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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der Waltraut R in W, vertreten durch Dr. Alexander Kragora, Rechtsanwalt in Wien I, An der Hülben 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Oktober 1995, Zl. UVS-07/27/00222/93, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 12. Februar 1993 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene im Sinn des § 9 Abs. 1 VStG der F-Gerüstbau GmbH zu verantworten, daß von dieser Gesellschaft als Arbeitgeber mit Sitz in Wien im Rahmen der Gewerbeberechtigung "Gerüstverleih" mit Standort in W, C-Gasse, am 15. Oktober 1992 auf der Baustelle in Wien X, K-Gasse, fünf Staatsbürger der CSFR (B. Richard, P. Jozef, K. Lubos, C. Pavel und R. Igor) mit dem Aufbau eines Gerüstes beschäftigt worden seien, obwohl der genannten Gesellschaft für diese Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch diesen Ausländern eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die Behörde erster Instanz gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe von S 150.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen). Zur Begründung verwies die Behörde vor allem auf die Anzeige des Landesarbeitsamtes Wien, wonach die Ausländer der F-Gerüstbau GmbH von der C-Bau Bratislava überlassen worden seien. Die F-Gerüstbau GmbH sei somit als "Beschäftiger" anzusehen, den die Verpflichtung zur Beachtung der Vorschriften des AuslBG treffe. Zu bemerken sei, daß keine Volontärstätigkeit vorliege, weil die ausländischen Arbeitnehmer "vollkommen selbständig auf der Baustelle tätig waren". Die Beschwerdeführerin sei zwar zur Rechtfertigung aufgefordert worden, habe aber die gewährte Frist zur Stellungnahme nicht genutzt.
In der Berufung vom 15. März 1993 (die gleichlautend abgefaßt ist wie in anderen die Beschwerdeführerin betreffenden Beschwerdefällen; vgl. z.B. den mit Erkenntnis vom heutigen Tag entschiedenen Beschwerdefall zu Zl. 95/09/0237, m.w.N.) wurde geltend gemacht, daß nach Ansicht der Beschwerdeführerin Volontärverhältnisse zu den Ausländern vorgelegen seien (die C-Bau GmbH habe ihrer Gesellschafterin, die F-Gerüstbau GmbH, ersucht, "Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen").
Die belangte Behörde führte am 13. Dezember 1994 und am 4. April 1995 mündliche Verhandlungen durch. An diesen nahm jeweils ein Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin teil, die Beschwerdeführerin selbst kam weder am 13. Dezember 1994 (entschuldigt) noch am 4. April 1995 (unentschuldigt) zur Verhandlung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, der in der Verhandlung am 4. April 1995 auch mündlich verkündet worden war, gab die belangte Behörde der Berufung in der Schuldfrage keine Folge. Die verhängten Geldstrafen wurden jedoch insofern herabgesetzt, als diese nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a dritter Strafsatz AuslBG auf fünf Geldstrafen von je S 15.000,-- (insgesamt S 75.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe jeweils sechs Tage) vermindert worden.
Nach Wiedergabe des Verfahrensganges (hier auch des Inhaltes der mündlichen Verhandlungen) führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, es sei festzuhalten, daß der Umstand, daß die betretenen Arbeitnehmer für die F-Gerüstbau GmbH tätig gewesen seien, in der Berufung nicht bestritten werde. Strittig sei lediglich, ob es sich dabei um Arbeits- oder Volontariatsverhältnisse gehandelt habe. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der als glaubwürdig und schlüssig zu beurteilenden Zeugenaussagen, sei der im Spruch genannte Sachverhalt als erwiesen anzunehmen. Die belangte Behörde sei (aufgrund im angefochtenen Bescheid näher zitierter Zeugenaussagen) zur Überzeugung gelangt, daß die Arbeiter ihr Handwerk beherrscht hätten, und nicht Volontäre gewesen seien, "zumal auch nichts auf eine konkrete Ausbildung hindeutete". Dieser Eindruck sei auch durch in einem Parallelverfahren gemachte Aussagen untermauert worden, die im gegenständlichen Verfahren hätten verlesen werden dürfen, weil der Aufenthalt dieser Zeugen unbekannt bzw. deren Erscheinen wegen entfernten Aufenthaltes nicht möglich sei. Die seitens der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen über die Geschäftsbeziehungen zwischen der C-Bau Österreich und der C-Bau Bratislava, sowie zwischen C-Bau Österreich und der F-Gerüstbau über die Gerüster und deren Ausbildung sowie über interne Verantwortlichkeiten seien nicht geeignet, den von den Zeugen wahrgenommenen Sachverhalt in Zweifel zu ziehen. Gemäß § 51f Abs. 2 VStG habe das Nichterscheinen der Beschwerdeführerin weder die Durchführung der Verhandlung noch die Verkündung des Bescheides behindert.
