Entscheidungsdatum
12.03.2020Norm
WRG 1959 §102 Abs1bText
BESCHLUSS
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde der A AG, vertreten durch B, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 08. Oktober 2019, Zl. ***, betreffend Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung, Einräumung von Zwangsrechten und wasserrechtliche Kollaudierung, beschlossen:
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 12 Abs. 2, 107 Abs. 1 und 121 Abs. 1 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 i.d.g.F.)
§§ 41 und 42 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG 1991, BGBl. Nr. 51/1991 i.d.g.F.)
§§ 24, 27, 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F.)
§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F.)
Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 i.d.g.F.)
Begründung
1. Sachverhalt
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 24. April 1989, ***, wurde der Gemeinde *** eine wasserrechtliche Bewilligung für eine Kanalisationsanlage erteilt. Im Zuge der Ausführung kam es zu Abweichungen. Der in den Projektunterlagen als Schmutzwasserkanalstrang Nr. *** bezeichnete Teilabschnitt der Kanalisation wurde nicht auf der genehmigten Trasse, sondern über die Grundstücke Nr. ***, ***, ***, ***, *** und ***, KG ***, verlegt. Weil dadurch das Eigentumsrecht der A AG (in der Folge: die Beschwerdeführerin) betroffen war und diese der nachträglichen Genehmigung nicht zustimmte, kam es zu keiner Genehmigung im wasserrechtlichen Überprüfungsverfahren betreffend die im Jahre 1989 bewilligte Gesamtkanalisations-anlage.
Mit im Instanzenzug bestätigten Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 18. Dezember 2006, ***, wurde die Gemeinde *** auf Antrag der Grundeigentümerin (der nunmehrigen Beschwerdeführerin) verpflichtet, den auf den Grundstücken Nr. ***, ***, *** und ***, KG ***, gelegenen Kanalstrang zu beseitigen. Dem Auftrag ist die Gemeinde *** (bislang) nicht nachgekommen.
Nach Abschluss eines Zivilprozesses betreffend die Feststellung der Eigentums-verhältnisse am Grundstück Nr. ***, KG ***, auf welchem die ursprüngliche Trasse des Strangs Nr. *** geplant war, begehrte die Gemeinde *** unter Vorlage von Projektunterlagen die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die auf Grundstücken der Beschwerdeführerin verlegte Kanalisationsanlage. Im Hinblick auf die in Aussicht genommene Einräumung von Zwangsrechten wurden Variantenstudien vorgenommen und der Behörde vorgelegt.
Nach weiteren Verfahrensschritten (Einholung von Gutachten und Stellungnahmen, darunter auch eine als „vorläufige Stellungnahme“ bezeichnete Äußerung der Beschwerdeführerin) beraumte die Landeshauptfrau von NÖ (in der Folge: belangte Behörde), zunächst mit Kundmachung vom 06. August 2018 für 27. September 2018 eine mündliche Verhandlung an, welche allerdings wieder abberaumt wurde. Schließlich erfolgte eine neuerliche Ladung/Kundmachung für eine wasserrechtliche Bewilligungsverhandlung am Montag, den 25. März 2019, um 09:00 Uhr, im Gemeindeamt ***. In der Ladung/Kundmachung findet sich eine ausführliche Darstellung des Verfahrensverlaufs mit umfangreicher Wiedergabe des Inhalts diverser Verhandlungsschriften und Gutachten. Auch die „vorläufige Stellungnahme“ der Beschwerdeführerin vom 18. Juli 2018 wird inhaltlich wiedergegeben.
Unter Punkt II. der Ladung/Kundmachung heißt es, dass die Gemeinde *** unter Projektvorlage um nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für den Kanalstrang *** angesucht und hinsichtlich der Grundstücke der A die Einräumung eines Zwangsrechts beantragt hätte.
An anderer Stelle wird auf das bei der belangten Behörde und im Gemeindeamt *** zur Einsicht aufliegende Projekt hingewiesen.
Schließlich finden sich Hinweise auf die Erforderlichkeit der Erhebung von Einwendungen zur Wahrung der Parteistellung, auf die jeweils einzuhaltende Form und die dabei zu beachtenden Termine.
Eine Ladung mit dem vorerwähnten Inhalt wurde der Beschwerdeführerin ausweislich des vorliegenden Rückscheins am 14. Februar 2019 zugestellt. Im Zeitraum zwischen Anberaumung der Verhandlung (einschließlich jener für den 27. September 2018) bis zur mündlichen Verhandlung am 25. März 2019 sowie während dieser Verhandlung langten Einwendungen bei der belangten Behörde nicht ein. Weder ist in diesem Zeitraum eine schriftliche Eingabe der Beschwerdeführerin eingebracht worden, noch findet sich im Original der Verhandlungsschrift vom 25. März 2019 eine Erklärung des dabei anwesenden Vertreters der Beschwerdeführerin.
