Sachverständigen der exakte Umfang der Eisenbahnanlage festgestellt werden. Erst dann kann ein Wiederherstellungsauftrag ergehen, der auch den Anforderungen an die Vollstreckbarkeit eines solchen Titelbescheides genügen muß.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1994050286.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten