Entscheidungsdatum
17.02.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
G314 2211096-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Serbien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.11.2018, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu Recht:
A)
Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es im zweiten Satz von Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids zu lauten hat: "Gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wird gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 2 FPG erlassen."
C)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) wurde am 09.11.2018 in XXXX von Organen der Finanzpolizei bei Arbeiten auf einer Baustelle ohne Aufenthaltstitel und ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung angetroffen. Er wurde festgenommen und in der Folge in Schubhaft genommen. Am 12.11.2018 wurde er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vernommen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 und 7 FPG ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Das Einreiseverbot wurde mit der Dauer des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet, der Mittellosigkeit des BF, seiner illegalen Erwerbstätigkeit sowie dem Fehlen entgegenstehender familiärer, privater oder beruflicher Anknüpfungspunkte begründet. Ein dreijähriges Einreiseverbot sei notwendig, um die vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu verhindern und einen Gesinnungswandel hin zu einem rechtstreuen Verhalten zu gewährleisten.
Der Bescheid wurde dem BF am 12.11.2018 zugestellt. Am 15.11.2018 wurde er in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.
Gegen den Bescheid richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhobene Beschwerde mit den Anträgen, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen und den bekämpften Bescheid im Hinblick auf die Spruchpunkte I. und III. ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbots herabzusetzen. Hilfsweise wird auch noch ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Der BF begründet die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass er zuletzt im Jahr 2018 ins Bundesgebiet eingereist sei und sich hier im Rahmen des visumfreien Aufenthalts rechtmäßig aufgehalten habe. Er habe über hinreichende, durch Zuwendungen von Freunden ergänzte finanzielle Mittel verfügt und sei keiner Erwerbstätigkeit in Österreich nachgegangen, sondern habe nur Freunde auf einer Baustelle besucht. Entgegen der Ansicht der Behörde habe er keine verschmutze Arbeitskleidung, sondern Freizeitkleidung getragen. Er habe in Österreich viele Freunde, bei jenen er unterkommen könnte. Die Behörde hätte ihn genauer zu seiner finanziellen Situation befragen müssen. Eine Rückkehrentscheidung und ein dreijähriges Einreiseverbot seien unrechtmäßig, zumal sich der BF nichts habe zuschulden kommen lassen. Zum Beweis dafür, dass er am XXXX.11.2018 auf der Baustelle keine Arbeiten verrichtet habe, beantragt er die Einvernahme von XXXX und XXXX als Zeugen.
Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit einer Stellungnahme vor und beantragt, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.
Im Jänner 2019 übermittelte das BFA dem BVwG den Abschlussbericht der Landespolizeidirektion XXXX vom 04.01.2019 betreffend den Verdacht der Fälschung besonders geschützter Urkunden (§§ 223 f StGB) gegen den BF.
Am 04.02.2019 übermittelte der BF dem BVwG auftragsgemäß Kopien aus seinem Reisepass.
Am 23.07.2019 informierte die Staatsanwaltschaft XXXX das BVwG über den Stand des Strafverfahrens gegen den BF.
Am 04.02.2019 übermittelte die Finanzpolizei dem BVwG aufforderungsgemäß das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft XXXX betreffen die Übertretung des AuslBG aufgrund der Betretung des BF am 09.11.2018.
Feststellungen:
Der BF kam am XXXX in der serbischen Hauptstadt XXXX zur Welt. Er ist Staatsangehöriger von Serbien, ledig, kinderlos sowie gesund und arbeitsfähig. Er spricht Serbisch und war zuletzt in seinem Heimatstaat in der Landwirtschaft tätig.
In Österreich halten sich entfernte Verwandte des BF auf zu, zu denen er kaum Kontakt hat. Er hat Freunde, die im Bundesgebiet leben, ist hier aber weder sprachlich noch beruflich oder gesellschaftlich integriert. Ihm wurde nie eine Aufenthaltsberechtigung oder eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung erteilt. Er war (abgesehen von einer Meldung in einem Polizeianhaltezentrum zwischen XXXX. und XXXX.11.2018) in Österreich nie mit Wohnsitz gemeldet.
Der BF reiste mit seinem am 16.07.2012 ausgestellten und bis 16.07.2022 gültigen serbischen Reisepass am 29.01.2017 über Ungarn in das Bundesgebiet ein, nachdem er sich davor 2015 zwei Mal für kurze Zeit im Schengengebiet aufgehalten hatte. In Österreich war er zunächst ca. drei Monate lang obdachlos; danach kam er bei jemandem unter, für den er als XXXX arbeitete.
Am 09.11.2018 wurde der BF im Rahmen einer finanzpolizeilichen Kontrolle auf einer Baustelle in XXXX bei Hilfstätigkeiten (Dach- und Fassadenarbeiten), die er im Auftrag von XXXX vornahm, angetroffen. Diese Tätigkeiten erbrachte er nicht unentgeltlich, sondern erhielt dafür eine Gegenleistung.
Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom XXXX, wurden gegen XXXX wegen der Beschäftigung des BF und eines weiteren Drittstaatsangehörigen zumindest am XXXX.11.2018 entgegen den Bestimmungen des AuslBG Geldstrafen von jeweils EUR 500 (Gesamtstrafe EUR 1.000) verhängt. Bei der Strafbemessung wurde das von XXXX abgelegte Geständnis als mildernd berücksichtigt; besondere Erschwerungsgründe lagen nicht vor.
Bei der Einvernahme vor dem BFA am 12.11.2018 hatte der BF keine Barmittel bei sich. Er konnte keine finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts nachweisen.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten. Zu XXXX der Staatsanwaltschaft XXXX ist gegen ihn ein Strafverfahren wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden (§§ 223 Abs 2, 224 StGB) anhängig, weil der Verdacht besteht, dass er im August 2018 in XXXX einen gefälschten slowakischen Personalausweis zur Eröffnung eines Bankkontos und zur Arbeitsaufnahme verwendete. Das Strafverfahren wurde wegen des unbekannten Aufenthalts des BF abgebrochen und der BF zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG. Die Abschiebung des BF wird durch den Bericht der Landespolizeidirektion XXXX vom 15.11.2018 (Seite 185 der Verwaltungsakten) dokumentiert.
Die Feststellungen zur Identität des BF basieren auf seinem (dem BVwG in Kopie vorliegenden) Reisepass. Seine persönlichen und familiären Verhältnisse und die zuletzt in Serbien ausgeübte Erwerbstätigkeit ergeben sich aus seinen schlüssigen und plausiblen Angaben vor dem BFA.
Serbischkenntnisse des BF sind aufgrund seiner Herkunft naheliegend und können insbesondere deshalb festgestellt werden, weil eine Verständigung mit dem Dolmetsch für diese Sprache vor dem BFA problemlos möglich war.
Es gibt keine Anhaltspunkte für Beeinträchtigungen der Gesundheit oder der Arbeitsfähigkeit des BF, der in einem erwerbsfähigen Alter ist und nach eigenen Angaben Erwerbstätigkeiten in Serbien (XXXX) und Österreich (XXXX) ausgeübt hat. Außerdem wurde er bei XXXX betreten.
Es gibt keine Hinweise auf eine über die Feststellungen hinausgehende Integration oder Anbindung des BF in Österreich oder in anderen vom Einreiseverbot betroffenen Staaten. Gegenüber dem BFA schilderte er das Bestehen weitschichtiger familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich, aus seiner Aussage ergibt sich aber - wenn überhaupt - nur eine äußerst lose Beziehung ("Ich habe weitschichtige Verwandte hier, aber niemand wollte mir helfen, weil meine Eltern geschieden sind", Seite 79 der Verwaltungsakten). Aufgrund der Schilderung des BF, er habe eine Unterkunft gegen Arbeitsleistungen erhalten, ist aber (in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen) nachvollziehbar, dass zumindest gewisse freundschaftliche Kontakte zu Personen in Österreich bestehen.
