TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/13 W277 2171430-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2020
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Entscheidungsdatum

13.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W277 2171430-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. ESCHLBÖCK, MBA, über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Somalia, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF), eine Staatsangehörige von Somalia, stellte nach illegaler Einreise in Österreich am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am Folgetag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Die BF gab an, am XXXX geboren zu sein. Zu ihrem Vater habe sie seit dem Jahre

XXXX keinen Kontakt mehr (AS 9), sein Aufenthaltsort sei ihr unbekannt, vermutlich sei er in Europa (AS 11). Die Mutter der BF, ihre XXXX Brüder und die XXXX Schwestern würden in XXXX , XXXX leben (AS 9f.). Die BF gab an, bereits im Jahre XXXX für sechs Monate in der XXXX gewesen zu sein, danach wäre sie nach Somalia zurückgekehrt, da sie in der XXXX nicht studieren habe können, weil sie damals zu jung für ein Studium gewesen sei. Das Heimatland hätte sie im XXXX aus ihrem Heimatort XXXX , XXXX , verlassen und wäre mit einem Flugzeug legal mit einem somalischen Reisepass, ausgestellt vom Passamt XXXX (AS 11) mit einem XXXX Touristenvisum, nach XXXX geflogen (AS 13). Sie habe die Ausreise aus Somalia selbst mit Hilfe eines Schleppers organisiert (AS 13). Der Schlepper habe die Reise von XXXX bis nach Österreich organisiert, welches ihr Zielland gewesen sei (AS 13). Nach einem zehntägigen Aufenthalt in XXXX sei sie schlepperunterstützt von Izmir mit einem Schlauchboot auf eine ihr unbekannte Insel in Griechenland gebracht worden sei. Dort hätte sie einige Tage in einem Lager verbracht und sei nach einem Landesverweis nach Athen weitergereist. Dort habe sie einen Schlepper kennengelernt, der sie auf dem Landweg über Mazedonien nach Serbien gebracht hätte. Von dort sei sie mit einem PKW nach Österreich gereist (AS 13).

Zu den Fluchtgründen brachte sie vor, dass sie XXXX XXXX Monate lang in XXXX gewesen sei und dort XXXX gelernt habe. Dann sei sie von der XXXX Behörde nach XXXX gebracht worden und hätte dort in einem Spital als XXXX arbeiten sollen. Während ihrer Arbeit sei sie von Mitgliedern der Al-Shabaab entführt und bedroht worden. Sie habe mit der Arbeit aufhören sollen. Diese Leute seien Nachbarn von ihnen gewesen. Die BF sei dann zu ihrem Chef im XXXX gegangen und dieser habe veranlasst, dass sie ein Visum für XXXX erhalten und flüchten habe können. Die Leute der Al-Shabaab hätten XXXX , die Schwester der BF, entführt. Die Mutter und die Schwestern der BF würden jetzt bei ihrer Großmutter leben. Im Falle einer Rückkehr fürchte sich die BF vor den Leuten der al-Shabaab (AS 15).

2. Am XXXX wurde mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) nach einer Zuweisung der BF zu einer "Sachverständigen Volljährigkeitsbeurteilung" bei der XXXX als spätestes, fiktives Geburtsdatum der XXXX festgestellt (AS 103). Die BF hat zu dem hierzu gewährten Parteiengehör nicht Stellung bezogen.

3. Die BF wandte sich betreffend die Dauer ihres Verfahrens beim BFA an die Volksanwaltschaft (AS 111).

4. Am XXXX wurde die BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen (AS 145ff.). Hierbei gab sie im Wesentlichen an, XXXX zu heißen und am XXXX in XXXX geboren zu sein. Zuletzt habe sie in XXXX bei ihrem Onkel in einem Haus gewohnt. Ihr Leben sei sehr schlecht gewesen, sie habe auf der Straße Eis verkauft und ihr Onkel habe sie geschlagen. Der Vater sei circa 60 Jahre alt und bereits verstorben. Sie wisse nicht woran er verstorben sei (AS 148). Die Mutter, ihre Geschwister, ihre Großmutter würden in XXXX leben. Die Mutter habe sie geschlagen und misshandelt. Für ihre Ausreise habe sie nichts bezahlt, die Reisekosten in die XXXX habe ein XXXX Spital in Somalia bezahlt. Von der Türkei bis nach Griechenland hätte sie die Tante einer Freundin unterstützt. Von Griechenland bis nach Österreich hätten ihr Freundinnen geholfen (AS 149).

Zu ihren Fluchtgründen gab sie im Wesentlichen an, dass sie in Somalia in XXXX gearbeitet habe. In der Mittagspause sei sie nach draußen gegangen, ein Freund von ihr habe telefoniert und immer wieder eine Nummer gesagt. Dann sei ein Mann zu ihr gekommen und hätte gefragt was sie gehört habe, dem sie geantwortet habe nichts gehört zu haben. Auf dem Heimweg nach der Arbeit sei sie entführt worden. Sie glaube, er wäre von der al Shabaab (AS 153). Während der kurzen Fahrt sei eine Bombe explodiert. Der bzw. die Entführer sei weggelaufen und habe sie im Auto zurückgelassen (AS 151 und 153). Sie sei in das Krankenhaus gelaufen (AS 151) bzw. sie hätte sich ein Motorrad genommen (AS 154) bzw. sei mit einem Mann auf einem Motorrad mitgefahren. Sie sei dann von dem Entführer angerufen worden, der ihr gesagt habe, dass sie machen müsse was ihr Kollege XXXX mache. Er wisse wo sie wohne und wo ihre Familie sei und würde sie umbringen. Sie sei im Krankenhaus geblieben. Eines Tages sei die BF von ihrer Mutter angerufen worden, die ihr mitgeteilt habe, dass dieser Mann die Schwester der BF mitgenommen hätte. Sie glaube, dass es die al Shabaab sei. Der XXXX Chef der BF im XXXX habe sodann ihre Ausreise in XXXX organisiert. Fünfzehn Tage später sei sie ausgereist (AS 151f.).

Als weiteren Fluchtgrund gab die BF an, dass sie nicht zur Schule gehen durfte und deshalb selbst diese Anstellung in dem Krankenhaus gefunden habe. Der Onkel habe ihr alles, was sie verdient habe, weggenommen. Sie sei auch mit sechs Jahren beschnitten worden (AS 152 und 157). Der Onkel habe sie an einen "sehr alten Mann" verheiraten wollen (AS 152).

Der Niederschrift ist die Kopie einer Landkarte von Somalia als Beilage 1 beigelegt, in welcher die BF, nach Aufforderung XXXX örtlich anzuzeichnen, ein X vermerkt hat (AS 159). Im Zuge der Einvernahme legte die BF Integrationsunterlagen vor (AS 163-183).

5. Am XXXX gab die BF eine schriftliche Stellungnahme zu den Länderberichten ab (AS 187).

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, und festgestellt, dass die Abschiebung nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Der Beweiswürdigung ist zu entnehmen, dass die BF unglaubwürdig war, zumal sie ihre Fluchtgründe im Laufe des Verfahrens unterschiedlich und sogar widersprüchlich zu ihren eigenen Angaben darstellte, und das Fluchtvorbringen auch steigerte (AS 276 ff.).

7. Das BFA stellte der BF amtswegig einen Rechtsberater zur Seite (AS 295).

8. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob die BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde (AS 307 ff.).

