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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Günter Wenzl in Perchtoldsdorf, vertreten durch Dr. Peter Balogh, Rechtsanwalt in Wien III, Strohgasse 10/7, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Mai 1997, Zl. RU1-V-97065/00, betreffend Zurückweisung eines Baugesuches (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Perchtoldsdorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer hat schon im Jahre 1995 einen Antrag um Erteilung der Baubewilligung für den Umbau und die Aufstockung des Mehrfamilienhauses sowie die Errichtung von Abstellplätzen im Untergeschoß des Wohnhauses auf seinem Grundstück Nr. 138/3, KG Perchtoldsdorf, eingebracht. Mit Schreiben vom 9. April 1996, eingelangt bei der mitbeteiligten Marktgemeinde am 10. April 1996, zog er sein diesbezügliches Ansuchen, das mehrmals abgeändert worden war, zurück.
In der Folge langten laut Einlaufstempel der mitbeteiligten Marktgemeinde am 4. Juli 1996 bei der Baubehörde Einreichpläne für die Errichtung eines Wohnhauses mit 8 PKW-Abstellplätzen im Untergeschoß des Wohnhauses ein. Diese Pläne waren sowohl vom Beschwerdeführer als Bauwerber und Grundeigentümer als auch von D.I.L.J. als Planverfasser unterfertigt. Am selben Tage langten Pläne für die Garagenentlüftung ein, die weder vom Bauwerber und Grundeigentümer noch vom Planverfasser unterfertigt sind. Am 17. Juli 1996 langten bei der Baubehörde Einreichunterlagen mit einer Baubeschreibung für die Garagenentlüftung des gegenständlichen Projektes ein, die ebenfalls weder vom Bauwerber und Grundeigentümer noch vom Planverfasser unterfertigt sind. Mit Schreiben vom 4. Oktober 1996 (wohl irrtümlich mit 1966 datiert) forderte die Baubehörde den Beschwerdeführer unter Zitierung der Bestimmungen der §§ 96 und 97 der NÖ. Bauordnung 1976 gemäß § 13 Abs. 3 AVG auf, ein entsprechendes Ansuchen und die sonstigen Antragsbeilagen bis zum 18. Oktober 1996 vorzulegen, widrigenfalls das Anbringen zurückgewiesen werden müßte. In diesem Schreiben vom 4. Oktober 1996 (1966) wurde auch ausgeführt, welche Einreichunterlagen bis dato bei der Baubehörde eingelangt waren.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 1996, eingelangt bei der Baubehörde am 18. Oktober 1996, legte der Beschwerdeführer einen Grundbuchsauszug und Einreichpläne (dreifach) vor, wobei er darauf hinwies, daß Einreichunterlagen für die Garagenentlüftung sowie Gutachten der Brandverhütungsstelle Tulln bereits am 17. Juli 1996 übergeben wurden. Gleichzeitig ersuchte er um die Durchführung der beantragten Bauverhandlung und legte eine "Beilage zur Einreichung" des D.I.L.J. vor, die weder vom Planverfasser noch vom Beschwerdeführer als Bauwerber und Grundeigentümer unterfertigt ist.
Mit Schreiben vom 22. Oktober 1996 teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer mit, daß nach erfolgter Vorprüfung des Projektes festzustellen sei, daß das eingereichte Projekt dem Bebauungsplan der Marktgemeinde Perchtoldsdorf im Hinblick auf die Gliederung und äußere Gestaltung der Baulichkeiten im erhaltenswürdigen Altortgebiet und im Hinblick auf die Unzulässigkeit von straßenseitigen Dachausbauten widerspreche (wurde näher ausgeführt). Mit Schreiben vom 28. Oktober 1996, eingelangt bei der mitbeteiligten Marktgemeinde am 30. Oktober 1996, erklärte der Beschwerdeführer zum Schreiben vom 22. Oktober 1996, daß er diese Ansicht wegen Irrtumes und falscher rechtlicher Beurteilung zurückweise, er ersuche um Erstellung eines Bescheides, damit er die erforderlichen rechtlichen Schritte einleiten könne.
In der Folge wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 2. Dezember 1996 den Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Juli 1996 samt Ergänzungen vom 17. Juli 1996 und 18. Oktober 1996 gemäß § 13 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 96 Abs. 5 NÖ. Bauordnung 1976 zurück. Nach wie vor seien das Garagenlüftungsprojekt und die Baubeschreibung (als Beilage zur Baueinreichung bezeichnet) weder vom Bauwerber/Grundeigentümer noch von den jeweiligen Planverfassern unterzeichnet.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, seine Liegenschaft weise als Widmung Bau-Wohngebiet auf, 60 % bebaubar, Bauklasse I, II, geschlossen. Somit sei eine Bebauung e + 1, ausgebautes Dachgeschoß hofseitig möglich. Eine andere Bebauung des Dachgeschoßes als ausnahmslos hofseitig sei nicht beabsichtigt. Das Kriterium liege darin, daß die von der Gemeinde erlassene Bestimmung der Bebauungsvorschriften im krassen Widerspruch zur Widmung des Grundstückes stehe. Er fordere die Marktgemeinde daher auf, die Bebauungsbestimmungen im Sinne der Widmung der Liegenschaft zu ändern. Die termingerecht eingereichten Planunterlagen seien durch die derzeit verfügte Bausperre nicht berührt.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. Jänner 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 2. Dezember 1996 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigten Formgebrechen in schriftlichen Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung, die Behörde habe vielmehr dem Einschreiter die Behebung von Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgewiesen werde. Nach Darstellung der vorgelegten Unterlagen wurde ausgeführt, daß die Mängel auch während des laufenden Berufungsverfahrens nicht behoben wurden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung führte der Beschwerdeführer aus, es sei richtig, daß einige bei der Baueinreichung übergebene Unterlagen von ihm als Bauwerber versehentlich nicht unterzeichnet worden seien. Es handle sich um Einreichpläne der Lüftungsdarstellung zum Tiefgaragenobjekt für 8 Abstellplätze. Die fehlenden Unterschriften könnten jederzeit nachgeholt werden. Weiters seien auch die Beilagen über die Wohnungsgrößen nicht unterfertigt, auch das sei jederzeit behebbar.