Weder der Beschwerde noch dem übrigen Akteninhalt lässt sich entnehmen, dass der BF einmal über eine Aufenthaltsberechtigung in Österreich verfügte oder hier legal erwerbstätig war. Im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) ist weder ein Aufenthaltstitel noch ein ihm erteiltes Visum dokumentiert, ebensowenig ein entsprechender Antrag. Das Fehlen einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung geht aus dem Schreiben der Finanzpolizei (Seite 67 der Verwaltungsakten) hervor.
Die Wohnsitzmeldung des BF (nur) im Polizeianhaltezentrum ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister (ZMR).
Die Einreise des BF in das Bundesgebiet ergibt sich aus seiner Darstellung gegenüber dem BFA, die durch einen entsprechenden Einreisestempel in seinem Reisepass untermauert wird. Im Reisepass befinden sich weitere Grenzkontrollstempel, die zwei kurze Aufenthalte im Schengen-Raum im Jahr 2015 (05.07. bis 17.07.2015 und 30.08.2015 bis 02.10.2015) belegen. Für das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, der BF sei zuletzt im Jahr 2018 eingereist und habe bei seiner Betretung den visumfreien Aufenthalt nicht überschritten, liegen keine Nachweise vor. Den dem BVwG übermittelten Kopien aus seinem Reisepass kann vielmehr entnommen werden, dass der letzte Einreisestempel auf den 29.01.2017 datiert, der letzte Ausreisestempel auf den 15.11.2018. Für die Zeit dazwischen finden sich keine Eintragungen im Reisepass des BF. Es gibt auch keine anderen Nachweise für Ein- oder Ausreisen des BF in den bzw. aus dem Schengen-Raum zwischen 29.01.2017 und 15.11.2018. Er hat keine Beweismittel für eine Ausreise nach dem 29.01.2017 und eine neuerliche Einreise im Jahr 2018 vorgelegt.
Der BF gab gegenüber dem BFA an, dass er nach seiner Ankunft in Österreich zunächst im Freien und dann jeweils bei seinen Arbeitgebern Unterkunft genommen habe ("... Ich habe am Anfang ...
im Park geschlafen ... habe dann bei einem Mann geschlafen, für den
ich als XXXX gearbeitet habe, ich habe bei ihm im Lokal übernachtet
und so ging es halt weiter. ... Ich habe in dem Lokal übernachtet,
im Park und an anderen Orten, zuletzt beim XXXX ...", Seite 79 der Verwaltungsakten). Diese Angaben sind angesichts seiner finanziellen Situation gut nachvollziehbar.
Die Tätigkeit des BF für XXXX, seine Betretung durch die Finanzpolizei und die Bestrafung von XXXX werden anhand des Anhaltsprotokolls (Seite 1 ff der Verwaltungsakten), des Schreibens der Finanzpolizei (Seite 67 der Verwaltungsakten) und des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft XXXX (OZ 16) festgestellt. Der BF stellte vor dem BFA zunächst nicht in Abrede, einer unerlaubten Beschäftigung nachgegangen zu sein, und trat dem entsprechenden Vorhalt nicht entgegen. Dafür, dass er am 09.11.2018 einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nachging, spricht auch seine finanzielle Situation und der Umstand, dass er nach seiner Darstellung auch schon davor in Österreich (ohne Aufenthaltstitel, Meldung zur Sozialversicherung oder arbeitsmarktrechtliche Bewilligung) als XXXX gearbeitet hatte. Aus dem Versicherungsdatenauszug ergibt sich, dass er am 09.11.2018 bei XXXX und XXXXals Dienstgebern als Arbeiter sozialversichert war, wobei eine Bemessungsgrundlage von EUR 64 angegeben ist. Daraus ergibt sich, dass eine entgeltliche, der Pflichtversicherung unterliegende Tätigkeit vorlag, was die Beschwerdebehauptung, der BF habe auf der Baustelle nur Freunde besucht, widerlegt.
