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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ABGB §916;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, gegen den Bescheid des Unnabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 14. August 1997, Zl. 13/192-2/1996, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: Manfred K, vertreten durch Dr. Grosch & Partner, Rechtsanwälte OEG in 6370 Kitzbühel, Rathausplatz 2/II), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung (betreffend den Ausländer K) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Der Österreichische Gewerkschaftsbund erstattete mit Schreiben vom 20. Juli 1995 Anzeige gegen die mitbeteiligte Partei unter anderem wegen illegaler Beschäftigung des Ausländers Silvio K. Das Arbeitsmarktservice Kitzbühel bestätigte mit Schreiben vom 25. Juli 1995 die Angaben des Anzeigers betreffend die fehlende Beschäftigungsbewilligung des Ausländers Silvio K, und leitete die Anzeige "mit der Bitte um Bearbeitung" an die zuständige Strafbehörde erster Instanz (Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel) weiter. Der Anzeige waren nach Tag, Uhrzeit und Arbeitsort aufgegliederte Aufzeichnungen des Horst P. angeschlossen.
Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel führte ein Ermittlungsverfahren durch und vernahm den in der Anzeige genannten Zeugen Horst P. niederschriftlich. Dieser gab an, vom 10. Oktober 1994 - entgegen dem in der Anzeige genannten unrichtigen Zeitraum - bis 26. Mai 1995 bei der Fa. K. GmbH beschäftigt gewesen zu sein. Er sei nicht unbedingt sicher, daß in jedem Fall die genannte Firma (deren Geschäftsführer die mitbeteiligte Partei ist) Arbeitgeber der genannten Ausländer gewesen sei. Es gebe auch eine Fa. K., Planungsbüro für neuzeitliche Technologien, mit Sitz in München. Der Zeuge könne nicht eruieren, von welcher Firma die ausländischen Staatsangehörigen, die "auf Baustellen in Deutschland arbeiteten", beschäftigt worden seien. Seines Wissens gebe es keine schriftlichen Arbeitsverträge. Er wisse, daß die mitbeteiligte Partei "persönlich die ausländischen Staatsangehörigen aus seiner Tasche bezahlt" habe, manchmal in Schilling, manchmal in Deutschen Mark. Es sei auch vorgekommen, daß die ausländischen Staatsangehörigen nach Österreich gefahren und von der Gattin der mitbeteiligten Partei bezahlt worden seien. Betreffend den Ausländer Silvio K führte der Zeuge aus:
"Schweizerhof in Kitzbühel, Eggerwerk in St. Johann i.T., Isar Center in München, PTS (papiertechnische Stiftung) in München, Vidalsassoon München, Baustelle in der Frauenhoferstraße in München; die genauen Arbeitstage können der Beilage der Anzeige des Österreichischen Gewerkschaftsbundes entnommen werden. Dort sind die Stundenabrechnungen mit den einzelnen angeführten Tagen enthalten. Es handelt sich zwar um meine persönlichen Stundenabrechnungen, allerdings ist aufgrund der Anführung des Tages und der Baustelle daraus auch ableitbar, wo Hr. K gearbeitet hat. Hr. K war nämlich an den genannten Tagen mit mir zusammen auf den Baustellen tätig.
Weiters möchte ich feststellen, daß Hr. K vor meiner Zeit bei der genannten Firma auf folgenden Baustellen tätig war:
Firma Eggerwerk in Oberndorf, Fa. Frauenschuh in Kitzbühel, Frisiersalon Annemarie in St. Johann i.T., Cafe "Nill" in St. Johann i.T. Ich weiß dies von Hr. K persönlich. Allerdings kann ich die genauen Zeiträume diesbezüglich nicht angeben."
Abschließend nannte der Zeuge einen Herrn L. als weitere Auskunftsperson.