In der Verhandlungsschrift ist festgehalten, dass der Verhandlungsleiter Parteistellung und Vertretungsbefugnis der Anwesenden überprüft und diese über ihre Rechte bei der Verhandlung belehrt hat. Ausdrücklich findet sich die Feststellung, dass „im Rahmen der Manuduktionspflicht Herr C (Anmerkung: der Vertreter der Beschwerdeführerin) über seine Rechte aufgeklärt und auch dargelegt worden sei, weshalb aus der Sicht der Wasserrechtsbehörde nunmehr eine wasserrechtliche Bewilligung für den Kanalstrang *** möglich“ wäre. In der Folge sind diverse Gutachten wiedergegeben.
Weiters ist protokolliert, dass die (um 9: 00 Uhr begonnene) Verhandlung in der Zeit von 11:30 Uhr bis 16:40 Uhr unterbrochen worden ist und dass eine Fortsetzung der Verhandlung nachmittags geplant war; da der Amtssachverständige für Geohydrologie jedoch nicht mehr teilnehmen konnte, würde das geohydrologische Gutachten ergänzend eingeholt und im Wege des Parteiengehörs zur Stellungnahme übermittelt werden. Abschließend findet sich der Vermerk, dass sich die „nichtunterfertigten Personen“ vor Schluss der Verhandlung, ohne Einwendungen zu erheben, entfernt hatten. Die Verhandlung wurde um 16:40 Uhr wieder geschlossen.
In den Aktenunterlagen befindet sich ein Dokument, welches vom Verhandlungsleiter offensichtlich nach der mündlichen Verhandlung angefertigt wurde und dem im Anschluss an den Text der Verhandlungsschrift unter anderem ein Aktenvermerk vom 30. März 2019 angefügt ist. Darin ist festgehalten, dass die „Kanalverhandlung“ bereits um 11:30 Uhr „zu Ende“ gewesen sei und noch bis 16:40 Uhr zugewartet worden wäre, ob der Amtssachverständige für Geohydrologie noch käme. In der Zeit von 13:30 Uhr bis 15:20 Uhr hätte eine Bewilligungsverhandlung betreffend die „in derselben Künette wie der Kanal“ verlegte Wasserleitung des Gemeindeverbandes Wasserversorgung *** stattgefunden, bei der Herr C wiedererschienen sei und eine Erklärung ins Protokoll diktiert hätte. Dieser Ausschnitt aus dem Protokoll wird im besagten Aktenvermerk wiedergegeben.
In der Folge wurde ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Geohydrologie eingeholt und überdies eine ergänzende Stellung der Amtssachverständigen für Landwirtschaft abgegeben. Dazu äußerte sich die Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs.
Schließlich erließ die belangte Behörde den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 08. Oktober 2019, ***. Darin wurde in einem Spruchteil I der Gemeinde *** die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für den Schmutzwasserkanalstrang *** auf den Grundstücken der Beschwerdeführerin Nr. ***, ***, ***, ***, *** und ***, alle KG ***, erteilt und ausgesprochen, dass die Festlegung einer Bauvollendungsfrist angesichts der bescheidmäßigen Ausführung der Anlage entbehrlich sei. Weiters wurden – für den Betrieb der Anlage maßgebliche – Auflagen erteilt.
Im Spruchteil II wurde für den Bestand und Betrieb der im Spruchteil I bewilligten Kanalisation auf den näher genannten Grundstücken mit näher angeführter Länge und mit einer „Servitutsbreite von 3 m“ ein Zwangsrecht in Form einer Dienstbarkeit eingeräumt.
Mit Spruchteil III wurde der Beschwerdeführerin eine Entschädigung zuerkannt. Spruchteil IV enthält die Feststellung, dass der unter Spruchteil I genehmigte Schmutzwasserkanalstrang *** bereits projekt- und bedingungsgemäß ausgeführt worden sei. Im Spruchteil V wurde die Gemeinde *** zur Bezahlung von Verfahrenskosten verpflichtet.
In der Begründung gibt die belangte Behörde neuerlich den bereits in der Verhandlungskundmachung zitierten Inhalt von Schriftstücken wieder und ergänzt diesen um die bei der Verhandlung bzw. in der Folge abgegebenen Gutachten und Stellungnahmen. Im Rahmen der rechtlichen Erwägungen befasst sich die belangte Behörde mit der Frage der Einräumung eines Zwangsrechts und kommt schließlich zum Ergebnis, dass die Zwangsrechtseinräumung, auch zumal die Gemeinde die Kanalverlegung in gutem Glauben auf dem in der Natur vorhandenen Weg durchgeführt hätte, gerechtfertigt wäre. Der nachträgliche Einbau von Dichtriegeln, wie von der Beschwerdeführerin gefordert, sei aufgrund der fachlichen Einschätzung des Amtssachverständigen für Geohydrologie entbehrlich.