9. Mit Schreiben vom XXXX übermittelte XXXX die mit XXXX datierte Vertretungsvollmacht (OZ 5).

10. Die BF urgierte im Jahre XXXX mittels Beschwerde betreffend die Verfahrensdauer an die Volksanwaltschaft (OZ 6).

11. Mit Schreiben vom XXXX legte die BF weitere Integrationsunterlagen vor (OZ 16 und 17).

12. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Somali durch, an welcher die BF, ihre Rechtsvertretung und ein Vertreter des BFA teilnahmen. Die BF wurde ausführlich zu ihrer Person und den Fluchtgründen befragt, und es wurde ihr Gelegenheit gegeben, die Fluchtgründe umfassend darzulegen sowie zu den im Rahmen der Verhandlung in das Verfahren eingeführten und ihr mit der Ladung zugestellten Länderberichten Stellung zu nehmen. Die BF legte ein Konvolut weiterer Integrationsunterlagen vor (Beilagen ./A bis ./J). Der Vertreter des BFA legte eine Kurzinformation über eine Entscheidung des EGMR vor (Beilage ./K).

13. Das Bundesverwaltungsgericht führte eine Strafregisterabfrage durch. Es scheint keine Verurteilung auf.

II. Für das Bundesverwaltungsgericht ergibt sich daraus wie folgt:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person der BF

Die BF wurde ist eine somalische Staatsangehörige, sunnitisch-muslimischen Glaubens und dem Clan der XXXX zugehörig.

Sie hat im Herkunftsland XXXX Jahre die Schule besucht. Die BF spricht Somali, nach eigenen Angaben XXXX , und verfügt über geringe Deutsch-und Englischkenntnisse.

Die BF wurde am XXXX in XXXX geboren, lebte bis zu ihrer Ausreise ebendort und ist einer Erwerbstätigkeit als XXXX nachgegangen. Sie hat nicht in dem Anfang der neunziger Jahre, und somit vor ihrer Geburt geschlossenen XXXX als Dolmetscherin gearbeitet. Sie hat nicht ab dem Jahre XXXX in dem im XXXX in Betrieb genommenen und im Jahre XXXX eröffneten XXXX als Dolmetscherin gearbeitet. Sie hat einen XXXX monatigen Sprachaufenthalt in XXXX absolviert.

Ihre Mutter, XXXX Brüder und XXXX Schwestern leben in XXXX (andere Schreibweise: XXXX ). Die Großmutter mütterlicherseits lebt in einem in Ihrem Eigentum stehenden Haus in XXXX . Der Onkel väterlicherseits sowie dessen XXXX Kinder leben in dem in seinem Eigentum stehenden Haus in XXXX . Er betreibt ebendort ein XXXX . Eine Tante mütterlicherseits lebt im Herkunftsstaat in XXXX .

Die BF ist ledig und hat keine Kinder. Sie ist gesund.

Die BF ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtvorbringen der BF:

Die BF ist keiner konkreten, asylrelevanten Verfolgung bzw. Bedrohung im Herkunftsstaat Somalia ausgesetzt.

1.3. Zur maßgeblichen, entscheidungsrelevanten Situation in Somalia:

Aus den ins Verfahren eingeführten und im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 17.09.2019 zitierten Länderberichten zur Lage in Somalia ergibt sich Folgendes:

1.3.1. Sicherheitslage und Situation in XXXX

XXXX bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (PGN - Political Geography Now (8.2019): Somalia Control Map & Timeline - August 2019; vgl. BMLV - Bundesministerium für Landesverteidigung (Österreich) (3.9.2019): Anfragebeantwortung der Staatendokumentation). Die vormals für Verbesserungen in der Sicherheitslage verantwortliche XXXX (UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, Abs.11) wurde nunmehr deaktiviert. Ihre Aufgaben wurden erst an die 14th October Brigade übertragen, mittlerweile aber von der wesentlich verstärkten Polizei übernommen. Letztere wird von Armee, AMISOM und Polizeikontingenten von AMISOM unterstützt (BMLV 3.9.2019). Nach wie vor reicht die in XXXX gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte aber nicht aus, um eine flächendeckende Präsenz sicherzustellen (BMLV 3.9.2019).

Für al Shabaab bietet die Stadt schon alleine aufgrund der dichten Präsenz von Behörden und internationalen Organisationen viele attraktive Ziele (NLMBZ - Ministerie von Buitenlandse Zaken (Niederlande) (3.2019): Country of Origin Information Report on South and Central Somalia (nicht veröffentlichte englische Version), S.23). Diesbezüglich ist es der Regierung nicht gelungen, eine erfolgreiche Strategie zur Bekämpfung von al Shabaab in der Stadt umzusetzen. Die Gruppe ist in der Lage, in weiten Teilen des Stadtgebiets Anschläge durchzuführen (LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (3.7.2019): Säkerhetssituationen i Somalia, S.42).

Es gilt als höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab die Kontrolle über XXXX zurückerlangt (BMLV 3.9.2019). In XXXX besteht kein Risiko, von al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (BMLV 3.9.2019; vgl. BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl / Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, S.51). Bei einem Abzug von AMISOM aus XXXX droht hingegen die Rückkehr von al Shabaab (ICG - International Crisis Group (27.6.2019): Women and Al-Shabaab's Insurgency, S.5).

Zivilisten: Generell unterstützt die Zivilbevölkerung von XXXX nicht die Ideologie von al Shabaab. Andererseits fühlen sich die Menschen von der Regierung nicht adäquat geschützt (LIFOS 3.7.2019, S.25). Al Shabaab greift Zivilisten nicht spezifisch an (NLMBZ 3.2019, S.23; vgl. LIFOS 3.7.2019, S.25). Diese leiden auf zwei Arten an der Gewalt durch al Shabaab: Einerseits sind jene einem erhöhten Risiko ausgesetzt, die in Verbindung mit der Regierung stehen oder von al Shabaab als Unterstützer der Regierung wahrgenommen werden (LIFOS 3.7.2019, S.42). Andererseits besteht für Zivilisten das Risiko, bei Anschlägen zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (LIFOS 3.7.2019, S.25/42; vgl. NLMBZ 3.2019, S.23) und so zum Kollateralschaden von Sprengstoffanschlägen und anderer Gewalt zu werden (LIFOS 3.7.2019, S.25).

1.3.2. Bevölkerungsstruktur

Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalis. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird (SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, S.8). Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.3.2019b): Somalia - Innenpolitik). Darum kennen Somalis üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem (SEM 31.5.2017, S.8).

Die sogenannten "noblen" Clanfamilien können (nach eigenen Angaben) ihre Abstammung auf mythische gemeinsame Vorfahren und den Propheten Mohammed zurückverfolgen. Die meisten Minderheiten sind dazu nicht in der Lage (SEM 31.5.2017, S.5). Somali sehen sich als Nation arabischer Abstammung, "noble" Clanfamilien sind meist Nomaden.

XXXX leben v.a. in Süd-/Zentralsomalia. Die wichtigsten XXXX -Clans sind XXXX und XXXX , beide haben in und um XXXX großen Einfluss (SEM 31.5.2017, S.55; vgl. AA 5.3.2019b).

Es ist nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Isaaq und Digil-Mirifle stellen je ca. 20-25% der Bevölkerung dar (AA 5.3.2019b).

1.3.3. Frauen

Diskriminierung: Die Verfassung verbietet die Diskriminierung von Frauen (USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Somalia, S.30). Die aktuelle Verfassung betont in besonderer Weise die Rolle und die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und die Verantwortung des Staates in dieser Hinsicht. Tatsächlich ist deren Lage jedoch weiterhin besonders prekär (AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (4.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, S.14). Frauen werden in der somalischen Gesellschaft, in der Politik und in den Rechtssystemen systematisch Männern untergeordnet (LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (16.4.2019): Somalia - Kvinnlig könsstympning (version 1.0), S.10). Sie genießen nicht die gleichen Rechte wie Männer und werden systematisch benachteiligt. Frauen leiden unter Diskriminierung bei Kreditvergabe, Bildung, Politik und Unterbringung. Sowohl im Zuge der Anwendung der Scharia als auch bei der Anwendung traditionellen Rechtes sind Frauen nicht in Entscheidungsprozesse eingebunden. Die Scharia wird ausschließlich von Männern angewendet, die oftmals zugunsten von Männern entscheiden (USDOS 13.3.2019, S.30f). Zudem gelten die aus der Scharia interpretierten Regeln des Zivil- und Strafrechts, die Frauen tendenziell benachteiligen. Entsprechend gelten für Frauen andere gesetzliche Maßstäbe als für Männer (z.B. halbe Erbquote). Insgesamt gibt es hinsichtlich der grundsätzlich diskriminierenden Auslegungen der zivil- und strafrechtlichen Elemente der Scharia keine Ausweichmöglichkeiten (AA 4.3.2019, S.14f).