Die Beschwerdeführerin habe sich darauf berufen, daß es sich bei den Ausländern um Volontäre der C-Bau Bratislava gehandelt habe, welche von der C-Bau G mit Zustimmung der F-Gerüstbau auf der Baustelle der letztgenannten Gesellschaft als Volontäre eingesetzt worden seien. Die allgemein gehaltene Behauptung, es habe sich um Volontäre gehandelt, sei schon allein deshalb nicht zutreffend, weil die fünf ausländischen Arbeitskräfte ihre Tätigkeiten über längere Zeit selbständig ausgeübt hätten, ohne daß eine Bezugsperson vorhanden gewesen wäre, welche für "schulende Erklärungen zur Verfügung gestanden wäre". Es sei somit schon deshalb nicht von einem Volontariatsverhältnis im Sinn des § 3 Abs. 5 AuslBG auszugehen. Die Beschwerdeführerin sei zur Tatzeit unbestritten vertretungsbefugte Geschäftsführerin der F-Gerüstbau GmbH und damit gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich gewesen. Die in der mündlichen Verhandlung im allgemeiner Form behauptete Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 VStG sei weder konkretisiert noch in irgendeiner Weise gelegt worden. Zum Vorbringen, es habe sich um ein "Dauerdelikt" gehandelt, sei zu sagen, daß es diesbezüglich nicht auf die Art der angelasteten Verwaltungsübertretung ankomme, sondern auf die Nämlichkeit der eingesetzten Arbeitnehmer. Zum Zeitpunkt der Entscheidung seien bereits die UVS-Entscheidungen 07/18/192/93 vom 8. Juli 1994, 07/13/1105/93 vom 6. Juli 1994, 07/22/217/93 vom 2. März 1994 und 07/25/799/93 vom 16. Jänner 1995 vorgelegen. In all diesen Verfahren sei die Beschwerdeführerin aber wegen der Beschäftigung von Ausländern bestraft worden, die mit den hier verfahrensgegenständlichen nicht ident seien. Die Zurechnung als fortgesetztes Delikt sei daher nach der Aktenlage und dem Wissensstand der belangten Behörde nicht möglich. Im übrigen wäre es an der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, dieses Vorbringen näher zu konkretisieren.
Bei der Strafbemessung sei vom dritten Strafrahmen des § 28 Abs. 1 AuslBG (S 10.000,-- bis S 120.000,--) auszugehen gewesen. Die Strafen seien herabzusetzen gewesen, weil die Beschwerdeführerin aufgrund des nunmehrigen Konkurses derzeit ein unterdurchschnittliches Einkommen beziehe und vermögenslos sei. Eine weitere Herabsetzung sei wegen des an sich hohen Unrechtsgehaltes der Taten, wobei die Beschwerdeführerin auch vorsätzlich gehandelt habe, nicht in Betracht gekommen.
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird geltend gemacht, der angefochtene Bescheid sei der Beschwerdeführerin erst am 13. November 1995, und sohin außerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 3 VStG (Tatzeit 15. Oktober 1995), zugestellt worden. Bei diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, daß ein Bescheid mit seiner mündlichen Verkündung demjenigen gegenüber Wirksamkeit erlangt, der zur Verhandlung vor der Behörde trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne ausreichende Entschuldigung im Sinn des § 51f Abs. 2 VStG nicht erschienen ist. Durch die Verkündung des Bescheides in der mündlichen Verhandlung am 4. April 1995 wurde damit die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 3 VStG gewahrt (vgl. dazu auch die an die Beschwerdeführerin ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1998, 96/09/0339, 0369, 0370, vom 18. März 1998, 96/09/0079, sowie beispielsweise vom heutigen Tag zu Zl. 95/09/0237).
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in einer Mehrzahl von Erkenntnissen (u.a. den soeben angeführten) die Ansicht der belangten Behörde geteilt, daß bei vergleichbaren Sachverhalten (und gleichgelagerten Vertragskonstruktionen) das Vorliegen von Volontariatsverhältnissen im Sinn des § 3 Abs. 5 AuslBG zu verneinen ist. Zu dem in diesem Zusammenhang erstatteten Beschwerdevorbringen wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf diese Erkenntnisse (sowie weiters die Erkenntnisse z.B. vom 19. Oktober 1995, 94/09/0168 und 94/09/0186, vom 7. Mai 1996, 94/09/0260, und vom heutigen Tag zu Zl. 95/09/0237, jeweils m. w.N.) verwiesen.
