Norm
BDG 1979 §43 Abs2Schlagworte
schwere NötigungText
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat am 05.03.2020 nach der am 05.03.2020 in Anwesenheit des Beamten, des Verteidigers, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
der Beamte ist schuldig, er hat
am N.N. um N.N. Uhr in N.N. im dortigen N.N. seinem dort aufhältigen A.A., das Ende des Schlauchs aus dem Beatmungsgerät für vierzig Sekunden gezogen, wobei B.B. auf den Beamten eintreten und einen manuellen Beatmungsbeutel an das Beatmungsgerät anschließen wollte. In diesem Moment steckte der Beamte den Schlauch offensichtlich wieder selbstständig an und A.A. bekam wieder normal Luft.
er hat eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. § 91 BDG 1979 i. d. g. F. begangen,
über den Beamten wird gemäß § 92 Abs. 1, Z. 3 BDG 1979 i. d. g. F. die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von € 3.960,- verhängt.
Dem Beamten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g. F. keine Kosten für das Disziplinarverfahren auferlegt.
Die gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 i. d. g. F. verfügte Suspendierung wird mit heutigem Tag aufgehoben.
Dem Antrag des Beamten auf Abstattung der Strafe in 36 Monatsraten wurde gemäß § 127 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g. F. stattgegeben.
Begründung
Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige der Landespolizeidirektion N.N., vom N.N., GZ N.N. sowie auf das Schreiben der Landespolizeidirektion N.N. vom N.N., GZ N.N.
Die Dienstbehörde hat am N.N. durch eine schriftliche Meldung via Mailverkehr Kenntnis vom Sachverhalt erlangt. Danach soll der Beamte am N.N., gegen N.N. Uhr, in N.N. versucht haben, bei A.A., den lebenserhaltenden Beatmungsschlauch aus der Beatmungsmaschine gezogen zu haben. A.A. leidet an N.N. und ist auf die Beatmungsmaschine angewiesen. Danach soll er B.B., daran gehindert haben, den Beatmungsschlauch wieder anzustecken. Hierzu ließ er sie nicht an die Maschine und stieß sie mehrmals wieder zurück. Nach Angaben der B.B. war der Schlauch für circa 90 Sekunden gelöst, das Opfer A.A. habe bereits zu röcheln begonnen. B.B. trat auf den Beamten ein und wollte einen manuellen Beatmungsbeutel an das Beatmungsgerät anschließen. In diesem Moment steckte der Beamte den Schlauch offensichtlich wieder selbstständig an und A.A. bekam wieder normal Luft. A.A. wurde an Ort und Stelle vom Notarzt der intervenierenden Rettungsdienstkräfte untersucht, dieser stellte keine weitere gesundheitliche Beeinträchtigung oder sonstige Verletzungen fest. Auch andere Beteiligte wurden nicht verletzt.
Der Beamte wurde am N.N., um N.N. Uhr, wegen des dringenden Tatverdachts der versuchten Tötung des A.A. (§§ 15, 75 StGB) und des Vorliegens der obligatorischen Haftgründe nach § 171 Abs. 2 Z 1 der Strafprozessordnung, an Ort und Stelle von C.C. des SPK N.N., festgenommen. Der Beamte steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten gegen die Bestimmungen des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 BDG 1979 verstoßen und dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.
Am N.N. um N.N. Uhr, verständigte die Landespolizeidirektion N.N., das N.N. im Wege des operativen Dauerdienstes der Landespolizeidirektion N.N., über oben stehenden Sachverhalt. Der Beamte werde von B.B. und A.A. beschuldigt, den besagten Luftschlauch aus dem Beatmungsgerät über einen Zeitraum von cirka 90 Sekunden entfernt zu haben. Erst nach einem Handgemenge mit B.B. habe er den Luftschlauch wieder selbstständig in das Beatmungsgerät gesteckt. Die Tathandlung wurde weder von A.A. noch von B.B. gesehen, vielmehr gaben beide übereinstimmend an, dass ausschließlich der Beamte neben dem Beatmungsgerät gestanden sei und deshalb die Entfernung des Luftschlauches nur von ihm möglich gewesen sei. B.B. verständigte im Wege ihrer Tochter die Polizei. Letztendlich ließ sich der Beamte am N.N., gegen N.N. Uhr widerstandslos festnehmen. Die Erhebungen in Bezug auf den dringenden Tatverdacht n §§ 15, 75 Strafgesetzbuch wurden von der LPD N.N., Landeskriminalamt übernommen und sind zurzeit noch nicht abgeschlossen.