Die Einvernahme der vom BF in der Beschwerde beantragten Zeugen ist entbehrlich, zumal XXXX zum Vorwurf der Beschäftigung des BF entgegen dem AuslBG ein Geständnis ablegte und sich jetzt nicht mehr darauf berufen kann, dass er diese Verwaltungsübertretung nicht begangen habe. XXXX ist außerdem laut ZMR an der in der Beschwerde angegebenen Adresse nicht gemeldet; für ihn konnte auch keine andere ladungsfähige Anschrift ermittelt werden, zumal die einzige in Österreich gemeldete Person mit diesem Namen 2012 geboren ist.
Die Entgeltlichkeit der Tätigkeit des BF am 09.11.2018 ergibt sich aus seiner Anmeldung zur Sozialversicherung und aus seiner Aussage, wonach ihm von seinem Arbeitgeber eine Unterkunft zur Verfügung gestellt worden sei (zumal die Leistung von Kost und Logis im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Beschäftigung iSd § 2 AuslBG vorliegt, als Entgelt anzusehen ist; siehe VwGH 09.09.2014, Ro 2014/09/0047). Eine Unentgeltlichkeit seiner Tätigkeit wird vom BF selbst auch gar nicht ins Treffen geführt. Auch die Bestrafung von XXXX wegen eines Verstoßes gegen das AuslBG und die finanzielle Lage des BF, der keine anderen Einnahmequellen hatte, sprechen letztlich dagegen, dass er ohne Gegenleistung auf der Baustelle arbeitete.
Bei der Einvernahme des BF vor dem BFA gab er an, bei seiner Einreise EUR 250 besessen zu haben, aktuell jedoch keine Barmittel mehr zu besitzen. Weiters gab er an, in Serbien nichts zu haben, weshalb er nach Österreich gereist sei, wo er auch nichts habe. Vermögen oder eine Kredit- oder Debitkarte verneinte er explizit. Anhaltspunkte für weitere finanzielle Mittel fehlen, zumal der BF keinen Rechtsanspruch auf die in der Beschwerde behauptete finanzielle Unterstützung durch Freunde hat. Diese Behauptung ist auch deshalb nicht glaubhaft, weil er keine konkreten Angaben dazu machte, um welche Vermögenswerte mit welchem Wert es sich dabei handelt, ob eine entsprechende Verpflichtungserklärung oder Bürgschaft vorliegt und wer die Geldgeber sind. Außerdem ist nicht nachvollziehbar, warum er dennoch im Freien und bei Arbeitgebern nächtigen musste und die mögliche Unterstützung nicht schon vor dem BFA erwähnte.
Die Unbescholtenheit des BF in Österreich geht aus dem Strafregister hervor. Anhaltspunkte für strafgerichtliche Verurteilungen in anderen Staaten liegen nicht vor. Die Feststellungen zu dem gegen ihn anhängigen Strafverfahren basieren auf dem polizeilichen Abschlussbericht (OZ 5 und OZ 9) sowie auf der Mitteilung der Staatsanwaltschaft XXXX (OZ 14). Eine Anfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger ergab, dass eine Person mit dem Namen und Geburtsdatum, die auf dem Ausweis aufscheinen, den der BF verwendet haben soll (XXXX, geboren am XXXX), von 08. bis 22.08.2018 in Wien als Arbeiter sozialversichert war, was den Verdacht der Verwendung des Ausweises zur Arbeitsaufnahme erhärtet.
In der Beschwerde tritt der BF dem Vorwurf der Beschäftigung entgegen dem AuslBG mit einem Zeitungszitat über die Bedeutung von Jogginghosen in postjugoslawischer Freizeitkultur entgegen, zumal seine Beschäftigung auf der Baustelle am 09.11.2018 unter anderem aus dem Tragen verschmutzter Arbeitskleidung geschlossen worden war. Ausführungen zu allgemeinen (allenfalls subkulturellen) Modegepflogenheiten tragen jedoch nicht zur Lösung der entscheidungsrelevanten Fragen im Einzelfall bei und sind insbesondere nicht geeignet, zu anderen Feststellungen zu führen als der hier aufgrund der Wahrnehmungen öffentlicher Behördenorgane, der Angaben des BF vor dem BFA, des Geständnisses von XXXX und des Versicherungsdatenauszugs festgestellte Sachverhalt. Auch die allgemeinen Ausführungen der Behörde zu selbständiger Pfuscharbeit in Österreich in der Stellungnahme zur Beschwerde sind für den vorliegenden Sachverhalt nicht relevant, zumal eine selbständige Tätigkeit gerade nicht dem AuslBG unterliegt.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.
