Entscheidungsdatum
10.02.2020Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W125 2228238-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.01.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 23.12.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer. Der Beschwerdeführer verfügte laut VIS-Abfrage über ein von XXXX 2019 bis XXXX .2019 gültiges Schengen-Visum Typ C, ausgestellt am XXXX .2019 von der spanischen Botschaft in XXXX , Nigeria.
2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.12.2019 gab der Beschwerdeführer an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Den Entschluss zur Ausreise habe er im Jahr 2019 gefasst, ein bestimmtes Reiseziel habe er nicht gehabt. Er sei im März 2019 von seiner Heimat aus mit dem Flugzeug legal nach Spanien gereist. Hierfür habe er über einen Reisepass sowie über ein spanisches Visum verfügt. Als er in Spanien angekommen war, habe er sein Smartphone und seinen Reisepass verloren und sei ihm seine Kleidung gestohlen worden. Er habe in der Folge auf der Straße leben müssen. Eines Tages habe ihm eine weiße Frau dabei geholfen, einen Zug zu nehmen, der ihn nach Österreich bringen würde und habe sie ihm gesagt, dass es sich dort gut leben ließe. Er habe in keinem anderen Land einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wolle nunmehr in Österreich bleiben. Seine Reise habe er mit der Hilfe eines Freundes organisiert, der bei einer Organisation arbeite, die es ihm ermöglicht habe, Nigeria zu verlassen. Geld habe er dafür keines bezahlt. Als Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass einer seiner Freunde "schwul" sei und er von der Polizei ebenfalls beschuldigt worden sei, homosexuell zu sein. Da Homosexualität in Nigeria mit dem Leben bestraft wird, habe er flüchten müssen. Er befürchte im Falle einer Rückkehr, sterben zu müssen.
3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 30.12.2019 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 der Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Spanien. Mit Schreiben vom 10.01.2020 stimmte die spanische Dublin-Behörde dem Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
4. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG (übernommen am 13.01.2020) wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die Zuständigkeit des Dublin-Staates Spaniens angenommen worden sei. Zugleich wurden ihm die aktuellen Feststellungen zum Asylverfahren in Spanien ausgefolgt.
5. Nach durchgeführter Rechtsberatung gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG fand am 15.01.2020 im Beisein einer Rechtsberaterin die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Dabei erklärte der Beschwerdeführer, sich physisch und psychisch in der Lage zu sehen, die Befragung durchzuführen; er sei gesund. Betreffend die in der Erstbefragung gemachten Angaben, gab er an, diese wie folgt korrigieren zu wollen: Er habe Nigeria nicht im März, sondern erst am 02.12.2019 verlassen und sei er von 03.12.2019 bis 23.12.2019 in Spanien gewesen. Von dort aus sei er dann mit dem Zug nach Österreich gelangt. Zur geplanten Vorgehensweise, ihn aufgrund der vorliegenden Zustimmung Spaniens dorthin außer Landes zu bringen, gab der Beschwerdeführer an, nicht nach Spanien zurückkehren zu wollen, da er dort auf der Straße schlafen habe müssen und ihm sein Mobiltelefon, seine Papiere und seine Kleidung gestohlen worden seien. Eine Anzeige bei der Polizei habe er nicht erstattet. Er kenne dort niemanden und habe Angst gehabt. Zu den aktuellen Länderberichten zu Spanien gab der Beschwerdeführer keine Stellungnahme ab. Die anwesende Rechtsberaterin stellte keine Fragen und erstattete kein Vorbringen.
6. Mit Bescheid des BFA vom 20.01.2020, übernommen am 22.01.2020, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO Spanien für die Prüfung des Antrags zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Spanien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Zur Lage in Spanien wurden folgende Feststellungen getroffen [unkorrigiert, gekürzt]:
"Zur Lage im Mitgliedstaat:
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 13.3.2019, Unterbringung von Dublin-Rückkehrern
Das Oberste Gericht (Tribunal Superior de Justicia) von Madrid hat im Dezember 2018 die spanischen Behörden aufgefordert, sicherzustellen, dass Asylbewerber, die aus anderen europäischen Ländern nach der Dublin-Verordnung nach Spanien zurückkehren, nicht vom Zugang zum Aufnahmesystem ausgeschlossen werden. Der Anlass waren zwei Beschwerdeführer, deren Unterbringung im Aufnahmesystem für Asylbewerber nach der Rückkehr abgelehnt worden war, weil diese auf das Recht auf Aufnahme durch ihre Ausreise verzichtet hätten. Mindestens 20 Personen, die im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Spanien zurückgekehrt waren, waren aufgrund dieser Praxis in Madrid von der Unterbringung ausgeschlossen worden. Um dem Urteil zu entsprechen, hat das Ministerium für Arbeit, Migration und soziale Sicherheit Anweisungen erlassen, die das Recht der wiedereingeführten Asylbewerber auf Wiedereintritt in das Aufnahmesystem und einen angemessenen Lebensstandard gewährleisten. Im Unterbringungshandbuch wurde klargestellt, dass das Recht auf Unterbringung von Dublin-Rückkehrern nicht aufzuheben ist, weil zuvor der Wohnsitz aufgegeben wurde (ECRE 25.1.2019).
Quellen:
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ECRE - European Council on Refugees and Exiles (25.1.2019): ECRE Weekly Bulletin, per E-Mail
2. Allgemeines zum Asylverfahren
Spanien verfügt über ein rechtsstaatliches Asylsystem mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. In erster Instanz ist das Oficina de Asilo y Refugio (OAR) zuständig für die Bearbeitung von Asylanträgen. Es untersteht dem Innenministerium:
Die Wartezeit, bis ein Antragsteller seinen Asylantrag formell einbringen kann, beträgt durchschnittlich sechs Monate. Die Verfahren dauerten 2017 durchschnittlich 14,4 Monate (9,2 Monate für Syrer, 16,8 Monate für Afghanen und 20 Monate für Iraker) (AIDA 15.3.2018; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (15.3.2018): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain,
-
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_es_2017update.pdf, Zugriff 28.6.2018
3. Dublin-Rückkehrer
Spanien erhält wesentlich mehr Dublin-In-Anfragen als es Dublin-Out-Anfragen stellt. 2016 erhielt Spanien 5.854 Anfragen. 2017 waren es 5.953, wobei es letztlich zu 425 Transfers kam. Spanien gibt vor Transfer keine Garantien an Mitgliedsstaaten ab; bei Ankunft der Rückkehrer koordiniert OAR sich aber mit dem Sozialministerium, das für die Unterbringung zuständig ist. Zivilgesellschaftliche Organisationen berichten von Problemen bei der Identifizierung von zurückkehrenden Opfern von Menschenhandel (hauptsächlich aus Frankreich), die nicht effektiv als solche erkannt wurden. Dublin-Rückkehrer haben keine Probleme beim neuerlichen Zugang zum Asylsystem. Ihre Interviews werden priorisiert, falls sie einen Asylantrag stellen wollen. Wenn ihr voriges Verfahren abgebrochen wurde ("discontinued"), müssen sie einen neuerlichen Asylantrag einbringen, der jedoch nicht als Folgeantrag gilt (AIDA 15.3.2018).
Das spanische Innenministerium hat auf Anfrage bestätigt, dass Dublin-Rückkehrer ein eventuelles Asylverfahren in Spanien fortsetzen bzw. einen neuen Asylantrag stellen können. Außerdem ist der Zugang zu Versorgung, wie für andere Asylwerber auch, garantiert (ÖB 31.8.2016).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (15.3.2018): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain,
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http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_es_2017update.pdf, Zugriff 28.6.2018
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ÖB - Österreichische Botschaft Madrid (31.8.2016): Auskunft des spanischen Innenministeriums, per E-Mail
4. Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
Bei vulnerablen Antragstellern (Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Behinderte, Alte, Schwangere, alleinerziehende Elternteile mit minderjährigen Kindern, Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen ernsten Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt und Opfer von Menschenhandel), sind Maßnahmen zu setzen, die ihre spezialisierte Betreuung garantieren. Ein Mechanismus zur Früherkennung von Vulnerabilität ist vom Gesetz jedoch nicht vorgesehen. Diese wird von Beamten während des Asylinterviews vorgenommen oder von NGOs, welche in Unterbringungszentren und während des Asylverfahrens Hilfestellung bieten. Ein wichtiger Beitrag zur Identifizierung Vulnerabler wird auch von UNHCR geleistet, der während des Asylverfahrens eine gesetzlich festgelegte beratende Rolle einnimmt. UNHCR wird über alle registrierten Asylvorbringen informiert und ist Teil der Inter-Ministerial Commission of Asylum and Refuge (CIAR), die eine zentrale Rolle in der Identifizierung von Vulnerabilität im Asylverfahren spielt. Der umfassende Zugang von UNHCR zu den Antragstellern an der Grenze oder in geschlossener Unterbringung ermöglicht ein Monitoring der Verfahrensgarantien für die meisten Fälle von Vulnerabilität. Kritisiert wird, dass Opfer vom Menschenhandel in Spanien einen Aufenthaltstitel gemäß Fremdenrecht bekommen, anstatt zu prüfen, ob sie für einen Asylstatus infrage kommen, welcher ihnen einen höheren Schutz bieten würde (AIDA 15.3.2018).
