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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des H A H, vertreten durch Lederer Hoff & Apfelbacher Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Marokkanergasse 16/1, gegen das am 1. Oktober 2018 mündlich verkündete und mit 17. Oktober 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W253 2123578-1/28E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 6. September 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei von einem vermeintlichen Polizisten geschlagen und von diesem bei einem Unfall verletzt worden. Im Laufe des Verfahrens brachte er ergänzend vor, er befürchte eine Zwangsrekrutierung.
2 Mit Bescheid vom 1. März 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Das Bundesverwaltungsgericht erachtete das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers für unglaubwürdig und ging davon aus, dass diesem eine Rückkehr in seine Heimatstadt Kabul oder - als innerstaatliche Fluchtalternative - in die Städte Herat oder Mazare Sharif möglich und zumutbar sei.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit auf das Wesentliche zusammengefasst vor, das Bundesverwaltungsgericht habe sich bei den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat auf unvollständige und veraltete Länderberichte gestützt. Entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei eine hinreichende Auseinandersetzung mit den aktuellen und inhaltlich relevanten UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 unterblieben, aus denen sich ergebe, dass auf Grund der Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage eine innerstaatliche Fluchtalternative in Afghanistan grundsätzlich zu verneinen sei.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben die Asylbehörden bei den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern die zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einzubeziehen. Das gilt ebenso für von einem Verwaltungsgericht geführte Asylverfahren. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat daher seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen. Es reicht aber nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2018/19/0644, mwN).
10 Dies gelingt der Revision nicht. Das Bundesverwaltungsgericht legte seiner Beurteilung zu Grunde, dass es sich beim Revisionswerber um einen jungen, gesunden, ledigen Mann im erwerbsfähigen Alter handle, der über Schulbildung und Berufserfahrung als Fließenleger, Tischler und Hilfsarbeiter verfüge, mit der afghanischen Tradition und Lebensweise vertraut sei und Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könne. Die Revision zeigt nicht auf, dass die Beurteilung des BVwG, dem Revisionswerber stehe jedenfalls in der Stadt Mazar-e Sharif eine innerstaatliche Fluchtalternative offen, fallbezogen mit einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Rechtswidrigkeit belastet wäre (vgl. etwa VwGH 25.9.2019, Ra 2018/19/0643; 25.9.2019, Ra 2019/19/0037; 23.10.2019, Ra 2019/19/0413; jeweils mwN). 11 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 13. Februar 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018190678.L00Im RIS seit
07.04.2020Zuletzt aktualisiert am
07.04.2020