Entscheidungsdatum
17.02.2020Norm
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1Spruch
W159 1431620-3/6E
W159 1431620-4/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. geb. XXXX alias XXXX , StA Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2019, Zl.: 820609602 / 190056725, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, das Spruchpunkt I. des Bescheides zu lauten hat "Ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gem. § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen".
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über den Vorlageantrag von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Somalia, gegen die Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2019, Zl.:
820609602 / 190056725, zu Recht erkannt:
C)
Der Vorlageantrag wird gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
D)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise ins österreichische Bundesgebiet am 18.05.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies das Bundesasylamt (BAA), 12 06.096 - BAI, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich ab (Spruchpunkte I., II.) und den Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Somalia aus (Spruchpunkt III.).
Eine dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 08.08.2013, A15 431620-1/2013/5E, hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet ab, gab ihr hinsichtlich der Spruchpunkte II. und III. Folge, behob hinsichtlich dieser Spruchpunkte den Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung neuer Spruchteile an das BAA zurück (Spruchpunkt II.).
Nach ergänztem Ermittlungsverfahren erkannte das BAA mit Bescheid vom 29.08.2013, 12 06.096 - BAI, dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt I.) und erteilte dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt II.).
Das nunmehr zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erteilte mit Bescheiden vom 15.09.2014, 13-820609602/1491070 und vom 12.09.2016, 820609602 - 1491070/BMI-BFA_TIROL_RD, jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
Am 17.08.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.
Mit Parteiengehör vom 22.01.2019 verständigte das BFA den Beschwerdeführer von der beabsichtigten Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und trug ihm die Beantwortung einiger Fragen binnen zwei Wochen auf.
Eine Beantwortung der Fragen langte beim BFA am 07.02.2019 ein.
Mit Bescheid vom 19.04.2019, 13-820609602 / 190056725, erkannte das BFA den dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 29.08.2013 zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), entzog ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 9 Abs. 4 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.), erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 4 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gem. § 52 Abs. 2 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.), setzte gem. § 55 Abs. 1-3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI.) und wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 17.08.2018 gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt VII.).
Dieser Bescheid wurde am 25.04.2019 hinterlegt, der Bescheid erwuchs mit Ablauf des 23.05.2019 in Rechtskraft.
Mit Schreiben vom 04.12.2019 stellte der Beschwerdeführer, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob unter einem Beschwerde gegen Bescheid vom 19.04.2019.
Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete er im Wesentlichen damit, dass er zum Zeitpunkt der Zustellung an der Adresse der Zustellung wohnhaft gewesen sei, ihm aber keine Hinterlegungsanzeige zugegangen sei. Hierbei handle es sich um ein unabwendbares Ereignis iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG. Ein Verschulden könne dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden. Hätte der Beschwerdeführer einen "gelben Zettel" erhalten, hätte er das Poststück jedenfalls behoben.
Mit Bescheid vom 17.12.2019, 820609602 / 190056725, wies das BFA den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 04.12.2019 gem. § 71 Abs. 1 AVG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte gem. § 71 Abs. 6 AVG dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die aufschiebende Wirkung zu (Spruchpunkt II.).
Begründend führte das BFA m Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe Kenntnis vom gegen ihn laufenden Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzstatus gehabt, weshalb er mit der Zustellung eines Behördlichen Schriftstückes rechnen habe müssen. Der Beschwerdeführer habe nicht substantiiert dargetan, dass die Hinterlegungsanzeige ohne auffallende Sorglosigkeit aus seinem Gewahrsam geraten wäre. Die dargetane "Unerklärlichkeit" des Verschwindens eines in seinen Gewahrsam erlangten amtlichen Schriftstücks (Hinterlegungsanzeige) gehe zu Lasten des Beschwerdeführers, weil die bloße Behauptung des Nicht-Zugehens der Hinterlegungsanzeige für eine Wiedereinsetzung nicht ausreiche.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.12.2019, 820609602 / 190056725, wies das BFA die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 04.12.2019 gegen den Bescheid vom 19.04.2019 gem. § 14 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 4 1. Satz Z 4 VwGVG als verspätet zurück.
Begründend führte das BFA aus, die Rechtsmittelfrist für den bekämpften Bescheid sei "mit 24.05.2019" in Rechtskraft erwachsen, der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei abgewiesen worden und die unter einem erhobene Beschwerde sei erst am 04.12.2019 - somit verspätet - eingebracht worden.
