TE Bvwg Beschluss 2020/2/20 W133 2211234-1

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Veröffentlicht am 20.02.2020
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Entscheidungsdatum

20.02.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §8a

Spruch

W133 2211234-1/11Z

W133 2219133-1/8Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch XXXX , auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Rahmen der Beschwerdeverfahren gegen die Neufestsetzung des Grades der Behinderung in dem als Bescheid geltenden Behindertenpass vom 05.11.2018 und gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 30.10.2018, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass den Beschluss:

A)

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG abgewiesen und die Verfahrenshilfe nicht bewilligt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin beantragte zuletzt am 07.02.2018 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet), unter Vorlage medizinischer Befunde die Ausstellung eines Parkausweises nach §29bStVO. Nach dem von ihr unterfertigten Antragsformular galt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", da die Beschwerdeführerin zum Antragszeitpunkt nicht Inhaberin eines Behindertenpasses mit der genannten Zusatzeintragung war.

Zuvor war die Beschwerdeführerin bereits seit 2001 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von zunächst 60 v. H. und ab 30.09.2008 von 80 v.H. gewesen, wobei damals der Grad der Behinderung noch nach der Richtsatzverordnung beurteilt worden war.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.12.2014 war dieser damalige Behindertenpass eingezogen worden, da Ermittlungen der Behörde ergeben hatten, dass die Beschwerdeführerin seit 28.11.2013 ihren Wohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in Österreich, sondern in Deutschland hatte.

Aufgrund des nunmehrigen Antrages vom 07.02.2018 veranlasste die belangte Behörde die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. In dem allgemeinmedizinischen Gutachten vom 11.06.2018 beurteilte der Sachverständige nach der Einschätzungsverordnung einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 % und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als der Beschwerdeführerin zumutbar.

Mit Schreiben vom 11.06.2018 räumte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin förmliches Parteiengehör zu diesem Gutachten ein.

Mit E-Mailnachricht vom 04.07.2018 erstattete die - damals noch rechtlich unvertretene Beschwerdeführerin - eine detailliierte Stellungnahme zu den einzelnen, im Gutachten angeführten Leidenszuständen und zur Gesamtbeurteilung des Sachverständigen.

Aufgrund der erhobenen Einwendungen holte die belangte Behörde eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 31.08.2018 ein, worin der Gutachter zu keiner geänderten Beurteilung kam.

Auch zu dieser ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 31.08.2018 räumte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin am 13.09.2018 förmliches Parteiengehör ein.

Mit E-Mailnachricht vom 24.09.2018 erstattete die - damals immer noch rechtlich unvertretene Beschwerdeführerin - wiederum eine ausführliche Stellungnahme zu den einzelnen Leidenszuständen und zur Beurteilung des Sachverständigen und legte weitere medizinische Unterlagen vor.

Aufgrund der von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen und vorgelegten Befunde holte die belangte Behörde ergänzend auch noch ein psychiatrisches Sachverständigengutachten ein. In diesem Gutachten vom 27.10.2018 erfolgte eine Neubeurteilung des psychiatrischen Leidens Nr.3 "Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-vermeidenden und Borderlinezügen bei Bulimie und somatoformer Schmerzstörung", Zuordnung dieses Leidens zur Positionsnummer 03.04.01 der Einschätzungsverordnung, 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 30%. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde auch in diesem Gutachten mit 50% bewertet und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als der Beschwerdeführerin zumutbar erachtet.

Mit Bescheid vom 30.10.2018 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass ab und stützte den Bescheid auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens.

Am 05.11.2018 übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin einen unbefristeten Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50%.

Mit E-Mailnachricht vom 22.11.2018 übermittelte die Beschwerdeführerin eine psychotherapeutische Stellungnahme vom 13.11.2018 und brachte vor, dieser widerlege die Behauptungen der beigezogenen Psychiaterin. Sie ersuche, diese neuen Aspekte zu berücksichtigen und die Anträge (GdB und Unzumutbarkeit) nochmals zu überprüfen, bevor sie den Rechtsweg einleiten müsse.

Am 10.12.2018 erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer nunmehrigen anwaltlichen Vertretung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und stellte unter einem einen Antrag auf Verfahrenshilfe zur Beigebung eines Rechtsanwaltes im Beschwerdeverfahren. Der Beschwerde bzw dem Antrag auf Verfahrenshilfe wurden ein Vermögensbekenntnis, eine Ratenbewilligung im Rahmen einer Gehaltsexekution, einen Nachweis über den noch aushaftenden Restbetrag der Gehaltsexekution, ein Informationsschreiben der PVA über die Höhe der monatlichen Berufsunfähigkeitspensionsleistungen an die Beschwerdeführerin, nochmals die psychotherapeutische Stellungnahme vom 13.11.2018, einen AMS-Bescheid über die Ablehnung von Arbeitslosengeld vom 25.01.2018 mangels Erfüllung der Anwartschaft und eine deutsche Abstammungsurkunde betreffend einen Sohn der Beschwerdeführerin vor.

Die Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt am 14.12.2018 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W115 zugeteilt.