Es finden sich politische Ansätze, mit denen mittel- bis langfristig eine Annäherung des Status von Mann und Frau angestrebt wird (AA 4.3.2019, S.14f). Im Mai 2016 war der National Gender Policy Plan verabschiedet worden, um Frauen in die Bereiche Politik, Wirtschaft und Bildung besser einzubinden. Daraufhin hat der Somali Religious Council die Regierung öffentlich davor gewarnt, sich derart für Frauen einzusetzen (USDOS 13.3.2019, S.30). Andererseits ist es der Regierung gelungen, Frauenrechte etwas zu fördern: Immer mehr Mädchen gehen zur Schule, die Zahl an Frauen im öffentlichen Dienst wächst (ICG 27.6.2019, S.3). Da Frauen in den Jahren des Krieges zu den eigentlichen Brotverdienern der Familie geworden sind, ist es zudem üblich, in Städten wie Mogadischu oder Hargeysa Kleinhändlerinnen anzutreffen, die Khat, Gemüse oder Benzin verkaufen (TE - The Elephant / Rasna Warah (11.3.2019): The Invisible Clan: Is Somalia Ready for a Women's Revolution?; vgl. LIFOS 16.4.2019, S.11; FIS - Finnish Immigration Service (Finnland) (5.10.2018): Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, S.24).

Auch wenn Gewalt gegen Frauen laut Verfassung verboten ist (USDOS 13.3.2019, S.29), bleiben häusliche (USDOS 13.3.2019, S.29; vgl. AA 4.3.2019, S.14; FIS 5.10.2018, S.33) und sexuelle Gewalt gegen Frauen ein großes Problem (USDOS 13.3.2019, S.29).

Eheschließung: Bei Eheschließungen gilt das Scharia-Recht. Polygamie ist somit erlaubt, ebenso die Ehescheidung (ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia, S.11; vgl. LI 14.6.2018, S.16/18f). Es gibt keine Zivilehe (LI 14.6.2018, S.7). Eine Ehe gilt erst dann als rechtskräftig, wenn sie vollzogen worden ist. Von daher gibt es zwar die Möglichkeit, einen Ehevertrag durch einen Stellvertreter abzuschließen; jedoch wird der Vertrag erst bei "Konsumation" (=Geschlechtsverkehr) formell rechtsgültig (LI - Landinfo (Norwegen) (14.6.2018): Somalia: Marriage and divorce, S.16).

Die Ehe ist extrem wichtig, und es ist in der somalischen Gesellschaft geradezu undenkbar, dass eine junge Person unverheiratet bleibt. Gleichzeitig besteht gegenüber der Braut die gesellschaftliche Erwartung, dass sie bei ihrer ersten Eheschließung Jungfrau ist (LIFOS 16.4.2019, S.38). Gerade bei der ersten Ehe ist die arrangierte Ehe die Norm (LI 14.6.2018, S.8f). Eheschließungen über Clangrenzen [Anm.: großer bzw. "nobler" Clans] hinweg sind normal (FIS 5.10.2018, S.26f).

Arrangierte Ehe / Zwangsehe: Der Übergang von arrangierter zur Zwangsehe ist fließend. Bei ersterer liegt die mehr oder weniger explizite Zustimmung beider Eheleute vor, wobei hier ein unterschiedliches Maß an Druck ausgeübt wird. Bei der Zwangsehe hingegen fehlt die Zustimmung gänzlich oder nahezu gänzlich (LI 14.6.2018, S.9f). Erwachsene Frauen und viele minderjährige Mädchen werden zur Heirat gezwungen (AA 4.3.2019, S.14f). Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 gibt eine von fünf Frauen an, zur Ehe gezwungen worden zu sein; viele von ihnen waren bei der Eheschließung keine 15 Jahre alt (LIFOS 16.4.2019, S.10). Es gibt keine bekannten Akzente der Bundesregierung oder regionaler Behörden, um dagegen vorzugehen. Außerdem gibt es kein Mindestalter für einvernehmlichen Geschlechtsverkehr (USDOS 13.3.2019, S.32). Gegen Frauen, die sich weigern, einen von der Familie gewählten Partner zu ehelichen, wird mitunter auch Gewalt angewendet. Das Ausmaß ist unklar, Ehrenmorde haben diesbezüglich in Somalia aber keine Tradition. Vielmehr können jene, die mit traditionellen Normen brechen, den Schutz und die Unterstützung durch Familie und Clan verlieren (LI 14.6.2018, S.10).

Bereits eine Quelle aus dem Jahr 2004 besagt, dass sich die Tradition gewandelt hat, und viele Ehen ohne Einbindung, Wissen oder Zustimmung der Eltern geschlossen werden (LI 14.6.2018, S.9f). Viele junge Somali akzeptieren arrangierte Ehen nicht mehr (LIFOS 16.4.2019, S.11). Gerade in Städten ist es zunehmend möglich, den Ehepartner selbst zu wählen (LIFOS 16.4.2019, S.11; vgl. LI 14.6.2018, S.8f). In XXXX ist es nicht unüblich, dass es zu - freilich oft im Vorfeld mit den Familien abgesprochenen - Liebesehen kommt (LI 14.6.2018, S.8f). Dort sind arrangierte Ehen eher unüblich. Zusätzlich gibt es auch die Tradition der "runaway marriages", bei welcher die Eheschließung ohne Wissen und Zustimmung der Eltern erfolgt (FIS 5.10.2018, S.26f). Diese Art der Eheschließung ist in den vergangenen Jahren immer verbreiteter in Anspruch genommen worden (LI 14.6.2018, S.11). Gemäß einer Schätzung konnten sich die Eheleute in 80% der Fälle ihren Partner selbst aussuchen bzw. bei der Entscheidung mitreden (FIS 5.10.2018, S.26f).

1.3.4. Erreichbarkeit/ XXXX

Die sicherste Art des Reisens in Süd-/Zentralsomalia ist das Fliegen. XXXX kann international (mit Ethiopian Airlines und Turkish Airlines) erreicht werden (LI - Landinfo (Norwegen) (28.6.2019):

Somalia: Praktiske og sikkerhetsmessige forhold på reise i Sør-Somalia, S.6f).

1.3.5. Wirtschaft und Arbeit

Generell erholt sich die somalische Wirtschaft weiterhin von der Dürre der Jahre 2016 und 2017. Das Wirtschaftswachstum lag 2017 bei 2,3% (UNSC - UN Security Council (21.12.2018): Report of the Secretary-General on Somalia, S.4), 2018 bei ca. 2,8% (UNSC - UN Security Council (15.8.2019): Report of the Secretary-General on Somalia, Abs.22) und wird vom Internationalen Währungsfonds für 2019 und 2020 auf jeweils 3,5% prognostiziert. Das Wachstum hat sich also erholt, die Inflation wurde gebremst und das Handelsdefizit reduziert. Zur wirtschaftlichen Erholung beigetragen haben gute Regenfälle und wachsende Remissen (BLO - Bloomberg (27.2.2019): IMF Sees Somalia's GDP Growth Accelerating to 3.5% in 2019), die Erstarkung des Agrarsektors, die Konsolidierung von Sicherheit und die Zunahme privater Investitionen und von Geldflüssen aus Geberländern (UNSC 21.12.2018, S.4). Eine der Triebfedern der wirtschaftlichen Entwicklung ist also die Diaspora, welche begonnen hat, in Somalia (v.a. Mogadischu und die Hauptstädte der Bundesstaaten) zu investieren (BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Somalia Country Report, S.5). Auch zahlreiche Agenturen der UN (etwa UN-Habitat, UNICEF, UNHCR) sind tatkräftig dabei das Land wiederaufzubauen (ÖB 9.2016, S.23).