Die Betreuung unbegleiteter Minderjähriger ist in Spanien Kompetenz der autonomen Regionen. Der Staat hat Richtlinienkompetenz. Reisedokumente von Minderjährigen sind grundsätzlich als ausreichender Beweis der Minderjährigkeit anzusehen. Bei berechtigten Zweifeln an den Angaben ist eine medizinische Altersfeststellung mittels Röntgenaufnahmen möglich. Dies kann nur von einem Staatsanwalt veranlasst werden. Am Ende wird das geschätzte Mindestalter als tatsächliches Alter angenommen. Die Aussagekraft der Tests wird aber von internationalen Organisationen, NGOs, Experten, Beamten und dem Ombudsmann kritisiert. Auch gibt es Vorwürfe, die Altersfeststellung würde zu oft angewandt (eher als Regel denn als Ausnahme, auch bei Vorliegen von Identitätsdokumenten) und damit der Judikatur des spanischen Verfassungsgerichtshofes widersprechen. Es gibt in diesem Zusammenhang weitere Vorwürfe, wie z.B. dass das Günstigkeitsprinzip in der Praxis nicht angewendet werde. Schließlich beklagen NGOs eine diskriminierende Anwendung der Altersfeststellung (diese werde z.B. bei marokkanischen Antragstellern immer angewandt) und dass die autonomen Regionen wiederholte Altersfeststellungen als Mittel nützten, um die Zahl der Minderjährigen in ihrer Obhut zu minimieren. Zwischen 2014 und 2016 ergab aber die Mehrheit der Altersfeststellungen, mit regionalen Unterschieden, insgesamt eine Minderjährigkeit des Betreffenden. Es wird moniert, dass viele Minderjährige in den Exklaven Ceuta und Melilla sich absichtlich als volljährig deklarieren, weil sie dann auf das spanische Festland verlegt werden, anstatt als unbegleitete Minderjährige vor Ort versorgt zu werden (AIDA 15.3.2018).
Die Vormundschaft für unbegleitete Minderjährige ist ebenfalls regional organisiert. Die zuständige Region oder Stadt hat binnen maximal drei Monaten einen Vormund für den unbegleiteten Minderjährigen (UM) zu ernennen (in der Praxis ist die Dauer regional unterschiedlich). Die Vormundschaft wird dabei üblicherweise NGOs oder Kirchen übertragen, die dafür von den Jugendschutzdiensten entschädigt werden. Der UM ist materiell zu versorgen und unterzubringen, der Schutz seiner Interessen, der Zugang zu Bildung, rechtlicher Hilfe und Übersetzung ist sicherzustellen und er ist mit der nötigen Information betreffend seines Asylverfahrens zu versorgen. Kritisiert wird v.a. der langwierige Bestellungsprozess für die Vormundschaft. Ebenso kritisiert werden Fälle, in denen Betroffene die Schutzzentren verlassen müssen, sobald sie 18 Jahre alt werden, obwohl sie noch keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten haben. In der Praxis werden von UM nur sehr wenige Asylanträge gestellt (101 Anträge zwischen 2011 und 2016, von denen 31 Schutz erhalten haben). Dies wird von Kritikern als Zeichen für die Unzulänglichkeiten beim Zugang von UM zu internationalem Schutz in Spanien interpretiert, vor allem in puncto Information der Betroffenen in den autonomen Regionen (AIDA 15.3.2018).