Die Behörde erster Instanz forderte die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 9. Oktober 1995 zur Rechtfertigung auf. Mit Schreiben vom 3. November 1995 bestritt die mitbeteiligte Partei die Beschäftigung der Ausländer. Sie führte aus:
"Die Struktur des vorgenannten Unternehmens ist so aufgebaut, daß komplette Anlagen dem Kunden übergeben werden. Sämtliche Waren- und Dienstleistungen werden in Form von Werk- oder Werklieferverträgen eingekauft. Demgemäß tätigt das vorgenannte Unternehmen 95 % des Umsatzes im Ausland. Auch sind die für das vorgenannte Unternehmen tätigen Subunternehmer überwiegend ausländische Unternehmen.
Die inländische Baustelle "Eggerwerk" umfaßte einen Auftragsumfang von netto S 64.000,--, wobei der Montageanteil vierzehn Stunden betrug. Diese Arbeit wurde ausschließlich von Herrn Porzelt, der angemeldet war, durchgeführt.
Die inländische Baustelle "Schweizerhof" wurde mittels Werk- bzw. Werklieferungsverträgen abgewickelt. Diese Umstände können ebenfalls durch Verträge, Bestellungen und Rechnungen belegt werden.
Arbeiter mit dem Vornamen "Josef bzw. Thomas" sind dem Beschuldigten nicht bekannt. Herr Krpelnic war auf einigen der in der Aufforderung vom 9.10.1995 enthaltenen Baustellen zwar tätig; Herr K war jedoch für den Subunternehmer der Firma des Beschuldigten tätig."
Mit Schreiben vom 14. November 1995 übermittelte das Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk Unterlagen, aus denen hervorgehe, daß von der Fa. K. GmbH im Zeitraum Oktober 1994 bis Mai 1995 "zumindest auf der Baustelle Schweizerhof in Kitzbühel" die Ausländer Silvio K und ein nicht näher bekannter Thomas beschäftigt worden seien. Beigelegt war unter anderem die niederschriftliche Dienstnehmereinvernahme des Horst P. bei der Tiroler Gebietskrankenkasse mit folgendem Inhalt:
"Einvernahme betreffend "K Silvio"
Schwarzarbeiter bei der Fa. K; S
Obige Person war, während ich bei obiger Firma beschäftigt war, ebenfalls als Arbeiter beschäftigt. (Er soll schon länger bei dieser Fa. gearbeitet haben, vor mir.)
Herr K war mit mir auf der Baustelle "Schweizerhof" in Kitzbühel (bis ca. Ende November 94) als Arbeiter an 5 Tagen wöchentlich beschäftigt. Die tägliche Arbeitszeit war gleich als meine, da wir zusammen angefangen bzw. aufgehört haben (meine Stundenaufzeichnungen liegen bei). Am 27.4.1995 ist Herr K Silvio wieder nach Hause (Kroatien) gefahren (Adresse: 41250 Zlatar, Ladislavec 16, Paß-Nr. 07509561).
Pers. Nr. 1205968392705
Meines Wissens nach hat Herr K einen Nettostundenlohn von DM 15,-- erhalten (Abrechnung erfolgte grundsätzlich in DM, auch die Auszahlung erfolgte hauptsächlich in DM). Die Auszahlung erfolgte in bar. Herr K hat in der Pension Nil in St. Johann und wann dort nichts frei war bei HK im Keller geschlafen."
In der Folge vernahm die Behörde erster Instanz den Sekretär des Österreichischen Gewerkschaftsbundes als Zeugen. Dieser berief sich im wesentlichen auf die Informationen des Horst P. und nannte als Auskunftsperson Herrn L. mit einer Telefonnummer.
In der Stellungnahme vom 21. Dezember 1995 bestritt die mitbeteiligte Partei weiterhin die Tatbegehung. Sie legte einen als "Werkvertrag" titulierten Vertrag zwischen der K. GmbH und der Fa. H d.o.o. in Zagreb vom 10. Oktober 1994 betreffend Ausführung von Montage, Lüftung und Klimaanlage im Bauvorhaben Schweizerhof in Kitzbühel mit einem Gesamtpreis für die beschriebenen Werkleistungen von ca. DM 5.000,-- vor, Rechnungen betreffend drei Lieferungen der Fa. W. zur Baustelle Schweizerhof im Wert von über DM 16.000,--, Rechnung und Auftrag für konkret bezeichnete Leistungen, zu erbringen auf der Baustelle Schweizerhof durch die Fa. Fu. (Rechnungswert ca. S 70.000,--), eine Rechnung der Fa. H. Regeltechnik über die Lieferung von Regeltechnikelementen im Wert von über DM 13.000,-- sowie eine Rechnung der Fa. H über erbrachte Leistungen auf der Baustelle Schweizerhof "gemäß Werkvertrag" für die Montage von Klimageräten und Kälteverrohrung in Höhe von DM 6.080,-- für 152 Stunden, korrigiert auf DM 3.000,-- für 75 Stunden vom 3. Juli 1995.