Erhebungen und Ergebnis: Sowohl das Opfer A.A. als auch B.B. und Zeugin wurden zum Sachverhalt vom LKA niederschriftlich befragt. B.B. gab sinngemäß an, dass es schon seit langem immer wieder Probleme mit dem Beamten gebe. Es gehe hauptsächlich um finanzielle Angelegenheiten, welche den gemeinsamen behinderten Sohn betreffen. Zurzeit werde eine Paartherapie besucht. Die Gesamtsituation sei wegen des renovierungs-bedürftigen Hauses äußerst schwierig und angespannt. A.A. leidet an N.N. und ist mittlerweile an den Rollstuhl gefesselt. Er kann weder Hände, Arme noch die Beine bewegen. Er kann lediglich die Augen bewegen und sprechen, drückt sich einwandfrei aus und hat auch die Matura abgelegt. Bei seiner niederschriftlichen Befragung belastete A.A.- wie seine Mutter- den Beamten, den Schlauch herausgezogen zu haben. Die Tathandlung selbst konnte aber auch er genauso wenig wie seine Mutter sehen.
Das Landeskriminalamt N.N. übernahm die Ermittlungen zu gegenständlicher Amtshandlung.
Von der Tatortgruppe des LKA N.N. wurde an der Einsatzörtlichkeit eine umfassende Tatortarbeit durchgeführt. Am Beatmungsgerät wurde ein Zugtest mit einer geeichten Federzugwaage durchgeführt. Um den Schlauch aus der Maschine zu ziehen wird eine Zugkraft von cirka 7 kg benötigt, wodurch ein selbstständiges Abrutschen des Schlauches nahezu unmöglich ist. Das LKA beantragte außerdem die technische Überprüfung des Beatmungsgerätes (Auslesen des Gerätes) und die Bestellung eines Sachverständigen zwecks genauer Feststellung, ob ein Ableben des Opfers möglich gewesen wäre bzw. wenn ja, wie lange der Schlauch zu diesem Zweck abgesteckt hätte sein müssen.
Die Ergebnisse stehen noch aus. Der Anlassbericht des LKA, ist der Anzeige angeschlossen.
Untersuchungshaft:
Der vorliegende Sachverhalt wurde vom Landeskriminalamt N.N.am N.N., um N.N. Uhr, dem Journalstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft N.N., C.C. angezeigt, der die Verhängung der Untersuchungshaft in Aussicht stellte und die Einlieferung des Beamten in die Justizanstalt N.N. verfügte. Aufgrund des geschilderten Sachverhalts wurde der Beamte mit Bescheid der Landespolizeidirektion N.N. vom N.N., GZ N.N. gemäß § 112 Abs. 1 BDG vorläufig vom Dienst suspendiert. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft N.N., wurde am N.N. unter Zl N.N., die Untersuchungshaft auf die bei diesem Tatvorwurf obligatorische Dauer von zwei Wochen verhängt. Die Anordnung der kriminaltechnischen Untersuchungen wurde in Aussicht gestellt. Der Beamte wurde mit Anlassbericht vom N.N., GZ: N.N., in die Justizanstalt N.N. eingeliefert. Einer Meldung des LKA N.N. vom N.N., welcher der die entsprechende Entlassungsbestätigung der Justizanstalt N.N. angeschlossen ist, wird der Beamte am N.N. aus der U-Haft entlassen. Der Tatbestand wird von der Staatsanwaltschaft nunmehr unter § 106 StGB subsumiert (der Entlassungsbestätigung zufolge unter §§ 15 i.V. m. 105 und 15 i. v. m. 106 StGB). Es wird sowohl Abstand von der molekulargenetischen Untersuchung als auch von der Bestellung eines Sachverständigen zum Thema, ob ein Ableben durch die Tat möglich gewesen wäre, genommen. Lediglich der sichergestellte Beatmungsschlauch wird daktyloskopisch untersucht. Über den Beamten wurde auch ein Waffenverbot verhängt und gegen ihn ein Betretungsverbot ausgesprochen.
