TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/14 W251 2154477-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.01.2020
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Entscheidungsdatum

14.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2154477-1/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Zeige, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2017, Zl. 1067915609 - 150483080, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 11.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 12.05.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er Vorsitzender des Bezirksrates gewesen sei. Er habe von der Weltbank und ausländischen Organisationen Geld für Infrastruktur Projekte erhalten. Ein Monat bevor er Afghanistan verlassen habe, habe er einen anonymen Brief bekommen, in dem verlangt worden sei von diesen Geldern Waffen zu kaufen, ansonsten werden er und seine Familie getötet werden. Bereits vor Erhalt des Briefes habe sein Kassier ihm gesagt, dass die Taliban von anderen Bezirksräten Geld bekommen haben, der Kassier habe gewünscht, dass er die Taliban finanziell unterstütze. Er habe dem Kassier jedoch gesagt, dass das Geld dem Volk und nicht den Taliban gehöre. Er habe den Brief den Behörden vorgelegt, diese haben jedoch nicht helfen können. Da er keine Waffen habe besorgen können, habe er das Land verlassen.

3. Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer bereits in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat. Dort hat er einen anderen Namen und ein anderes Geburtsdatum angegeben.

4. Am 18.01.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er im Dorfrat tätig gewesen und für das Budget zuständig gewesen sei. Der Dorfrat habe von der afghanischen Regierung Geld bekommen, das für das Dorf verwendet worden sei. Von solchen Dorfräten haben die Taliban Geld kassiert um Waffen zu kaufen. Dem Beschwerdeführer sei auch mitgeteilt worden, dass die Taliban Geld vom Dorfrat verlangen. Der Beschwerdeführer habe gesagt, dass es das Geld des Dorfes sei. Er habe einen Brief von den Taliban erhalten, in diesem habe gestanden, dass er den Taliban entweder Waffen oder Geld geben solle. Falls er dies nicht mache, würden er und seine Familie mit dem Tod bedroht werden. Er habe sich mit dem Brief an die Polizei gewandte, diese habe jedoch nicht helfen können, er habe von der Polizei lediglich eine Waffe erhalten. Er habe sich daher entschieden das Land zu verlassen. Als er nach Österreich kam, habe er erfahren, dass sein Bruder getötet worden sei, da sein Bruder nicht gezahlt habe.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.) und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der noch über ein familiäres Unterstützungsnetz in Afghanistan verfüge und somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die Beweiswürdigung mangelhaft sei, da seine Angaben glaubhaft seien. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde er von den Taliban verfolgt werden. Zudem sei die allgemeine Sicherheitslage in Kunduz bzw. in Afghanistan sehr schlecht. Auch die allgemeine Versorgungslage wäre schwierig, ein Lebensaufbau in Afghanistan sei daher äußert schwierig. Zudem habe er bereits an Deutschkursen teilgenommen und er habe sich in Österreich nichts zu Schulden kommen lassen.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15.10.2018 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und im Beisein des Beschwerdeführers und dessen Rechtsvertreter eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

7. Mit Stellungnahme vom 15.10.2018 ist der Beschwerdeführer den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten nicht substantiiert entgegengetreten. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert habe. Dies ergebe sich auch aus der EASO County Guidance sowie aus den UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018. Es habe sich auch die Versorgungslage verschlechtert und sei man von unterstützenden Netzwerken abhängig. Die Versorgungsmöglichkeit sei in Städten sehr angespannt, zudem wäre die Dürre zu berücksichtigen. Es stehe dem Beschwerdeführer daher keine Innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.10.2019 wurden Länderinformationen zum Herkunftsland übermittelt, sowie die Zugrundelegung der aktuellen UNHCR-Richtlinien und EASO Country Guidance Afghanistan mitgeteilt und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

9. Mit Stellungnahme vom 24.10.2019 wurde auf die Stellungnahme von Oktober 2018 verwiesen und auf die neuerliche Verschlechterung der Lage in Afghanistan hingewiesen.

10. Mit Email vom 30.10.2019 wurde das Bundesverwaltungsgericht in Kenntnis gesetzt, dass sich der Beschwerdeführer seit dem 22.10.2019 in Justizanstalt Linz in Untersuchungshaft befindet.

11. Mit Email vom 08.11.2019 wurde die Verfahrensanordnung des Bundesamtes über den Verlust des Aufenthaltsrechts aufgrund der Verhängung der Untersuchungshaft vorgelegt (OZ 25).

12. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.11.2019 wurde das Länderinformationsblatt Afghanistan vom 13.11.2019 übermittelt. Es wurde dem Beschwerdeführer eine Stellungnahmefrist eingeräumt und dieser aufgefordert dem Bundesverwaltungsgericht allfällige Neuerungen seit der letzten Verhandlung (betreffend die Integration, Fluchtgründe, ect.) bekannt zu geben. Es erfolgte keine Stellungnahme des Beschwerdeführers.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Bei den ungarischen Behörden hat der Beschwerdeführer den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX angegeben. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest, er ist jedenfalls volljährig. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Dari als Muttersprache sowie Farsi und Paschtu (AS 33; AS 243f; Verhandlungsprotokoll vom 15.10.2018, OZ 12, S. 7f).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Kunduz, in der Stadt Kunduz geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat keine Schule besucht. Der Beschwerdeführer ist Analphabet und hat 2 Monate eine Schule für Analphabeten in Kunduz besucht (AS 33). Der Beschwerdeführer hat ca. 15 Jahre als Automechaniker gearbeitet (OZ 12, S. 9f; AS 247; AS 243f). Der Beschwerdeführer hat überdies als Bauarbeiter und Baggerfahrer gearbeitet (OZ 12, S. 9). Die Familie des Beschwerdeführers verfügt in Afghanistan über Grundstücke, Werkstätten, ein Haus und ein Geschäft. Die Werkstätten und das Geschäft werden vom Vater des Beschwerdeführers betrieben. Dem Beschwerdeführer gehört eine Baumplantage im Ausmaß von 1 - 1,5 Jirib [Anmerkung: afghanisches Flächenmaß]. Die Familie des Beschwerdeführers wird von dessen Schwiegervater versorgt. Der Beschwerdeführer hat einen Teil der Baumplantage verkauft und etwa 2.000 USD für die Versorgung seiner Familie seinem Schwiegervater übergeben. (OZ 12, S 12 f). Der Vater und der Schwiegervater des Beschwerdeführers könnten ihn mit insgesamt etwa 50.000 bis 60.000 USD unterstützen (OZ 12, S. 16). Der Beschwerdeführer hat bis zu seiner Ausreise in Kunduz gemeinsam mit seiner Familie in seinem eigenen, großen Haus gelebt (AS 247). Die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Familie des Beschwerdeführers und des Beschwerdeführers selbst ist überdurchschnittlich gut.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat vier Töchter und drei Söhne (AS 245; OZ 12, S. 8). Der Beschwerdeführer hat täglich bis zu 10 Mal telefonischen Kontakt mit seiner Frau und seinen Kindern (OZ 12, S. 11).

Die Eltern, Schwiegereltern, sieben Brüder, vier Schwestern, die Ehefrau und die sieben Kinder des Beschwerdeführers leben in Afghanistan. Die Brüder des Beschwerdeführers haben jeweils sechs bis sieben Kinder (OZ 12, S. 10). Der Beschwerdeführer hat Kontakt mit seinen Geschwistern und mit seinem Vater (OZ 12, S. 22).

Der Beschwerdeführer verfügt über familiäre Anbindungen in Kabul, ein Bruder und eine Schwester wohnen in Kabul. Der Beschwerdeführer war bereits in Kabul bei seiner Familie und in Mazar-e Sharif zu Besuch. Er hat zumindest grundlegende Ortskenntnisse betreffend Kabul und Mazar-e Sharif (OZ 12, S. 7 und S. 10 ff; AS 247 und AS 250).

Der Beschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest 11.05.2015 durchgehend in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer hat einen Deutschgrundkurs vom 16.10.2015 bis 12.02.2016 im Ausmaß von 72 Unterrichtseinheiten (Beilage ./C) und vom 19.10.2016 bis 05.12.2016 einen Deutsch Alphabetisierungskurs im Ausmaß von 75 Unterrichtseinheiten besucht (Beilage ./H). Er hat von 30.01.2017 bis 17.02.2017 die Bildungsveranstaltung "Deutsch A1 Teil 1" sowie in der Zeit von 04.04.2017 bis 10.05.2017 "Deutsch A1 Teil 2" mit jeweils 75 Unterrichtseinheiten besucht (AS 523; OZ 7; Beilage ./G; Beilage ./F). Der Beschwerdeführer hat von 24.07.2017 bis 11.08.2017 die Bildungsveranstaltung "Deutsch A2 Teil 1" und von 16.10.2017 bis 08.11.2017 die Bildungsveranstaltung "Deutsch A2 Teil 2" mit jeweils 75 Unterrichtseinheiten besucht (Beilage ./E; Beilage ./D). Der Beschwerdeführer hat die Prüfung des OSD Zertifikat A1 am 23.05.2017 gut bestanden (Beilage ./K). Er hat zudem erfolgreich an zwei Workshops zum Thema "Klima und Energie" erfolgreich teilgenommen (Beilage ./I; Beilage ./J). Der Beschwerdeführer hat grundlegende Deutschkenntnisse (OZ 12, S. 14).

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung. Er hat im Ausmaß von 15 Stunden bezahlte Hilfstätigkeiten durchgeführt (Beilage ./B). Der Beschwerdeführer ist kein Vereinsmitglied. Er hat einen afghanischen Freund in Österreich und verfügt weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich (OZ 12, S. 15).

Dem Beschwerdeführer wurden in Österreich mehrmals multiple Lipomen (Fettgeschwülste) operativ entfernt. Seit 2017 muss der Beschwerdeführer nicht mehr zum Arzt gehen, weil er gesund ist. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten (OZ 12, S. 5 und S. 15).

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen (OZ 12, S. 16; Beilage ./I und Beilage ./J).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 22.10.2019 in Untersuchungshaft in der Justizanstalt (OZ 24). Mit Verfahrensanordnung vom 24.10.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgrund der Verhängung der Untersuchungshaft vom Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet verständigt (OZ 25).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1 Der Beschwerdeführer wurde in Afghanistan niemals von den Taliban oder von anderen Personen bedroht. Der Beschwerdeführer hat niemals einen Drohbrief von den Taliban erhalten. Der Beschwerdeführer war weder Bezirksvorsteher noch Dorfrat bzw. Vorsitzender des Bezirksrates oder Vorsteher oder in anderer Funktion in einem Verein oder anderen Organisation in Afghanistan zur Verteilung von öffentlichen Geldern der Weltbank oder eines Vereins tätig.

Der Bruder des Beschwerdeführers wurde nicht von den Taliban ermordet.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen.

