TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/19 98/05/0072

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Veröffentlicht am 19.05.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
AVG §73 Abs1 idF 1995/471;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Ersten Burgenländischen Gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft reg.Gen.m.b.H. in Pöttsching, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 2. März 1998, Zl. 02/04/335, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Oggau am Neusiedlersee, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Eingabe vom 29. März 1995 beantragte die Beschwerdeführerin (- wie sich aus dem weiteren Verfahrensverlauf entsprechend dem unbekämpft gebliebenen Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 28. Dezember 1995 und entsprechend der im Bescheid wiedergegebenen, von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Begründung des verfahrensgegenständlichen Devolutionsantrages ergibt - als Vertreterin der Grundeigentümer) die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung von acht Wohnungen und sechs Reihenhäusern auf dem Grundstück Nr. 2495/3, KG Oggau. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Juni 1995 wurde dieses Ansuchen gemäß § 93 Abs. 3 Bgld. Bauordnung abgewiesen, da keine Bauplatzerklärung vorliege und im übrigen ein Teil des ausgewiesenen Baugrundstückes auf einer Fläche liege, die im gültigen Flächenwidmungsplan als "Grünland - Landwirtschaftlich genutzt" gewidmet sei.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. Oktober 1995 als unzulässig zurückgewiesen. In gleicher Weise wurde die Berufung gegen den das Ansuchen um Erteilung der Bauplatzerklärung abweisenden Bescheid vom 27. Juni 1995 als unzulässig zurückgewiesen. Aufgrund der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin wurden die angefochtenen Berufungsbescheide mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Dezember 1995 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. In der Begründung hiezu sei ausgeführt worden, die Baubehörde erster Instanz habe die Beschwerdeführerin als eigenberechtigte Partei behandelt, obwohl diese nur als Vertreter mit größtenteils mit 31. März 1995 befristeten Vollmachten gehandelt habe. Die Bescheide hätten als Antragsteller die Vertretenen bezeichnen müssen und wären diesen zuzustellen gewesen. Durch die Zurückweisung der verfahrenrechtlich zulässigen Berufung desjenigen, an den fälschlicherweise ein Bescheid ergangen sei, sei das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

In der Folge wurden die Bescheide des Bürgermeisters vom 27. Juni 1995 vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 21. Mai 1996 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Baubehörde erster Instanz zurückverwiesen.

Mit Schreiben der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. Juni 1996 seien die näher angeführten Grundeigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstückes gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert worden, zwecks Fortführung des Verfahrens um Erteilung einer Bauplatzerklärung für die Grundstücksteilung bzw. Erteilung einer Baubewilligung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens neuerlich die entsprechenden Ansuchen durch eine mit schriftlicher Vollmacht zu ihrem Vertreter bestellte eigenberechtigte natürliche Person einbringen zu lassen. Im gegenständlichen Bauakt befinde sich ein Aktenvermerk vom 3. Juli 1996, wonach innerhalb der Frist keinerlei Ansuchen eingelangt seien.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 11. Juli 1996 wurde das den näher angeführten Grundeigentümern der Grundstücke Nr. 2495, 2498, 2503, 2504, 2508 sowie 2509, alle KG Oggau, zugeordnete Ansuchen um Erteilung der Bauplatzerklärung für die Teilung der genannten Grundstücke zur Schaffung von Baugrundstücken sowie um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung von acht Wohnungen und sechs Reihenhäusern auf dem Grundstück Nr. 2495/3 gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen. Die Eingaben seien, da von einer juristischen Person in Vertretung der Parteien eingebracht, als nicht unterschrieben und daher als mit einem verbesserbaren Formgebrechen behaftet anzusehen. Nachdem die Grundeigentümer der Aufforderung zur Behebung dieses Formgebrechens gemäß § 13 Abs. 3 AVG vom 12. Juni 1996 nicht nachgekommen seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Dieser Bescheid des Bürgermeisters sei in Rechtskraft erwachsen.