Unbegleitete Minderjährige haben Anspruch auf vordringliche Bearbeitung ihres Asylantrags, was die Verfahrensdauer halbiert. Ansonsten haben Vulnerable keine spezifischen Verfahrensgarantien. Vulnerable sind laut Gesetz nicht vom Grenzverfahren ausgenommen, aber OAR macht für manche Fälle Ausnahmen, etwa für Schwangere oder Personen, die medizinische Behandlung benötigen (AIDA 15.3.2018).
Im spanischen Unterbringungssystem werden die Antragsteller in Absprache zwischen der Asylbehörde und der NGO, welche das Unterbringungszentrum führt, untergebracht. Man ist bemüht, die am besten geeignete Unterkunft für den Einzelfall zu finden. Für vulnerable Fälle gibt es Unterbringungskapazitäten verschiedener NGOs. Besonders vulnerable Fälle, die nicht abgedeckt werden können, werden bei Bedarf an externe, noch spezialisiertere Stellen übergeben. Unbegleitete minderjährige Asylwerber werden in eigenen Einrichtungen untergebracht (AIDA 15.3.2018).
Im Juni 2018 gab es eine Demonstration des Personals von fünf Unterbringungseinrichtungen für unbegleitete Minderjährige der Regionalregierung Andalusiens wegen der bis zu vierfachen Überbelegung ihrer Zentren, ausgelöst durch die Ankunft von über
1.300 Migranten (davon 110 Jugendliche) an der spanischen Küste am Wochenende zuvor. 2017 stieg gemäß Zahlen des spanischen Innenministeriums die Zahl der ankommenden UM um 60%. Ein Drittel der in den letzten vier Jahren registrierten UM wurde in Andalusien untergebracht (IM 26.6.2018).
Minderjährige unterliegen zwischen sechs und 16 Jahren der Schulpflicht, das gilt auch für Fremde. Es fällt in die Kompetenz der autonomen Gemeinden, den Zugang zu Bildung sicherzustellen und dieser erfolgt in regulären Schulen. Diesbezügliche Unzulänglichkeiten werden nur aus dn Enklaven Ceuta und Melilla berichtet (AIDA 15.3.2018).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (15.3.2018): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain,
-
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_es_2017update.pdf, Zugriff 28.6.2018
-
IM - Info Migrants (26.6.2018): Hosting centers for child migrants in Spain in crisis,
http://www.infomigrants.net/en/post/10172/hosting-centers-for-child-migrants-in-spain-in-crisis?utm_source=ECRE+Newsletters&utm_campaign=5628d5e092-EMAIL_CAMPAIGN_2018_06_27_10_31&utm_medium=email&utm_term=0_3ec9497afd-5628d5e092-422318529, Zugriff 4.7.2018
5. Non-Refoulement
2016 und 2017 hat das OAR vermehrt die sichere Drittstaatenklausel in Bezug auf Marokko angewendet. Dies wurde mehrfach gerichtlich bestätigt (AIDA 15.3.2018).
An der Grenze von Marokko zu den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla kam es Berichten zufolge 2017 zu zahlreichen Fällen von Push-backs und Refoulement nach Marokko (AIDA 15.3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Migranten sehen sich großen Hürden bei der Ausreise aus Marokko und dem Zugang zu den asylum points an der spanischen Grenze gegenüber. Im März 2015 wurde die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, Drittstaatsangehörige, die bei der illegalen Einreise betreten werden, direkt an der Grenze zurückzuweisen. Dies wird als Verstoß gegen internationale rechtliche Verpflichtungen zum Schutz von Flüchtlingen kritisiert. UNHCR ist in den Enklaven präsent (AIDA 15.3.2018).
Die langen Wartezeiten, bis ein Antragsteller seinen Antrag formell einbringen kann, sind ein Problem, da die Betroffenen vorher kein Ausweisdokument erhalten und somit einem Risiko der Ausweisung und des Refoulements ausgesetzt sind (AIDA 15.3.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (15.3.2018): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain,
-
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_es_2017update.pdf, Zugriff 28.6.2018
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Spain, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430309.html, Zugriff 3.7.2018
6. Versorgung
Das spanische Unterbringungssystem besteht aus:
1. Vier Unterbringungszentren (Centros de acogida de refugiados, CAR) mit gesamt 420 Plätzen Kapazität.
2. Temporären Migrationszentren (Centros de estancia temporal para inmigrantes, CETI) in den Enklaven Ceuta (Kapazität: 512 Plätze) und Melilla (Kapazität: 700 Plätze).
CAR und CETI werden vom Arbeits- und Sozialministerium betrieben.