1.2.2. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Sunniten oder zur Volksgruppe der Tadschiken konkret und individuell physische oder psychische Gewalt in Afghanistan droht. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass Angehörige der Religionsgemeinschaft der Sunniten oder der Volksgruppe der Tadschiken in Afghanistan allein aufgrund der Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan wegen seiner Religionszugehörigkeit zu den Sunniten konkret und individuell weder physischer noch psychischer Gewalt ausgesetzt.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Tadschiken konkret und individuell weder physischer noch psychischer Gewalt ausgesetzt.

1.2.3. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Provinz Kunduz aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Kabul, Mazar-e Sharif und Herat sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Kabul, Mazar-e Sharif und Herat einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten. Der Beschwerdeführer hat grundlegende Ortskenntnisse in Kabul und Mazar-e Sharif und ein Bruder sowie eine Schwester des Beschwerdeführers leben in Kabul

Der Beschwerdeführer kann zudem von seiner Familie bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell unterstützt werden. Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Kabul, Mazar-e Sharif und Herat Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind. Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern leben ca. 32 Millionen Menschen (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 13.11.2019 - LIB 13.11.2019, S. 12).

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (LIB 13.11.2019, S. 18). Diese ist jedoch regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt sehr unterschiedlich (EASO Country Guidance Afghanistan, Juni 2019, S. 89ff; LIB 13.11.2019, S. 18ff).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren. Die afghanischen Kräfte sichern die Städte und andere Stützpunkte der Regierung. Die Taliban verstärken groß angelegte Angriffe, wodurch eine Vielzahl afghanischer Kräfte in Verteidigungsmissionen eingebunden ist, sodass Engpässe entstehen. Dadurch können manchmal auch Kräfte fehlen um Territorium zu halten. Die Kämpfe waren auch weiterhin auf konstant hohem Niveau (LIB 13.11.2019, S. 19).

Für das gesamte Jahr 2018 gab es gegenüber 2017 einen Anstieg in der Gesamtzahl ziviler Opfer und ziviler Todesfälle. Für das erste Halbjahr 2019 wurde eine niedrigere Anzahl ziviler Opfer registrierten, im Juli, August und September lag ein hohes Gewaltniveau vor. Zivilisten, die in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni, und Faryab wohnten, waren 2018 am stärksten vom Konflikt betroffen (LIB 13.11.2019, S. 24).

Sowohl im gesamten Jahr 2018, als auch in den ersten fünf Monaten 2019 führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, insbesondere in der Hauptstadtregion, weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele (High Profile Angiffe - HPA) aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen. Diese Angriffe sind jedoch stetig zurückgegangen. Zwischen 1.6.2018 und 30.11.2018 fanden 59 HPAs in Kabul statt, zwischen 1.12.2018 und 15.5.2019 waren es 6 HPAs (LIB 13.11.2019, S. 25).

Regierungsfeindliche Gruppierungen

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan (LIB 13.11.2019, S. 26).

Taliban: Zwischen 1.12.2018 und 31.5.2019 haben die Talibanaufständischen mehr Angriffe ausgeführt, als in der Vergangenheit üblich, trotzdem war die Gesamtzahl effektiver feindlicher Angriffe stark rückläufig. Diese Angriffe hatten hauptsächlich militärische Außenposten und Kontrollpunkte sowie andere schlecht verteidigte ANDSF-Posten zum Ziel - die Taliban beschränken ihre Angriffe weitgehend auf Regierungsziele und afghanische und internationale Sicherheitskräfte (LIB 13.11.2019, S. 26; S. 29).

Die Gesamtstärke der Taliban betrug im Jahr 2017 über 200.000 Personen, darunter ca. 150.000 Kämpfer (rund 60.000 Vollzeitkämpfer mobiler Einheiten, der Rest sein Teil der lokalen Milizen). Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan (LIB 13.11.2019, S. 27).

Die Mehrheit der Taliban sind immer noch Paschtunen, obwohl es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) gibt. In einigen nördlichen Gebieten bestehen die Taliban bereits überwiegend aus Nicht-Paschtunen, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren (LIB 13.11.2019, S. 27).

Mazar-e Sharif:

Die Provinzhauptstadt von Balkh ist Mazar-e Sharif. Sie hat 469.247 Einwohner (LIB 13.11.2019, S. 61).

Balkh zählt zu den relativ stabilen und ruhigen Provinzen Nordafghanistans. Das Niveau an willkürlicher Gewalt ist in der Provinz Balkh sowie in der Stadt Mazar-e Sharif so gering, dass für Zivilisten an sich nicht die Gefahr besteht von erheblichen Eingriffen in die psychische oder physische Unversehrtheit betroffen zu sein (EASO - Country Guidance Afghanistan, Juni 2019, S. 89; S. 92f).

Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz, ein regionales Handelszentrum sowie ein Industriezentrum mit großen Fertigungsbetrieben und einer Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen. Mazar-e Sharif ist über die Autobahn sowie über einen Flughafen (mit nationalen und internationalen Anbindungen) zu erreichen (LIB 13.11.2019, S. 61; S. 336).

In der Stadt Mazar-e Sharif gibt es 10 - 15 - teils öffentliche, teils private - Krankenhäuser. In Mazar-e Sharif existieren mehr private als öffentliche Krankenhäuser. Private Krankenhäuser sind sehr teuer, jede Nacht ist kostenpflichtig. Zusätzlich existieren etwa 30-50 medizinische Gesundheitskliniken die zu 80% öffentlich finanziert sind (LIB 13.11.2019, S. 347).