Gegen die beiden Entscheidungen vom "23.12.2019" (gemeint: 17.12.2019) stellte der Beschwerdeführer innerhalb offene Frist einen Vorlageantrag bzw. erhob Beschwerde. Darin führt er soweit wesentlich aus, der Beschwerdeführer habe zu keiner Zeit eine Hinterlegungsanzeige in seinem Postkasten vorgefunden. Hätte er eine vorgefunden, hätte er das Poststück behoben. Es liege die Vermutung nahe, dass ein Postverschulden nicht ausgeschlossen werden könne.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
Der Bescheid des BFA vom 19.04.2019, 13-820609602 / 190056725 wurde dem Beschwerdeführer am 25.04.2019 ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt. Die Hinterlegungsanzeige wurde am 24.04.2019 in die Abgabevorrichtung eingelegt. Der Bescheid wurde ab 25.04.2019 zur Abholung bereitgehalten.
Der Beschwerdeführer erlangte durch seine Rechtsberatung am 20.11.2019 konkrete Kenntnis von Inhalt des Bescheides des BFA vom 19.04.2019, 13-820609602 / 190056725.
Der Beschwerdeführer legte im Wiedereinsetzungsantrag nicht dar, was er üblicherweise unternehme, um die mangelnde Kenntnisnahme von Schriftstücken oder Hinterlegungsanzeigen zu vermeiden. Der Beschwerdeführer erstattete im Wiedereinsetzungsantrag kein über bloße Behauptungen hinausgehendes Vorbringen. Der Beschwerdeführer erstattete kein Vorbringen, das die Entfernung der Hinterlegungsanzeige als nicht unwahrscheinlich erscheinen lässt.
Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus weder glaubhaft gemacht, dass er das zumutbare Maß an Aufmerksamkeit und Mühe aufgewendet hat, um ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorherzusehen und abzuwenden, noch, dass sie am Eintritt dessen ein nur minderer Grad des Versehens trifft.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich unbestritten aus dem Inhalt der Verfahrensakten.
Die Feststellung zur ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheides durch Hinterlegung und dazu, dass die Hinterlegungsanzeige in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Rückschein (AS 847), an dessen Richtigkeit keine Zweifel hervorgekommen sind. Der Beschwerdeführer hat kein substantiiertes Vorbringen erstattet, das dieser Feststellung entgegenstehen würde. Es steht für das Bundesverwaltungsgericht daher zweifelsfrei fest, dass im Zuge des Zustellvorganges am 24.04.2019 eine Hinterlegungsanzeige in die Abgabeeinrichtung des Beschwerdeführers eingelegt wurde und der Bescheid danach zur Abholung beim zuständigen Postamt bereitlag. Der Bescheid ist somit mit Beginn der Abholfrist, laut dem unzweifelhaften Rückschein also dem 25.04.2019, durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt worden.
Dass die Rechtsberatung des Beschwerdeführers am 20.11.2019 konkrete Kenntnis vom Bescheidinhalt erlangte, ergibt sich daraus, dass sie hier zum ersten Mal Akteneinsicht erhielt (vgl. AS 787) und dies wird auch so im Vorlageantrag vorgebracht (AS 1089).
Zur Wiedereinsetzung bringt der Beschwerdeführer vor, er habe zu keiner Zeit eine Hinterlegungsanzeige in seinem Postkasten vorgefunden, daher treffe ihn auch an einer allfälligen Versäumung der Beschwerdefrist kein Verschulden. Er behebe immer gewissenhaft den Inhalt seiner Abgabeeinrichtung. Ein darüberhinausgehendes Vorbringen erstattete der Beschwerdeführer im Wiedereinsetzungsantrag nicht. Daher war zum einen festzustellen, dass er kein Vorbringen erstattete, was er üblicherweise unternehme, um die mangelnde Kenntnisnahme von Schriftstücken oder Hinterlegungsanzeigen zu vermeiden. Zum anderen war daher festzustellen, dass er kein Vorbringen erstattete, das die Entfernung der bereits deponierten Hinterlegungsanzeige als nicht unwahrscheinlich erscheinen lässt.
Zur mangelnden Glaubhaftmachung der gebotenen Sorgfalt und des Vorliegens eines nur minderen Grades des Versehens wird auf die rechtliche Ausführung verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A:
Macht eine Partei gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG glaubhaft, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.
Gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG hat bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden, § 15 Abs. 3 leg. cit. ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden.
§ 33 Abs. 4 VwGVG kann verfassungskonform nur die Bedeutung zugemessen werden, dass über Wiedereinsetzungsanträge, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht werden, von dieser, und über jene, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, von jenem mit Beschluss zu entscheiden ist (VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013).
Das BFA war somit zuständig, über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden, weil dieser dort unter einem mit der Beschwerde gegen den Bescheid gestellt wurde.