Mit Bescheid vom 22. Mai 1997 hat die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. Jänner 1997 als unbegründet abgewiesen. Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. November 1997, B 1667/97-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Was unter einem Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG zu verstehen ist, ist im Zusammenhang mit der in Betracht kommenden materiellen Vorschrift zu beurteilen (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 173 zu 6a und 6b zitierte hg. Judikatur). Die §§ 96 und 97 NÖ. BO 1976 normieren, mit welchen Unterlagen ein Baugesuch zu belegen ist. Gemäß § 96 Abs. 5 BO sind die Baupläne, Beschreibungen und Berechnungen vom Bauwerber, sofern er nicht Grundeigentümer ist, auch von diesem und von den Verfassern der Pläne, Beschreibungen und Berechnungen unter Angabe ihrer Eigenschaft zu unterzeichnen.
Die Baubehörde erster Instanz hat dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4. Oktober 1996 den Wortlaut der §§ 96 und 97 NÖ. BO zur Kenntnis gebracht und ihm vorgehalten, welche Unterlagen bereits vorgelegt wurden, und darauf hingewiesen, daß ein Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung und weitere Antragsbeilagen fehlten.
Ein Baugesuch wurde bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht eingebracht, nach wie vor sind z.B. die Unterlagen betreffend die Garagenentlüftung für 8 Stellplätze weder vom Bauwerber und Grundeigentümer, noch vom Planverfasser unterfertigt. Die am 18. Oktober 1996 eingebrachte Beilage zur Baueinreichung, in der auch die konstruktiven Bauteile beschrieben sowie die Ausmaße des umbauten Raumes festgehalten werden, ist weder vom Planverfasser, noch vom Beschwerdeführer als Bauwerber und Grundeigentümer unterfertigt.
Der Beschwerdeführer hat aber noch vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides einen Antrag auf förmliche Bescheiderlassung gestellt. Auf die Erlassung eines Bescheides hat die Partei eines Verfahrens Anspruch, auch wenn der Bescheid nur in einer Zurückweisung besteht (vgl. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A).
Die Aufforderung der Baubehörde vom 4. Oktober 1996, gemäß § 13 Abs. 3 AVG umgehend die Formgebrechen zu beheben, erfolgte schon deshalb zu Recht, weil bis dahin kein Baugesuch eingebracht wurde und jedenfalls die Unterlagen betreffend die Garagenentlüftung nicht unterfertigt waren, die aber zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens unentbehrlich sind.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wurden die erforderlichen Unterlagen nicht innerhalb der eingeräumten Frist und auch nicht bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingebracht.
Zu Recht hat daher schon die Behörde erster Instanz das Baugesuch gemäß § 13 Abs. 3 AVG mangels vollständiger Erfüllung des Verbesserungsauftrages zurückgewiesen. Der Umstand, daß die Baubehörde mit Schreiben vom 22. Oktober 1996 darauf hingewiesen hat, daß das Bauvorhaben im Widerspruch zum Bebauungsplan stehe, hinderte die Behörde nicht daran, den Zurückweisungsbescheid gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu erlassen, ist doch sogar die Berufungsbehörde berechtigt, Formgebrechen, deren Vorliegen die Verwaltungsbehörde erster Instanz übersehen hatte, aufzugreifen, sowie deren Behebung gemäß § 13 Abs. 3 AVG anzuordnen, wenn eine Entscheidung über das Ansuchen ohne Mängelbehebung nicht möglich wäre (vgl. die bei Hauer/Leukauf, a. a.O., Seite 177, zu 36 b und 38 zitierte hg. Judikatur).
Die Behörde war somit berechtigt, das nicht ordnungsgemäß belegte Anbringen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen. Der in der Vorstellung hervorgehobene Umstand, daß die fehlenden Unterschriften jederzeit nachgeholt werden könnten, vermag die Rechtswidrigkeit der baubehördlichen Entscheidung nicht darzutun, im Gegenteil, gerade die Nachholung der erforderlichen Unterschriften (sowie die Vorlage eines Baugesuches) war ja der Zweck des Auftrages gemäß § 13 Abs. 3
AVG.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Formgebrechen behebbare BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998050026.X00Im RIS seit
27.11.2000Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009