3. Weiters gibt es eine Unterbringungs- und Betreuungskomponente, die vom og. Ministerium an NGOs ausgelagert ist.
Wegen der zum Teil langen Wartezeiten bis zum Einbringen eines Antrags wurde auch eine Art Erstaufnahme geschaffen, während der Antragsteller bis zur Zuweisung eines Unterbringungsplatzes in Hotels untergebracht werden können (Assessment and referral phase). Die Größe der og. Zentren hängt vom Betreiber ab. Manche sind größer, andere wiederum in Appartments eingerichtet, einige in urbaner Umgebung, andere wiederum in ländlicher Gegend gelegen. Insgesamt verfügt Spanien (Stand Dezember 2016) über 4.104 Unterbringungsplätze. Seit 2017 sind 20 NGOs mit Finanzierung durch den spanischen Staat in der Unterbringung von Asylwerbern und Flüchtlingen tätig. Eine genaue Statistik der NGO-Unterbringungsplätze in Spanien ist nicht verfügbar. Versorgungsmaßnahmen werden niemals wegen hoher Antragszahlen reduziert, sondern es werden Notmaßnahmen eingeleitet und Antragsteller untergebracht, wo es möglich ist. Der Anstieg der illegalen Einreisen im Zuge des Jahres 2017 hat zu Schwierigkeiten bei der Unterbringung geführt, die Bedingungen haben sich aber nicht verschlechtert, da zusätzliche Plätze geschaffen wurden (AIDA 15.3.2018).
Personen, die ihren Asylantrag in den Enklaven Ceuta oder Melilla stellen, müssen die Zulässigkeitsentscheidung über ihren Antrag dort abwarten und werden erst dann aufs spanische Festland überstellt. Es gibt aber Berichte über Fälle, die trotz positiver Zulässigkeitsentscheidung nicht transferiert wurden. Spanische Gerichte haben ein solches Vorgehen mehrmals verurteilt. In den letzten Jahren wurden die Transfers nach Festland-Spanien beschleunigt, der Ablauf wird aber weiterhin als intransparent kritisiert (AIDA 15.3.2018). Die CETI in Ceuta und Melilla werden in Zusammenhang mit Überbelegung kritisiert (USDOS 20.4.2018). 2017 haben 3.218 Migranten die CETI in den Enklaven durchlaufen und sich dort im Schnitt 2,1 Monate aufgehalten. 2010 waren es noch 11,4 Monate gewesen (ep 1.2.2018).
Im spanischen Unterbringungssystem werden die Antragsteller in Absprache zwischen der Asylbehörde und der NGO, welche das Unterbringungszentrum führt, untergebracht. Man ist bemüht, die am besten geeignete Unterkunft für den Einzelfall zu finden. Asylwerber, die über keine finanziellen Mittel verfügen, haben das Recht auf Unterbringung und Versorgung zur Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse. Die materiellen Bedingungen sind für alle Antragsteller dieselben, egal in welcher Art von Verfahren sie sich befinden. Dieses System hat stark integrativen Charakter und unterstützt Nutznießer von der Antragstellung bis zum Abschluss des Integrationsprozesses, aber maximal für 18 Monate (verlängerbar auf 24 Monate für Vulnerable). Wenn Antragsteller sich für eine private Unterkunft außerhalb des Systems entscheiden, haben sie keinen garantierten Zugang zu finanzieller Unterstützung und Leistungen wie in den Zentren. Die Versorgung geschieht in drei Phasen zu je sechs Monaten Dauer bei jeweils abnehmender Unterstützungsintensität, um in der letzten Phase Selbständigkeit und soziale Integration der Betreffenden zu erreichen (AIDA 15.3.2018).
1. Während der 1. Versorgungsphase werden Antragsteller in Unterbringungszentren (Centro de acogida de refugiados, CAR) bzw. in Wohnungen im ganzen Land untergebracht. Während dieser Phase erhalten die AW grundlegende Schulungen mit dem Ziel, ihre Integration in die spanische Gesellschaft zu ermöglichen. Die Phase muss daher in einem CAR absolviert werden. In der ersten Versorgungsphase erhalten Asylwerber ein Taschengeld in Höhe von €51,60 im Monat, plus €19,06 für jeden abhängigen Minderjährigen. Zusätzlich werden andere persönliche Ausgaben (Transport, Kleidung, pädagogische Aktivitäten, Verwaltungsangelegenheiten, Übersetzerkosten) gegen Vorlage von Rechnungen abgedeckt.