Zum Thema „Kollaudierung“ hält die belangte Behörde fest, dass die mit Spruchteil I genehmigten Kanalstränge bereits projektgemäß hergestellt worden seien. Die Einhaltung „der Auflagen“, sei bereits bei vorangegangenen Verhandlung überprüft und bestätigt worden.
Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 11. Oktober 2019 zugestellt.
In ihrer dagegen mit Schriftsatz vom 28. bzw. 30. Oktober 2019 (beide Daten finden sich in der Eingabe) erhobenen Beschwerde erklärt die mittlerweile anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin den genannten Bescheid hinsichtlich der Spruchteile I, II, IV und V anzufechten. Begehrt wird, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und den Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung für den Schmutzwasserkanal-
strang *** auf den Grundstücken der Beschwerdeführerin sowie den Antrag auf Einräumung eines Zwangsrechtes und „die Bewilligung der Kollaudierung“ abzuweisen. Begründend wird in Bezug auf die Bewilligung und Einräumung des Zwangsrechts geltend gemacht, dass im Hinblick auf den Bescheid vom 18. Dezember 2006, ***, entschiedene Sache vorliege, der Kanal in seiner Ausführung nicht bewilligt hätte werden dürfen, da verabsäumt worden sei, Lehmsperren einzubauen und die Errichtung von neun Putzschächten nicht „dem vorgeschriebenen Stand der Technik“ genügen würde. Außerdem sei die Einräumung einer Servitut nicht hinreichend konkret umschrieben und damit unbestimmt. Schließlich hätte es auch andere mögliche Varianten, unter anderem die Verlegung des Kanals auf Eigengrund der Antragstellerin, gegeben. Außerdem sei die Beschwerdeführerin anlässlich der Ladung nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, dass auch die Einräumung von Zwangsrechten gegenständlich sei. Sie sei auch nicht über den Umfang der Verhandlung informiert, nicht angeleitet und dadurch in ihrem Recht auf Parteiengehör und auf Manuduktion verletzt worden.
Außerdem hätte die Behörde sich auf Angaben eines Ziviltechnikerbüros, welches sich im Verfahrensverlauf bereits mehrmals geirrt hätte, nicht verlassen dürfen.
Zum Kollaudierungsverfahren wird (lediglich) vorgebracht, dass der Kanal nicht dem Stand der Technik entsprechend ausgeführt und die projekt- und bedingungsgemäße Ausführung auch nicht überprüft worden sei.
Die belangte Behörde legte dem Gericht die Beschwerde sowie die Akten des Verwaltungsverfahren einschließlich der Vorakten zur Entscheidung vor. Das Gericht gab der Gemeinde Gelegenheit zur Äußerung und forderte auch die Beschwerdeführerin unter Übermittlung von Aktenkopien zur Äußerung auf, wobei insbesondere vorgehalten wurde, dass Einwendungen im maßgeblichen Zeitraum bzw. in der Verhandlungsschrift nicht protokolliert sind. Auch wurde ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, in die bei Gericht aufliegenden Akten Einsicht zu nehmen. Die mit einer 3-wöchigen Frist zur Äußerung verbundene Aufforderung wurde der Beschwerdeführerin, zuhanden deren Rechtsvertreterin, am 05. Februar 2020 zugestellt. Am 20. Februar 2020 kontaktierte diese telefonisch den zuständigen Richter, um die Frage des Unterlassens von Einwendungen anzusprechen. Sie brachte dabei zum Ausdruck, sich nicht vorstellen zu können, dass der einschreitende Vertreter der Beschwerdeführerin nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben hätte, und kündigte an, ein diesbezügliches Vorbringen noch erstatten zu wollen. Eine inhaltliche Äußerung zur Aufforderung des Gerichts erfolgte innerhalb der eingeräumten Frist nicht. An deren letztem Tag langte ein Fristerstreckungs-antrag mit der Begründung einer (zeitlich nicht konkretisierten) urlaubsbedingten Abwesenheit der Antragstellervertreterin ein, worin begehrt wurde, die Äußerungsfrist und Frist zur Urkundenvorlage bis zum 25. März 2020 zu erstrecken.