Die Disziplinarkommission verfügte mit Bescheid vom N.N., GZ N.N. die Suspendierung des Beamten gemäß § 112 Abs. 3 BDG. Mit Bescheid gleichen Datums wurde aufgrund des im Spruch bezeichneten Vorwurfs gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
Der Beamte wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen N.N. vom N.N., AZ N.N. wegen Begehung der §§ 15, 105, 106 Abs. 1 Z, 1. erster Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.
In weiterer Folge wurde für den 05.03.2020 eine Verhandlung anberaumt und in Anwesenheit des Beamten durchgeführt.
Der Senat hat dazu erwogen:
Gemäß § 95 Abs. 2 BDG ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen eines Strafgerichtes gebunden und darf diese auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht als nicht erweisbar angenommen hat, wobei sich – der gängigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zufolge (VwGH 16.10.2018, 2007/09/0012, 25.5.2005, 2002/09/0006, 28.10.2004, 20003/09/0050) diese Bindungswirkung auch auf die Feststellungen zur inneren Tatseite beziehen und gilt dies auch für einen allfälligen Milderungsgrund „geminderte Schuldfähigkeit“ (25.5.2005, 2002/09/0006, 12.4.2000, 97/09/0199).
Wurde nach § 95 Abs. 1 BDG ein Beamter wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, ist von der disziplinären Verfolgung abzusehen. Erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung nicht in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes (disziplinärer Überhang) ist nach § 93 BDG vorzugehen.
§ 43 Abs. 2 BDG zufolge hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Laut ständiger Rechtsprechung trifft diese Pflicht den Beamten sowohl in seinen dienstlichen wie auch außerdienstlichen (arg „gesamten“) Verhalten. Ein Verstoß gegen diese Pflicht ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn zwischen dem Verhalten des Beamten und seinen dienstlichen Aufgaben (d.h. seinen funktionsbezogenen Aufgaben bzw. jenen Aufgaben, die jedem Beamten zukommen) eine solche Verbindung besteht, dass von Personen, die mit diesem Beamten in (dienstlichen) Kontakt kommen können, Bedenken zu erwarten sind, er werde seinen (dienstlichen) Aufgaben nicht in sachlicher (rechtmäßiger und korrekter sowie unparteiischer und uneigennütziger) Weise nachkommen. Dies wird insbesondere dann zutreffen, wenn der Beamte gerade jene Rechtsgüter verletzt, deren Schutz zu seinen dienstlichen Aufgaben zählt bzw. deren Schutz die Wahrung der ihm übertragenen Aufgaben dient (besonderer Funktionsbezug). Andererseits gibt es auch Verhaltensweisen, die unabhängig von der Stellung des Beamten eine „unsachliche“ Amtsführung befürchten lassen. Dabei handelt es sich um Verhaltensweisen, die mit der erforderlichen Einstellung eines Beamten zum Dienst keinesfalls vereinbar sind (allgemeiner Funktionsbezug).
Gegenständliches Verhalten wurde außerhalb des Dienstes in der Freizeit gesetzt.
Das Vorgehen des Beamten ist nach Ansicht des Senates keinesfalls mit der erforderlichen Einstellung eines Beamten- egal welcher Ressortzugehörigkeit-zum Dienst vereinbar und ist damit der allgemeine Funktionsbezug verwirklicht.
Der Beamte wurde mit Urteil des Landesgerichtes N.N. vom N.N., AZ N.N. wegen §§ 15, 105, 106 Abs. 1, Z. 1, erster Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Gegenständliches Urteil erwuchs infolge Rechtsmittelverzichts in Rechtskraft.
Nun hat das Gericht zwar dem Bericht des Prozessbeobachters zufolge aufgrund dessen, dass gleich von Anfang an klargestellt worden ist, dass die Familie wieder vereint ist, von der Einvernahme des Beamten Abstand genommen, was auch vom Beamten in der Disziplinarverhandlung bestätigt wurde, doch hat das Gericht mit der Verurteilung den sich aus den ursprünglichen Niederschriften ergebenden Sachverhalt als den Tatsachen entsprechend angesehen mit Ausnahme des Faktums, dass B.B. am Wiedereinstecken des Schlauches gehindert wurde. Die grundsätzliche Tathandlung wurde vom Beamten selbst im Zuge seiner Untersuchung durch den bestellten Sachverständigen E.E. außer Streit gestellt und zeigte sich der Beamte diesbezüglich auch in der Verhandlung reumütig und geständig.
