TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/21 W137 2228672-1

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Veröffentlicht am 21.02.2020
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Entscheidungsdatum

21.02.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W137 2228672-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.02.2020, Zl. 1067336301 - 200151338, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 11.02.2020 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 11.02.2020 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Sein Antrag auf internationalen Schutz vom 05.05.2015 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) mit Bescheid vom 20.07.2017 gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung bezüglich des Herkunftsstaats Afghanistan verbunden. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 13.03.2019, W264 2168285-1/28E, als unbegründet abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung einer gegen diese Entscheidung eingebrachten Beschwerde mit Beschluss vom 11.06.2019 abgelehnt. Ein Revisionsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof ist nicht anhängig.

2. 2016 wurde der Beschwerdeführer zweimal wegen Suchtmitteldelikten strafrechtlich verurteilt - einmal zu einer unbedingten und einmal zu einer bedingten Freiheitsstrafe.

3. Im August 2019 setzte sich der Beschwerdeführer nach Frankreich ab. Im Jänner 2020 kehrte er nach Österreich zurück und stellte am 29.01.2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

4. Mit Bescheid vom 11.02.2020 wurde die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründet wurde die Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der mangelnden Kooperation im Verfahren (durch Aufenthalt im Verborgenen und Absetzung ins Ausland), der bestehenden Rückkehrentscheidung, der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Zusammenhang mit dem Asylfolgeantrag und des Bestehens einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme zum Zeitpunkt der Stellung dieses Antrags sowie der weitgehend fehlenden sozialen Verankerung und Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne auch unter Berücksichtigung der Straffälligkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.

5. Am 17.02.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (samt Vollmachtsbekanntgabe) ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass von einer Fluchtgefahr nicht ausgegangen werden könne, da intensive familiäre Bindungen - seine Lebensgefährtin und die gemeinsamen Kinder seien anerkannte Flüchtlinge - zum Bundesgebiet bestünden und dadurch auch ein gesicherter Wohnraum nicht gegeben wäre. Auch sei der Beschwerdeführer freiwillig aus Frankreich nach Österreich zurückgekehrt und kooperativ. Er würde auch einem gelinderen Mittel Folge leisten.

Beantragt werde daher a) eine mündliche Verhandlung unter Teilnahme der Lebensgefährtin als Zeugin durchzuführen; b) den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und die bisherige Anhaltung als rechtswidrig zu beurteilen; c) auszusprechen, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung nicht vorliegen; d) der Belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzuerlegen.

6. Am 14.01.2020 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Mit der Beschwerdevorlage verwies das Bundesamt in einer ausführlichen Stellungnahme vom 15.01.2020 im Wesentlichen auf ein bereits seit Juli 2019 vorliegendes afghanisches Heimreisezertifikat, das strafrechtlich relevante Vorverhalten des Beschwerdeführers (samt einer weiteren Anzeige) sowie die Ausreise nach Frankreich. Darüber hinaus wurde umfassend auf das Vorbringen in der Beschwerde repliziert.

Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde; sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Er verfügt über keine Personal- oder Reisedokumente. Eine Laissez-Passer für Afghanistan wurde am 25.07.2019 ausgestellt; sollte dessen Gültigkeit abgelaufen sein, bestehen keine Zweifel, dass die afghanische Botschaft ein solches kurzfristig erneut ausstellen würde.

Mit Bescheid vom 20.07.2017 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers (vom 05.05.2015) erstinstanzlich vollinhaltlich abgewiesen gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 13.03.2019, W264 2168285-1/28E, als unbegründet abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung einer gegen diese Entscheidung eingebrachten Beschwerde mit Beschluss vom 11.06.2019 abgelehnt. Ein Revisionsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof ist nicht anhängig.

Derzeit ist ein Asylfolgeverfahren des Beschwerdeführers erstinstanzlich anhängig. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen faktischen Abschiebeschutz.

Der Beschwerdeführer wurde 2016 wegen Suchtmitteldelikten strafrechtlich verurteilt. Zudem erfolgten Wegweisungen aufgrund von Gewaltschutzbestimmungen aus dem gemeinsamen Haushalt mit der Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern. Im August 2019 hat er sich der Abschiebung in den Herkunftsstaat durch Verlassen des Bundesgebietes (nach Frankreich) entzogen. Der Beschwerdeführer ist insgesamt nicht vertrauenswürdig.

Der Beschwerdeführer verfügt abseits der Lebensgefährtin und seinen Kindern über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging nie einer legalen Beschäftigung nach und spricht nur schlecht Deutsch. Bis zur Ausreise nach Frankreich war er bei seiner Familie gemeldet; nach der Rückkehr erfolgte keine neuerliche Anmeldung bei der Familie. Er ist mittellos, verfügt aber über eine gesicherte Unterkunftsmöglichkeit.

Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und jedenfalls haftfähig. Es gibt keine Hinweise auf substanzielle gesundheitliche Probleme.

Es kann von einer raschen Entscheidung Asylfolgeverfahren ausgegangen werden. Überdies steht dieses einer Abschiebung aufgrund des fehlenden faktischen Abschiebeschutzes nicht entgegen. Eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist binnen weniger Monate - jedenfalls innerhalb des ersten Halbjahres 2020 - realistisch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 1067336301 - 200151338 (Schubhaft) sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichts zu 2168285-1 (Asyl). Unstrittig sind die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sowie zu seinem Asylverfahren. Das Laissez-Passer liegt in Kopie im Verwaltungsakt ein.

1.2. Die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sind aus einem rezenten Auszug aus dem Strafregister ersichtlich und im Übrigen auch unstrittig. Die Wegweisungen wegen (drohender) Gewalt gegen Lebensgefährtin und Kinder ergeben sich aus der Aktenlage und wurden auch im Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung gewürdigt. Unstrittig ist auch, dass sich der Beschwerdeführer zwischenzeitlich nach Frankreich abgesetzt hat. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere der Entziehung vor dem behördlichen Zugriff (durch Absetzung ins Ausland) und den strafrechtlichen Verurteilungen.

1.3. Das Fehlen substanzieller sozialer und beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage. Substanzielle Deutschkenntnisse wurden in der Beschwerde nicht behauptet; Befragungen des Beschwerdeführers erfolgten in Dari. Im Verfahren sind auch keine legalen Beschäftigungsverhältnisse oder Fähigkeiten hervorgekommen, die zu einer mittelfristigen Sicherung der eigenen Existenz in Österreich beitragen würde. Gegenwärtig ist der Beschwerdeführer auch mittellos; die Unterkunftsmöglichkeit bei der Lebensgefährtin wird nicht in Zweifel gezogen. Die Feststellungen bezüglich der Wohnsitzmeldungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Nachschau im Zentralen Melderegister.

1.4. Substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers wurden in der Beschwerde nicht behauptet und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Aus dem oben Dargestellten ergibt sich die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers. Eine grundsätzliche Haftunfähigkeit wurde in der Beschwerde ebenfalls nicht behauptet.

1.6. Aus der Aktenlage ergeben sich keine Hinweise darauf, dass eine Entscheidung des Asylfolgeverfahrens nicht binnen einiger Wochen erfolgen können sollte. Ungeachtet dessen ist eine Abschiebung bereits möglich. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Aktenvermerk vom 17.02.2020, W165 2168285-2/4Z festgehalten, dass auf Basis der vorliegenden Aktenlage die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht als rechtswidrig festgestellt werde.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft

3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Über den Beschwerdeführer wurde nach seiner Rückkehr aus Frankreich und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Asylfolgeverfahren die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

3.3. Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit dem Absetzen ins Ausland sowie dem Fehlen substanzieller sozialer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet und dem fehlenden faktischen Abschiebeschutz samt Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1, 3, 4, 5 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG. Dem Vorliegen der Kriterien der Ziffer 1, 3, 4 und 5 wurde in der Beschwerde nicht substanziell entgegengetreten; vielmehr erweist sich deren Vorliegen auch im Zusammenhang mit der Beschwerde als unstrittig. Dass der Beschwerdeführer aus Frankreich nach Österreich zurückkehrte, bevor er im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Österreich abgeschoben worden wäre, kann die Tatsache einer Absetzung nach Frankreich mit dem Zweck einer weiteren Asylantragstellung nicht relativieren.

3.4. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer weder eine legale Erwerbstätigkeit ausübt, noch über substanzielle soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt. Auch eine gesicherte Unterkunft liege nicht vor, zumal der Beschwerdeführer diesbezüglich widersprüchliche Angaben gemacht habe. Ebenso wurden keine substanziellen Integrationsschritte während des nunmehr knapp fünf Jahre andauernden Aufenthalts im Bundesgebiet vorgebracht.

Das Bestehen familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet war auch im angefochtenen Bescheid unstrittig. In der Beschwerde konnte zwar nachvollziehbar dargelegt werden, dass dem Beschwerdeführer bei der Lebensgefährtin eine gesicherte Unterkunft zur Verfügung steht; gleichzeitig ergibt sich aus der Aktenlage, dass der Beschwerdeführer das Bundesamt bewusst nicht von einer neuerlichen Unterkunftnahme in Kenntnis gesetzt hat und sich dort auch nicht erneut behördlich anmeldete.