Arbeit / Lebensunterhalt: Es gibt kein nationales Mindesteinkommen (USDOS 13.3.2019, S. 37). Zugang zu Bildung und Arbeit stellt in vielen Gebieten eine Herausforderung dar (ÖB 9.2016, S.18), auch wenn in Puntland und Teilen Südsomalias - insbesondere Mogadischu - der tertiäre Bildungsbereich boomt (BS 2018, S.32). Der Wirtschaft ist es nicht gelungen, ausreichend Beschäftigung zu schaffen - v.a. für Frauen und Junge (UNSC 21.12.2018, S.47). In einer von Jahrzehnten des Konflikts zerrütteten Gesellschaft hängen die Möglichkeiten des Einzelnen generell sehr stark von seinem eigenen und vom familiären Hintergrund ab (BS 2018, S.30). Aufgrund des Fehlens eines formellen Banksystems ist die Schulden-Kredit-Beziehung (debt-credit relationship) ein wichtiges Merkmal der somalischen Wirtschaft und Gesellschaft. Dabei spielen Vertrauen, persönliche und Clan-Verbindungen eine wichtige Rolle - und natürlich auch der ökonomische Hintergrund. Es ist durchaus üblich, dass Kleinhändler und Greissler anschreiben lassen (RVI - Rift Valley Institute / Majid, Nisar / Abdirahman, Khalif / Hassan, Shamsa (9.2018): Remittances and Vulnerability in Somalia, S.4).

Studien darüber, wie Menschen in XXXX ihren Lebensunterhalt bestreiten, haben sich auf die am meisten vulnerablen Gruppen der Stadt konzentriert: Auf IDPs und Arme (urban poor). Für diese Gruppen ist es charakteristisch, dass sie humanitäre Unterstützung erhalten. Sie stellen etwa 20% der Bevölkerung von XXXX . Diese Gruppen profitieren nur zu einem äußerst geringen Anteil von Remissen (2% der Befragten; somalische Gesamtbevölkerung: 30%). Die Männer dieser Bevölkerungsgruppen arbeiten oft im Transportwesen, am Hafen und als Bauarbeiter; Frauen arbeiten als Hausangestellte. Eine weitere Einkommensquelle dieser Gruppen ist der Kleinhandel - v.a. mit landwirtschaftlichen Produkten. Zusätzlich erhalten sie Nahrungsmittelhilfe und andere Leistungen über wohltätige Organisationen (LI - Landinfo (Norwegen) (1.4.2016): Somalia - Relevant social and economic conditions upon return to XXXX , S.10). NGOs und der Privatsektor bieten den Menschen grundlegende Dienste - vor allem in urbanen Zentren (OXFAM / REACH (6.2018): Drought, Displacement and Livelihoods in Somalia/Somaliland. Time for gender-sensitive and protection-focused approaches, S.4).

Generell hat die verbesserte Sicherheitslage in den Städten zu einem Bau-Boom geführt (OXFAM 6.2018, S.4).

Die Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge, Rückkehrer und andere vulnerable Personengruppen sind limitiert. So berichten Personen, die aus Kenia in Orte in Süd-/Zentralsomalia zurückgekehrt sind, über mangelnde Beschäftigungsmöglichkeiten (USDOS 13.3.2019, S.22f). Eine Arbeit zu finden ist mitunter schwierig, verfügbare Jobs werden vor allem über Clan-Netzwerke vergeben. Auch Unternehmensgründer sind auf den Clan angewiesen. Generell ist das Clan-Netzwerk vor allem außerhalb von XXXX von besonderer Relevanz (FIS 5.10.2018, S.22).

Arbeitslose: Seitens der Regierung gibt es für Arbeitslose keinerlei Unterstützung (LI 1.4.2016, S.11). In einer Studie von IOM aus dem Jahr 2016 gaben arbeitslose Jugendliche (14-30 Jahre) an, in erster Linie von der Familie in Somalia (60%) und von Verwandten im Ausland (27%) versorgt zu werden (IOM - Internationale Organisation für Migration (2.2016): Youth, Employment and Migration in Mogadishu, Kismayo and Baidoa, S.42f). Insgesamt ist das traditionelle Recht (Xeer) ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfall- (SEM 31.5.2017, S.5/32f; vgl. GIGA - Wissenschaftlicher Mitarbeiter am German Institute of Global and Area Studies (3.7.2018):

Sachverständigengutachten zu 10 K 1802/14A) bzw. Haftpflichtversicherung. Die Mitglieder des Qabiil (diya-zahlende Gruppe; auch Jilib) helfen sich bei internen Zahlungen - z.B. bei Krankenkosten - und insbesondere bei Zahlungen gegenüber Außenstehenden aus (GIGA 3.7.2018). Neben der Kernfamilie scheint der Jilib [Anm.: untere Ebene im Clansystem] maßgeblich für die Abdeckung von Notfällen verantwortlich zu sein. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie) (SEM 31.5.2017, S.9/32ff).

Arbeitslosenquote: Die Arbeitslosenquote ist landesweit hoch (USDOS 13.3.2019, S.23), wobei es zu konkreten Zahlen unterschiedlichste

Angaben gibt: Laut einer Quelle liegt die Erwerbsquote (labour force participation) bei Männern bei 58%, bei Frauen bei 37% (UNSC 21.12.2018, S.4). In einer anderen Quelle wird die Arbeitslosenrate für 2016 mit 6,6% angeführt (BS 2018, S.25). Wieder eine andere Quelle nennt für 2012 eine Jugendarbeitslosigkeit von 67% bei 14-29jährigen (DI - Development Initiatives (6.2019): Towards and improved understanding of vulnerability and resilience in Somalia, S.22). Eine weitere Quelle nennt bei 15-24jährigen eine Quote von 48% (OXFAM 6.2018, S.22FN8). Bei einer Studie aus dem Jahr 2016 gaben hingegen nur 14,3% der befragten Jugendlichen (Mogadischu 6%, Kismayo 13%, Baidoa 24%) an, gegenwärtig arbeitslos zu sein. Dies kann auf folgende Gründe zurückzuführen sein: a) dass die Situation in diesen drei Städten anders ist, als in anderen Teilen Somalias;

b) dass die wirtschaftliche Entwicklung seit 2012 die Situation verbessert hat; c) dass es nun mehr Unterbeschäftigte gibt; d) dass die Definition von "arbeitslos" unklar ist (z.B. informeller Sektor) (IOM 2.2016).

Aufgeschlüsselt für Puntland und Süd-/Zentralsomalia ergibt sich aus den UNFPA-Daten, dass dort 44,4% der erwerbsfähigen Bevölkerung arbeiten. 11,4% gelten als Arbeitssuchende. 44,2% der Bevölkerung sind ökonomisch inaktiv (UNFPA (8.2016b): Economic Characteristics of the Somali People, S.29).

Frauen: Der vor allem unter Männern vorherrschende Khat-Konsum, der im langjährigen Konflikt geforderte Blutzoll an der männlichen Bevölkerung und die hohe Scheidungsrate haben dazu geführt, dass Frauen immer mehr in ehemals männlich dominierte Wirtschaftsbereiche vorstoßen - etwa bei Viehzucht, in der Landwirtschaft und im Handel. Frauen tragen nunmehr oft den Hauptteil zum Familieneinkommen bei (ICG 27.6.2019, S.10f). Gerade auch die Hungersnot von 2011 und die Dürre 2016/17 haben den Vorstoß von Frauen in männliche Domänen weiter vorangetrieben (DI 6.2019, S.22). In Süd-/Zentralsomalia und Puntland sind Frauen in 43% der Haushalte mittlerweile die Hauptverdiener (OXFAM 6.2018, S.10).