2. In der zweiten Versorgungsphase, der sogenannten Integrationsphase, haben die Asylwerber Anspruch auf finanzielle Unterstützung und Übernahme grundlegender Ausgaben für den Aufbau eines normalen Lebens. In der 2. Phase der Versorgung erhalten Asylwerber kein Taschengeld mehr und werden in Wohnungen und Privathäusern untergebracht. Die Mieten werden übernommen.
3. In der dritten Versorgungsphase, der sogenannten Autonomiephase, ist das Erreichen finanzieller Unabhängigkeit des Antragstellers vorgesehen. In dieser Phase erhalten die Asylwerber punktuell finanzielle Unterstützung zur Deckung bestimmter Ausgaben.
Kritisiert wird, dass nach der ersten Unterbringungsphase ein Maß an Autonomie, Selbsterhaltungsfähigkeit und Spracherwerb vorausgesetzt wird, das in sechs Monaten kaum zu erreichen sei. Gerade mangelnde Sprachkenntnisse sind ein erhebliches Hindernis beim Zugang zu Beschäftigung (AIDA 15.3.2018).
Gemäß Gesetz haben alle Migranten Zugang zu grundlegender Versorgung, unabhängig vom rechtlichen Status (USDOS 20.4.2018).
Negativ beschiedene Antragsteller dürfen in der Unterbringung bleiben, bis die maximale Unterbringungsdauer erreicht ist. Asylwerber haben nach sechs Monaten Zugang zum Arbeitsmarkt, aber mangelnde Sprachkenntnisse, administrative Schwierigkeiten und Diskriminierung schmälern diesen Zugang in der Praxis (AIDA 15.3.2018).
Abgesehen von den Unterbringungskapazitäten für Asylwerber verfügt Spanien über neun Haftzentren (zusammen 1.589 Plätze) für fremdenrechtliche Haft (Centros de Internamiento de Extranjeros, CIE) (AIDA 15.3.2018).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (15.3.2018): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain,
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http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_es_2017update.pdf, Zugriff 28.6.2018
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ep - europapess (1.2.2018): Un total de 3.218 migrantes pasaron por los CETI de Ceuta y Melilla en 2017, donde estuvieron de media 2,1 meses,
http://www.europapress.es/sociedad/noticia-total-3218-migrantes-pasaron-ceti-ceuta-melilla-2017-donde-estuvieron-media-21-meses-20180201153420.html, Zugriff 5.7.2018
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Spain, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430309.html, Zugriff 3.7.2018
6.1. Medizinische Versorgung
Das spanische Recht sieht für alle Asylwerber den vollen Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem wie für spanische Bürger vor, einschließlich Zugang zu spezialisierterer Behandlung für Personen, die Folter, schwere körperliche oder seelische Misshandlungen oder Traumatisierung erlitten haben. Obwohl in Spanien Zugang zu spezieller Behandlung durch Psychologen und Psychiater frei und garantiert ist, gibt es keine Institutionen, die auf die Behandlung traumatisierter Flüchtlinge spezialisiert sind. Gegenwärtig gibt es drei NGOs, die für Asylbewerber mit psychischen Bedürfnissen zuständig sind. Die NGO Accem betreibt in Zusammenarbeit mit der Firma Arbeyal das Hevia Accem-Arbeyal - Zentrum, das auf Behinderung und psychische Gesundheit spezialisiert ist und Plätze für Asylsuchende reserviert, aber nicht ausschließlich auf diese Zielgruppe fokussiert. Die NGO CEAR (Comisión Española de Ayuda al Refugiado) betreibt auch Einrichtungen, die auf Asylsuchende mit psychischen Erkrankungen spezialisiert sind. Die Stiftung La Merced bietet Aufnahmeplätze für junge erwachsene Asylsuchende, die spezielle Unterstützung aufgrund psychischer Erkrankungen benötigen. Wenn die Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, reduziert oder gestrichen wird, bleibt der Zugang zu medizinischer Versorgung weiterhin bestehen (AIDA 15.3.2018).