In einem weiteren Schreiben vom 19. Februar 1996 "mutmasste" die mitbeteiligte Partei, daß Silvio K bei der Fa. H beschäftigt gewesen sei. Er legte zwei weitere als "Werkvertrag" bezeichnete Verträge betreffend die Bauvorhaben Isar-Center in Ottobrunn und Vital-Sassoon in München (beide Baustellen in Deutschland) zwischen der Fa. K. GesmbH und der Fa. H vom 8. November 1994 und "Dezember 1994" betreffend einen "Festpreis von zusammen DM 102.300,--" vor.
Das Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk stellte mit Schreiben vom 25. April 1996 den Antrag, die Behörde erster Instanz wolle den Beschuldigten gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG betreffend unerlaubter Beschäftigung, unter anderem des Silvio K, bestrafen.
Die Behörde erster Instanz erließ sodann ein unter anderem die Beschäftigung des Silvio K betreffendes Straferkenntnis mit folgendem Inhalt:
"Sie haben es als Geschäftsführer und damit als das gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma
K. GmbH, M-Weg, Sitz in S, zu verantworten, daß von dieser Firma in der Zeit von 10.10.1994 bis 26.05.1995 folgende Personen beschäftigt wurden, ohne daß der Firma für die Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder die Ausländer einen Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis besaßen:
1.
Der jugoslawische Staatsangehörige Silvio K,
geb. 12.05.1968, angestellt für Montagearbeiten auf folgenden Baustellen:
Schweizerhof in Kitzbühel, Eggerwerk in St. Johann i.T., Isarcenter in München, PTS (papiertechnische Stiftung) in München, Vidalsassoon München, Baustelle in der Frauenhofstraße in München.
...
Sie haben dadurch
1.
eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1
Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 i.d. Fassung
BGBl. 257/1975 und § 9 Abs. 1 VStG,
...
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 letzter Satz Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 i.d. Fassung BGBl. 257/1975 wird über Sie
1.
eine Geldstrafe von S 10.000,--,
...
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von
1.
5 Tagen
...
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens
1.
S 1.000,--
...
zu zahlen und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 76 Abs. 2 AVG i.V.m. § 24 VStG)."
In der dagegen erhobenen Berufung bestritt die mitbeteiligte Partei die Beschäftigung des genannten Ausländers, und beantragte die Einvernahme der Zeugen Horst P. und des anzeigelegenden Sekretärs des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und stellte den Berufungsantrag, "nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung" das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Die Behörde erster Instanz verzichtete gemäß § 51e Abs. 3 VStG auf die Durchführung einer mündlichen (Berufungs-)Verhandlung.
Das Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk nahm zur Berufung in der Form Stellung, daß unter Hinweis auf die Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Begründung des Straferkenntnisses einstweilen auf die Abgabe einer weiteren Stellungnahme verzichtet werde, es "mögen jedoch die vom Beschuldigten beantragten Zeugen im Rahmen einer mündlichen Berufungsverhandlung einvernommen werden".
Die belangte Behörde erließ daraufhin den Bescheid vom 14. August 1997. Sie gab der Berufung Folge, behob das angefochtene Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG ein.