2. Beweiswürdigung
Diese Feststellungen ergeben sich aus den unbedenklichen Akten der belangten Behörde sowie des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich. Soweit die Beschwerdeführerin bestreitet, von der beabsichtigten Zwangsrechtseinräumung mit der Ladung nicht verständigt worden zu sein, über den Umfang der Verhandlung nicht informiert und nicht angeleitet worden zu sein, wird auf den eindeutigen Wortlaut der Verhandlungskundmachung, wie oben wiedergegeben, hingewiesen. Auch wenn der Ladungstext durch die exzessive Wiedergabe von Schriftstücken aus dem Verfahrensverlauf überflüssigerweise überfrachtet erscheint, ergibt sich doch daraus zweifelsfrei, dass Verhandlungsgegenstand die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung des in Rede stehenden Schmutzwasserkanalstrangs unter Einräumung des dafür erforderlichen Zwangsrechts sein sollte. Auch kann dem Beschwerdevorbringen nicht gefolgt werden, wonach die Beschwerdeführerin nicht angeleitet, in ihrem Recht auf Parteiengehör und auf Manuduktion verletzt worden wäre, findet sich doch in der Ladung zur Verhandlung eine dem Gesetz entsprechende Information zur Präklusion. Außerdem enthält die Verhandlungsschrift einen ausdrücklichen Hinweis auf die Manuduktion des Beschwerdeführervertreters; Gegenteiliges behauptet die Beschwerdeführerin nicht und vermag die lapidare Behauptung in der Beschwerde Zweifel an der Richtigkeit der von der belangten Behörde aufgenommenen Verhandlungsschrift nicht zu wecken. Schließlich ist die Beschwerdeführerin der Annahme des Gerichts, dass innerhalb der maßgeblichen Frist keine Einwendungen erhoben worden sind, nicht entgegengetreten. Auch wenn man ungeachtet der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren außerhalb von mündlichen Verhandlungen geltenden Grundsatz der Schriftlichkeit (vgl. § 12 VwGVG) das telefonische Vorbringen berücksichtigt, wurden auch dabei substanzielle Zweifel am Fehlen tauglicher Einwendungen nicht erhoben. Es steht daher fest, dass die Beschwerdeführerin (rechtzeitige) Einwendungen im Sinne des
§ 42 Abs. 1 AVG gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung unter Einräumung von Zwangsrechten nicht erhoben hat.
Die Durchführung des wasserrechtlichen Kollaudierungsverfahren war, wie sich aus dem Text eindeutig ergibt, jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Verhandlungs-kundmachung.
Weiterer Feststellungen bedarf es, wie sich aus den rechtlichen Erwägungen ergeben wird, im Gegenstand nicht.
3. Rechtliche Erwägungen des Gerichts
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:
3.1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959)
§ 12 (…)
(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.
(…)
§ 102 (1) Parteien sind:
a)
der Antragsteller;
b)
diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren
Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die
Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und
Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die
einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;
ferner
c)
im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten
die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;
d)
Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und
§ 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;
e)
diejenigen, die als Mitglieder einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes
herangezogen werden sollen;
f)
im Verfahren über die Auflösung von Wassergenossenschaften oder Wasserverbänden die im § 83
Abs. 3 genannten Personen und Stellen;
g)
diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch ein Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1)
als rechtliche Interessen anerkannt wurden;
h)
das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten
Aufgaben, nach Maßgabe des § 55 Abs. 5.
(
§ 107 (1) Das Verfahren ist nach Maßgabe der Bestimmungen des § 39 Abs. 2 AVG durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung fortzusetzen. Zu dieser sind der Antragsteller und die Eigentümer jener Grundstücke, die durch die geplanten Anlagen oder durch Zwangsrechte (§ 60) in Anspruch genommen werden sollen, persönlich zu laden; dies gilt auch für jene im Wasserbuch eingetragenen Wasserberechtigten und Fischereiberechtigten, in deren Rechte durch das Vorhaben eingegriffen werden soll. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG kundzumachen und darüber hinaus auf sonstige geeignete Weise (insbesondere durch Verlautbarung in einer Gemeindezeitung oder Tageszeitung, Postwurfsendungen). Wird das Verfahren bei wasserrechtlichen Vorhaben mit möglichen erheblichen negativen Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer nicht durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung fortgesetzt, sind die gemäß § 41 Abs. 2 AVG notwendigen Angaben auf einer für nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen zugänglichen elektronischen Plattform für sechs Wochen zur Einsicht bereitzustellen. Soll durch das Vorhaben in Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, eingegriffen werden, ist die zuständige Agrarbehörde von der Verhandlung zu verständigen.
