Entscheidungsdatum
17.12.2019Norm
ASVG §113 Abs4Spruch
W145 2182480-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX GmbH gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 31.10.2017, Bezugszeichen XXXX , betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages in der Höhe von € 80,00 beschlossen:
A)
Die Vertreterin der Beschwerdeführerin wird nicht zugelassen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: BGKK) vom 31.10.2017, Bezugszeichen XXXX , wurde der XXXX GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin) ein Beitragszuschlag gemäß § 410 Abs. 1 Z 5 iVm § 113 Abs. 4 ASVG in der Höhe von € 80,00 auferlegt. Begründend führte die Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der Abrechnung der Beiträge nach dem Lohnsummenverfahren gemäß § 34 Abs. 2 ASVG verpflichtet sei, nach Ablauf eines jeden Beitragszeitraumes die Gesamtsumme der in diesem Zeitraum gebührenden und darüber hinaus gezahlten Entgelte bis zum
15. Des Folgemonats mittels Beitragsnachweisung zu melden. Die Beitragsnachweisung für den Beitragszeitraum September 2017 sei der Kasse nicht vorgelegt worden.
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 07.11.2017 Beschwerde erhoben. Die fälschlich an den Landeshauptmann vom Burgenland gerichtete Beschwerde (tituliert als "Einspruch") wurde nicht vom nach außen vertretungsbefugten Organ der Beschwerdeführerin unterschrieben, sondern handschriftlich "iA "unleserlich"" und im Klammerausdruck darunter stehend "(i.V. Mag. XXXX )".
3. Mit Schreiben vom 03.01.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und wurde die verfahrensgegenständliche Angelegenheit mit 04.11.2019 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zur Erledigung zugewiesen.
4. Mit Schreiben vom 14.11.2019 erging vom Bundesverwaltungsgericht der Auftrag an die Beschwerdeführerin binnen einer Woche ab Zustellung eine Vollmacht vorzulegen.
5. Am 22.11.2019 übermittelte die XXXX Wirtschaftsprüfung und SteuerberatungsgmbH dem Bundesverwaltungsgericht per E-Mail ein vom nach außen vertretungsbefugten Organ der Beschwerdeführerin unterfertigtes Auftragsverhältnis samt Vollmacht vom 04.12.2018 an Frau Mag. XXXX .
6. Am 26.11.2019 erging vom Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf die Formerfordernisse der Verordnung über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten, BVwG-EVV, BGBl. II Nr. 515/2013 idF BGBl. II Nr. 222/2016 ein neuerlicher Auftrag an die Beschwerdeführerin, mit dem sie aufgefordert wurde, binnen zwei Wochen ab Zustellung eine schriftliche Vollmacht eines zur Vertretung vor dem Bundesverwaltungsgericht berechtigten Vertreters oder die Beschwerde vom 07.11.2017 mit der Unterschrift eines vertretungsbefugten Organs der Beschwerdeführerin vorzulegen.
7. Mit Telefaxnachricht vom 02.12.2019 übermittelte Frau Mag. XXXX dem Bundesverwaltungsgericht neuerlich das vom nach außen vertretungsbefugten Organ der Beschwerdeführerin unterfertigte Auftragsverhältnis samt Vollmacht vom 04.12.2018 an sie.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin rechnet die Beiträge zur Sozialversicherung nach dem Lohnsummenverfahren ab. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.10.2017 schrieb die belangte Behörde der Beschwerdeführerin wegen verspäteter Vorlage der Beitragsnachweisung für September 2017 erst am 23.10.2017 einen Beitragszuschlag von € 80,00 vor. Der Beitragsnachweisung für September 2017 bis zum 15.10.2017 wurde nicht fristgerecht vorgelegt.
Die Beschwerde wurde handschriftlich iA "unleserlich" und im Klammerausdruck darunter "i.V. Mag. XXXX " eingebracht. Die Beschwerde langte am 08.11.2017 bei der belangten Behörde ein. Die als selbständige Steuerberaterin tätige Einschreiterin war zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung von der Beschwerdeführerin nicht bevollmächtigt. Die vom nach außen vertretungsbefugten Organ der Beschwerdeführerin unterfertigte und vorgelegte Vollmacht an Frau Mag. XXXX ist datiert mit 04.12.2018. Eine Vollmacht der Einschreiterin für das Datum der Beschwerdeerhebung wurde im Verfahren nicht vorgelegt.
Die BGKK verzeichnete bereits zuvor ein gleichartiges Meldevergehen, das nicht geahndet, sondern nur gemahnt wurde.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt der BGKK. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, der Beschwerde und der vorliegenden Eingabe der (zwischenzeitigen) Vertreterin der Beschwerdeführerin. Die Tätigkeit/Funktion der Einschreiterin als selbständige Steuerberaterin geht aus dem Akt selbst nicht hervor; weder durch zB eine Signatur, einen Briefkopf, etc. Daher wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes mittels Eingabe des Namens "Mag. XXXX " eine Internetrecherche vorgenommen.
Dass die vorgelegte Vollmacht nicht den Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde umfasst, ergibt sich eindeutig aus der vorgelegten Urkunde (Auftragsverhältnis/Vollmacht datiert mit 04.12.2018). Die Beschwerde ist jedoch mit 07.11.2017 (eingelangt bei der BGKK am 08.11.2017) datiert.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Bestimmungen:
Seit dem 01.01.2014 kann gemäß § 414 Abs. 1 ASVG unter anderem gegen einen Bescheid des Versicherungsträgers in Verwaltungssachen eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Gemäß Art 135 Abs. 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG (Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt Einzelrichterinnenzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
3.2. Zu A):
Gemäß § 34 Abs. 2 ersten und zweiter Halbsatz ASVG hat die Meldung der monatlichen Beitragsgrundlagen nach Ablauf eines jeden Beitragszeitraumes mittels elektronischer Datenfernübertragung zu erfolgen. Die Frist für die Vorlage der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung endet mit dem 15. des Folgemonats.