B.B. hätte deshalb den Schlauch nicht anstecken können, weil dies aufgrund seiner Position und des mangelnden vorhandenen Platzes nicht möglich gewesen wäre. Zutreffend sei aber, dass diese versucht habe, ihn zu treten. Es war daher die Schuld- und Straffrage als erwiesen anzunehmen.
Nachdem die gerichtliche Verurteilung -der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zufolge- in jenen Fällen, in denen das strafbare Verhalten zugleich eine Verletzung des in § 43 Abs. 2 BDG festgelegten Tatbestandsmerkmales des Vertrauens der Allgemeinheit beinhaltet, den mit der Disziplinarstrafe verfolgten Zweck, den Beamten an die ihm aufgrund seiner Beamtenstellung obliegenden besonderen Pflichten zu mahnen, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, nicht mitzuerfüllen und daher objektiv auch nicht die mit der Disziplinarstrafe beabsichtigte Wirkung auf den Betroffenen zu entfalten vermag (VwGH, 24.11.1982, Zl. 82/09/0094, 8.10.1986, Zl. 85/09/0252, 15.12.1999, Zl. 98/09/0212), lag jedenfalls ein disziplinärer Überhang vor. Der Begriff „Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ bedeutet dabei nichts anderes, als die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießen soll (VwGH 11.10.1993, Zl. 92/09/0318 und 93/09/0077 bzw. VwGH 16.12.1997, Zl. 94/09/0034). Damit ist auch die Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, beeinträchtigt. Mit der Verhängung der Disziplinarstrafe soll gezeigt werden, dass ein funktionsbeeinträchtigendes Verhalten der Beamten zu missbilligen ist und der Beamte, der dienstbezogenen Verpflichtungen zuwiderhandelt, zur Rechenschaft gezogen wird.
Laut Bericht des Prozessbeobachters wies der Beamte zwar aufgrund eingeholter Sachverständigengutachten zum Tatzeitpunkt einen Blutalkoholwert von zwischen 0,67 – 1,07 %o auf, welcher Wert eine leichte Alkoholisierung darstellt würde. Das angeführte Ausmaß war jedoch dem von E.E. eingeholten Gutachten vom N.N. zufolge nicht geeignet, die Dispositions- und/oder Diskretionsfähigkeit des Beamten aufzuheben. Das Gericht ist offenbar auch nicht davon ausgegangen, dass Dispositions- und/oder Diskretionsfähigkeit dadurch so wesentlich herabgesetzt gewesen ist, dass die Tathandlung nicht als verschuldet zugerechnet werden könnte, zumal sich diesbezüglich kein Hinweis in dem im Urteil aufgelisteten Milderungsgründen findet. Dem angeführten Gutachten zufolge konnte jedoch eine Minderung der Dispositionsfähigkeit psychiatrisch nicht ausgeschlossen werden, doch wurde die diesbezügliche Beurteilung der gerichtlichen Beweiswürdigung anheimgestellt.
Dass die Behinderung des A.A. und -folgt man der Darstellung des Beamten- die Tatsache, dass er im Gegensatz zu B.B. von A.A. keine Wertschätzung erfahren hatte, von diesem beschimpft wurde, dieser ihn mit einer Anzeige gedroht hatte, die schwierige zwischen-menschliche Beziehung zu B.B., die ein Messie und überfordert mit der Betreuung von einer Vielzahl an Haustieren (sechs Hunde, Katzen und Meerschweinchen) sei, im Zusammenhalt damit, dass für die Tiere allein innerhalb von vier Jahren bereits Unsummen an Tierarzt-kosten aufgewendet werden hätte müssen, eine psychische Belastung für die Familie darstellt, vermag das Verhalten des Beamten in keinster Weise zu exkulpieren. Dass der Beamte von A.A. beschimpft und dieser ihn sogar mit einer Anzeige gedroht hatte, wird von A.A. selbst in seiner niederschriftlichen Einvernahme bestätigt, worin dieser angibt, den Beamten als Würstel bezeichnet und diesen geschimpft zu haben, wobei sich beide nichts geschenkt hätten und diesen auch gedroht zu haben, ihn wegen Veruntreuung anzuzeigen.
