Entscheidungsdatum
25.02.2020Norm
AWG 2002 §73 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch seinen Vizepräsidenten Dr. Grubner als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A und über den Antrag auf aufschiebende Wirkung, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 25. April 2019, Zl. ***, betreffend Behandlungsauftrag nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) den
I.
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 31 Abs. 1 iVm 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.
3. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) iVm Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.
II.
Darüber hinaus wird zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 31 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß § 25a VwGG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg die B GmbH, die auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, konsenslos vorgenommenen Abfallablagerungen, welche nicht nach den Vorgaben des AWG 2002 auf einer hiefür genehmigten Anlage oder für die Sammlung und Behandlung vorgesehenen geeigneten Ort gelagert wurden, nach den Bestimmungen des AWG 2002, umgehend, spätestens jedoch bis 28. Juni 2019 nachweislich von einem hierzu Befugten vom jetzigen Standort zu entfernen und ordnungsgemäß zu lagern oder entsorgen zu lassen. Eine Dokumentation über die ordnungsgemäße Lagerung bzw. der Entsorgungsnachweis sei bis längstens 12. Juli 2019 vorzulegen.
In Spruchpunkt 2. wies die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg die Anträge des Beschwerdeführers vom 6. Februar 2019 mangels Parteistellung zurück.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die B Gesellschaft mbH die Abfälle auf das gegenständliche Grundstück verbracht hätte. Es sei als Alternativmöglichkeit zur Abfallentsorgung auch die Möglichkeit eingeräumt worden, eine Lagerung auf einem entsprechend geeigneten Areal vorzunehmen. Es obliege der Dispositionsgewalt der Verpflichteten, ob das Risiko einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme nach Verwertung eingegangen werde, oder ob eine geeignete Lagerung als die bessere Variante bis zur Klärung der zivilrechtlichen Sachverhalte und Rechtsfragen angesehen werde. Zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde angeführt, dass die Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehöres vom 10. Jänner 2019 auch an den seitens der Gesellschaft benannten Eigentümer der gegenständlichen Anlage, den Beschwerdeführer, zur Kenntnis übermittelt worden sei. Dieser habe eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben und Anträge gestellt. Der Beschwerdeführer sei im amtswegig gegen den Verursacher geführten Verfahren aber nicht als Partei gesehen worden und habe keine Parteistellung erlangt. § 73 AWG 2002 kenne nur den „Verpflichteten“ als Partei des Verfahrens. Für die Eigenschaft des „Verpflichteten“ sei wesentlich, ob derjenige in zurechenbarer Weise Abfälle entgegen dem AWG 2002 oder einer nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnung gesammelt, gelagert, befördert, verbracht und behandelt habe. Für einen Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 sei Voraussetzung, dass eine abfallrechtswidrige Handlung in zurechenbarer Weise gesetzt werde. Für die Stellung als Verpflichteter nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 sei es hingegen nicht erforderlich, dass derjenige hinsichtlich der betroffenen Abfälle einen Besitzwillen im Sinne des § 309 ABGB habe.
Dieser Bescheid wurde der B GmbH sowie dem Beschwerdeführer zugestellt. Die B GmbH hat keine Beschwerde erhoben.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
In der Beschwerde wird – zusammengefasst – ausgeführt, dass die Parteistellung zu Unrecht verneint worden sei. Der Entsorgungsauftrag sei rechtswidrig, das Privatgutachten sei falsch zitiert worden, der angefochtene Bescheid beruhe auf aktenwidrigen Feststellungen. Es handle sich nicht um Abfälle.
Der Beschwerdeführer beantragte die Behebung bzw. die Abänderung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Zuerkennung der Parteistellung. Weiters beantragte er die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung vor.
3. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Die B GmbH hat die Überreste eines Rohrpontons (Rohrschwimmkörper, im Wesentlichen bestehend aus zwei zylindrischen Auftriebskörpern und einer Verbindungs-/Deckkonstruktion, zwei Zugangsbrücken mit hölzerner Deckung samt Tor- und Geländer-Konstruktion) auf das Grundstück Nr. ***, KG ***, verbracht und abgestellt. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der genannten Anlage.
Mit dem angefochtenen Bescheid verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg die B GmbH gemäß § 73 AWG 2002, nicht hingegen den Beschwerdeführer, die auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, konsenslos vorgenommenen Abfallablagerungen umgehend, spätestens jedoch bis 28. Juni 2019 nachweislich von einem hierzu Befugten vom jetzigen Standort zu entfernen und ordnungsgemäß zu lagern oder entsorgen zu lassen und eine Dokumentation über die ordnungsgemäße Lagerung bzw. einen Entsorgungsnachweis vorzulegen.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten unbedenklichen Akt der Verwaltungsbehörde, sie wurden auch nicht bestritten.
4. Rechtslage und Erwägungen:
§ 73 Abs. 1 AWG 2002 lautet:
„Wenn
1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder
2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,
hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.“
4.1. Die erforderlichen Maßnahmen nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 sind dem Verpflichteten aufzutragen. Für die Eigenschaft des „Verpflichteten“ im Sinne des § 73 Abs. 1 AWG 2002 ist es wesentlich, ob derjenige in zurechenbarer Weise Abfälle entgegen dem AWG 2002 oder einer nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnung gesammelt, gelagert, befördert, verbracht und behandelt hat. Für einen Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 ist damit Voraussetzung, dass eine abfallrechtswidrige Handlung in zurechenbarer Weise gesetzt wird (VwGH 28. November 2013, 2010/07/0144). Für die Stellung als Verpflichteter nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 ist es hingegen nicht erforderlich, dass derjenige hinsichtlich der betroffenen Abfälle einen Besitzwillen im Sinne des § 309 ABGB hat (VwGH 28. November 2013, 2010/07/0109). Derjenige, nach dessen Anweisungen bzw. Vorstellungen die Arbeiten durchgeführt werden und bestimmt, welche Arbeiten wie durchgeführt werden, übt den faktischen Einfluss aus (vgl. zur Rechtslage zum Abfallbesitzer § 2 Abs. 6 Z 1 AWG 2002 in Bumberger/Hochholdinger/Niederhuber/Wolfslehner, AWG 20022, § 2 M18 mwN).
Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.
Parteistellung trifft nach der Lehre und Rechtsprechung auf Personen zu, deren rechtliche Stellung durch das Ergebnis eines von der Verwaltungsbehörde abzuführenden Verfahrens tangiert werden kann, deren Rechtsstellung also von diesem Verfahren abhängig ist (vgl. etwa VwGH 21. März 2007, mit Hinweis auf Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 291). So kann nach § 8 AVG auch anderen Personen als denjenigen, die im Gesetz ausdrücklich als Parteien des Verfahrens genannt sind, Parteistellung u. a. deshalb zukommen, weil sie durch den von der Behörde zu erlassenden Bescheid zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden, sie also durch den Bescheid in ihren rechtlichen Interessen betroffen sind; wirtschaftliche Interessen ohne eine in der Rechtsordnung begründete persönliche Beziehung zu einer Verwaltungsangelegenheit vermitteln jedoch keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren (vgl. etwa VwGH 23. September 2014, 2013/01/0161). Dennoch kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung hat, anhand des AVG allein nicht gelöst werden, sondern muss die Parteistellung aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden; sie muss nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und nach dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften beurteilt werden (vgl. etwa VwSlg. 15836 A/2002).
Gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 ist der Behandlungsauftrag dem „Verpflichteten“ zu erteilen; als „Verpflichteter“ ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der „Verursacher“ anzusprechen (vgl. etwa VwGH 20. Februar 2014, 2011/07/0225).
4.2. Parteistellung im gegenständlichen Auftragsverfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 kommt nur der der B GmbH zu.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber bei der Regelung des § 73 Abs. 1 AWG 2002 den Verursacherbegriff des § 31 WRG 1959 vor Augen hatte, weshalb es sachgerecht sei, insoweit auf die zu dieser Gesetzesbestimmung ergangene Judikatur zurückzugreifen (vgl. erneut VwGH 20. Februar 2014, 2011/07/0225). Der Verwaltungsgerichtshof gelangte für einen insoweit vergleichbaren gewässerpolizeilichen Auftrag gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 zu der Auffassung, dass es sich dabei um ein Einparteienverfahren handelt und anderen Personen als den Auftragsadressaten grundsätzlich (sofern im Auftrag nicht bereits eine konkrete Duldungsverpflichtung ausgesprochen wird; vgl. hierzu aber die ausdrückliche Regelung in § 31 Abs. 5 WRG 1959) keine Mitspracherechte zukommen (vgl. VwGH 25. September 2014, 2013/07/0060).
In diesem Sinne bringt auch die Systematik des AWG 2002 zum Ausdruck, dass für abfallpolizeiliche Aufträge gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002, etwa im Unterschied zur Genehmigung von Behandlungsanlagen (vgl. § 42 AWG 2002), eine insoweit auf den „Verpflichteten“ eingeschränkte Parteistellung vorgesehen ist (vgl. in diesem Sinne VwGH 25. September 2014, 2013/07/006). Eine Regelung, die für eine Parteistellung auch von anderen Personen als den „Verpflichteten“ sprechen würde, besteht nicht. Insbesondere begründet die Zustellung einer Bescheidausfertigung an eine Nichtpartei nicht deren Parteistellung (vgl. VwGH 29. Juli 2015, 2013/07/0183).
Mangels Parteistellung des Beschwerdeführers im Verfahren gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 war dessen gegen Spruchpunkt 1. (Behandlungsauftrag) des angefochtenen Bescheides erhobene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Die Beschwerde war zudem hinsichtlich Spruchpunkt 2. (Parteistellung) des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen, da dem Beschwerdeführer hinsichtlich der im Schriftsatz vom 6. Februar 2019 formulierten Anträge auf amtliche Erhebungen, wer Verursacher bzw. Verpflichteter sei bzw. dem Verursacher Maßnahmen aufzutragen, keine Parteistellung zukommt. Auch der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, ob der objektive Abfallbegriff erfüllt ist, wurde durch die belangte Behörde zu Recht zurückgewiesen, da der Eigentümer im Verfahren nach § 6 Abs. 1 AWG 2002 nicht antragslegitimiert ist (vgl. VwGH 29. März 2017, Ra 2016/05/0056).
4.3. Da unzulässige Beschwerden den Eintritt der Bescheidwirkungen nicht hemmen können und da einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG die aufschiebende Wirkung bereits kraft Gesetzes zukommt, bedarf es deren nochmaliger Zuerkennung nicht. Ein dennoch darauf gerichteter Antrag ist unzulässig und daher mit Beschluss zurückzuweisen (vgl. NÖ LVwG 22. November 2018, LVwG-AV-908/001-2018).
5. Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
6. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist weder gegen den Beschluss noch gegen das Erkenntnis zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Behandlungsauftrag; Verpflichteter; Parteistellung; Zurückweisung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.665.001.2019Zuletzt aktualisiert am
18.10.2021