(…)
§ 121 (1) Die Ausführung einer nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes oder unter Mitanwendung diese Bundesgesetzes bewilligungspflichtigen Wasseranlage ist unverzüglich der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde bekannt zu geben. Diese hat sich in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumaße, zu überzeugen, die Messungsergebnisse schriftlich festzuhalten, das Ergebnis dieser Überprüfung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung etwa wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden. Wird bei einer Fristüberschreitung die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt, so gilt die Anlage als fristgemäß ausgeführt (§ 112 Abs. 1).
(…)
Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)
§ 41 (1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies an der Amtstafel der Gemeinde, durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung oder durch Verlautbarung im elektronischen Amtsblatt der Behörde kundzumachen.
(2) Die Verhandlung ist so anzuberaumen, dass die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können. Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. Sie kann unter Hinweis auf die gemäß § 39 Abs. 4 eintretenden Folgen die Aufforderung an die Parteien enthalten, binnen einer angemessenen, vier Wochen möglichst nicht übersteigenden Frist alle ihnen bekannten Tatsachen und Beweismittel geltend zu machen. Falls für Zwecke der Verhandlung Pläne oder sonstige Behelfe zur Einsicht der Beteiligten aufzulegen sind, ist dies bei der Anberaumung der Verhandlung unter Angabe von Zeit und Ort der Einsichtnahme bekanntzugeben.
§ 42 (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.
(1a) Die Kundmachung im Internet unter der Adresse der Behörde gilt als geeignet, wenn sich aus einer dauerhaften Kundmachung an der Amtstafel der Behörde ergibt, dass solche Kundmachungen im Internet erfolgen können und unter welcher Adresse sie erfolgen. Sonstige Formen der Kundmachung sind geeignet, wenn sie sicherstellen, dass ein Beteiligter von der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.
(3) Eine Person, die glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, rechtzeitig Einwendungen zu erheben, und die kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, kann binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache bei der Behörde Einwendungen erheben. Solche Einwendungen gelten als rechtzeitig erhoben und sind von jener Behörde zu berücksichtigen, bei der das Verfahren anhängig ist.
(4) Versäumt derjenige, über dessen Antrag das Verfahren eingeleitet wurde, die Verhandlung, so kann sie entweder in seiner Abwesenheit durchgeführt oder auf seine Kosten auf einen anderen Termin verlegt werden.
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)
§ 12 Bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht sind die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen. Dies gilt nicht in Rechtssachen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG.
§ 24 (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1.
der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2.
die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
3.
wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
§ 27 Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(…)
§ 31 (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(…)
Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG)
§ 25a (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(…)
Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
Art. 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
(…)
Art. 132. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:
1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. der zuständige Bundesminister in Rechtssachen in einer Angelegenheit der Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a
Abs. 3 und 4.
(…)
Art. 133. (…)
(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage
abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe
Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(…)
3.2. Rechtliche Beurteilung
3.2.1. Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin den oben näher bezeichneten Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ (der Umstand, dass als belangte Behörde das „Amt der NÖ Landesregierung genannt wird, schadet gegenständlich nicht), ausgenommen den Ausspruch über die Entschädigung zur Gänze, angefochten. Im Ergebnis geht es ihr darum, dass die von der belangten Behörde ausgesprochene nachträgliche Bewilligung für eine Kanalverlegung samt Einräumung von Zwangsrechten nicht erfolgt. Weshalb der Spruchteil V, mit welcher der Gemeinde *** Verfahrenskosten auferlegt wurden, angefochten wurde, ergibt sich aus dem Rechtsmittel nicht. Da durch diese Verpflichtung der Gemeinde eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin von vorherein nicht in Betracht kommt, weshalb die Beschwerde insoweit jedenfalls unzulässig ist, erübrigte sich diesbezüglich die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens.
Auch zur Stattgabe des Fristerstreckungsbegehrens vom 26. Februar 2020 sieht sich das Gericht nicht veranlasst, wurde die gerichtliche Aufforderung doch nachweislich der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin bereits am 5. Februar 2020 ordnungsgemäß zugestellt und bestand für diese – wie ihre Interventionen vom 20. und 26. Februar 2020 belegen – hinreichend Gelegenheit zur Äußerung zur Frage der Präklusion. Was den Beleg des rechtlichen Bestehens der Beschwerdeführerin anbelangt, wird dies zu ihren Gunsten angenommen – unzutreffenden falls könnte sie jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt sein.
3.2.2. Unzweifelhaft ist, dass der Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin, deren Liegenschaften projektgemäß gegen ihren Willen und unter Einräumung eines Zwangsrechts in Anspruch genommen werden sollen, im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren einschließlich des Zwangsrechtsverfahrens gemäß § 12 Abs. 2 iVm § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 Parteistellung zukam.