Trotzdem bietet sich für vom Land in Städte ziehende Frauen meist nur eine Tätigkeit als z.B. Wäscherin an, da es diesen Frauen i.d.R. an Bildung und Berufsausbildung mangelt. Allerdings können sie z.B. auch als Kleinhändlerin tätig werden. Sie verkaufen Treibstoff, Milch, Fleisch, Früchte, Gemüse oder Khat auf Märkten oder auf der Straße. 80%-90% des derart betriebenen Handels wird von Frauen kontrolliert. Außerdem arbeiten Frauen in der Landwirtschaft (FIS 5.10.2018, S.24f). Andere arbeiten als Dienstmädchen, Straßenverkäuferin, Köchin, Schneiderin, Müllsammlerin (OXFAM 6.2018, S.10) oder aber auch auf Baustellen (FIS 5.10.2018, S.24f; vgl. OXFAM 6.2018, S.10). All diese Tätigkeiten führen Frauen jenseits des ihnen traditionell zugeschriebenen Bereichs des eigenen Haushalts aus (OXFAM 6.2018, S.10). Natürlich gibt es für Frauen auch weiterhin kulturelle Einschränkungen bezüglich der Berufsausübung, z.B. können sie nicht Taxifahrer werden (FIS 5.10.2018, S.24f).

UN-HABITAT führt ein Ausbildungsprogramm für Jugendliche in Somalia, namentlich in XXXX , XXXX und XXXX durch. 400 jungen Frauen und Männern der Altersgruppe 15-35 sollen Kenntnisse im Bauwesen, Wirtschaft, Gründertum und Soft Skills vermittelt werden (UNHABITAT - UN Human Settlements Programme (16.8.2018): Providing Somali youth hope through job creation). Auch der Bürgermeister von XXXX hat im Feber 2019 ein Projekt gestartet, bei welchem 400 Jugendliche aus XXXX , XXXX und XXXX eine Berufsausbildung erhalten sollen. Das Projekt wird von UNDP finanziert (AMISOM (28.2.2019): 28 February 2019 - Morning Headlines [Quelle: Goobjoog News], Newsletter per E-Mail).

1.3.6. Rückkehrspezifische Grundversorgung

Unterstützung / Netzwerk: Der Jilib [Anm.: untere Ebene im Clansystem] ist unter anderem dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (Xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie) (SEM 31.5.2017, S.5/31f). Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration kann in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person abhängig sein (ÖB 9.2016, S.17; vgl. LIFOS 3.7.2019, S.63). Für Rückkehrer ohne Netzwerk oder Geld gestaltet sich die Situation schwierig. Im herausfordernden Umfeld von Mogadischu sind entweder ein funktionierendes Netzwerk oder aber genügend Eigenressourcen notwendig, um ein Auslangen finden zu können. Ein Netzwerk ist z.B. hinsichtlich Arbeitssuche wichtig (FIS 5.10.2018, S.22). Eine andere Quelle gibt an, dass ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen für einen Rückkehrer insbesondere auf dem Land von Bedeutung sein wird, während dieses soziale Sicherheitsnetz in der Stadt weniger wichtig ist (NLMBZ - Miniterie von Buitenlandse Zaken (Niederlande) (10.2017): Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, S.73f).

Unterstützung extern: Außerdem haben Rückkehrer nach XXXX dort üblicherweise einen guten Zugang zu Geld- oder sonstiger Hilfe von Hilfsagenturen. Hinzu kommen Remissen von Verwandten im Ausland. Hingegen erhalten IDPs vergleichsweise weniger Remissen (REDSS - Regional Durable Solutions Secretariat / NRC / DRC (3.2017): Durable Solutions Framework, Local Integration Focus - Benadir Region, S.29).

Unterkunft: Der Immobilienmarkt in XXXX boomt, die Preise sind gestiegen (BS 2018, S.29). Die Zurverfügungstellung von Unterkunft und Arbeit ist bei der Rückkehrunterstützung nicht inbegriffen und wird von den Rückkehrern selbst in die Hand genommen. Diesbezüglich auftretende Probleme können durch ein vorhandenes Netzwerk abgefedert werden (LIFOS 3.7.2019, S.63). Generell mahnen Menschenrechtsorganisationen, dass sich Rückkehrer in einer prekären Situation befinden (AA 4.3.2019, S.20f).

Frauen: Prinzipiell gestaltet sich die Rückkehr für Frauen schwieriger als für Männer. Eine Rückkehrerin ist auf die Unterstützung eines Netzwerks angewiesen, das in der Regel enge Familienangehörige - geführt von einem männlichen Verwandten - umfasst. Für alleinstehende Frauen ist es mitunter schwierig, eine Unterkunft zu mieten oder zu kaufen (FIS 5.10.2018, S.23).

1.3.7. Grundversorgung/ Humanitäre Lage

60% der Somali sind zum größten Teil von der Viehzucht abhängig, 23% sind Subsistenz-Landwirte (OXFAM / REACH (6.2018): Drought, Displacement and Livelihoods in Somalia/Somaliland. Time for gender-sensitive and protection-focused approache, S.4). Zwei Drittel der Bevölkerung leben im ländlichen Raum. Sie sind absolut vom Regen abhängig. In den vergangenen Jahren haben Frequenz und Dauer von Dürren zugenommen. Deswegen wurde auch die Kapazität der Menschen, derartigen Katastrophen zu begegnen, reduziert. Mit jeder Dürre wurden ihre Vermögenswerte reduziert: Tiere starben oder wurden zu niedrigen Preisen verkauft, Ernten blieben aus; es fehlt das Geld, um neues Saatgut anzuschaffen (TG - The Guardian (8.7.2019): In Somalia, the climate emergency is already here. The world cannot ignore it). Zusätzlich verstärken Mangel an Bildung, übermäßige Abhängigkeit von einem Einkommen aus der Landwirtschaft, Arbeitslosigkeit, geringes Vermögen und eine große Personenzahl im Haushalt die Vulnerabilität im Fall eines Katastrophen (z.B. Naturkatastrophe) (UNSC - UN Security Council (15.5.2019): Report of the Secretary-General on Somali, Abs.20). Bereits 2016/17 wurden im Zuge der Dürre fast eine Millionen Somali vertrieben. Nur aufgrund großangelegter und erfolgreicher humanitärer Hilfe wurde eine Hungersnot verhindert (SLS - Somaliland Standard (12.7.2019):

Response plan for impact of poor Gu rains in place to avoid a major crisis in Somalia; vgl. SRSG - Special Representative of the Secretary-General for Somalia, Mr. Nicholas Haysom (3.1.2019):

Statement to the Security Council on Somali, S.1).

Zwischenzeitlich hatte sich die humanitäre Situation aufgrund guter Regenfälle im Jahr 2018 etwas entspannt (SRSG - Special Representative of the Secretary-General for Somalia, Mr. Michael Keating (13.9.2018): Briefing to the Security Council on Somalia, S.4f; vgl. NLMBZ - Ministerie von Buitenlandse Zaken (Niederlande) (3.2019): Country of Origin Information Report on South and Central Somali, S.49). Die Sicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hatte sich verbessert (UNSC - UN Security Council (21.12.2018): Report of the Secretary-General on Somali, S.14; vgl. USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Somalia, S.22) - nicht zuletzt aufgrund fortgesetzter humanitärer Hilfe und aufgrund überdurchschnittlicher Regenfälle (USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018, S.22). Trotzdem blieb auch dann die Zahl der auf Hilfe angewiesenen Menschen bei 4,2 Millionen (SRSG 3.1.2019, S.4f; vgl. UNSC 21.12.2018, S.14)

Versorgungslage / IPC: [IPC = Integrated Phase Classification for Food Security; 1-moderat bis 5-Hungersnot] Der humanitäre Bedarf ist nach wie vor hoch, Millionen von Menschen befinden sich in einer Situation akuter Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung (UNOCHA 31.7.2019, S.1). In Nord- und Zentralsomalia herrschen durchgehend moderate bis große Lücken in der Versorgung. Dort wird für August/September 2019 in einigen Teilen mit IPC 3 und IPC 4 gerechnet. Das gleiche gilt für den Süden, wo aufgrund einer unterdurchschnittlichen Ernte die Lebensmittelpreise steigen werden (FEWS - Famine Early Warning System (31.7.2019): Somalia Key Message Update, July 2019). Der Preis für Sorghum befindet sich bereits auf einer außergewöhnlichen Höhe (UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (9.9.2019): Humanitarian Bulletin Somalia, 1-31 August 2019, S.1). Viele Menschen aus ländlichen Gebieten sind in Städte gezogen, um Zugang zu Hilfsgütern zu erhalten (BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (20.5.2019): Briefing Notes 20. Mai 2019, S.5).