Wie auch schon im Bescheid des Disziplinarkommission vom N.N. dargelegt wurde, hat der Beamte, wessen er sich auch bewusst war, mit seinem Verhalten A.A. in eine für diesen mit Sicherheit als beklemmend empfundene Situation gebracht. Dass ein Zustand, in dem –wenn auch nur- kurzfristig die Sauerstoffzufuhr unterbrochen ist, als beklemmend und beängstigend empfunden wird, ist wohl für jeden Menschen nachvollziehbar. Es entspricht durchaus der gängigen Lebenserfahrung, dass man sich hie und da verschluckt. Für jedermann ist es daher ein Leichtes nachzuvollziehen, wie es sich anfühlt, wenn man um Luft ringt. Es steht wohl außer Zweifel, dass A.A. diesen Moment als qualvoll empfunden haben muss. Ebenso nachvollziehbar ist auch, dass die Situation –egal wie die Beziehung zu B.B. gerade gewesen ist- für diese gleichfalls qualvoll gewesen sein muss, zumal diese Zeuge dessen wurde, wie A.A. der so notwendige Sauerstoff entzogen wurde. Dazu kommt, dass sie nicht die Möglichkeit hatte, helfend einzugreifen. Das vom Beamten gesetzte Verhalten ist daher in keinster Weise zu tolerieren und handelt es sich dabei –entgegen der Ansicht der Verteidigung- um eine absolut schwere Dienstpflichtverletzung. Wenn die Verteidigung vermeint, dass eine schwere Dienstpflichtverletzung nur eine solche ist, die während der Ausübung eines Dienstes begangen werden kann, unterliegt diese einem grundlegenden Irrtum. Bei Rechtsverletzungen, die außer Dienst erfolgen, stellt die Judikatur –wie eingangs bereits dargestellt wurde- darauf ab, ob der Schutz des betreffenden Rechtsguts allgemein zu den Berufspflichten des Beamten gehört. Damit wird der Anforderung in den erläuternden Bemerkungen Rechnung getragen, dass § 43 Abs. 2 BDG in das außer-dienstliche Verhalten des Beamten nur „in besonders krasse Fälle“ eingreifen wolle. Der damit gewählte Bezugspunkt führt dazu, dass gerade an das Verhalten von Exekutivbeamten besonders qualifizierte Anforderungen gestellt werden, da diese im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben in der Regel zum Schutz vor Verletzungen des gesamten StGB sowie von Großteilen des Verwaltungsstrafrechts berufen sind und man zumindest von ihnen selbst erwarten können muss, dass sie die darin geschützten Rechtsgüter nicht verletzen.
Sowohl gefährliche Drohungen als auch Nötigung wurde vom Verwaltungsgerichtshof als Dienstpflichtverletzung gewertet (VwGH 97/09/0381 vom 15.12.1999). Damit ist klargestellt, dass das vom Beamten in seiner Freizeit gesetzte Verhalten als Dienstpflichtverletzung zu qualifizieren ist. Die Schwere der Dienstpflichtverletzung ergibt sich aus dem Unrechtsgehalt der Tat. Ob das Gericht dieses Verhalten mit einer bedingten Strafe geahndet hat, weil dieses – den Angaben des Verteidigers zufolge- davon ausgegangen ist, dass der Beamte keine solche Tat mehr setzen wird, hat nichts mit der Wertung der Dienstpflichtverletzung als schwere zu tun. Abgesehen davon ist die Strafbemessung des Gerichts insofern für den Senat nicht von Belang, als selbst bei Verhängung einer äußerst mildtätigen Strafe durch das Gericht der Senat den Beamten für denselben Sachverhalt sogar mit Entlassung bestrafen kann, zumal die Zielsetzung der Bestrafung durch das Gericht eine andere ist als bei der Disziplinarkommission. Das vom Beamten gesetzte Verhalten ist, wie zutreffend von der Disziplinaranwaltschaft ausgeführt wurde, durchaus ein solches, das objektiv geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der Agenden durch den Beamten zu beeinträchtigen. Wenn die Verteidigung darauf verweist, dass das Vertrauen des Dienstgebers aber offenbar durch die Tat nicht beeinträchtigt wurde, was sich aus der vom Dienstgeber verfassten Dienstbeschreibung des Beamten ergibt, ist auf die objektive Geeignetheit des Sachverhaltes hinzuweisen. Es ist nicht maßgeblich, dass es tatsächlich zu einer Beeinträchtigung des Vertrauens gekommen ist. Mildernd wurden das Geständnis, die familiären Umstände sowie die bisherige disziplinarrechtliche Unbescholtenheit gewertet. Kein Umstand wurde erschwerend gewertet. Wenn die Disziplinaranwaltschaft als Erschwerungsgrund gewertet wissen will, dass das vom Beamten gesetzte Verhalten gegen Familienangehörige und seinem Schutz Befohlenen gerichtet war, ist dem entgegenzuhalten, dass Tatbestandsmerkmale nicht als Erschwerungsgrund gewertet werden können. Dem Beamten ist jedoch bedingt vorsätzliches Handeln vorwerfbar.