Mit Eingabe vom 24. Jänner 1997 wurde von der Beschwerdeführerin ein Antrag gemäß § 73 AVG dahin gestellt, der angerufene Gemeinderat möge als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde anstelle des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde entscheiden, nachdem dieser nach Aufhebung der Bescheide vom 21. Mai 1996 und nach Zurückverweisung an die Baubehörde I. Instanz durch mehr als sechs Monate hindurch untätig geblieben wäre.

Dieser Devolutionsantrag wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Mai 1997 zurückgewiesen. Nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes sei darauf hingewiesen worden, daß der Bescheid betreffend die Zurückweisung der Anträge auf Erteilung der Bauplatzerklärung und Baubewilligung an die Grundeigentümer als Antragsteller, mangels Parteistellung jedoch nicht an die Beschwerdeführerin zugestellt worden sei. Die diesbezüglichen Bescheide, die an die Parteien ergangen seien, seien in Rechtskraft erwachsen. Das diesbezügliche Verfahren um Erteilung der Bauplatzerklärung bzw. Baubewilligung sei rechtskräftig abgeschlossen. Dieser Bescheid des Gemeinderates wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 5. Juni 1997 zugestellt. Daß dagegen ein Rechtsmittel erhoben worden wäre, wird nicht behauptet.

Mit Eingabe vom 11. Juli 1997 wurde von der Beschwerdeführerin ein Antrag gemäß § 73 AVG eingebracht, die Baubehörde erster Instanz sei dadurch durch mehr als sechs Monate untätig geblieben, da sie die Grundeigentümer zur Verbesserung ihrer Anbringen aufgefordert habe, anstatt richtigerweise die Beschwerdeführerin aufzufordern, ihre Vollmacht nachzuweisen. Es werde daher neuerlich beantragt, der angerufene Gemeinderat möge als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde anstelle der untätigen Baubehörde erster Instanz entscheiden.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Dezember 1997 wurde der zuletzt genannte Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die Begründung dieses Bescheides stützte sich darauf, daß mit Bescheid des Gemeinderates vom 28. Mai 1997 der Devolutionsantrag vom 24. Jänner 1997 bereits mit der Begründung zurückgewiesen worden sei, daß das dem Antrag zugrundeliegende Bauplatzerklärungs- und Baubewilligungsverfahren durch Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. Juli 1976 bereits rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Dieser zurückweisende Bescheid des Gemeinderates sei der Beschwerdeführerin am 5. Juni 1997 zugestellt worden und sei in Rechtskraft erwachsen. Nachdem somit über den Devolutionsantrag bereits rechtskräftig entschieden worden sei, sei der gegenständliche Devolutionsantrag vom 11. Juli 1997 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen und der bekämpfte Berufungsbescheid bestätigt. Diese Entscheidung wurde nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen damit begründet, daß die Beschwerdeführerin im Verfahren betreffend die Erteilung der Bauplatzerklärung und Baubewilligung als Vertreterin der Grundeigentümer aufgetreten und von der Baubehörde erster Instanz als eigenberechtigte Partei behandelt worden sei, obwohl dies nicht zulässig gewesen sei. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnten als Parteienvertreter nur natürliche Personen bestellt werden. Der Umstand einer von einer juristischen Person als Bevollmächtigter eingebrachten Eingabe stelle ein Formgebrechen eines schriftlichen Anbringens dar. Ein diesbezüglicher Verbesserungsauftrag sei gemäß § 13 Abs. 3 AVG an die Vertretenen zu richten (es wird in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Jänner 1985, Slg. Nr. 11.633/A, verwiesen). Der Verbesserungsauftrag der Baubehörde erster Instanz sei daher zu Recht an die einzelnen Grundeigentümer und nicht an die nicht zur Vertretung der Grundeigentümer befugte Beschwerdeführerin gerichtet worden. Nachdem das Verfahren betreffend die Erteilung der Bauplatzerklärung bzw. Baubewilligung mit den rechtskräftigen Bescheiden vom 11. Juli 1996, die an die Grundeigentümer ergangen seien, abgeschlossen worden sei, liege eine Untätigkeit der Baubehörde erster Instanz nicht vor. Somit habe dem Antrag gemäß § 73 AVG die Voraussetzung auf Übergang der Entscheidung an den Gemeinderat gefehlt. Nachdem mit dem Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Mai 1997 bereits rechtskräftig über einen in derselben Angelegenheit gestellten Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom 24. Jänner 1997 entschieden worden sei, sei dem neuerlichen Devolutionsantrag vom 11. Juli 1997 entschiedene Sache entgegenzuhalten und der Antrag aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 471/1995 sind die Behörde oder der unabhängige Verwaltungssenat verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht gemäß § 73 Abs. 2 AVG auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin übersehe die belangte Behörde, daß der Devolutionsantrag vom 24. Jänner 1997 mit Bescheid vom 28. Mai 1997 mit der Begründung zurückgewiesen worden sei, daß die Devolutionswerberin keine Parteistellung gehabt hätte. Mit dem weiteren Bescheid vom 15. Dezember 1997 sei der Devolutionsantrag "wegen entschiedener Sache zurückgewiesen" worden, woraus sich ergebe, daß ihr Devolutionsantrag keiner Sachentscheidung zugeführt worden sei. Richtigerweise hätte die Baubehörde zweiter Instanz anstelle der Baubehörde die begehrte Entscheidung zu fällen gehabt. Eine Zurückweisung des Devolutionsantrages hätte nur dann erfolgen dürfen, wenn eine Säumigkeit nicht vorgelegen wäre. Daß aber die zur Entscheidung berufene Baubehörde erster Instanz säumig gewesen sei, sei unbestritten. Es gehe lediglich darum, wie über einen Devolutionsantrag zu entscheiden gewesen sei und nicht darum, ob die Beschwerdeführerin eine Sachentscheidung in den beiden Verfahren vor der Baubehörde erster Instanz habe erwarten dürfen.