Nach § 113 Abs. 4 ASVG kann in Fällen, in denen gesetzlich oder satzungsmäßig festgesetzte oder vereinbarte Fristen für die Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen nicht eingehalten werden, ein Beitragszuschlag bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage vorgeschrieben werden.
Gemäß § 10 AVG können sich die Beteiligten und ihre Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis (Abs. 1).
Als Bevollmächtigte sind solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben (Abs. 3).
Inwieweit eine Person zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, ergibt sich aus dem jeweiligen Berufsrecht (Hengstschläger/Leeb, AVG, 2. Ausgabe 2014, § 10 RZ 5 mit Nachweisen).
Gemäß §§ 3 und 5 WTBG kommt einem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer keine Ermächtigung zur Vertretung in Verwaltungsstrafsachen nach § 113 ASVG zu. Bei solchen Verfahren handelt es sich weder um die Vertretung in Abgabe- und Abgabestrafverfahren für Bundes-, Landes-und Gemeindeabgaben gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 WTBG noch um die Beratung und Vertretung in Beitrags-, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten, gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 WTBG noch um die Vertretung bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufsorganisationen, der Landesfremdenverkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten gemäß § 3 Abs. 2 Z 7 WTBG.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 27.09.1974, Zl. 0149/74, ausführt, gehört zu den Befugnissen eines Steuerberaters als berufsmäßigen Parteienvertreters auch die Vertretung seiner Auftraggeber in Beitragsangelegenheiten gegenüber den Sozialversicherungsträgern. Ein Steuerberater ist daher auch ermächtigt, alle mit Beitragsangelegenheiten seiner Auftraggeber im Zusammenhang stehenden Maßnahmen vorzunehmen, also auch Meldungen und Prüfungsberichte zu unterfertigen. Die Vertretung durch einen Steuerberater beinhaltet aber noch nicht eine Übertragung der dem Dienstgeber nach den §§ 33 und 34 ASVG obliegenden Pflichten.
In seiner Entscheidung vom 16. März 2011, Zl. 2008/08/0040, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen sozialversicherungsrechtlicher Meldepflichtverletzungen erkannt, dass aus § 3 Abs. 2 Z 3 WTBG keine Vertretungsbefugnis in Verwaltungsstrafverfahren abgeleitet werden kann. Diese Bestimmung nimmt nämlich hinsichtlich der Vertretungsbefugnis ausdrücklich (nur) auf die Beitrags-, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen Bezug. In einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Verletzung des § 33 Abs. 1 ASVG ist jedoch keine Beitrags-, Versicherungs- oder Leistungsangelegenheit Gegenstand des Verfahrens. "Da in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Verletzung des § 33 Abs. 1 ASVG somit nicht über eine Beitrags-, Versicherungs- oder Leistungsangelegenheit der Sozialversicherungen verbindlich abgesprochen wird, liegt kein diese Angelegenheiten "betreffendes Verwaltungsverfahren" im Sinne des § 3 Abs. 2 Z 3 WTBG vor, in dem die beschwerdeführende Partei zur Vertretung berechtigt wäre." Auch kann keine Vertretungsbefugnis aus § 3 Abs. 2 Z 7 WTBG abgeleitet werden. "Die Verteidigung eines Beschuldigten in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Verletzung einer Meldepflicht nach § 33 ASVG weist keinen derartigen unmittelbaren Zusammenhang mit einer für diesen durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeit auf."
Gleiches - wie für § 33 ASVG - muss für die Meldebestimmung nach § 34 ASVG gelten.
Hat der Beteiligte oder sein gesetzlicher Vertreter eine nicht zuzulassende Person bevollmächtigt, so ergibt sich aus § 10 Abs. 3 AVG (arg. "nicht zuzulassen"), dass die Bevollmächtigung solcher Personen nicht von vornherein "nichtig" ist, sondern erst durch eine entsprechende - in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen vorzunehmende - Verfügung der Behörde über die Nichtzulassung unwirksam wird. Diese hat in Form eines verfahrensrechtlichen Bescheides zu erfolgen, der dem Winkelschreiber gegenüber zu erlassen ist und die Vertretungsbefugnis ex nunc beendet (Hengstschläger/Leeb, AVG, 2. Ausgabe 2014, § 10 RZ 5 mit Nachweisen).
Dass die Steuerberaterin die Vertretung zu Erwerbszwecken betreibt, ist nicht strittig.
Im gegenständlichen Verfahren ergibt sich, dass die in Rede stehende Beschwerde von der Einschreiterin in ihrer Funktion als Steuerberaterin erhoben wurde, ohne dass diese von der Beschwerdeführerin in dieser Funktion zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung dazu bevollmächtigt gewesen ist. Analog zur oben ausgeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes greift auch die gesetzliche Vertretungsbefugnis des § 3 Abs. 2 Z 3 WTBG im vorliegenden Fall nicht. Es war daher spruchgemäß die Nichtzulassung der Vertreterin auszusprechen.
3.3. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich ], wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung [im Originaltext "any hearing at all"] erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 29.April 2015, Zl. Ro 20015/08/0005.
Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.
3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Im vorliegenden Fall war die oben zitierte Rechtsprechung heranzuziehen. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Beitragszuschlag, Rechtsanschauung des VwGH, Steuerberater,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W145.2182480.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.04.2020