Da die Voraussetzungen des § 51e Abs. 2 VStG vorlägen, habe von der Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden können. Die belangte Behörde zitierte auszugsweise (Anmerkung: unter Weglassung der Zahlungsmodalitäten betreffend ausländische Staatsangehörige sowie die konkreten Arbeitsorte) Teile der niederschriftlichen Einvernahme des Horst P. vom 29. September 1995 sowie Teile der Zeugenaussage des anzeigelegenden Sekretärs des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Sodann wird die bestreitende Verantwortung des Mitbeteiligten gestreift und erwähnt, daß "entsprechende Urkunden" zu Werk- und Werklieferungsverträgen vorgelegt worden seien. Die belangte Behörde setzte ihre Begründung sodann fort:
"Der Vollständigkeit halber wird auch noch angeführt, daß der Großteil der im Straferkenntnis genannten Baustellen im Ausland liegt. Dem unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol ist eine Rechtsvorschrift, wonach ein österreichisches Unternehmen für die Beschäftigung von Ausländern auf Baustellen in München um eine Beschäftigungsbewilligung ansuchen muß, nicht bekannt. Ebenso nicht, daß diesbezüglich eine Zuständigkeit österreichischer Behörden für die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen besteht.
Aufgrund des von der Erstbehörde durchgeführten umfänglichen Ermittlungsverfahrens kann dem Berufungswerber sohin nicht nachgewiesen werden, daß die Firma K. GmbH mit Sitz in S einen der genannten Ausländer tatsächlich beschäftigt hat. Vielmehr wird auch aufgrund der Aussage des Hauptbelastungszeugen davon auszugehen sein, daß allenfalls eine Beschäftigung durch ein deutsches Unternehmen erfolgte.
Infolge der glaubwürdigen und widerspruchsfreien Aussagen der beantragten Zeugen vor der Erstbehörde und des langen Zurückliegens des Vorfalles ist nicht zu erwarten, daß durch eine neuerliche Einvernahme der beantragten Zeugen im Zuge einer mündlichen Berufungsverhandlung ein anderes Ergebnis zu erzielen wäre, sodaß im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers spruchgemäß zu entscheiden war."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Sie rügt die Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, welche von der mitbeteiligten Partei und dem Arbeitsinspektorat beantragt worden sei, und wies zur Relevanz der Verhandlung einerseits auf die belastenden Aussagen des Horst P. betreffend Silvio K hin und andererseits, daß die belangte Behörde sich mit der "beweislosen Behauptung eines Werkvertrages mit einem Subunternehmen" nicht auseinandergesetzt habe und in der Verhandlung geklärt hätte werden können, ob diese Behauptung überhaupt zutreffe, wozu auch Horst P. erstmalig befragt hätte werden können. Zudem seien die Mitwirkungsbefugnisse des Arbeitsinspektorates gemäß § 51g Abs. 2 und § 51h Abs. 3 VStG verletzt worden. Diese Partei hätte an der Feststellung des Sachverhaltes durch Fragen an den Zeugen P. mitwirken können. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift. Sie rügte die Verspätung der Beschwerde, des weiteren, daß nicht zu entnehmen sei, wer diese gefertigt habe, sowie letztlich, daß die Unterlassung der öffentlichen mündlichen Verhandlung aufgrund der Wertung des zu erwartenden Ergebnisses der beantragten Zeugeneinvernahmen kein anderes Ergebnis erbracht hätte und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach von der belangten Behörde und dem Mitbeteiligten unbestrittener Angabe des beschwerdeführenden Bundesministers langte der angefochtene Bescheid nach Übermittlung durch das Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk am 5. September 1997 im Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein. Damit erweist sich die am 17. Oktober 1996 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde als rechtzeitig. Der Verwaltungsgerichtshof kann in der Bestimmung des § 26 Abs. 1 Z. 2 VwGG die vom Beschwerdeführer vorgebrachte willkürliche Hinauszögerung der Beschwerdeerhebung
(= unsachliche Differenzierung) bei anderer Bemessung der Frist als von der Zustellung an das Arbeitsinspektorat aus dem Grund nicht erblicken, weil das Beschwerderecht des Bundesministers gemäß § 28a Abs. 1 zweiter Satz AuslBG ein objektives Beschwerderecht ist. Das heißt, daß der Bundesminister die Beschwerde sowohl zum Vorteil als auch zum Nachteil der beschuldigten Partei erheben kann. Die Beschwerdelegitimation ist daher ein von den Parteien des Verfahrens und den beteiligten Behörden losgelöstes Kontrollinstrument, ob der angefochtene Bescheid in objektiver Weise rechtmäßig ist. Dieses Kontrollinstrument kann von jeder Verfahrenspartei durch Übersendung des Bescheides eines unabhängigen Verwaltungssenates angeregt werden, wobei jedoch keiner der Verfahrensparteien ein Rechtsanspruch darauf besteht, daß der zuständige Bundesminister auch tatsächlich Beschwerde erheben werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1997, Zl. 96/09/0352).