Während Mazar-e Sharif im Zeitraum Juni 2019 bis September 2019 noch als IPC Stufe 1 "minimal" (IPC - Integrated Phase Classification) klassifiziert wurde, ist Mazar-e Sharif im Zeitraum Oktober 2019 bis Januar 2020 in Phase 2 "stressed" eingestuft. In Phase 1 sind die Haushalte in der Lage, den Bedarf an lebensnotwenigen Nahrungsmitteln und Nicht-Nahrungsmitteln zu decken, ohne atypische und unhaltbare Strategien für den Zugang zu Nahrung und Einkommen zu verfolgen. In Phase 2 weisen Haushalte nur einen gerade noch angemessenen Lebensmittelverbrauch auf und sind nicht in der Lage, sich wesentliche, nicht nahrungsbezogene Güter zu leisten, ohne dabei irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden (ACCORD, Sicherheitslage und sozio-ökonomische Lage in Herat und Mazar-e Sharif vom 02.10.2019, 3.1.).

Herat-Stadt:

Die Provinzhauptstadt von Herat ist Herat-Stadt (LIB 13.11.2019, S. 105). Sie hat 556.205 Einwohner. Umfangreiche Migrationsströme haben die ethnische Zusammensetzung der Stadt verändert, der Anteil an schiitischen Hazara ist seit 2001 durch Iran-Rückkehrer und Binnenvertriebene besonders gestiegen (LIB 13.11.2019, S. 106).

Herat ist durch die Ring-Road sowie durch einen Flughafen mit nationalen und internationalen Anbindungen erreichbar (LIB 13.11.2019, S. 106).

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten. Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban. Das Niveau an willkürlicher Gewalt ist in der Stadt Herat so gering, dass für Zivilisten an sich nicht die Gefahr besteht von erheblichen Eingriffen in die psychische oder physische Unversehrtheit betroffen zu sein (EASO - Country Guidance Afghanistan, Juni 2019, S. 89, S. 99f).

Im Vergleich mit anderen Teilen des Landes weist Herat wirtschaftlich und sicherheitstechnisch relativ gute Bedingungen auf. Es gibt Arbeitsmöglichkeiten im Handel, darunter den Import und Export von Waren mit dem benachbarten Iran, wie auch im Bergbau und Produktion. Die Industrie der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) ist insbesondere im Handwerksbereich und in der Seiden- und Teppichproduktion gut entwickelt und beschäftigt Tagelöhner sowie kleine Unternehmer (LIB 13.11.2019, S. 336).

Herat ist im Zeitraum Oktober 2019 bis Januar 2020 als IPC Stufe 2 klassifiziert (IPC - Integrated Phase Classification). In Phase 2, auch "stressed" genannt, weisen Haushalte nur einen gerade noch angemessenen Lebensmittelverbrauch auf und sind nicht in der Lage, sich wesentlich, nicht nahrungsbezogenen Güter zu leisten, ohne dabei irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden (ACCORD, Sicherheitslage und sozio-ökonomische Lage in Herat und Mazar-e Sharif vom 02.10.2019, 3.1.).

Kabul:

Die Provinz Kabul liegt im Zentrum Afghanistans. Kabul-Stadt ist die Hauptstadt Afghanistans und auch ein Distrikt in der Provinz Kabul. Die Stadt Kabul ist die bevölkerungsreichste Stadt Afghanistans, sie hat 5.029.850 Einwohner (LIB 13.11.2109, S. 36). Kabul ist Zielort für verschiedene ethnische, sprachliche und religiöse Gruppen, und jede von ihnen hat sich an bestimmten Orten angesiedelt (LIB 13.11.2109, S. 38). Die Stadt Kabul ist über Hauptstraßen mit den anderen Provinzen des Landes verbunden und verfügt über einen internationalen Flughafen (LIB 13.11.2109, S. 37; S. 237).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul. Nichtsdestotrotz, führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, im gesamten Jahr 2018, als auch in den ersten fünf Monaten 2019, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele durch, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen. Die Hauptursache für zivile Opfer in der Provinz Kabul (596 Tote und 1.270 Verletzte im Jahr 2018) waren Selbstmord- und komplexe Angriffe, gefolgt von improvisierten Sprengkörpern (improvised explosive devices, IEDs) und gezielten Tötungen (LIB 13.11.2019, S. 38ff).

In Kabul leben 70.000 bis 80.000 Binnenvertriebene (LIB 13.11.219, S. 41).

Kabul ist das wichtigste Handels- und Beschäftigungszentrum Afghanistans und hat ein größeres Einzugsgebiet in den Provinzen Parwan, Logar und Wardak. Es gibt eine dynamischere Wirtschaft mit einem geringeren Anteil an Arbeitssuchenden, Selbständigen und Familienarbeitern. Menschen aus kleinen Dörfern pendeln täglich oder wöchentlich nach Kabul, um landwirtschaftliche Produkte zu handeln oder als Wachen, Hausangestellte oder Lohnarbeiter zu arbeiten. Die besten (Arbeits-)Möglichkeiten für Junge existieren in Kabul. Trotz der niedrigeren Erwerbsquoten ist der Frauenanteil in hoch qualifizierten Berufen in Kabul (49,6 %) am größten (LIB 13.11.2109, S. 335f).

Kunduz:

Kunduz liegt im Norden Afghanistans. Die Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Paschtunen, gefolgt von Usbeken, Tadschiken, Turkmenen, Hazara, Aymaq und Pashai. Die Provinz hat 1.113.676 Einwohner.