Die Beschwerdeführerin kann unter anderem nur dann mit Aussicht auf Erfolg Beschwerde erheben, wenn sie ihre Parteistellung im zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren nicht verloren hatte. Dies ist gegenständlich in Bezug auf die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung samt Einräumung von Zwangsrechten zweifelhaft. Es ist nämlich der Verlust der Parteistellung infolge Präklusion im Sinne des § 42 AVG zu prüfen.
3.2.3. Zur maßgeblichen mündlichen Verhandlung am 25. März 2019 war die Beschwerdeführerin, wie sich aus den oben getroffenen Feststellungen ergibt, in Übereinstimmung mit der Regelung des § 107 Abs. 1 WRG 1959 persönlich geladen. Die Ladung erfolgte angesichts der Zustellung am 14. Februar 2019, somit deutlich mehr als 1 Monat im Vorhinein, jedenfalls rechtzeitig. Nach Lage des Falles konnte die Beschwerdeführerin angesichts des oben näher beschriebenen Inhalts der Ladung auch keine Zweifel darüber haben, dass Gegenstand der Verhandlung die wasserrechtliche Genehmigung von Kanalisationsanlagen, wie sie auf ihrem Grundstück bereits bestanden, und zwar auch gegen ihren Willen, somit unter Einräumung von Zwangsrechten, sein sollte. Durch Einsichtnahme in die Projektunterlagen, auf welche ausdrücklich hingewiesen wurde, konnte sie sich auch über den Umfang des Vorhabens und damit des Bewilligungsverfahrens (und damit auch hinsichtlich der drohenden Belastung mit einem Zwangsrecht) im Detail informieren.
Die gegenständliche Ladung an die Beschwerdeführerin war somit geeignet, Präklusionsfolgen in Bezug auf den Verhandlungsgegenstand, welcher auch dem Gegenstand des angefochtenen Bescheides entspricht, auszulösen. Auch das Erfordernis des Hinweises auf die gemäß § 42 AVG eintretenden Folgen ist hier erfüllt.
3.2.4. Nach den Feststellungen des Gerichts hat die Beschwerdeführerin weder bis zum Verhandlungstag noch während der mündlichen Verhandlung Einwendungen erhoben. Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes, dass die Einwendungen (sofern sie nicht schriftlich spätestens am Verhandlungsvortag während der Amtsstunden bei der Behörde eingebracht werden) während der Verhandlung erhoben werden müssen, um tauglich zu sein, kommt die Erhebung bei einer anderen Verhandlung, welche während der Unterbrechung der maßgeblichen Verhandlung abgehalten wurde, nicht in Betracht. Es braucht daher nicht geprüft zu werden, ob die im „Parallelverfahren“ betreffend die in der gleichen Trasse verlegte Wasserleitung abgegebene Stellungnahme als Einwendungen im Sinne des AVG zu werten sind. Auch der Umstand, dass mit der Verhandlung am 25. März 2019 das Ermittlungsverfahren noch nicht beendet wurde und das in der Folge erstattete geohydrologische Gutachten der Beschwerdeführerin zur Äußerung übermittelt wurde, vermag an der eingetretenen Präklusion der Beschwerdeführerin nichts zu ändern. Gleiches gilt in Bezug auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, welches vor Anberaumung der mündlichen Verhandlung erstattet worden ist. Da erst durch die Bekanntmachung der mündlichen Verhandlung der Verfahrensgegenstand bestimmt wird, müssten nach der Judikatur (z.B. VwGH 24.05.2012, 2012/07/0013) zu früh erhobene Einwendungen nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung wiederholt werden, um die Präklusionsfolgen zu verhindern.
3.2.5. Zweifelhaft könnte sein, ob die Präklusionsfolgen auch gegenüber einer Partei eintreten können, der gegenüber Zwangsrechte begründet werden sollen (vgl. dazu ausführlich unter Hinweis auf Judikatur und Lehre Hengstschläger/Leeb, AVG, § 42, RZ 27ff). Gegen den Eintritt des Verlustes der Parteistellung lässt sich anführen, dass mit der Zwangsrechtseinräumung eine Duldungsverpflichtung begründet wird (vgl. Oberleitner/Berger, WRG4, § 107, RZ 7), welche gegenüber dem Betroffenen, um wirksam zu werden, auch ausgesprochen werden muss. Im Falle des Verlustes der Parteistellung wäre der Bescheid dem Präkludierten als Nicht(mehr)partei gar nicht zuzustellen, womit aber das Zwangsrecht gar nicht wirksam werden könnte. Bumberger/Hinterwirth, WRG², §111, K17, schlagen vermittelnd vor, das Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit der Schaffung eines Titels und dem Prinzip des § 42 AVG dahingehend aufzulösen, dass der Bescheid dem vom Zwangsrecht Betroffenen zwar zuzustellen, dieser aber auf die Geltendmachung des Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 42 AVG beschränkt sei.