Im Wiedereinsetzungsantrag sind neben den Angaben zur Rechtzeitigkeit die Gründe anzuführen, auf die er sich stützt, und ist ihr Vorliegen glaubhaft zu machen (VwGH 19.06.1990, 90/04/0101). Es ist bereits im Antrag konkret jenes unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignis iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG zu beschreiben, das den Wiedereinsetzungswerber an der Einhaltung der Frist oder an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gehindert hat (VwGH 27.01.2005, 2004/11/0212; vgl auch VwGH 30.09.1990, 91/19/0045 zu § 46 VwGG). Die Behörde ist auf Grund der Antragsbedürftigkeit des Verfahrens ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber (rechtzeitig) vorgebrachten tatsächlichen Gründe gebunden. Es ist ihr verwehrt, von sich aus weitere Gesichtspunkte in die Prüfung mit einzubeziehen (VwGH 14.12.1995, 95/19/0622; 27.02.1996, 95/04/0218; 25.02.2003, 2002/10/0223). Eine amtswegige Prüfung, ob sonstige vom Antragsteller nicht geltend gemachte Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat also nicht zu erfolgen (VwGH 30.09.1991, 90/19/0497; VwSlg 15.573 A/2001; Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 115 [Stand 01.04.2009, rdb.at])
Reine Behauptungen betreffend das Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes reichen demgemäß nicht aus. Die Partei, welche die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, hat alle Umstände, die den Wiedereinsetzungsantrag begründen, glaubhaft darzulegen und bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel zu ihrer Glaubhaftmachung anzuführen (VwGH 21.03.1997, 97/02/0093; 25.02.2003, 2002/10/2002). Ziel der Glaubhaftmachung ist, bei der Behörde die Überzeugung der Wahrscheinlichkeit der vorgebrachten Tatsache hervorzurufen, dh. die Behörde muss zur Ansicht gelangt sein, die Tatsachenbehauptung sei wahrscheinlich für wahr zu halten (VfSlg 17.159/2004; Bernárd, ZfV 1981, 131). Der Antragsteller hat - allenfalls durch die Beibringung tauglicher Bescheinigungsmittel - auch glaubhaft zu machen, dass zwischen dem die Wiedereinsetzung begründenden Ereignis und der Fristversäumnis ein Kausalzusammenhang besteht (vgl Stoll, BAO III 2975). (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 116 [Stand 01.04.2009, rdb.at]).
Behauptet ein Wiedereinsetzungswerber, von einem ihn betreffenden Schriftstück oder einer Hinterlegungsanzeige keine Kenntnis erlangt zu haben, hat er detaillierte sachverhaltsbezogene Vorbringen darüber zu erstatten, was er üblicherweise unternimmt, um dies zu vermeiden (VwGH 21.12.1999, 97/19/0217; 04.02.2000, 97/19/1484; 02.10.2000, 98/19/0198). Das alleinige Vorbringen, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, reicht demzufolge nicht aus (vgl VwGH 21.11.2001, 2001/08/0011). Es sind vielmehr jene Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich des Wiedereinsetzungswerbers darzulegen, aus denen sich konkrete Anhaltspunkte dafür erkennen lassen, dass dieser von einem in seine Gewahrsame gelangten Poststück aus bestimmten, keine auffallende Sorglosigkeit begründenden Umständen keine Kenntnis erlangen konnte (VwGH 20.01.1998, 97/08/0545). Insbesondere können hier Angaben darüber, wie viele Personen Zugang zur Hausbrieffachanlage hatten, wer die Entleerung derselben besorgte bzw. wie oft eine solche Entleerung erfolgte, notwendig sein (VwGH 21.12.1999, 97/19/0217; 04.02.2000, 97/19/1484; 02.10.2000, 98/19/0198).
Die "Unerklärlichkeit" des Verschwindens eines durch Einwurf in einen verschlossenen Hausbriefkasten in seine Gewahrsame gelangten amtlichen Schriftstücks geht zu Lasten des Wiedereinsetzungswerbers, dh. die bloße Unaufklärbarkeit der Gründe für die Unkenntnis vom Zustellvorgang reicht für eine Wiedereinsetzung nicht aus (VwGH 20.01.1998, 97/08/0545; 21.09.1999, 97/18/0418). Der von der Behörde anzulegende Sorgfaltsmaßstab darf allerdings auch nicht überspannt werden. Den konkreten Vorgang, wie es etwa zur Entfernung einer Hinterlegungsanzeige gekommen ist, wird eine Partei nämlich nur in den seltensten Fällen bescheinigen können. Sie wird sich, abgesehen von der Behauptung des Fehlens der Hinterlegungsanzeige in der Post, auf die Darlegung von Umständen beschränken müssen, welche die Entfernung der Hinterlegungsanzeige als nicht unwahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 19.04.1994, 94/11/0053).