Spanien hat 2015 einen strategischen Plan zur Eliminierung der Hepatitis C angenommen und seither etwa 100.000 Erkrankten Zugang zu einer Behandlung mit antiviralen Medikamenten der jüngsten Generation ermöglicht. Die Heilungsrate von etwa 95% ist eine der höchsten der Welt (AEHVE 29.5.2018). Mitte 2017 hat die spanische Gesundheitsministerin durchgesetzt, dass die Behandlung von Hepatitis C auf alle Stadien der Erkrankung ausgedehnt werden soll, nicht nur auf spätere Stadien. Die Kommunen Madrid und Valencia wendeten dies damals bereits an. Eine Unterstützung für die Kommunen bei der Finanzierung dieser Vorgehensweise, ist nicht vorgesehen (El País 21.6.2017). Um den Jahreswechsel 2017/2018 forderten Interessengruppen weiterhin die Umsetzung dieses Plans (AEHVE 9.1.2018).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (15.3.2018): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain,
-
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_es_2017update.pdf, Zugriff 28.6.2018
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AEHVE - Alianza para la Eliminación de las Hepatitis Víricas en España (9.1.2018):Manifiesto de Asociaciones vinculadas a la Hepatitis C,
http://aehve.org/manifiesto-asociaciones-vinculadas-la-hepatitis-c/, Zugriff 5.7.2018
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AEHVE - Alianza para la Eliminación de las Hepatitis Víricas en España (29.5.2018): Llamamiento conjunto al Gobierno y a las Comunidades Autónomas para que faciliten el cribado universal de la hepatitis C, Zugriff 5.7.2018
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El País (21.6.2017): Sanidad acuerda con las comunidades ampliar el tratamiento de la hepatitis C, https://politica.elpais.com/politica/2017/06/21/actualidad/1498060903_372716.html, Zugriff 5.7.2018
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MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):
Auskunft MedCOI, per E-Mail"
Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen sei, weil gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO Spanien für die Prüfung des Asylantrages zuständig sei.
Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet und eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Spanien sei nicht erkannt worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.
Betreffend die vom Beschwerdeführer getätigten Aussagen, wonach er in Spanien bestohlen worden sei, wies das BFA darauf hin, dass der spanische Staat in der Lage und auch willens sei, vor drohenden Übergriffen Dritter hinreichenden Schutz zu bieten und bei entsprechender Meldung bzw. Erstattung einer Anzeige tätig zu werden. Der Beschwerdeführer sei Bedrohungen in Spanien nicht wehrlos ausgesetzt, sondern habe die Möglichkeit etwaige gegen ihn gerichtete kriminelle Handlungen in Spanien bei der Polizei anzuzeigen und dort staatlichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Zum Vorbringen, der Beschwerdeführer hätte in Spanien auf der Straße schlafen müssen, sei er auf die Länderfeststellungen zu verweisen. Demnach sei für alle Asylwerber ein Zugang zu Versorgung garantiert.
7. Gegen den Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung gemäß § 52 BFA-VG fristgerecht das Rechtmittel der Beschwerde und hielt er fest, dass der Bescheid zur Gänze angefochten werde. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Zum Sachverhalt wurde ergänzend vorgebracht, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, nachdem er in Spanien keinerlei Unterkunft bekommen habe und ohne Unterstützung habe leben müssen. Er habe eine Gruppe von Männern kennen gelernt, die ihm ihre Unterstützung angeboten hätten, sofern er ihnen beim Drogenverkauf helfen würde. Der Beschwerdeführer habe dies aber nicht gewollt und habe er fortan in Angst gelebt, verstärkt ins Visier dieser Leute zu geraten. Er sei deshalb auch nicht zur Polizei gegangen, sondern habe Spanien verlassen.