Die Sicherheitslage der Provinz hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Einige Distrikte stehen weitgehend oder vollständig unter der Kontrolle der Taliban. In den vergangenen Monaten sind Zellen der Islamischen Staates in der nördlichen Provinz Kunduz aufgetaucht. In Kunduz kommt es regelmäßig zu Sicherheitsoperationen durch die afghanischen Sicherheitskräfte. Bei diesen werden unter anderem auch Aufständische getötet und Luftangriffe durchgeführt. Es kam auch zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den Sicherheitskräften.

Im Jahr 2018 gab es 337 zivile Opfer (105 Tote und 232 Verletzte) in der Provinz Kunduz. Dies entspricht einem Rückgang von 11% gegenüber 2017. Die Hauptursachen für Opfer waren Bodenkämpfe, gefolgt von Luftangriffen und IEDs. (LIB 13.11.2019, S.142ff).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Die Regierung schränkt die Bewegung der Bürger gelegentlich aus Sicherheitsgründen ein. Afghanen dürfen sich formell im Land frei bewegen und niederlassen (LIB 13.11.2019, S. 327).

Meldewesen

Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister, keine Datenbanken mit Adress- oder Telefonnummerneinträgen und auch keine Melde- oder Registrierungspflicht. Die Gemeinschafts- bzw. Bezirksältesten führen kein Personenstandsregister, die Regierung registriert jedoch Rückkehrer. Durch die hohe soziale Kontrolle ist gerade im ländlichen Raum keine, aber auch in den Städten kaum Anonymität zu erwarten (LIB 13.11.2019, S. 328).

Allgemeine Menschenrechtslage

Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine stärkere Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern sowie Einflussnahme örtlicher Machteliten nur schwer durchzusetzen. Die afghanische Regierung ist nicht in der Lage, die durch die afghanische Verfassung und einschlägige völkerrechtliche Verträge garantierten Menschenrechte vollumfänglich umzusetzen und zu gewährleisten (LIB 13.11.2019, S. 264).

Korruption:

Die Korruption ist in Afghanistan sehr hoch. Es bestehen zwar strafrechtliche Sanktionen gegen Korruption, diese werden jedoch nicht effektiv umgesetzt. Korruption findet in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens statt, unter anderem in der Justiz, bei der Beschaffung von Gütern, bei Staatseinnahmen und bei der Bereitstellung von Leistungen des Staates (LIB 13.11.2019, S. 254f).

Medizinische Versorgung:

Der afghanischen Verfassung zufolge hat der Staat kostenlos medizinische Vorsorge, ärztliche Behandlung und medizinische Einrichtungen für alle Bürger zur Verfügung zu stellen. Außerdem fördert der Staat die Errichtung und Ausweitung medizinischer Leistungen und Gesundheitszentren. Eine begrenzte Anzahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung an. Alle Staatsbürger haben dort Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Verfügbarkeit und Qualität der Grundbehandlung ist durch Mangel an gut ausgebildeten Ärzten, Ärztinnen und Assistenzpersonal (v.a. Hebammen), mangelnde Verfügbarkeit von Medikamenten, schlechtes Management sowie schlechte Infrastruktur begrenzt (LIB 13.11.2019, S. 344).

Die Kosten für Medikamente in staatlichen Krankenhäusern weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. 90% der medizinischen Versorgung in Afghanistan werden nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden (LIB 13.11.2019, S. 345).

Innerhalb der afghanischen Bevölkerung leiden viele Menschen an unterschiedlichen psychischen Erkrankungen, rund 50% der Bevölkerung leiden an psychische Symptome wie Depression, Angststörungen oder posttraumatische Belastungsstörung. In der afghanischen Gesellschaft werden Menschen mit körperlichen oder psychischen Behinderungen als schutzbedürftig betrachtet und von der Familie versorgt, von der Gesellschaft werden diese jedoch oftmals stigmatisiert.

Zwar sind psychosoziale Beratungsstellen innerhalb der Gemeindegesundheitszentren vorgesehen, jedoch ist die Versorgung der Bevölkerung mit psychiatrischen oder psychosozialen Diensten aufgrund des Mangels an ausgebildeten Psychiatern, Psychologen, psychiatrisch ausgebildeten Krankenschwestern und Sozialarbeitern schwierig.

Landesweit bieten alle Provinzkrankenhäuser kostenfreie psychologische Beratungen an, die in manchen Fällen sogar online zur Verfügung stehen. Mental erkrankte Menschen können beim Roten Halbmond, in entsprechenden Krankenhäusern und auch von Organisationen behandelt werden (LIB 13.11.2019, S. 350ff).

Wirtschaft und Arbeitsmarkt:

Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt und stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig. Die Armutsrate in Afghanistan hat sich verschlechtert. Dabei bleibt das Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans eklatant. Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte gibt es vielerorts nur unzureichende Infrastruktur für Energie, Trinkwasser und Transport. Lebensgrundlage für rund 80% der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (LIB 13.11.2019, S. 333).

Am Arbeitsmarkt müssten jährlich 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Persönliche Kontakte, Empfehlungen sowie ein Netzwerk sind wichtig um einen Job zu finden. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen, wobei Fähigkeiten, die sich Rückkehrer im Ausland angeeignet haben, eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen können. Der afghanische Arbeitsmarkt ist durch eine starke Dominanz des Agrarsektors, eine Unterrepräsentation von Frauen und relativ wenigen Möglichkeiten für junge Menschen gekennzeichnet. Ebenso korreliert ein Mangel an Bildung mit Armut, wobei ein niedriges Bildungsniveau und Analphabetismus immer noch weit verbreitet sind. In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit (LIB 13.11.2019, S. 334f).

Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, S. 29 - 30).

In Kabul und im Umland sowie in Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul-City sind jedoch höher als in den Vororten oder in den anderen Provinzen. Die Lebenshaltungskosten sind für den zentral gelegenen Teil der Stadt Kabul höher als In ländlichen Gebieten (LIB 13.11.2019, S. 359).

Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten, da dies billiger ist. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, S. 31).

Rückkehrer:

In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 sind insgesamt 63.449 Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Im Jahr 2018 kamen 775.000 aus dem Iran und 46.000 aus Pakistan zurück (LIB 13.11.2019, S. 353).

Soziale, ethnische und familiäre Netzwerke sind für einen Rückkehrer unentbehrlich. Der Großteil der nach Afghanistan zurückkehrenden Personen verfügt über ein familiäres Netzwerk, auf das in der Regel zurückgegriffen wird. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, den ohnehin großen Familienverbänden und individuellen Faktoren ist diese Unterstützung jedoch meistens nur temporär und nicht immer gesichert. Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen beruflichen Netzwerken sowie politische Netzwerke usw. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer dar. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 13.11.2019, S. 354).

Rückkehrer aus dem Iran und aus Pakistan, die oft über Jahrzehnte in den Nachbarländern gelebt haben und zum Teil dort geboren wurden, sind in der Regel als solche erkennbar. Offensichtlich sind sprachliche Barrieren, von denen vor allem Rückkehrer aus dem Iran betroffen sind, weil sie Farsi (die iranische Landessprache) oder Dari (die afghanische Landessprache) mit iranischem Akzent sprechen. Es gibt jedoch nicht viele Fälle von Diskriminierung afghanischer Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan aufgrund ihres Status als Rückkehrer. Fast ein Viertel der afghanischen Bevölkerung besteht aus Rückkehrern. Diskriminierung beruht in Afghanistan großteils auf ethnischen und religiösen Faktoren sowie auf dem Konflikt (LIB 13.11.2019, S. 355).

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen. Es sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden. Wenn ein Rückkehrer mit im Ausland erlangten Fähigkeiten und Kenntnissen zurückkommt, stehen ihm mehr Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung als den übrigen Afghanen, was bei der hohen Arbeitslosigkeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaft führen kann (LIB 13.11.2019, S. 355).

Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt maßgeblich von lokalen Netzwerken ab. Die afghanische Regierung kooperiert mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Für Afghanen, die im Iran geboren oder aufgewachsen sind und keine Familie in Afghanistan haben, ist die Situation problematisch (LIB 13.11.2019, S. 355).

Viele Rückkehrer leben in informellen Siedlungen, selbstgebauten Unterkünften oder gemieteten Wohnungen. Die meisten Rückkehrer im Osten des Landes leben in überbelegten Unterkünften und sind von fehlenden Möglichkeiten zum Bestreiten des Lebensunterhaltes betroffen (LIB 13.11.2019, S. 356).

Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, können verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Rückkehrer erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Für Rückkehrer leisten UNHCR und IOM in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung ist die Transition von humanitärer Hilfe hin zu Entwicklungszusammenarbeit nicht immer lückenlos. Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer. Der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer aus Europa kehrt direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Es befinden sich viele Rückkehrer in Gebieten, die für Hilfsorganisationen aufgrund der Sicherheitslage nicht erreichbar sind (LIB 13.11.2019, S. 354ff).

Die "Reception Assistance" umfasst sofortige Unterstützung oder Hilfe bei der Ankunft am Flughafen: IOM trifft die freiwilligen Rückkehrer vor der Einwanderungslinie bzw. im internationalen Bereich des Flughafens, begleitet sie zum Einwanderungsschalter und unterstützt bei den Formalitäten, der Gepäckabholung, der Zollabfertigung, usw. Darüber hinaus arrangiert IOM den Weitertransport zum Endziel der Rückkehrer innerhalb des Herkunftslandes und bietet auch grundlegende medizinische Unterstützung am Flughafen an. 1.279 Rückkehrer erhielten Unterstützung bei der Weiterreise in ihre Heimatprovinz. Für die Provinzen, die über einen Flughafen und Flugverbindungen verfügen, werden Flüge zur Verfügung gestellt. Der Rückkehrer erhält ein Flugticket und Unterstützung bezüglich des Flughafen-Transfers. Der Transport nach Herat findet in der Regel auf dem Luftweg statt (LIB 13.11.2019, S. 358).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 13.11.2019, S. 362).

Ethnische Minderheiten:

In Afghanistan leben zwischen 32-35 Millionen Menschen. Es sind ca. 40-42% Pashtunen, rund 27-30% Tadschiken, ca. 9-10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt. Soziale Gruppen werden in Afghanistan nicht ausgeschlossen und kein Gesetz verhindert die Teilnahme von Minderheiten am politischen Leben. Es kommt jedoch im Alltag zu Diskriminierungen und Ausgrenzungen ethnischer Gruppen und Religionen sowie zu Spannungen, Konflikten und Tötungen zwischen unterschiedlichen Gruppen (LIB 13.11.2019, S. 287f).

Die Volksgruppe der Tadschiken ist die zweitgrößte Volksgruppe in Afghanistan, sie machen etwa 27-30% der afghanischen Gesellschaft aus und hat deutlichen politischen Einfluss im Land. In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Tadschiken sind in zahlreichen politischen Organisationen und Parteien vertreten, sie sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (LIB 13.11.2019, S. 289f).