IPC-Food-Insecurity-Lagekarten zeigen die Situation im Zeitraum Juli 2018 bis September 2019 mit einer Prognose bis Dezember 2019; bemerkenswert ist, dass für die Stadtbevölkerung von Mogadischu auf beiden Karten IPC 1 vermerkt ist (FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit Somalia / FOA (o.D.): IPC Maps).

Die Stadtbevölkerung ist von IPC 3 oder 4 anteilig weit weniger betroffen als die Menschen in ländlichen Gebieten oder IDPs (FEWS - Famine Early Warning System Network / FSNAU / FAO (2.9.2019b): A Briefing on the Outcome of the 2019 Post Gu Seasonal Food Security and Nutrition Assessment, S.20).

Bei gegebener humanitärer Hilfe gilt für die meisten ländlichen Gebiete im September 2019 IPC 2. Dahingegen haben stabile Lebensmittelpreise und Arbeitsmöglichkeiten in den meisten städtischen Gebieten dazu beigetragen, dass IPC 2 nicht überschritten wurde oder auch nur IPC 1 gilt (FEWS - Famine Early Warning System Network / FSNAU (2.9.2019a): Somalia 2019 Post Gu FSNAU FEWS-NET Technical Release).

Humanitäre Hilfe: Die Bundesregierung und Hilfsorganisationen haben einen Drought Impact Response Plan (DIRP) auf die Beine gestellt, damit soll 4,5 Millionen Menschen kritisch notwendige lebenserhaltende Unterstützung zukommen (UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (31.7.2019): Humanitarian Bulletin Somalia, 1-31 July 2019, S.1; vgl. SLS 12.7.2019). Mit der Umsetzung wurde bereits begonnen. Die Kosten werden bis Dezember 2019 mit 686 Millionen US-Dollar beziffert. Insgesamt sind die Hilfsprogramme aber unterfinanziert, manche Agenturen müssen ihre Maßnahmen sogar zurückfahren (UNOCHA 31.7.2019, S.1f). Im September 2019 war der DIRP nur zu 50% ausfinanziert (UNOCHA 9.9.2019, S.2). So wurden z.B. im Juni 2019 nur 1,4 Millionen Menschen mit Nahrungsmittelhilfe erreicht, angepeilt wurden hingegen 2,2 Millionen (UNSC 15.8.2019, Abs.43). Hilfsprojekte von internationalen Organisationen oder NGOs erreichen in der Regel nicht alle Bedürftigen (AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.3.2019a): Somalia - Wirtschaf, S.20).

In Puntland und Süd-/Zentralsomalia ergibt sich aus den UNFPA-Daten, dass dort 44,4% der erwerbsfähigen Bevölkerung arbeiten. 11,4% gelten als Arbeitssuchende. 44,2% der Bevölkerung sind ökonomisch inaktiv. Als arbeitend werden in der Studie folgende Personen bezeichnet: jene, die in den der Erhebung vorangegangenen zwölf Monaten bezahlter Arbeit nachgegangen sind oder selbständig waren. Darunter fällt auch unbezahlte (aber produktive) Arbeit in der Familie, bei welcher direkt Einkommen generiert wird (etwa Viehhüten, Arbeit am eigenen Ackerland; Wirtschaftstreibende, Dienstleister im eigenen Betrieb). Als arbeitslos werden jene Personen bezeichnet, die in diesen zwölf Monaten nach Arbeit gesucht haben und bereit sind, eine Arbeit anzunehmen (UNFPA (8.2016a):

Somali youth in figures - better data, better lives, S.29). 13,8% der Männer und 9% der Frauen im Alter von 15-64 Jahren sind auf der Arbeitssuche wohingegen 55,8% der Männer und 32,9% der Frauen einer Arbeit nachgehen (UNFPA (8.2016b): Economic Characteristics of the Somali People, S.31). Die große Masse der werktätigen Männer und Frauen in Puntland und Süd-/Zentralsomalia arbeitet in Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei (65,6%). Der nächstgrößere Anteil an Personen arbeitet als Dienstleister oder im Handel (13,5%) (UNFPA 6.2016, S.36f).

UN-HABITAT führt ein Ausbildungsprogramm für Jugendliche in Somalia, namentlich in Kismayo, Garoowe und Mogadischu durch. 400 jungen Frauen und Männern der Altersgruppe 1535 sollen Kenntnisse im Bauwesen, Wirtschaft, Gründertum und Soft Skills vermittelt werden (UNHABITAT 16.8.2018). Auch der Bürgermeister von Mogadischu hat im Feber 2019 ein Projekt gestartet, bei welchem 400 Jugendliche aus Mogadischu, Baidoa und Kismayo eine Berufsausbildung erhalten sollen. Das Projekt wird von UNDP finanziert (AMISOM (28.2.2019): 28 February 2019 - Morning Headlines).

1.3.7. Behandlung im Falle einer Rückkehr

Es sind keine Fälle bekannt, wo somalische Behörden Rückkehrer misshandelt haben (NLMBZ 3.2019, S.52).

1.3.8. Erreichbarkeit/ XXXX

Einen regelmäßigen Direktflugverkehr nach XXXX nach westlichen Standards gibt es mit Turkish Airlines aus Istanbul und Ethiopian Airlines aus Addis Abeba. Darüber hinaus fliegen nur regionale Fluglinien, die Vereinten Nationen, die Europäische Union und private Chartermaschinen XXXX aus Nairobi regelmäßig an. Für Rückführungen somalischer Staatsbürger werden die Verbindungen der Turkish Airlines via Istanbul bzw. via Nairobi mit Jubba Airways bevorzugt. Bei Ersterer erfolgt meist eine polizeiliche Eskortierung bis Mogadischu, bei Letzterer nur bis Nairobi, da die Fluglinie sich dann gegen die Zahlung einer gewissen Gebühr um die Sicherheit kümmert (AA 4.3.2019, S.22).

1.4. Zur Situation der BF im Falle einer Rückkehr

Der BF ist die Rückkehr in den Herkunftsstaat Somalia zumutbar. In der Stadt XXXX , in welcher sie bis zu ihrer Ausreise gelebt hat, leben ihre Mutter, ihre Großmutter und der Onkel, bei welchem sie aufgewachsen ist. Die XXXX ist über Flugverbindungen aus Istanbul und Addis Abeba erreichbar. Die Großmutter und der Onkel leben in Häusern, welche in ihrem Eigentum stehen. Es ist daher davon auszugehen, dass die BF eine Unterkunftsmöglichkeit bei ihren Verwandten hat. Zudem hat die BF familiären Anschluss in XXXX .

Zudem ist die BF eine Angehörige des XXXX -Clans, welche in und um XXXX großen Einfluss haben, weshalb eine Unterstützung durch den Clan angenommen werden kann.

Auch aufgrund ihrer Schulbildung und der bisherigen Berufserfahrung im Herkunftsland ist im Falle einer Rückkehr daher nicht davon auszugehen, dass sie in eine existenzgefährdende Notlage geraten bzw. ihr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen werden würde. Hieraus folgt, dass sie nicht Gefahr läuft, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.