Damit gebricht es bereits an zwei Voraussetzungen für die von der Verteidigung beantragte Verhängung eines Schuldspruches ohne Strafe.
Gemäß § 115 BDG kann im Falle eines Schuldspruches von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden, wenn
1. dies ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist und
2. nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beamten angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen wird, den Beamten von weiteren Verfehlung abzuhalten.
Die erläuternden Bemerkungen verweisen darauf, dass ein Absehen von der Strafe dann möglich sein solle, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Dienstpflichtverletzung unbedeutend sind.
Die Beurteilung einer Verletzung dienstlicher Interessen hat alle Folgen für Funktions-fähigkeit und Ansehen des Beamtentums in Betracht zu ziehen, mit denen die Dienst-pflichtverletzung verbunden war. Sind die Folgen als unbedeutend zu erachten, so erscheinen die dienstlichen Interessen nicht verletzt. Damit können generalpräventive Erwägungen die Anwendbarkeit der Bestimmung ausschließen. Für das Ausmaß der Verletzung dienstlicher Interessen ist mittelbar auch die Schwere der Dienstpflicht-verletzung, dh Unrechtsgehalt und Verschulden des Beamten maßgeblich, wobei davon auszugehen ist, dass insbesondere mit dem Ausmaß der Schuld auch die Bedenken dafür zunehmen, dass die Funktionsfähigkeit des Beamtenapparates auch in Zukunft durch den betreffenden Beamten beeinträchtigt werden wird. Die zweite Voraussetzung für das Absehen von der Strafe bilden spezialpräventive Erwägungen, wobei die fehlende spezialpräventive Notwendigkeit einer Strafe kumulativ zu den erwähnten Voraussetzungen vorliegen muss. Die Dienstpflichtverletzung ist einerseits eine schwere und handelte der Beamte bedingt vorsätzlich, sodass die Anwendung des § 115 BDG nicht in Betracht kommt.
Zutreffender Weise zeichnet die Dienstbeschreibung das Bild eines üblicherweise besonnenen Beamten, doch ist sein Verhalten als so schwer einzustufen, dass jedenfalls schon alleine aus generalpräventiven Gründen eine empfindliche Bestrafung desselben angezeigt erscheinen lässt. In diesem Punkt geht der Senat durchaus konform mit der Ansicht der Disziplinaranwaltschaft. Aufgrund der besonderen jahrelangen extrem belastenden Umstände erachtet der Senat, nachdem im Ergebnis mehrere Milderungs-gründe einem Erschwerungsgrund gegenüberstehen und das judizierte Fehlverhalten offenbar die einzige Verfehlung in einer bisher 36 Jahre dauernden dienstlichen Laufbahn darstellt, dass das Auslangen mit der Verhängung einer Strafe im umseits erkannten Ausmaß gefunden werden kann, zumal bei der Bemessung auch die finanziellen Belastungen, die der Beamte hat, zu berücksichtigen waren. Die Strafe ist tat- und schuldangemessen. Es steht dem Beamten jederzeit frei, die Abstattung der Strafe in Raten zu begehren und bei der Dienstbehörde einen Strafaufschub zu erwirken.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zuletzt aktualisiert am
03.04.2020