Zunächst ist klarzustellen, daß die Zurückweisung des ersten Devolutionsantrages mit Bescheid der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Mai 1997 deshalb erfolgt ist, weil mit dem an die Grundeigentümer ergangenen Bescheid vom 11. Juli 1996 im Verfahren über die den Grundeigentümern zuzurechnenden Anträge auf Erteilung der Bauplatzerklärung bzw. Baubewilligung über diese Anträge, auf deren Erledigung die beiden Devolutionsanträge gerichtet waren, bereits entschieden worden war. Mit dem neuerlichen Devolutionsantrag vom 11. Juli 1997 begehrte die Beschwerdeführerin unbestritten neuerlich, der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde möge anstelle der untätigen ersten Instanz über die verfahrensgegenständlichen Anträge auf Erteilung der Bauplatzerklärung bzw. Erteilung einer Baubewilligung entscheiden. Aus § 68 Abs. 1 AVG ist das im Verwaltungsverfahren geltende Prinzip abzuleiten, daß über ein und dieselbe Verwaltungssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist ("ne bis in idem"). Gegenstand der beiden genannten Devolutionsanträge war dieselbe Verwaltungssache, nämlich, daß über die von der Beschwerdeführerin als Vertreterin der Grundeigentümer eingebrachten Anträge auf Bauplatzerklärung bzw. Baubewilligung vom angerufenen Gemeinderat der mitbeteiligten Partei entschieden werden sollten. Beide Devolutionsanträge sind von derselben Partei, nämlich der Beschwerdeführerin, gestellt worden. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hat daher den zweiten Devolutionsantrag vom 11. Juli 1997 zutreffend wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Zu den schwer verständlichen Ausführungen der Beschwerde wird nur angemerkt, daß in bezug auf die von der Behörde den Grundeigentümern zugeordneten Anträge auf Bauplatzerklärung und Baubewilligung, was von den Beschwerdeführern in der Beschwerde nicht bestritten wird, über die mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 11. Juli 1996 gegenüber den Grundeigentümern entschieden worden war, eine Säumigkeit nicht vorgelegen ist. Auf diesen Umstand war - wie dargelegt - auch die den ersten Devolutionsantrag zurückweisende Entscheidung des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 28. Mai 1997 gegründet. Das Nichtvorliegen einer Säumnis begründet aber - auch nach der Auffassung der Beschwerdeführerin - die Zurückweisung eines Devolutionsantrages.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998050072.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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