Zu Spruchteil B):
Als Staatsangehöriger von Serbien ist der BF Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind nach Art 4 Abs 1 iVm Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 (Visumpflichtverordnung) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.
Der BF durfte daher unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs 1 der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex [SGK]; siehe § 2 Abs 4 Z 22a FPG) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gemäß Art 20 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ; siehe § 2 Abs 4 Z 6 FPG) unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs 1 SDÜ frei bewegen. Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem, dass er Dokumente vorzeigen kann, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (Art 6 Abs 1 lit c SGK; Art 5 Abs 1 lit c SDÜ). Außerdem darf er keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein (Art 6 Abs 1 lit e SGK; Art 5 Abs 1 lit e SDÜ).
Gemäß Art 6 Abs 4 SGK werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die mit der Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.
Im Zusammenhang mit der Prüfung ausreichender Unterhaltsmittel muss der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthalts gesichert sein, wobei diese Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen dürfen (VwGH 29.04.2010, 2007/21/0262). Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).
Der BF hat hier diesen Nachweis nicht erbracht und insbesondere keine Bescheinigungsmittel für die behaupteten finanziellen Mittel vorgelegt. Er verneinte den Besitz einer Kredit- oder Debitkarte sowie von Bargeld und sonstigem Vermögen. Rechtansprüche auf Geld- oder Unterhaltsleistungen wurden weder behauptet noch belegt. Barmittel von EUR 250, die der BF bei der Einreise besaß, sind unter Berücksichtigung seiner Aufenthaltsdauer nicht ausreichend (was sich schon daran zeigt, dass er im Freien nächtigen und Arbeitsleitungen gegen Unterkunft erbringen musste). Er hatte keine Möglichkeit, in Österreich auf legalem Weg weitere Unterhaltsmittel zu erwerben. Er hat weder dargelegt, wie lange er noch im Gebiet der Mitgliedstaaten bleiben wollte, noch, wie er die Rückreise finanzieren wollte, und auch kein (bereits bezahltes) Ticket dafür vorgelegt. Die Behörde ging daher zu Recht von seiner Mittellosigkeit aus.
Als Beschäftigung iSd § 2 Abs 2 AuslBG gilt (soweit hier relevant) die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Gemäß § 2 Abs 4 AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine solche Beschäftigung vorliegt, ausschließlich der wahre wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit maßgeblich. Liegt eine Verwendung in einem (persönlichen und wirtschaftlichen) Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen, der auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung unterliegt. Im Rahmen einer familiären Beistands- und Mitwirkungspflicht erbrachte Leistungen oder Gefälligkeitshandlungen unter Verwandten, die ihr gesamtes Gepräge von den familiären Bindungen zwischen Angehörigen erhalten, begründen kein Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnliches Verhältnis. Ob eine solche familienhafte Mithilfe vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und dem Gesamtbild der Verrichtungen, insbesondere nach Art, Umfang und Zeitdauer der verrichteten Tätigkeiten, dem Verwandtschaftsgrad und der Enge der Beziehungen sowie den Motiven des Betroffenen (vgl VwGH 29.01.2009, 2008/09/0277).
Im vorliegenden Fall hat der BF Arbeitsleitungen außerhalb einer familiären Beistands- oder Mitwirkungspflicht erbracht. Da er bei Hilfsarbeiten auf einer Baustelle betreten wurde, bei denen es sich um einfache manipulative Tätigkeiten handelt, deutet dies auf eine Stellung als Arbeitnehmer hin (ähnlich VwGH 24.03.2011, 2008/09/0052), zumal die Bezahlung eines Entgelts keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses oder eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses ist (siehe VwGH 03.10.2013, 2012/09/0174).