Tadschiken sind allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit in Afghanistan weder psychischen noch physischen Bedrohungen ausgesetzt.

Religionen:

Etwa 99% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon 80-89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB 13.11.2019, S. 277).

Sunniten sind allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit in Afghanistan weder psychischen noch physischen Bedrohungen ausgesetzt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./VI (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 11.09.2018, Beilage ./II; Bericht EASO, Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, Bericht Landinfo, Afghanistan, der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne, 23.08.2017, Beilage ./IV; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Afghanistan, Taliban Drohbriefe, Bedrohung militärischer Mitarbeiter vom 28.07.2016, Beilage ./V; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gefährdungslage für Dolmetscher, Regierungsmitarbeiter vom 11.02.2014, Beilage ./VI) und Beilage ./A bis ./K (Schriftsatz vom 08.10.2018, Beilage ./A;Bestätigung gemeinnützige Arbeit Volkshilfe, Beilage ./B; Bestätigung Deutschgrundkurs vom 12.02.2016, Beilage ./C; Teilnahmebescheinigung Deutsch A2 Teil 2 vom 08.11.2017, Beilage ./D; Teilnahmebescheinigung Deutsch A2 Teil 1 vom 11.08.2017, Beilage ./E; Teilnahmebescheinigung Deutsch A1 Teil 2 vom 10.05.2017, Beilage ./F; Teilnahmebescheinigung Deutsch A1 Teil 1 vom 17.02.2017, Beilage. /G; Teilnahmebescheinigung Deutsch Alphabetisierung vom 05.12.2016, Beilage ./H;

Teilnahmebestätigung Basis Workshop vom 14.02.2018, Beilage ./I;

Teilnahmebestätigung Basis Workshop vom 20.02.2017, Beilage ./J; ÖSD Deutschzertifikat A1 vom 23.05.2017, Beilage ./K) sowie in die mit Stellungnahme vom 01.06.2017 (OZ 7) vorgelegten Urkunden (entspricht Beilage ./F und Beilage ./K), weiters die Anfragebeantwortung von ACCORD vom 26.07.2017 zu Afghanistan betreffend Informationen zur Organisation und Struktur von Bezirksräten und Dorfräten (OZ 8), sowie in die mit Stellungnahme vom 13.10.2018 vorgelegten Urkunden (OZ 13), in die Meldung über die Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes nach § 27 Abs. 2 SMG und Meldung über den vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung (OZ 17 und OZ 18), Anlassbericht OZ 19, in die Stellungnahme vom 24.10.2019 zu den aktualisierten Länderinformationen vom 15.10.2019 (OZ 23), in die Meldung über die Anhaltung des Beschwerdeführers in Untersuchungshaft (OZ 24), in die Verfahrensanordnung des Bundesamtes vom 24.10.2019 über den Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet (OZ 25) sowie durch Einsichtnahme in das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13.11.2019 (OZ 26).

Dem Erkenntnis werden die EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2019 sowie die aktuellen UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender zugrunde gelegt.

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren. Dass der Beschwerdeführer bei den ungarischen Behörden eine völlig andere Identität angegeben hat, war aufgrund der unzweifelhaften Aktenlage festzustellen. Ohne entsprechende identitätsbezeugende Dokumente werden AsylwerberInnen im EURODAC-System mit dem Namen und Geburtsdatum, welches sie selbst angeben erfasst und registriert. Die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers, wonach er gegenüber den ungarischen Polizeibehörden weder den Aliasnamen noch das Aliasgeburtsdatum angegeben haben soll waren nicht glaubhaft, sondern als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Bei der Registrierung von AsylwerberInnen im EURODAC-System werden Polizeibedienstete eingesetzt. Naturgemäß sind einem Fingerabdrucksatz zugeordneter Name und Geburtsdatum besonders wichtige Datensätze, weshalb das Gericht davon ausgeht, dass diese auch in Zeiten der starken Migrationsbewegungen in Europa mit entsprechender Sorgfalt und Genauigkeit erfasst wurden. Aus diesen Erwägungen waren die Angaben des Beschwerdeführers als Schutzbehauptung zu werten und scheint es plausibel, dass er selbst diese falschen Angaben gemacht hat. Dies umso mehr als der Beschwerdeführer im Zuge seines Asylverfahrens selbst angegeben hat, dass er nach Deutschland weiterreisen wollte und in Ungarn nicht bleiben wollte, sondern bei seiner Durchreise von der Polizei aufgegriffen worden sei (AS 41).

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache und seinen Sprachkenntnissen, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre Situation in Afghanistan, seine fehlende Schulausbildung, seinen Analphabetismus, seine Berufserfahrung) sowie zu den Eigentumsverhältnissen seiner Familie gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Dass der Beschwerdeführer mehrmals täglich mit seiner Frau und seinen Kindern telefonischen Kontakt hat, war aufgrund seiner eigenen schlüssigen Angaben festzustellen (OZ 12, S. 11).