Der Beschwerdeführer begründete seinen Wiedereinsetzungsantrag lediglich damit, dass er von der Zustellung des genannten Bescheides ohne sein Verschulden keine Kenntnis erlangt habe, sodass er auch an einer allfälligen Versäumung der Beschwerdefrist kein Verschulden treffe. Er habe keine Hinterlegungsanzeige in seiner Abgabeeinrichtung vorgefunden, obwohl er regelmäßig seine Post behebe. Das Vorbringen zu Gründen für die Wiedereinsetzung erschöpft sich damit in - nicht hinreichend substantiierten - Behauptungen (vgl. VwGH 21.03.1997, 97/02/0093; 25.02.2003, 2002/10/2002). Der Beschwerdeführer hat damit keine Umstände, die einen Wiedereinsetzungsantrag begründen könnten, glaubhaft dargetan. Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft gemacht, inwiefern die Hinterlegungsanzeige "verschwinden" hätte können. Die "Unerklärlichkeit" des behaupteten Verschwindens der Hinterlegungsanzeige geht daher zu Lasten des Beschwerdeführers (vgl. VwGH 20.01.1998, 97/08/0545; 21.09.1999, 97/18/0418). Dem Konkretisierungsgebot des VwGH entsprach der Wiedereinsetzungsantrag nicht. Das alleinige Vorbringen, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, reicht für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aus (vgl. VwGH 21.11.2001, 2001/08/0011. Schon aus diesen Gründen kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im gegenständlichen Fall nicht in Betracht.
Die Behörde ist auf Grund der Antragsbedürftigkeit des Verfahrens ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber (rechtzeitig) vorgebrachten tatsächlichen Gründe gebunden. Es ist ihr verwehrt, von sich aus weitere Gesichtspunkte in die Prüfung mit einzubeziehen (VwGH 14.12.1995, 95/19/0622; 27.02.1996, 95/04/0218; 25.02.2003, 2002/10/0223). Eine amtswegige Prüfung, ob sonstige vom Antragsteller nicht geltend gemachte Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat also nicht zu erfolgen (VwGH 30.09.0 1991, 90/19/0497; VwSlg 15.573 A/2001).
Dass - wie im Vorlageantrag behauptet - der Beschwerdeführer "natürlich auch regelmäßig" seine Post beheben würde, wurde überhaupt nicht belegt und steht die darin suggerierte Sorgfalt im krassen Gegensatz dazu, dass der Beschwerdeführer, obwohl ihm aufgrund des Parteiengehöres vom 22.01.2019 bewusst gewesen sein musste, dass ihm in absehbarer Zeit ein Bescheid zugestellt werden würde, seine Rechtsberatung sich erst neun Monate später an das BFA wandte. Insofern ist die Folgerung des BFA, dass die Fristversäumung im Verschulden der Beschwerdeführerin liege, weil aufgrund der Kenntnis von der möglichen Erlassung eines Bescheides kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorgelegen sei und zudem von einem Verschulden, das den minderen Grad des Versehens überstiegen habe, nicht unvertretbar.
Die Einhaltung dieses Sorgfaltsmaßstabes (vgl. zum Folgenden Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 120 [Stand 01.04.2009, rdb.at]) ist vom Wiedereinsetzungswerber in seinem Antrag glaubhaft zu machen, dh. die Behörde ist von der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der bescheinigten Tatsache zu überzeugen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 [Stand 01.04.2009, rdb.at]). Es wäre daher dem Beschwerdeführer oblegen, einen solchen Hinderungsgrund an der Wahrnehmung der Frist geltend zu machen, der nicht durch ein leichte Fahrlässigkeit übersteigendes Verschulden herbeigeführt wurde (VwGH 20.01.1998, 97/08/0545). Der Beschwerdeführer erstattete aber auch hierzu im Wiedereinsetzungsantrag kein Vorbringen, sodass diesem auch unter diesem Aspekt keine Berechtigung zukam.
Das BFA ging daher im Ergebnis zutreffend davon aus, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen war. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen. Das BFA hätte die Antragsabweisung jedoch auf die Rechtsgrundlage des § 33 Abs. 1 VwGVG stützen müssen, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013). Die Abweisung der Beschwerde hat daher unter einer entsprechenden Maßgabe zu erfolgen.
Zu C:
Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 19.04.2019 betrug gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vier Wochen. Diese Frist wird ab dem Zustellungszeitpunkt berechnet.
Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 25.04.2019 im Wege der Hinterlegung zugestellt. Die Rechtsmittelfrist endete daher mit Ablauf des 23.05.2019.
Das BFA hat die am 04.12.2019 erhobene Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.04.2019 somit zu Recht mit Beschwerdevorentscheidung als verspätet zurückgewiesen, weshalb der Vorlageantrag abzuweisen war.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B und D:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; zudem fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in dieser auch nicht uneinheitlich beantwortet, sondern ergibt sich aus der oben zitierten, umfangreichen Rechtsprechung des VwGH.
Schlagworte
Voraussetzungen, Vorlageantrag, WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W159.1431620.3.00Zuletzt aktualisiert am
07.04.2020