TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/19 98/05/0086

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Veröffentlicht am 19.05.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §13a;
AVG §69 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Karl Binder in Wien, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 83-85/18, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Februar 1998, Zl. MD-VfR-B XX-18/97, betreffend Wiederaufnahmeantrag in einer Bausache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und dem hg. Vorerkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zlen. 97/05/0260, AW 97/05/0100, ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 23. März 1990 wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung zur Vornahme von baulichen Änderungen an seinem Haus in Wien XX, Marchfeldstraße Nr. 8, erteilt. Mit dieser Bauführung trat gemäß § 35 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes die Verpflichtung zur Schaffung eines KFZ-Einstellplatzes ein, welche durch die Errichtung der Garage im Hof erfüllt werden sollte. Mit Ansuchen vom 31. August 1994 beantragte der Beschwerdeführer, weitere Umbauten an dem genannten Haus zu bewilligen. Mit Bescheid vom 18. Jänner 1995 wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Abweichung von der mit Bescheid vom 23. März 1990 bewilligten Änderung erteilt. Mit Bescheid vom 11. Dezember 1995 wurde eine weitere Baubewilligung erteilt. Es sollten im rechten Gebäudeteil die Geschoßdecken ausgewechselt und die Raumhöhe geändert werden, sodaß drei Vollgeschoße (ohne Erdgeschoß) bestehen. Die Zwischenwände sollten in diesem Bereich ebenfalls entfernt werden.

Mit Bescheid vom 11. März 1997 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, dem Beschwerdeführer eine weitere Baubewilligung. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß die Anzahl der Pflichtstellplätze, die gemäß § 36 Abs. 1 und 2 des Wiener Garagengesetzes in Anwendung des § 1 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung zur Durchführung des Wiener Garagengesetzes (WGG und VO jeweils in der am 31. August 1994 geltenden Fassung) geschaffen werden müssen, 15 Stellplätze umfasse. Da bereits auf der eigenen Liegenschaft ein Stellplatz eingerichtet werde, bleibe die Anzahl der Pflichtstellplätze um 14 Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurück.

Ausschließlich gegen die Feststellung, wonach das Bauvorhaben um 14 Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe, erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit Bescheid vom 12. August 1997 hat die belangte Behörde festgestellt, daß die Anzahl der Pflichtstellplätze um 21 Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe. Es sei die Garagengesetznovelle 1966, LGBl. für Wien Nr. 43, anzuwenden, in der die §§ 36 neu gefaßt und § 36a neu geschaffen wurden. Nach § 36a leg. cit. sei für jede Wohnung ein Stellplatz zu schaffen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zlen. 97/05/0260, AW 97/05/0100, als unbegründet abgewiesen.

Am 29. September 1997 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens, das zur Erlassung des Bescheides vom 11. Dezember 1995 (Zl. MA 37/20-Marchfeldstraße 8/513/95) geführt hat.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 1997 wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/20, den Wiederaufnahmeantrag mit der Begründung ab, daß der Beschwerdeführer keinen der im § 69 Abs. 1 AVG taxativ aufgezählten Tatbestände behauptet hätte.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit Bescheid vom 26. Februar 1998 hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und den angefochtenen Bescheid mit der Abänderung bestätigt, daß das Ansuchen um Wiederaufnahme des durch Bescheid vom 11. Dezember 1995 abgeschlossenen Verfahrens (2. Bewilligung zur Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben; - Abtragung von Zwischenwänden, Herstellen von Geschoßdecken) zurückgewiesen werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, abgesehen davon, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründe, nämlich Rechtsirrtum und das nachträgliche Erkennen von Verfahrensmängeln, keine Gründe seien, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen könnten, müsse gemäß der zu § 69 Abs. 2 AVG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Wiederaufnahmewerber schon im Antrag angeben, wann er von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe. Ein Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages könne nicht als Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG angesehen werden. Der Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers, der keine Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages enthalte, sei daher zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung den Wiederaufnahmsgrund genau bezeichnet, er habe auch in der Berufung (nach Rechtsbelehrung durch den Anwalt) ausgeführt, daß sich erst ca. Mitte September 1997 herausgestellt habe, daß der "Zwischenbescheid" (vom 11. Dezember 1995) auf falschen Grundlagen erstellt worden sei. Überdies sei der Beschwerdeführer bei Stellung des Wiederaufnahmeantrages nicht anwaltlich vertreten gewesen, erst die Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den endgültigen Baubescheid habe der Anwalt eingebracht. Der Beschwerdeführer habe zwar von der Möglichkeit eines Wiederaufnahmeantrages gewußt, die genauen gesetzlichen Erfordernisse zur Ausführung eines solchen seien ihm nicht bekannt gewesen. Nach § 13a AVG habe die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlung nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. Im konkreten Fall hätte die Behörde den Beschwerdeführer als unvertretene und rechtsunkundige Partei darüber belehren müssen, was ein Wiederaufnahmeantrag zu enthalten habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Abgesehen davon, daß sich nachträglich ergebende rechtliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides keinen Wiederaufnahmegrund bilden (vgl. das bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 652 unter Z. 7 zitierte hg. Erkenntnis vom 15. September 1978, Zl. 2300/77), ist der Antrag auf Wiederaufnahme zurückzuweisen, wenn er keine Angaben über seine Rechtzeitigkeit enthält. In der Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer nicht, daß er bereits in seinem Wiederaufnahmeantrag (bei Einbringung bei der Behörde erster Instanz) Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages gemacht hätte. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, kann ein Fehlen dieser Angaben über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung nicht nach § 13 Abs. 3 AVG als Formgebrechen behandelt werden (vgl. die bei Hauer/Leukauf, a.a.O., S. 660 unten und S. 661 oben angeführte hg. Judikatur). Da das Fehlen der erforderlichen Angaben über die Rechtzeitigkeit der Einbringung des Antrages keiner Verbesserung gemäß § 13 Abs. 3 AVG zugänglich ist, bleibt für die vom Beschwerdeführer gerügte unterlassene Manuduktion der Behörde gemäß § 13a AVG kein Raum. Daß der Beschwerdeführer mit der Baubehörde die Möglichkeit der Stellung eines Wiederaufnahmeantrages grundsätzlich erörtert oder den Wiederaufnahmeantrag mündlich bei der Behörde eingebracht und zu Protokoll gegeben hätte und die Behörde bei dieser Gelegenheit die ihr obliegende Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG nicht erfüllt hätte, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Da die erforderlichen Angaben schon im Antrag enthalten sein müssen, die Möglichkeit einer Verbesserung gemäß § 13 Abs. 3 AVG ausscheidet, und der Beschwerdeführer auch nicht behauptet hat, vor Einbringung seines Antrages Erkundigungen bei der Behörde eingeholt bzw. den Antrag mündlich eingebracht zu haben, bleibt unerfindlich, wann die Behörde von ihrer Manuduktionspflicht hätte Gebrauch machen sollen.

Da der Wiederaufnahmegrund bereits im Antrag angegeben werden muß, konnten die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung nicht mehr als rechtzeitig angesehen werden; mit Recht hat daher die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des abgeschlossenen Verfahrens zurückgewiesen.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Formgebrechen behebbare Baurecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998050086.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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