Dass der Beschwerdeführer noch über einen Bruder und eine Schwester in Kabul verfügt, war aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesamt festzustellen (AS 247). Dass der Beschwerdeführer mit seinen Geschwistern entgegen seiner eigenen Angaben noch Kontakt hat, war aufgrund seiner diesbezüglich unglaubhaften Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht festzustellen. Aufgrund des Länderberichtes ist festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Belagerung der Taliban der Stadt Kunduz zweimal nach seiner Ausreise - im Jahr 2015 und 2016 (siehe LIB, S. 142) - stattgefunden hat. In dieser Zeit wären einige seiner Geschwister aus Kunduz geflüchtet und hätten sich vor allem seine Brüder dabei nicht um die Frau und Kinder des Beschwerdeführers gekümmert. Er sei deswegen enttäuscht und habe seitdem keinen Kontakt mit ihnen (OZ 12, S. 10). An anderer Stelle der Beschwerdeverhandlung, gab der Beschwerdeführer hingegen an, dass er - geschätzt - im letzten Jahr [Anmerkung: im Jahr 2017] zuletzt Kontakt mit seinen Brüdern gehabt habe. Nach dem Anlass der Kontaktaufnahme befragt gab der Beschwerdeführer an, dass sie Brüder seien und er wissen wollten wie es dem anderen geht (OZ 12, S. 11).

Dass Geschwister miteinander Kontakt halten ist schlüssig und nachvollziehbar, weshalb die diesbezügliche Feststellung getroffen wurde. Dass das Zurücklassen der Familie des Beschwerdeführers diesen Kontakt beendet haben soll, hat der Beschwerdeführer wie aufgezeigt selbst widerlegt. In diesem Zusammenhang wird der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass aus den Angaben des Beschwerdeführers überdies zu entnehmen ist, dass er seine Frau und seine Kinder bei seiner Ausreise seinem Schwiegervater anvertraut hat, zumal der Beschwerdeführer angegeben hat, dass sich sein Schwiegervater seit der Ausreise um seine Familie kümmert und er ihm daher auch 2.000 USD ausgefolgt habe (OZ 12, S. 13). Unter diesem Blickwinkel scheint es ebenfalls nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer mit seinen Brüdern aufgrund deren alleiniger Flucht aus Kunduz gebrochen haben soll.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Kontakt zu seinem Vater pflegt, war aufgrund seiner eigenen Angaben zu treffen (OZ 12, S. 22).

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zumindest über grundlegende Ortskenntnisse in Kabul und Mazar- e Sharif verfügt, ergibt sich aus seiner Aussage, dass er zwar noch nicht idort gelebt habe, aber schon auf Verwandtenbesuch in Kabul. Er war auch bereits in der Stadt Mazar- e Sharif zu Besuch (AS 247; OZ 12, S. 7).

Dass der Beschwerdeführer mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut ist, ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan mit seiner afghanischen Familie aufgewachsen ist, er ist dort circa 15 Jahre lange gearbeitet und bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015, sohin 30 Jahre seines Lebens, auch gelebt hat.

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zu seiner Einreise, seinen Deutschkursen, der Deutschprüfung, seinen fehlenden familiären oder engen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 12, S. 13 ff) sowie auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen (Beilage ./B bis Beilage ./K).

Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen konnten vom Gericht getroffen werden, da der Beschwerdeführer in der Verhandlung die auf Deutsch gestellten Fragen nur teilweise verstanden und nur teilweise beantworten konnte (OZ 12, S. 14).

Hinweise auf nachhaltige Integrationsschritte (soziale/berufliche Integration) des Beschwerdeführers in Österreich sind weder dem Verwaltungs- noch dem Gerichtsakt zu entnehmen und wurden auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und die im Akt aufliegenden medizinischen Unterlagen (OZ 12, S. 5 und S. 15; AS 275 ff).

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich anpassungsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er in Österreich Hilfstätigkeiten ausgeführt hat (Beilage ./B) und er sich in Österreich ansich zurechtfindet, er hat in Österreich auch Workshops besucht (Beilage ./I und Beilage ./J). Es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die gegen eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit des Beschwerdeführers sprechen.

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich arbeitsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er selber angab, einer Arbeit nachgehen zu wollen und im Verfahren keine Umstände hervorgekommen sind, die gegen eine Arbeitsfähigkeit sprechen, der Beschwerdeführer war zudem bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan dort als Mechaniker, Bauarbeiter und Baggerfahrer tätig.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Strafregisterauszug, Beilage ./I). Die Feststellung zur Anhaltung in Untersuchungshaft ergibt sich aus den Mitteilungen des Bundesamtes (OZ 24).

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr durch die Taliban oder durch andere Personen, weil er als Bezirksvorsteher bzw. als Dorfrat oder Vorsitzender eines Vereines zur Verteilung von öffentlichen Geldern der Weltbank bzw. eines Vereins tätig war, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

2.2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass das Gericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des persönlichen Eindrucks über den Beschwerdeführer davon ausgeht, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden. Der Beschwerdeführer präsentierte sowohl beim Bundesamt als auch vor Gericht eine bloße Rahmengeschichte, die er selbst auf mehrfaches Nachfragen kaum mit Details ergänzen konnte. Die Angaben des Beschwerdeführers blieben gänzlich detaillos und vage. Der Beschwerdeführer gab auch ausweichende Antworten. Es ergaben sich viele Unplausibilitäten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität. Die erzählte Geschichte erweckte für das Gericht daher den Eindruck, dass es sich lediglich um eine auswendig gelernte konstruierte Geschichte handelt.

2.2.2. Zudem sind in den Angaben des Beschwerdeführers erhebliche Widersprüche enthalten, die sein Fluchtvorbringen, wonach er von den Taliban oder anderen Personen mit dem Umbringen bedroht worden sei, gänzlich unglaubhaft scheinen lassen.

2.2.3. Wenngleich geraume Zeit zwischen den behaupteten Vorfällen und der Schilderung durch den Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vergangen i

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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