Die Judikatur hat sich zu dieser Problematik nach Kenntnis des Gerichts bisher nicht explizit geäußert, geht aber implizit ganz offensichtlich davon aus, dass die Präklusionsfolgen auch gegenüber dem von einem Zwangsrecht Betroffenen eintreten, wenn er nicht rechtzeitig Einwendungen erhebt (z.B. VwGH 27.05.2004, 2003/07/0119; 20.09.2012, 2012/07/0124; zur Rechtslage vor der Neuregelung der Präklusion: 26.06.1990, 89/05/0210).
Das Gericht ist der Auffassung, dass die besseren Gründe für eine Auslegung des § 42 AVG in die Richtung sprechen, dass seine Wirkungen auch im Bewilligungs-verfahren mit Einräumung von Zwangsrechten greifen:
Zum einen spricht der eindeutige Gesetzeswortlaut dafür und gibt es keinen hinreichenden Grund zur Annahme, dass in Bezug auf Zwangsrechte eine planwidrige überschießende Regelung vorläge, die nach einer telelogischen Reduktion verlangte. Die Rechtsfigur der "teleologischen Reduktion" – so der VwGH etwa in der Entscheidung vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006 – verschafft der ratio legis nicht gegen einen zu engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung. Diese setzt aber voraus, dass eine Gesetzesauslegung nach zulässigen Interpretationsmethoden auf das Vorliegen einer planwidrig überschießenden Regelung hinweist, die der ratio legis nicht entspricht. Ebenso wie im Zweifel anzunehmen ist, dass das Unterbleiben einer gesetzlichen Regelung beabsichtigt war und insofern keine durch Analogie zu schließende Rechtslücke vorliegt (vgl. VwGH 09.03.1990, 88/17/0182), ist - jedenfalls im Zweifel - auch nicht davon auszugehen, dass die Anwendung einer ausdrücklich getroffenen Regelung vom Gesetzgeber nicht auf alle davon erfassten Fälle - objektiv (insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit der gesamten Regelung des betreffenden Sachbereiches) erkennbar - beabsichtigt war (vgl. VwGH 23.02.2007, 2006/12/0110).
Zum anderen stellte die Erstreckung der Rechtskraftwirkungen eines Bescheides auch auf präkludierte Parteien in Wahrheit keinen Ausnahmefall dar. So muss ohne Zweifel auch ein Nachbar, der von Immissionen eines genehmigten Betriebes betroffen ist, die Genehmigung gegen sich gelten lassen, wenn ihm der Bescheid wegen Präklusion nicht zuzustellen war. Nach der Judikatur des OGH (vgl. 28.01.2016 1Ob47/15s; 1Ob194/17m; 8Ob61/19g) sind bei gemeinwichtigen Anlagen, also bei gegenüber dem Normalfall des § 364a ABGB (gewerbliche Betriebsanlage) erheblich gesteigertem öffentlichen Interesse am Betrieb einer (Verkehrs?)Einrichtung, Unterlassungsansprüche nach § 364 Abs 2 ABGB grundsätzlich auch dann ausgeschlossen, wenn den betroffenen Nachbarn keine verfahrensrechtliche Parteistellung eingeräumt wird, im Bewilligungsverfahren auf ihre schutzwürdigen Interessen aber immerhin generell Rücksicht zu nehmen ist.
Dies zeigt, dass die zivilrechtlichen Folgen (Eigentumsbeschränkungen) verwaltungsbehördlicher Entscheidungen nicht notwendigerweise die Zustellung der Entscheidung an den von der Eigentumsbeschränkung Betroffenen voraussetzen.
Das ändert freilich nichts daran, dass nicht bereits die wasserrechtliche Bewilligung selbst zur Inanspruchnahme fremden Grundes berechtigt, sondern dass es einer ausdrücklichen Entscheidung der Behörde über die Zwangsrechtseinräumung (unter einem mit der Bewilligungserteilung) bedarf, wobei es sich dabei um eine rechtsgestaltende Entscheidung handelt. Um dieses Zwangsrecht, etwa eine Servitut, dann gegenüber dem Verpflichteten durchzusetzen, muss der Berechtigte im Weigerungsfall den Klagsweg bestreiten, wo Streitigkeiten über Bestand und Umfang der Dienstbarkeit (hier etwa, wie die „Servitutsbreite von 3 m“ zu verstehen ist, was übrigens nach Auffassung des Gerichts einer Lösung im Auslegungsweg zugänglich erscheint) geklärt werden können. Insoweit unterscheidet sich die Situation beispielsweise nicht vom Fall des Dienstbarkeitserwerbs durch Ersitzung.
3.2.6. Zusammenfassen ergibt sich also, dass die Beschwerdeführerin mangels rechtzeitiger Erhebung von Einwendungen im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung samt Einräumung von Zwangsrechten ihre Parteistellung verloren hatte und daher nicht berechtigt war, den in Rede stehenden Bescheid insoweit anzufechten. Daraus resultiert die Zurückweisung der Beschwerde gegen Spruchteile I und II des angefochtenen Bescheides. Zum gleichen Ergebnis kommt man übrigens, folgt man der oben erwähnten „vermittelnden Lösung“ von Bumberger/Hinterwirth.
3.2.7. Nach der Judikatur kann im wasserrechtlichen Kollaudierungsverfahren von den Parteien im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 vorgebracht werden, dass eine ihre Rechte beeinträchtigende mangelnde Übereinstimmung der Ausgeführten mit der bewilligten Anlage vorliegt; Einwendungen, die sich gegen das Vorhaben selbst oder den Bewilligungsbescheid richten, sind jedoch unzulässig (VwGH 10.06.1997, 97/07/0016). Da die Durchführung des wasserrechtlichen Überprüfungsverfahrens gegenständlich nicht Inhalt der Verhandlungskundmachung war, kommt insoweit eine Präklusion nicht in Betracht. Auch als im Bewilligungsverfahren präkludierte Partei könnte die Beschwerdeführerin gegen den nunmehr erfolgten kollaudierenden Ausspruch eine ihren Rechten nachteilige Abweichung von der bewilligten Ausführungsart geltend machen können (vgl. VwGH 26.01.1982, 81/07/0125). Dies liegt aber im vorliegenden Fall nicht vor, bezieht sie sich doch mit ihrem Vorbringen, die Anlage würde nicht dem Stand der Technik entsprechen, offensichtlich auf die Genehmigung der Anlage in der von ihr kritisierten Form (fehlende Lehmsperren, Anzahl von Putzschächten); damit richtet sich dieses Vorbringen aber gegen den Bewilligungsbescheid, der – wiewohl auch das nachträgliche Bewilligungsverfahren richtigerweise als Projektgenehmigungsverfahren zu qualifizieren ist - zweifellos die nachträgliche Sanktionierung des IST-Zustandes, insbesondere die Genehmigung des Kanals ohne Einbau von Dichtriegeln zum Inhalt hatte. Auch die behauptete mangelnde Überprüfung geht damit ins Leere, abgesehen davon, dass in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich ist, dass damit eine ihren Rechten nachteilige Ausführung behauptet wird. Angemerkt sei, dass die Auflagen der Bewilligung aus 1989 für die nun genehmigte Anlage keine Wirkung entfalt(et)en.
Auch hinsichtlich des Spruchteils IV erweist sich die Beschwerde im Ergebnis als unstatthaft.
Durch die Vorschreibung von Verfahrenskosten an die Gemeinde *** (Spruchteil V) kann die Beschwerdeführerin von vorherein nicht in ihren Rechten verletzt sein, sodass auch insoweit die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.
3.2.8. Somit erweist sich insgesamt die Beschwerde der A AG gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 08. Oktober 2019, ***, als unzulässig, weshalb er mit Beschluss zurückzuweisen war.
3.2.9. Der Durchführung einer – von der Beschwerdeführerin im Übrigen auch nicht beantragten – mündlichen Verhandlung bedurfte es aus dem Grunde des § 24 Abs. 2 Z 1 zweiter Fall VwGVG nicht.
3.2.10. Ungeachtet des Umstandes, dass die Judikatur des Verwaltungsgerichts-hofes einheitlich von einer (möglichen) Präklusion auch der von einem Zwangsrecht betroffenen Grundeigentümer ausgeht (vgl. die angeführten Belege), fehlt doch eine ausdrückliche Auseinandersetzung des Gerichtshofes mit dieser in der Lehre kontrovers diskutierten Frage (in der Entscheidung vom 20.09.2012 wird die Kontroverse zwar angesprochen, aber letztlich nicht aufgelöst). Dies rechtfertigt nach Auffassung des Gerichtes die Einschätzung, dass insoweit im gegenständlichen Fall eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) ist daher zulässig.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; wasserrechtliche Bewilligung; Zwangsrechte; Parteistellung; Präklusion;Anmerkung
VwGH 09.09.2020, Ro 2020/07/0008-4, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1338.001.2019Zuletzt aktualisiert am
01.10.2020