Wie etwa im eben zitierten Erkenntnis zu Zl. 95/09/0237 unterliegt auch im Beschwerdefall das erstmals in der Beschwerde enthaltene Vorbringen, wegen "desselben Vorfalles" sei auch der Geschäftsführer der C-Bau GmbH von der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung bestraft worden (derzeit sei diesbezüglich ein Berufungsverfahren anhängig) dem Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG (wobei auch hier nochmals darauf hinzuweisen ist, daß eine mehrfache Bestrafung nach dem AuslBG insofern durchaus möglich und zulässig ist, als sowohl der Beschäftiger - überlassener Arbeitskräfte - als auch der Überlasser - von überlassenen Arbeitskräften - Täter einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG sein kann).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ausgeführt, warum sie in bezug auf näher bezeichnete "UVS-Entscheidungen" nicht von fortgesetzten Delikten ausgehen konnte. Die Beschwerdeführerin habe im übrigen auch nicht näher konkretisiert, worin sie das Vorliegen eines Dauerdeliktes bzw. fortgesetzten Deliktes erblicke.
Die Beschwerde läßt diese Ausführungen unbestritten. Die Beschwerdeführerin behauptet in der Beschwerde allerdings, wegen der "spruchgegenständlichen Ausländer R. Igor und K. Lubos wurde ich bereits zu UVS 07/01/0759/93 rechtskräftig bestraft, zu UVS 07/03/00760/93 der mündliche Berufungsbescheid verkündet und zu UVS 07/26/00221/93 (derzeit beim Verwaltungsgerichtshof anhängig) rechtskräftig bestraft". Eine derartige mehrfache Bestrafung wegen derselben Personen sei jedenfalls rechtswidrig.
Mit diesem Vorbringen allein wird aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, weil eine "mehrfache Bestrafung" nur unter den besonderen Voraussetzungen der Rechtsfigur des fortgesetzten Deliktes unzulässig wäre (siehe dazu im einzelnen die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1998, 96/09/0339, 0369, 0370, sowie 96/09/0313, m.w.N.). Daß ein solches vorgelegen wäre, wird in der Beschwerde - insofern auch anders als im eben zitierten Beschwerdefall zu Zl. 96/09/0313 - nicht einmal behauptet (anzumerken ist auch, daß das laut Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Verfahren zu UVS-07/26/00221/93 - hg. Zl. 95/09/0330 - nicht die von der Beschwerdeführerin genannten R. Igor und K. Lubos betrifft).
Eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung ist weiters das erstmalige Beschwerdevorbringen, die C-Bau GmbH sei an der Baustelle in Ausführung eines Subauftrages der F-Gerüstbau GmbH tätig geworden, sodaß allenfalls deren Geschäftsführer (der Sohn der Beschwerdeführerin) zu bestrafen gewesen wäre. Der Beschwerdeführerin wäre es freigestanden, ein derartiges Vorbringen bereits im Verwaltungsverfahren zu erstatten, in dem sie trotz mehrmals gebotener Gelegenheit in keiner Weise mit der nunmehr in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde vorgetragenen Sachverhaltskonstellation argumentiert hat (vgl. dazu im übrigen ebenfalls die Erkenntnisse vom heutigen Tag zu den Zlen. 95/09/0314, 95/09/0330, und 95/09/0331). Außerdem werden in der Beschwerde die Angaben betreffend ein bestehendes Subauftragsverhältnis nicht näher konkretisiert. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum der Umstand der Subbeauftragung, auch ohne "Zutun" der Beschwerdeführerin "unschwer festgestellt" hätte werden können. Mag auch die Beschwerdeführerin "nach den Verfahrensgesetzen nicht dazu verpflichtet" sein, ihren "eigenen Sohn zu belasten", wäre es doch Aufgabe der Beschwerdeführerin im Rahmen der sie auch im Verwaltungsstrafverfahren treffenden Mitwirkungsverpflichtung gewesen, für ihre Entlastung sprechende Umstände konkret geltend zu machen (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1996, 95/09/0260).
Zur Strafbemessung wird lediglich gerügt, es hätte als mildernd berücksichtigt werden müssen, daß die Beschwerdeführerin über kein Vermögen verfüge. Hier genügt es, darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ohnedies die Vermögenslosigkeit als Grund für die Herabsetzung der Geldstrafe wertete und der Verwaltungsgerichtshof bereits in den mehrfach zitierten Erkenntnissen vorgebrachte Bedenken gegen die Strafbemessung nicht teilte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers
Schlagworte
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995090344.X00Im RIS seit
20.11.2000