Eine vorsätzliche Vorgehensweise ist keine Voraussetzung für eine Beschäftigung entgegen den Bestimmungen des AuslBG. Von jemandem, der eine Erwerbstätigkeit in Österreich aufnimmt, muss verlangt werden, dass er sich mit den dafür einschlägigen Rechtsnormen vertraut macht, zumal es bei der Beurteilung der (Un-)Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Inland nicht auf die subjektive Sicht des betroffenen Fremden ankommt (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).
Der BF hielt somit die Bedingungen des visumfreien Aufenthalts, der ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts voraussetzt und nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt, nicht ein, zumal er im Bundesgebiet eine Beschäftigung ausübte, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen. Außerdem hat er die Befristung für einen legalen sichtvermerkbefreiten Aufenthalt bei weitem überschritten, zumal aufgrund fehlender Grenzkontrollstempel davon auszugehen ist, dass er den Schengenraum nach der Einreise am 29.01.2017 erst bei seiner Abschiebung am 15.11.2018 wieder verließ, weil er keine glaubhaften Nachweise iSd Art 12 Abs 2 SGK zur Widerlegung der Annahme nach Art 12 Abs 1 bzw. 4 SGK erbracht hat. Somit erfüllte er die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet iSd § 31 Abs 1 Z 1 FPG nicht und hielt sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal auch kein anderer Fall des rechtmäßigen Aufenthalts nach § 31 Abs 1 FPG (Aufenthaltsberechtigung nach dem NAG, Aufenthaltstitel eines anderen Vertragsstaates, asylrechtliches Aufenthaltsrecht, arbeitsrechtliche Bewilligung) vorliegt.
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung"; §§ 41 ff FPG) fällt.
Hier liegen keine Umstände vor, die dazu führen, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG zu erteilen gewesen wäre, weil sein Aufenthalt nie geduldet iSd § 46a FPG war und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde.
Die Entscheidung über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG ist nach § 10 Abs 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).
Eine Rückkehrentscheidung, die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele (nationale Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung, wirtschaftliches Wohl des Landes, Verteidigung der Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit und der Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).
Die Rückkehrentscheidung greift nicht in das Familienleben des BF ein, weil dieser nur weitschichtige Verwandte in Österreich hat, zu denen kaum Kontakt besteht. Mitglieder seiner Kernfamilie halten sich im Inland nicht auf. Was seine privaten Lebensumstände anbelangt, liegt schon im Hinblick auf die kurze Dauer seines Aufenthalts in Österreich keine berücksichtigungswürdige Integration vor. Anhaltspunkte dafür, dass die gemäß § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG maßgeblichen Bindungen des BF zu seinem Herkunftsstaat während seiner Abwesenheit abgebrochen wären, liegen nicht vor. Kontakte zu Bezugspersonen in Österreich können sowohl über diverse Kommunikationsmittel (wie Telefon oder Internet) als auch bei Besuchen in Serbien (oder in anderen Staaten, für die das Einreiseverbot nicht gilt) aufrechterhalten werden.
Die nach § 9 BFA-VG iVm Art 8 Abs 2 EMRK gebotene Interessenabwägung ergibt somit nicht, dass familiäre oder nachhaltige private Bindungen des BF in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung seines unrechtmäßigen Aufenthalts überwiegen, zumal der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl VwGH 18.10.2012, 2010/22/0130). Art 8 EMRK wird daher durch die Rückkehrentscheidung nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.
Im angefochtenen Bescheid wurde die Rückkehrentscheidung zutreffend auf § 52 Abs 1 Z 1 FPG gestützt. Da sich der BF seit der Abschiebung am 15.11.2018 nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, findet die Rückkehrentscheidung in § 52 Abs 1 Z 2 FPG ihre weitere Rechtsgrundlage, zumal das Rückkehrentscheidungsverfahren schon davor (und somit jedenfalls vor dem Ablauf der in § 52 Abs 1 Z 2 FPG vorgesehenen Frist) eingeleitet wurde (siehe VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234). Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher mit der Maßgabe, dass die Rückkehrentscheidung nunmehr auf § 52 Abs 1 Z 2 FPG gestützt wird, zu bestätigen.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).
Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat zulässig. Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 6 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (in diesem Sinn VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist es nicht Aufgabe des BFA oder des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044).
Konkrete Gründe für die Unzulässigkeit der Abschiebung werden in der Beschwerde nicht behauptet. Unter Berücksichtigung der stabilen Situation in Serbien und der Lebensumstände des gesunden, arbeitsfähigen BF, der in seinem Heimatstaat erwerbstätig war, liegen keine Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist daher zu bestätigen.
Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 53 Abs 1 und 2 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung bei einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig vom bisherigen Verhalten des Drittstaatsangehörigen. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG) oder wenn er bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, er hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der er betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen (§ 53 Abs 2 Z 7 FPG). In diesen Fällen kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt des Betroffenen potentiell verbundene Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, inwiefern seine privaten und familiären Interessen der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessenabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff).
Der BF hat keine ausreichenden eigenen finanziellen Mittel für den Aufenthalt in Österreich und die Rückreise nach Serbien nachgewiesen. Da er in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgehen durfte, konnte er sich solche Mittel auch nicht legal beschaffen. Der Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 6 FPG ist daher erfüllt. Aus der Mittellosigkeit des BF resultiert die Gefahr der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft und der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen, die sich hier durch die unerlaubte Tätigkeit als Getränkelieferant und als Bauhilfsarbeiter bereits realisiert hat, weshalb beim Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel die Annahme einer Gefährdung iSd § 53 Abs 2 FPG gerechtfertigt ist (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).
Für die Erfüllung des Tatbestands des § 53 Abs 2 Z 7 FPG bedarf es der Feststellung der nach dem AuslBG nicht zulässigen Beschäftigung aufgrund einer Nachschau durch die dafür berufenen Behörden (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311). Auch dieser Tatbestand ist hier aufgrund der Betretung des BF durch die Finanzpolizei am 09.11.2018 erfüllt, zumal eine Beschäftigung iSd AuslBG ohne die erforderliche arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorlag.
Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt. Umstände, die im vorliegenden Fall gegen diese Annahme sprechen könnten, sind nicht hervorgekommen (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen und an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" kommt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von Schäden für die österreichische Wirtschaft ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse überwiegt in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in den vom Einreiseverbot umfassten Staaten, zumal sein Lebensmittelpunkt in Serbien liegt und er kaum relevante Anknüpfungen in Österreich hat. Da dem BF neben dem Fehlen ausreichender Existenzmittel eine nach dem AuslBG nicht erlaubte Beschäftigung, der ein Jahr übersteigende unrechtmäßige Aufenthalt sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften anzulasten sind, ist trotz seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit ein Einreiseverbot zu erlassen. Da der BF mehrfach Rechtsnormen missachtete, ist (insbesondere bei Beachtung seiner Vermögenlosigkeit) eine signifikante Wiederholungsgefahr anzunehmen.
Vor diesem Hintergrund ist auch keine Reduktion der Dauer des Einreiseverbots möglich, zumal ein dreijähriges Einreiseverbot dem Fehlverhalten des BF und der von ihm ausgehenden Gefährdung öffentlicher Interessen entspricht. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist sohin ebenfalls zu bestätigen.
Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, hat das BVwG diese gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche vom Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des oder der Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, Art 3 oder Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn oder sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.
Solche Gründe wurden hier nicht vorgebracht. Aufgrund der Mittellosigkeit des BF und der Betretung bei einer Erwerbstätigkeit entgegen dem AuslBG ist, insbesondere mangels eines ordentlichen Wohnsitzes, die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG sind nicht erfüllt, zumal es sich bei Serbien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, in dem die Todesstrafe gänzlich abgeschafft ist und kein bewaffneter internationaler oder innerstaatlicher Konflikt herrscht. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wegen einer drohenden Verletzung von Art 8 EMRK sind mangels entsprechender Bindungen des BF im Bundesgebiet nicht erfüllt. Vor diesem Hintergrund ist Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden.
§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung sogar dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt anhand der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine andere Entscheidung möglich wäre, entfällt die beantragte Beschwerdeverhandlung. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten.
Zu Spruchteil C):
Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall, Interessenabwägung, öffentlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2211096.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.04.2020