Im Falle einer Abschiebung in den Herkunftsstaat ist die BF nicht in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht.

Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr ausschließen, konnten nicht festgestellt werden.

1.5. Zur Situation der BF in Österreich

1.5.1. Die BF ist im XXXX schlepperunterstützt und illegal in das Bundesgebiet eingereist und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.5.2. Sie bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ging bislang keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach.

1.5.3. Die BF kann Konversationen auf einem sehr niedrigen Sprachniveau in der deutschen Sprache führen. Die BF hat ein Zertifikat über eine Deutschprüfung auf dem Niveau XXXX vorgelegt. Ebenso hat sie ein Zeugnis über die Pflichtschulabschluss-Prüfung vorgelegt. Sie hat den Werte- und Orientierungskurs des ÖIF besucht. Sie hat einen Deutschkurs auf dem Niveau XXXX besucht. Sie besucht derzeit keine sonstigen Kurse oder Ausbildungen.

1.5.4. Die BF hat freundschaftliche Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Sie verfügt darüber hinaus über keine weiteren, familiären oder sonstig verwandtschaftlichen bzw. familienähnlichen, sozialen Bindungen im Bundesgebiet.

1.5.5. Die BF übt seit XXXX eine ehrenamtliche Tätigkeit im Ausmaß von wöchentlich acht Stunden bei XXXX aus und hat am XXXX beim Projekt " XXXX " der XXXX ehrenamtlich mitgewirkt. Sie ist nicht Mitglied in einem Verein, einer religiösen Gruppe oder einer sonstigen Organisation.

1.5.6. Es bestehen keine weiteren, substantiellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens in Österreich.

2. Beweiswürdigung

2.1. Zur Person der BF

2.1.1. Die BF gab bei der Erstbefragung im Jahre XXXX sowie in der mündlichen Verhandlung an, XXXX zu heißen (AS 5 sowie Niederschrift der mündlichen Verhandlung, in der Folge: NSV, S. 8). Bei der Befragung beim BFA gab sie " XXXX " als ihren Namen an (AS 147). Die Identität konnte mangels Vorlage von Dokumenten nicht bewiesen werden, weshalb hinsichtlich des Namens XXXX Verfahrensidentität vorliegt.

2.1.2.Die BF gab in der Erstbefragung am XXXX vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, am XXXX geboren zu sein (AS 5). Am XXXX wurde die BF einer ärztlichen Untersuchung zur Altersfeststellung unterzogen. Das darauf basierende Sachverständigengutachten ergab als spätestes, fiktives Geburtsdatum den XXXX (AS 85 ff.). Eine Stellungnahme der BF im hierzu gewährten Parteiengehör langte nicht ein (AS 103). Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA gab die BF an, am XXXX geboren zu sein (AS 147). In der mündlichen Verhandlung hingegen bestand die BF weiterhin darauf, am XXXX geboren zu sein (NSV, S. 9). Da die BF dem Ergebnis der Altersfeststellung nicht substantiiert entgegentreten konnte, wird weiterhin der XXXX als Geburtsdatum der BF dem Verfahren zugrunde gelegt.

2.1.3. Die Feststellungen zur Staats-, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der BF sowie ihrer somalischen Herkunft gründen sich auf ihren insoweit stringenten Angaben in den bisherigen Befragungen sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG bzw. ihren Kenntnissen der somalischen Sprache. Es haben sich keine Hinweise ergeben an ihren Angaben, die türkische Sprache zu beherrschen, zu zweifeln (AS 5, 155 sowie NSV, S. 17). In der mündlichen Verhandlung war nach Aufforderung an die BF sich in der englischen Sprache vorzustellen, erkennbar, dass die BF nur über rudimentärste Englischkenntnisse verfügt (NSV, S. 18). Die Feststellung über ihre geringen Deutschkenntnisse ergibt sich aus der Befragung in der mündlichen Verhandlung (NSV, S.21), in welcher erkennbar war, dass einfache Konversationen mit der BF in der deutschen Sprache möglich sind, und dem vorgelegten ÖSD-Zertifikat A2 vom XXXX (OZ 16, 0004). Die BF gab in der mündlichen Verhandlung an, den B1- Kurs begonnen, jedoch zunächst wieder abgebrochen zu haben. Die Angabe, dass sie einen Tag vor der mündlichen Verhandlung, somit am XXXX , eine Deutschprüfung auf dem Niveau B1 absolviert habe (NSV, S. 21), kann kein Glauben geschenkt werden, zumal sie diesbezüglich keine weiteren Zertifikate vorlegen konnte.

2.1.4. Die Feststellung, dass sie im Herkunftsstaat eine XXXX jährige Schulausbildung genossen hat, ergeben sich aus ihren diesbezüglich konsistenten Angaben im behördlichen Verfahren (AS 5, 149 sowie auch NSV, S.11).

2.1.5. Es ergaben sich keine Hinweise, an ihren Angaben im Herkunftsstaat als Eisverkäuferin gearbeitet zu haben, zu zweifeln zumal sie hierzu detaillierte Ausführungen machen konnte (AS 154 sowie NSV, S. 11).

2.1.6. Aufgrund ihrer - wie unter II.1.2.3. dargelegten - insoweit konsistenten Angaben, dass die BF XXXX spricht, erscheint es nachvollziehbar, dass sie dies in dem von ihr angegebenen XXXX monatigen Sprachaufenthalt in XXXX gelernt hat.

Die Angaben, wie es zu diesem Sprachaufenthalt gekommen sei, dass der Onkel es verhindern wollte und die BF nur aufgrund einer Lüge der Mutter daran teilnehmen konnte ("Der Schuldirektor hat damals mit meiner Mutter telefoniert. Meine Mutter hat dann mit meinem Onkel telefoniert und hat ihm gesagt, dass ich zu meiner Großmutter gehen muss, um ihr zu helfen. Weil meine Mutter meinen Onkel angelogen hat, bin ich in die XXXX geflogen.") sowie dass die Schule diese Reise finanziert habe, weil sie eine gute Schülerin gewesen sei, waren nicht glaubhaft (NSV, S. 17). Es ist daher davon auszugehen, dass ihre Familie ihren Sprachaufenthalt finanziert hat.

Ebenso war nicht nachvollziehbar, dass die BF während ihres Sprachaufenthalts in XXXX ebendort keinerlei Kontakte zur dortigen Bevölkerung geknüpft habe. Es war in der mündlichen Verhandlung erkennbar, dass sie bemüht war ihren Studienort XXXX als eine Umgebung darzustellen, welche sie weder näher kennen würde ("Wir durften nicht in die Stadt gehen, wir waren nur im Studentenheim. NSV, S. 17) noch in welcher sie ein freundschaftliches Umfeld gehabt habe ("In XXXX habe ich keine Freunde gehabt.", NSV, S. 17), um der naheliegende Frage auszuweichen, weshalb sie nach Ihrer Ausreise aus dem Herkunftstaat nicht in die XXXX gezogen ist (NSV, S.18), obwohl sie die landesübliche Sprache spricht und dort auch gelebt hat.

2.1.7. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sie im " XXXX " oder " XXXX " in XXXX als XXXX gearbeitet hat.