Insoferne der Mitbeteiligte die mangelnde Unterschrift der Beschwerde rügt, ist ihm zu entgegnen, daß die Unterschrift nach ständiger Rechtsprechung ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift ist, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1979, Slg. 5423/F, uva.). Aufgrund des Kopfes der Beschwerde (Eleonora Hostasch, Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales) kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, daß die Unterschrift der Beschwerde den Namen "Hostasch" bedeutet.
§ 51e Abs. 1 VStG lautet:
"Wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage oder aufgrund ergänzender Erhebungen ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, dann ist eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden."
§ 51e Abs. 2 lautet:
"Wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, dann kann eine Verhandlung unterbleiben, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt."
Im konkreten Fall haben sowohl das Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk als auch die mitbeteiligte Partei die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt. Im Verfahren erster Instanz hat (zumindest) der Zeuge Horst P. konkrete Anschuldigungen im Sinne der erstinstanzlichen Bestrafung hinsichtlich der Beschäftigungsorte des Silvio K auf der Baustelle Schweizerhof in Kitzbühel und Eggerwerk in S vorgebracht. Diesen konkreten belastenden Aussagen ist der Mitbeteiligte nur durch eine Bestreitung und die Vorlage von als "Werkverträgen" bezeichneten Verträgen entgegengetreten. Diese widersprechende Sachlage bedurfte - wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt - einer Erörterung in der durchzuführenden öffentlichen mündlichen Verhandlung, zumal der Zeuge Horst P. mit den vorgelegten "Werkverträgen" im Verfahren erster Instanz nicht konfrontiert wurde und daher zur Ausgestaltung des Arbeitseinsatzes des Silvio K vor dem Hintergrund seiner angeblichen Beschäftigung bei der Fa. H/Zagreb noch nicht befragt worden war. In diesem Sinne ist auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das Fragerecht des Arbeitsinspektorates für den 14. Aufsichtsbezirk anläßlich der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wesentlich.
Im übrigen darf die Beweiswürdigung erst nach einer vollständigen Beweiserhebung einsetzen; eine vorgreifende Beweiswürdigung, die darin besteht, daß der Wert eines Beweises abstrakt (im vorhinein) beurteilt wird - wie dies die belangte Behörde zur Begründung der Nichtdurchführung der Verhandlung im Hinblick auf die (neuerliche) Einvernahme des Zeugen Horst P. getan hat -, ist unzulässig (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1990, Zl. 90/10/0134).
Im übrigen weist der angefochtene Bescheid auch einen Begründungsmangel auf:
Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muß in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, daß gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1985, Zl. 84/08/0047, vom 28. Juni 1988, Zl. 87/11/0066, und vom 26. Juli 1995, Zl. 94/20/0722). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid insoweit nicht gerecht, als ihm nicht entnommen werden kann, auf Grund welcher Umstände die belangte Behörde zum Schluß gekommen ist, daß die vorgelegten "Werkverträge" zwischen der K. GmbH und der Fa. H in Zagreb so zu werten seien, daß der Mitbeteiligte die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen habe. Denn für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG vorliegt, kommt es auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an und nicht auf den Inhalt etwaiger vorgelegter Verträge. Die belangte Behörde hat sich mit den vom Zeugen Horst P. im Hinblick auf Silvio K niederschriftlich vorgebrachten Zahlungsmodalitäten und dessen Art der Beschäftigung - das Vorbringen deutet eher auf das Bestehen einer Beschäftigung zur Fa. K. GmbH - nicht auseinandergesetzt.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997090322.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
27.07.2009