Die Behörde geht auch richtigerweise von einer aufgrund strafrechtlicher Verurteilungen des Beschwerdeführers abgeleiteten mangelnden Vertrauenswürdigkeit und einem besonderen Interesse des Staates an der Sicherstellung der Abschiebung aus.

3.5. Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt im Ergebnis zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anhaltung in Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht.

Dem konnte auch mit dem Verweis auf das (nachvollziehbare) Interesse an einer erneuten Unterkunftnahme bei seiner Familie nicht wirkungsvoll entgegengetreten werden. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob eine hinreichende Sicherheit besteht, dass sich der Beschwerdeführer zukünftig dem Zugriff der Behörden nicht entziehen würde. Davon kann angesichts seines Vorverhaltens und der daraus resultierenden mangelnden Vertrauenswürdigkeit jedoch nicht ausgegangen werden. Dies insbesondere angesichts der Tatsache, dass die familiären Bezüge des Beschwerdeführers ihn - nach Ablehnung der Behandlung seiner Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof und Ausstellung eines Laissez-Passer durch Afghanistan - nicht einmal ansatzweise daran gehindert haben, sich nach Frankreich abzusetzen. Zudem kann die rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung aus dem ersten Asylverfahren zeitnah vollzogen werden.

3.6. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden: Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen, da sich der Beschwerdeführer insbesondere durch sein vor Anordnung der Schubhaft gezeigtes kriminelles Verhalten und die Absetzung nach Frankreich als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat - was aber Voraussetzung für die Anordnung des gelinderen Mittels ist. Auf Grund dieser Umstände und der bestehenden Fluchtgefahr, überwogen daher - wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft und ist diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig.

3.7. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen zudem davon ausgehen, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Afghanistan nicht nur in zumutbarer, sondern sogar binnen relativ kurzer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen zu rechnen. Abschiebungen nach Afghanistan finden statt; Heimreisezertifikate werden unproblematisch und regelmäßig ausgestellt - im Falle des Beschwerdeführers ist dies sogar schon im Juli 2019 erfolgt. Die Abschiebung kann dementsprechend binnen weniger Wochen, allenfalls weniger Monate, erfolgen.

Insbesondere ist auch festzuhalten, dass in der Beschwerde keinerlei rechtliche Hindernisse im Zusammenhang mit einer Abschiebung während des laufenden Asylfolgeverfahrens (in dem die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes erfolgte) thematisiert worden sind.

Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.

3.8. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft abzuweisen.

4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:

4.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.

4.2. Für die Durchsetzung der Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen erneut entziehen würde und sich eine Gelegenheit dazu bietet. Da er zudem über keine feststellbaren beruflichen und substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte. Dies umso mehr, als sich die unstrittigen familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in diesem Zusammenhang bereits als gänzlich ungeeignet erwiesen haben, den Beschwerdeführer von einem Aufenthalt im Verborgenen - noch nicht einmal von einem Absetzen ins Ausland - abzuhalten. Überdies hat er sich durch sein sonstiges Vorverhalten - etwa die unstrittige Suchtmittelkriminalität - als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat.

4.3. Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 1, 3, 4, und 5 wie dargelegt weiterhin gegeben. Hinsichtlich Ziffer 9 wurde in der Beschwerde kein substanzielles Vorbringen erstattet. In diesem Zusammenhang ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen, der Anordnung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall sind diese Anknüpfungspunkte allerdings nur in geringem Ausmaß gegeben und haben sich bereits nachweislich als ungeeignet erwiesen, den Beschwerdeführer von einem Aufenthalt im Verborgenen abzuhalten.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine zur Schubhaftanordnung hinreichende Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer (bereits durchsetzbaren) Abschiebung zu bejahen ist.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anordnung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Anordnung/Fortsetzung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig.

4.4. Hinsichtlich der absehbaren Dauer der Schubhaft ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass diese in zumutbarer Zeit beendet werden kann.

Für die Annahme einer (zukünftigen) unverhältnismäßig langen Anhaltung gibt es gegenwärtig keinen Anhaltspunkt. Eine solche wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Aus heutiger Sicht ist weiter davon auszugehen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers jedenfalls innerhalb der gesetzlich zulässigen Anhaltedauer - mit hoher Wahrscheinlichkeit aber binnen einiger Wochen - erfolgen kann.

4.5. Es ist daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Insbesondere wurde die in der Beschwerde vorgebrachte gesicherte Unterkunft der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Nur in diesem Zusammenhang wurde auch die Einvernahme einer Zeugin beantragt.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Der vorgebrachten Kooperationsbereitschaft steht das unstrittige Verhalten des Beschwerdeführers im letzten Jahr - gerade auch nach der Rückkehr aus Frankreich - gegenüber.

6. Kostenersatz

6.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

6.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Mittellosigkeit, öffentliche Interessen,
Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche
Verurteilung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2228672.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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