In der Erstbefragung gab die BF an, dass sie von der türkischen Behörde nach ihrem Sprachaufenthalt nach XXXX im Jahre XXXX , und somit im Alter von XXXX Jahren, gebracht worden sei und dort in einem Spital als Dolmetscherin für die XXXX Sprache arbeiten sollte (AS 15). Dies ist widersprüchlich zu ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, dass sie die Schule aufgrund ihrer guten, schulischen Leistungen dorthin geschickt habe und sie keinen Kontakt zur Bevölkerung in XXXX hatte und sie sich nur in dem Studentenheim aufgehalten habe (NSV, S. 17). Beim BFA gab sie nunmehr an, dass sie diese Tätigkeit in dem Krankenhaus selbst gefunden habe (AS 152). Sie hätte ein Schreiben dorthin gebracht und sei aufgrund ihrer Englischkenntnisse als Dolmetscherin angestellt worden (AS 155). Aufgrund ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG demonstrierten, äußerst rudimentären Englischkenntnisse, kann dies nicht nachvollzogen werden (NSV S. 18). Dass sie nach eigenen Angaben Englisch verlernt habe, nachdem sie Deutsch gelernt habe, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Im Rahmen der Einvernahme durch das BFA präzisierte die BF, dass es sich bei dem Spital in der Erstbefragung angegebenen Spital um ein XXXX in XXXX gehandelt habe (AS 149). In der mündlichen Verhandlung gab die BF an, dass der Name des XXXX laute (NSV, S. 19).

Das XXXX Hospital wurde in den sechziger Jahren konstruiert und Anfang der neunziger Jahre geschlossen. Die am XXXX geborene BF war somit zum Zeitpunkt ihres Betriebes bis zu dessen Schließung noch nicht geboren.

Das XXXX (in der Folge: XXXX ) wurde auf dem Grundstück und teilweise in den vormaligen Gemäuern des XXXX zwischen XXXX und XXXX erbaut, hat im XXXX den Betrieb aufgenommen und wurde im XXXX offiziell eröffnet (vgl. Website XXXX Zugriff am XXXX , Beilage./J). Die BF hätte nach ihren Angaben somit in einem zu jenem Zeitpunkt noch nicht erbauten XXXX gearbeitet. Es ist daher festzustellen, dass die BF nicht in diesem XXXX gearbeitet hat.

Die BF konnte zudem auch nach mehrmaliger Befragung nur oberflächliche und vage Aussagen über XXXX treffen. So handle es sich um ein "großes XXXX ". Sie könne jedoch nicht angeben, wie viele Mitarbeiter und wie viele XXXX es gebe. Es gebe dort Wachmänner eine Zugangskontrolle und einen großen Vorraum. Weiters hätte jeder Mitarbeiter einen eigenen Ausweis. Es seien dort " XXXX " als XXXX angestellt, die auch im XXXX übernachten würden (NSV, S. 19). Es ist davon auszugehen, dass die BF als Arbeitnehmerin in jenem XXXX detailliertere Angaben über ihren vorgeblichen Arbeitsplatz machen hätte können. Es war unzweifelhaft erkennbar, dass die BF nicht über eine selbst wahrgenommene Umgebung berichtete zumal sie die diesbezüglichen Angaben nicht flüssig erzählen konnte.

Befragt nach ihrem Vorgesetzten in dem Spital gab die BF in der mündlichen Verhandlung an, dass der "Chef" des XXXX " XXXX " (phonetisch) heiße und XXXX sei, weitere Angaben könne sie nicht machen (NSV, S. 15). Es ist weiters vor dem Hintergrund, dass die BF angab, ihr "Chef" habe ihr bei der Ausreise geholfen (AS 149,152, 155 sowie NSV, S. 12 und 17), anzunehmen, dass sie detailliertere Angaben zu diesem Mann geben könnte.

Zudem waren in einer Gesamtbetrachtung die Angaben der BF zu Ihrem Beruf im Herkunftsland insgesamt widersprüchlich. In der Erstbefragung gab die BF an, als Dolmetscherin gearbeitet zu haben (AS 5), vor dem BFA hingegen gab sie an, als Eisverkäuferin (AS 152) und Dolmetscherin gearbeitet zu haben. Vor dem BVwG konnte die BF keine näheren Angaben machen, wann sie aufgehört habe, als Eisverkäuferin zu arbeiten und angefangen habe, als XXXX zu arbeiten und es war erkennbar, dass sie versuchte der Beantwortung dieser Frage auszuweichen (NSV, S. 11).

Es ist daher in einer Gesamtbetrachtung ihrer nicht nachvollziehbaren und widersprüchlichen Angaben nicht davon auszugehen, dass die BF in dem " XXXX " in XXXX als Dolmetscherin an der Rezeption gearbeitet hat.

2.1.8. Die BF gab in der Erstbefragung als Geburtsort XXXX an (AS 5). Vor dem BFA hingegen, behauptete sie in XXXX geboren zu sein (AS 147). Nach diesem Widerspruch in der mündlichen Verhandlung befragt, gab die BF an, dass ihr Geburtsort XXXX sei, sie aber als Kleinkind von ihren Eltern nach XXXX gebracht worden wäre (NSV, S.9). Mit vier Jahren sei sie wieder nach XXXX gezogen. Es konnte nicht nachvollzogen werden, weshalb die BF vor dem BFA als Geburtsort XXXX angab und weiters nicht glaubhaft, dass nach ihren Angaben die Dolmetscherin beim BFA dies falsch verstanden hätte (NSV, S. 9), weil bei den beiden Ortsnamen auch keine phonetische Ähnlichkeit besteht. Da sie betreffend ihren Wohnort im Herkunftsstaat (AS 5, 147) und dem Wohnort ihrer Familienangehörigen insoweit stringent die Stadt XXXX angab, ist davon auszugehen, dass sie ebendort geboren wurde und auch wohnhaft war. Konsistent sind auch ihre Angaben, dass die Mutter und die Geschwister (XXXX Brüder und XXXX Schwestern) zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Mogadischu wohnhaft sind (AS 9, 148, 153 sowie NSV, 10). Es ergab sich auch kein Hinweis an ihren Angaben, dass der Onkel XXXX mit seinen XXXX Kindern in XXXX in einem Haus lebt, welches sich in seinem Eigentum befindet (NSV, S.10) sowie ein Süßwarengeschäft betreibt (NSV, S.20), zu zweifeln. Ebenso verhält es sich zu den Angaben betreffend die Großmutter, welche in XXXX in einem in ihrem Eigentum befindlichen Haus lebt (AS 148 sowie NSV, S.17) und der Tante mütterlicherseits namens XXXX , welche in XXXX lebt (NSV, S.10 und 20).

Die Angabe, dass die BF den Aufenthaltsort ihres Vaters nicht kenne bzw. dieser bereits verstorben sei, sind nicht glaubhaft. Bei der Erstbefragung gab die BF an, dass sie seit dem Jahre XXXX keinen Kontakt mehr zu ihm habe (AS 9), er geflüchtet sei, als ihre Mutter schwanger gewesen wäre und vermutlich in Europa lebe (AS 11). Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA gab sie an, dass der Vater circa XXXX Jahre alt und bereits im Jahre XXXX verstorben sei (AS 148). Auf diese Widersprüchlichkeit der beiden Angaben hingewiesen gab die BF vor dem BVwG an, dass die Dolmetscherinnen in beiden Befragungen falsch übersetzt hätten (NSV, S. 9). Sie hätte gesagt, dass der Vater im Jahre XXXX weggegangen sei und sie nicht wisse, ob er leben würde. In einer Gesamtbetrachtung ist es nicht glaubhaft, dass es aufgrund der Übersetzung von zwei unterschiedlichen Dolmetscherinnen zu diesen gravierenden Unterschieden kam. Auch die Angabe, dass die Dolmetscherinnen in der Erstbefragung und beim BFA trotz protokollierter Rückübersetzung bei beiden Befragungen nicht wortwörtlich übersetzt, sondern eine Zusammenfassung widergegeben hätten und sie dies erst nach ihrer Unterschrift bemerkt habe (NSV, S.9), ist nicht glaubhaft, zumal sie beim BFA angegeben hat, dass das Protokoll der Erstbefragung der Wahrheit entspricht und richtig ist (AS 147). Spätestens vor dem BFA hätte die BF angeben können, dass diese Angabe betreffend des von ihr vermuteten Aufenthalts des Vaters in Europa nicht richtig sei. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich betreffend die Angabe des Todes des Vaters im Jahre XXXX (AS 14

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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