Am 21.05.2017 erkundigte sich die Beschwerdeführerin selbst beim BVwG nach dem Verfahrensstand und bekräftigte, dass sich die Beschwerde sowohl gegen die Ablehnung der Unzumutbarkeit als auch gegen die Passausstellung mit einem Grad der Behinderung von 50% richte.

Am 19.07.2019 urgierte die Beschwerdeführerin selbst telefonisch und ersuchte um Entscheidung bzw die Einleitung erforderlicher Verfahrensschritte. Sie teilte dem BVwG mit, dass beim Bundesfinanzgericht ein FLAG-Verfahren anhängig sei und die diesbezügliche Entscheidung von der Entscheidung des BVwG-Verfahrens abhänge.

Am 03.09.2019 ersuchte die Beschwerdeführerin wiederum selbst neuerlich um Entscheidung bzw die Einleitung erforderlicher Verfahrensschritte und wies auf das nach wie vor offene FLAG-Verfahren hin.

Am 08.10.2019 übermittelte die belangte Behörde dem BVwG die, im Zuge des FLAG-Verfahrens eingeholten medizinischen Gutachten zur Beurteilung des Grades der Behinderung der Beschwerdeführerin. In dem zusammenfassenden, gesamtbeurteilenden Gutachten nach der Einschätzungsverordnung vom 18.09.2019 wurde im Ergebnis ein Gesamtgrad der Behinderung von 70% medizinisch festgestellt.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2020 wurden die beiden gegenständlichen Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 07.02.2020 der Gerichtsabteilung W115 abgenommen und der Gerichtsabteilung W133 neu zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit dem gegenständlichen Beschluss erfolgt ausschließlich ein Abspruch über den Antrag auf Verfahrenshilfe für das Beschwerdeverfahren.

Die Antragstellerin wurde am XXXX geboren und hat ihren Wohnsitz bzw ständigen Aufenthalt zum Entscheidungszeitpunkt in Österreich.

Sie bezieht von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) eine monatliche Berufsunfähigkeitspension in Höhe von insgesamt € 1232,38 (inklusive Kinderzuschuss und Ausgleichszulage).

Sie verfügt über kein Vermögen und hat Unterhaltspflichten für den Sohn XXXX , geb. XXXX gegenüber dem Vater des gemeinsamen Sohnes.

Die Beschwerdeführerin führte das gesamte bisher andauernde Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz seit rund zwei Jahren selbständig und ohne rechtliche Vertretung. Lediglich die Beschwerde wurde von ihrem nunmehrigen Rechtsanwalt eingebracht. Im Laufe des gesamten Verfahrens zeigte die Beschwerdeführerin durch ihre eigenen mehrfachen fristgerechten und detaillierten Eingaben und Stellungnahmen ein Verhalten gegenüber Behörden, das keinerlei Zweifel daran aufkommen lässt, dass sie auch ohne anwaltliche Vertretung in der Lage ist, auch das vorliegende Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz vor dem Verwaltungsgericht ohne die Beigebung eines Rechtsanwaltes zu führen. Dies stellte sie ebenfalls durch ihre eigenen mehrfachen Urgenzen unter Beweis, worin sie am 21.05.2019 sogar telefonisch bekräftigte, dass sich ihre Beschwerde auch gegen den im Pass festgestellten Grad der Behinderung richtet, was nicht einmal dem anwaltlichen Beschwerdeschriftsatz deutlich zu entnehmen war, und eine für sie günstigere Verfahrenshandlung darstellt. Auch das offenbar parallellaufende Verfahren nach dem Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG-Verfahren) führte sie nach Angabe der Behörde ohne rechtlichen Beistand.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu Einkommen, Vermögen und Sorgepflichten beruhen auf den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen des Antrages auf Verfahrenshilfe.

Die Feststellung, dass beim BVwG keinerlei Zweifel daran bestehen, dass die Beschwerdeführerin auch ohne anwaltliche Vertretung in der Lage ist, das vorliegende Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz vor dem Verwaltungsgericht ohne die Beigebung eines Rechtsanwaltes zu führen, beruhen auf dem vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere auf dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 07.02.2018 und ihren eigenen, oben im Verfahrensgang bereits dargestellten mehrfachen fristgerechten, formgerechten und detaillierten Eingaben und Stellungnahmen im Verfahren, welche allesamt auch im Akt dokumentiert sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 9 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senates und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.

Die Entscheidung über die Gewährung von Verfahrenshilfe obliegt somit der - dem im Bescheidbeschwerdeverfahren zuständigen Senat - unterfertigenden vorsitzenden Richterin.

Zu A) Abweisung des Antrages auf Verfahrenshilfe im Beschwerdeverfahren:

§ 8a VwGVG lautet:

"Verfahrenshilfe

§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.

(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur

Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.

(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.

(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.

(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.

(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.

(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.

(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt."

Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Verfahrenshilfe einer Partei zu gewähren, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist.

In seinem Erkenntnis vom 11.09.2019, Ro 2018/08/0008, stellte der Verwaltungsgerichtshof unter anderem zu den Voraussetzung für die Gewährung der Verfahrenshilfe nach § 8a VwGVG klar, dass der Beigebung eines Rechtsanwaltes als Verfahrenshelfer im Verfahren der Verwaltunsgerichte Ausnahmecharakter zukommt und diese nur in besonderen, in der Entscheidung genannten Einzelfallkonstellationen erforderlich sein kann, etwa wenn die Formulierung einer Beschwerde oder andere Verfahrenshandlungen besondere Schwierigkeiten aufwerfen, die die Fähigkeiten der Partei nach ihren persönlichen Umständen überschreiten.

Die nunmehrige Antragstellerin stellte ihre zweifelsfrei vorliegenden Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden, wie oben bereits dargelegt wurde, im Verfahren mehrfach unter Beweis. Die Einwendungen und Stellungnahmen der Beschwerdeführerin entsprachen allesamt den Formvorschriften, gingen ausführlich mit näherer Begründung auf die von ihr gerügten Beurteilungen ihrer Leidenszustände ein und enthielten auch jeweils klare Begehren. Auch im Verfahren vor dem BVwG setzte die Beschwerdeführerin selbst - wie oben ebenfalls dargestellt wurde - bereits problemlos und in für sie günstiger Weise Verfahrenshandlungen.

Es besteht auch kein Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin in der Lage gewesen wäre, eine Beschwerde selbst zu verfassen, welche den in § 9 VwGVG normierten Anforderungen an eine Beschwerde, die nach den Gesetzesmaterialien so gestaltet worden sind, dass sie auch "ein durchschnittlicher Bürger (...) ohne Unterstützung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter erfüllen kann", entspricht.

Eine Komplexität des Falles in der Weise, dass die Antragstellerin im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder in einer etwaigen mündlichen Verhandlung anwaltlich vertreten sein müsste, ist in einem Verfahren wie dem gegenständlichen nach dem Bundesbehindertengesetz nicht gegeben, da es vorliegend nicht um die Lösung einer schwierigen Rechtsfrage, sondern vielmehr um die Feststellung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin geht, welche - unter Mitwirkung der Antragstellerin - durch einen Sachverständigen zu erfolgen hat und vorliegend auch bereits erfolgt ist.

Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, die eine rechtsanwaltliche Vertretung erforderlich machen, sind somit nicht zu erwarten. Eine erforderliche Manuduktion im Zuge einer etwaigen Verfahrenshandlung oder in einer etwaigen Verhandlung, z.B. wann die Aussage verweigert werden darf, erfolgt durch das erkennende Gericht, weshalb die Antragstellerin durch die Nichtbeigebung eines Rechtsanwaltes auch dahingehend keinerlei Nachteile erfährt.

Zur Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin ist auszuführen, dass diese subjektiv als erheblich erachtet werden mag, jedoch mangels gravierender Eingriffe in Grundrechte objektiv betrachtet nicht für die Gewährung der Verfahrenshilfe ausreicht.

Aussagen zu etwaigen Erfolgsaussichten des Beschwerdeverfahrens können derzeit noch nicht getroffen werden.

Verfahrenshilfe ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG nur dann vorgesehen, wenn beide Voraussetzungen, nämlich, dass ihre Gewährung rechtlich geboten ist und die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, kumulativ vorliegen.

Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe im Lichte des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im vorliegenden Fall nicht geboten ist.

Da die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht gegeben sind, war der darauf gerichtete Antrag spruchgemäß abzuweisen und konnte die Verfahrenshilfe nicht bewilligt werden.

Angesichts dieses Ergebnisses erübrigt sich eine Prüfung, ob die Antragstellerin außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts bestreiten zu können. Auch kommt es nicht mehr darauf an, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Anzumerken ist, dass gemäß § 51 BBG alle zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Amtshandlungen, Eingaben, Vollmachten, Zeugnisse, Urkunden über Rechtsgeschäfte sowie Vermögensübertragungen von bundesgesetzlich geregelten Gebühren, Verkehrssteuern und Verwaltungsabgaben befreit sind. Dem Bundesverwaltungsgericht stehen im Bereich des Sozialministeriumservice tätige Amtssachverständige zur Erstattung von medizinischen Sachverständigengutachten zur Verfügung. Im Hinblick auf eine allfällige mündliche Verhandlung ist auszuführen, dass Anspruch auf Ersatz der durch die Anreise zur mündlichen Verhandlung entstandenen Kosten besteht. Insgesamt entstehen grundsätzlich für die Antragstellerin in Verfahren über Behindertenrechtsangelegenheiten vor dem Bundesverwaltungsgericht somit keine Kosten.

Zur Klarstellung sei festgehalten, dass über die anhängige Beschwerde betreffend die Neufestsetzung des Grades Behinderung und die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass eine abgesonderte Senatsentscheidung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen wird.

Zeitgleich mit dem vorliegenden Beschluss ergeht auch ein förmliches Parteiengehör zu den, im Rahmen des FLAG-Verfahrens von der Behörde übermittelten Sachverständigengutachten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Unter Berücksichtigung der oben zitierten Entscheidung des VwGH vom 11.09.2019, Ro 2018/08/0008, weicht die vorliegende Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2211234.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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