Die Behörde habe es unterlassen, notwendige Ermittlungen anzustellen, um den Sachverhalt vollständig zu erfassen. Sie habe keine Enzelfallprüfung dahingehend getroffen, ob den Beschwerdeführer in Spanien, im Hinblick auf das spanische Versorgungs- und Unterbringungssystem, eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Moniert wurde zudem die Qualität der herangezogenen Länderberichte, welche oberflächlich seien, die aktuelle Kritik am spanischen Asylwesen verharmlosen, und sich nicht mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers auseinandersetzen würden. Insbesondere hätte in den Länderinformationen die Aufnahmekapazität in den Lagern der tatsächlichen Anzahl an Asylwerbern bzw. Flüchtlingen gegenübergestellt werden müssen, um deren sichere Unterbringung beurteilen zu können. Mangels einer solchen Gegenüberstellung und in Anbetracht des starken Anstiegs an Asylwerbern sei nicht garantiert, dass der Beschwerdeführer für die Dauer seines Verfahrens (durchgehend) eine Unterkunft zu Verfügung habe und nicht in die Obdachlosigkeit geraten werde. Sollte der Beschwerdeführer nach Spanien abgeschoben werden, bestehe vor dem Hintergrund der Länderberichte sohin die Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer auf der Straße leben müsse, was eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung iSd Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC darstellen würde. Österreich hätte somit, bei einer Art. 3 und 8 EMRK konformen Auslegung, von den Bestimmungen der Dublin III- VO Gebrauch machen und die Zuständigkeit für sein Asylverfahren übernehmen müssen.
8. Die Beschwerdevorlage langte am 03.02.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste unter Verwendung eines von der spanischen Botschaft in XXXX , Nigeria ausgestellten Schengen-Visums Typ C, gültig im Zeitraum von XXXX .2019 bis zum XXXX .2019, in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und gelangte anschließend ins österreichische Bundesgebiet, wo er am 23.12.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig das Hoheitsgebiet der "Dublin-Staaten" verlassen hätte, konnte nicht festgestellt werden.
Das BFA richtete am 30.12.2019 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Spanien, welchem Spanien mit Schreiben vom 10.01.2020 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zustimmte.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat Spanien an.
Besondere, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Spanien sprechen, liegen nicht vor.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.
2. Beweiswürdigung:
Aufgrund des vorliegenden Treffers in der VIS-Datenbank steht fest, dass der Beschwerdeführer über ein vom XXXX .2019 bis zum XXXX .2019 gültiges Schengen-Visum Typ C, ausgestellt am 24.11.2019 von der spanischen Botschaft in XXXX , Nigeria, verfügte. Seinen diesbezüglich plausibel erscheinenden Angaben des Beschwerdeführers lässt sich entnehmen, dass er unter Verwendung des Visums am 03.12.2019 in Spanien einreiste und von dort aus nach Österreich gelangte. Dass er seither das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verlassen hätte, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers seitens Spanien ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der spanischen Dublin-Behörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Spanien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Lage in Spanien nicht maßgeblich geändert hat.
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass das spanische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Spanien den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.
Dass der Beschwerdeführer weder unter gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, noch über besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen zu Österreich verfügt, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben. Demnach sei er gesund und habe in Österreich keine Anknüpfungspunkte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts sind §§ 5 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG; unionsrechtlich sind primär Art. 3, 7, 12, 16, 17, 18, 21 und 22, 25 Dublin III-VO relevant.
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz):
3.1.1. In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Spaniens zur Prüfung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz in Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung (23.12.2019) über ein durch die spanischen Behörden ausgestelltes, gültiges Visum (gültig von: XXXX .2019 - XXXX 2019) verfügte. Zudem stimmte die spanische Dublin-Behörde der Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Spanien finden sich keine Anhaltspunkte. Die Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht etwa zwischenzeitig wieder erloschen.
Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers.
Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.
Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre:
3.1.2. Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:
Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung in Bezug auf seine Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).
Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, zur Dublin II-VO aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.
Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15, Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass [...] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriteriums [...] geltend machen kann.
Damit im Einklang steht das Urteil des EuGH ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15, Karim (Große Kammer), wonach ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend machen kann.
3.1.2.1. Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.
Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die beschwerdeführende Partei im Falle der Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist. (vgl dazu auch näher Baumann/Filzwieser in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht - Jahrbuch 2018, Seiten 213ff.).
Der angefochtene Bescheid enthält für den gegenständlichen Fall hinreichende Feststellungen zum spanischen Asylwesen. Diese stammen von der Staatendokumentation, die zur Objektivität verpflichtet ist und der Beobachtung eines Beirates unterliegt. Sie stützen sich auf verlässliche und unzweifelhafte aktuelle Quellen von angesehenen staatlichen und nicht staatlichen Einrichtungen, und wurden ausgewogen zusammengestellt. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Lage in Spanien wurde vom Beschwerdeführer nicht nachweislich aufgezeigt.
Vor dem Hintergrund dieser Länderberichte und der verwaltungsbehördlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-III-VO nach Spanien überstellt werden, aufgrund der spanischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.
Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom