Entscheidungsdatum
21.08.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
I405 2222321-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl.: XXXX, zu Recht erkannt:
A) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG
ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
I.1. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 10.04.2019 legal in Österreich ein. Am 25.07.2019 wurde er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Österreich aufgegriffen und über Auftrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) festgenommen. Dabei wies er sich mit einem nigerianischen Reisepass und mit einem gültigen spanischen Aufenthaltstitel aus.
2. Am XXXX wurde der BF durch das BFA zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot sowie zur Erlassung der Schubhaft einer Einvernahme unterzogen. Dabei führte er im Wesentlichen aus, dass seine Eltern in Spanien leben, er seit 12 oder 13 Jahren über einen spanischen Aufenthaltstitel verfüge. Da er nicht in Österreich lebe, sei er nicht im Bundesgebiet gemeldet.
3. In der Folge wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX Zl.: XXXX, gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG über den BF Schubhaft zum Zwecke der der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
4. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom XXXX Zl.: XXXX, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach NIGERIA zulässig sei. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen und gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt.
Dieser Bescheid wurde dem BF am 26.07.2018 durch persönliche Übernahme zugestellt.
5. Mit Schriftsatz vom 30.07.2019 wurde Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid hoben. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Abschiebung des BF nach Nigeria weder zulässig noch notwendig sei. Auf Grund der spanischen Aufenthaltsberechtigung hätte der BF gemäß § 52 Abs. 6 FPG aufgefordert werden müssen, nach Spanien zurückzukehren. Eine Rückkehrentscheidung dürfe zwar erlassen werden, wenn die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit erforderlich sei. Dies sei aber beim BF nicht der Fall. Der BF sei unbescholten. Der BF habe im Zeitpunkt seiner Festnahme seine sichtvermerkfreie Aufenthaltsdauer von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen erst um wenige Tage überschritten und verfügte über ausreichende Barmittel. Er sei auch bereit mit den Behörden bzw. sei er bereit, freiwillig nach Spanien auszureisen.
6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.08.2019 wurde der Schubhaftbeschwerde des BF stattgegeben und seine Anhaltung in Schubhaft seit XXXX für rechtswidrig erklärt. Begründend wurde ausgeführt, dass der der BF über eine spanische Aufenthaltsberechtigung verfüge und die belangte Behörde die Voraussetzungen zur Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht am Maßstab des § 52 Abs. 6 FPG geprüft habe.
7. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 13.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Sachverhalt)
2.1. Der BF ist volljähriger nigerianischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest. Er verfügt über einen gültigen nigerianischen Reisepass sowie über eine bis 29.07.2022 gültige Aufenthaltsberechtigung für Spanien. Er besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF wurde von XXXX bis 01.08.2019 Schubhaft angehalten.
2.2. Die belangte Behörde verpflichtete den BF vor Erlass des angefochtenen Bescheids (Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot) nicht, sich in das Hoheitsgebiet von Spanien zu begeben.
2.3. Der unter Punkt I.1. dargestellte Verfahrensgang wird als Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Dieser Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Akteninhalt.
II. Beweiswürdigung
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
II.1. Zum Verfahrensgang
Der oben angeführte Verfahrensgang, der als Sachverhalt festgestellt wird, ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und der Gerichtsakte des BVwG.
Die Feststellung, dass das BFA den BF nicht vor Bescheiderlassung verpflichtete, sich nach Spanien (und damit in den Mitgliedsstaat, von dem der ihm erteilte Aufenthaltstitel stammt) zu begeben, beruht darauf, dass derartiges aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich ist.
Die übrigen Feststellungen beruhen auf den glaubhaften Angaben des BF vor der belangten Behörde und vor dem erkennenden Gericht.
III. Rechtliche Beurteilung
Zu I. A)
3. 1. Rechtliche Grundlagen
3.1.1. Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet auszugsweise:
§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
[...]
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
[...]
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
[...]"
3.1.2. § 31 FPG lautet auszugsweise:
Voraussetzung für den rechtmäßigen Aufenthalt und die rechtmäßige Ausreise
Voraussetzung für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet
§ 31. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;
(Anm.: Z 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
(1a) Liegt kein Fall des Abs. 1 vor, halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; dies insbesondere, wenn sie
1. auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs. 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten,
2. auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 45b Abs. 1) oder auf Grund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 47 ARHG oder § 35 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, eingereist sind,
3. geduldet sind (§ 46a) oder
4. eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 erhalten haben.
(2) Beabsichtigt ein Arbeitgeber einen Fremden, der zur visumfreien Einreise berechtigt ist und dem kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukommt, gemäß § 5 AuslBG zu beschäftigen, so ist ihm auf Antrag mit Zustimmung des Fremden eine Unbedenklichkeitsbescheinigung auszustellen, wenn keine fremdenpolizeilichen Einwände gegen den Aufenthalt des Fremden bestehen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist vier Wochen gültig. Im Fall der Versagung der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung ist gemäß § 57 AVG vorzugehen.
(3) Fremdenpolizeiliche Einwände im Sinne des Abs. 2 liegen vor, wenn
1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 besteht;
2. ein Vertragsstaat einen Zurückweisungsgrund mitgeteilt hat;
(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
4. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder
5. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
[...]
3.1.3. § 53 FPG lautet auszugsweise:
"(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(1a) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
[...]
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
[...]
3.1.4. Art. 6 der RL 2008/115/EG (RückführungsRL) lautet auszugsweise:
Rückkehrentscheidung
(1) Unbeschadet der Ausnahmen nach den Absätzen 2 bis 5 erlassen die Mitgliedstaaten gegen alle illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung.
(2) Drittstaatsangehörige, die sich illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten und Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaats sind, sind zu verpflichten, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaats zu begeben. Kommen die betreffenden Drittstaatsangehörigen dieser Verpflichtung nicht nach, oder ist die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit geboten, so findet Absatz 1 Anwendung.
[...]
3.1.5. Art. 21 und Art. 5 SDÜ lauten:
Artikel 21
(1) Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich auf Grund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen.
(2) Das gleiche gilt für Drittausländer, die Inhaber eines von einer der Vertragsparteien ausgestellten vorläufigen Aufenthaltstitels und eines von dieser Vertragspartei ausgestellten Reisedokuments sind.
(3) Die Vertragsparteien übermitteln dem Exekutivausschuß die Liste der Dokumente, die sie als Aufenthaltserlaubnis oder vorläufigen Aufenthaltstitel und als Reisedokument im Sinne dieses Artikels ausstellen.
(4) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten unbeschadet des Artikels 22.
Artikel 5
(1) Für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten kann einem Drittausländer die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien gestattet werden, wenn er die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt:
a) Er muß im Besitz eines oder mehrerer gültiger Grenzübertrittspapiere sein, die von dem Exekutivausschuß bestimmt werden.
b) Er muß, soweit erforderlich, im Besitz eines gültigen Sichtvermerks sein.
c) Er muß gegebenenfalls die Dokumente vorzeigen, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben.
d) Er darf nicht zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.
e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen.
(2) Einem Drittausländer, der nicht alle diese Voraussetzungen erfüllt, muß die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien verweigert werden, es sei denn, eine Vertragspartei hält es aus humanitären Gründen oder Gründen des nationalen Interesses oder auf Grund internationaler Verpflichtungen für erforderlich, von diesem Grundsatz abzuweichen. In diesen Fällen wird die Zulassung auf das Hoheitsgebiet der betreffenden Vertragspartei beschränkt, die die übrigen Vertragsparteien darüber unterrichten muß. Die besonderen Bestimmungen des Asylrechts und des Artikels 18 bleiben unberührt.
(3) Einem Drittausländer, der über eine von einer der Vertragsparteien ausgestellte Aufenthaltserlaubnis, einen von einer der Vertragsparteien ausgestellten Rückreisesichtvermerk oder erforderlichenfalls beide Dokumente verfügt, ist die Durchreise zu gestatten, es sei denn, daß er auf der nationalen Ausschreibungsliste der Vertragspartei steht, an deren Außengrenzen er die Einreise begehrt.
3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
3.2.1. § 52 Abs. 6 FPG ist vor dem Hintergrund von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG zu lesen. Dort wird angeordnet, dass ein nicht rechtmäßig aufhältiger Drittstaatsangehöriger mit einem Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates zunächst zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Nur wenn dieser Verpflichtung nicht entsprochen wird, hat es zu einer Rückkehrentscheidung zu kommen. Demnach bedarf es also vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung einer "Verpflichtung" des Drittstaatsangehörigen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben (vgl. VwGH 10.4.2014, 2013/22/0310). Die Frage der "Unverzüglichkeit" stellt sich dann in Bezug auf die Zeitspanne, die seit Ausspruch der "Verpflichtung" ergangen ist. Wird ihr "unverzüglich" entsprochen, hat eine Rückkehrentscheidung zu unterbleiben, andernfalls ist sie zu verhängen (VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).
3.2.2. Unbeschadet der Frage der Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts des BF im österreichischen Bundesgebiet war der BF demnach aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet jenes Mitgliedsstaates zu begeben, von dem der ihm erteilte Aufenthaltstitel stammt (hier: Spanien). Das hat das BFA, wie bereits in der Beweiswürdigung dargestellt (vgl. oben Punkt II.1.) indes nicht getan: Die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gekommene Ausreiseverpflichtung erfolgte nicht in Bezug auf Spanien, sondern in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria. Mangels Vorliegens dieser Voraussetzung für den Erlass einer Rückkehrentscheidung war diese schon aus diesem Grund zu beheben.
3.2.3. Die Behebung der Rückkehrentscheidung erfasst auch die damit im Zusammenhang stehenden Aussprüche. Aufgrund der Behebung der gegen den BF ergangenen Rückkehrentscheidung kann auch das gegen ihn ausgesprochene Einreiseverbot keinen Bestand haben. Das Einreiseverbot war daher auch ersatzlos zu beheben.
3.2.4. Die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides ist eine Entscheidung in der Sache selbst (vgl. E 25. März 2015, Ro 2015/12/0003). Als verfahrensrechtliche Grundlage für eine solche Entscheidung ist im Spruch daher § 28 Abs. 1 und Abs. 2 (bzw. Abs. 3 Satz 1) VwGVG 2014 zu nennen. § 28 Abs. 5 VwGVG 2014 regelt hingegen nur die Rechtsfolgen von Bescheidaufhebungen durch das VwG und bietet keine eigenständige Rechtsgrundlage für die Aufhebung selbst, sei es nach § 28 Abs. 3 Satz 2 und 3 (oder Abs. 4) VwGVG 2014, sei es nach § 28 Abs. 1 und 2 oder Abs. 3 Satz 1 VwGVG 2014 (VwGH 04.08.2016 2016/21/0162).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die oben jeweils zitierte Judikatur) ab. Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet. Die ersatzlose Behebung (vgl. VwGH 04.08.2016 Ra 2016/21/0162) der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde ergibt sich aus der klaren Rechtslage.
Schlagworte
Abschiebung, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I405.2222321.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.04.2020