TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/6 W173 2226039-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.02.2020
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Entscheidungsdatum

06.02.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W173 2226039-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela Schidlof sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 8.10.2019, betreffend Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Im Jahr 2008 stellte Frau XXXX , geb. am XXXX , (in der Folge BF) einen Antrag auf Zuerkennung der Begünstigteneigenschaft nach BEinstG. Es wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt, in dem ein Gesamtgrad der Behinderung von 50% auf Grund des Leidens Juvenile Osteoporose (Pos.Nr. 191 - 50%) nach der Richtsatzverordnung ermittelt wurde. Im Rahmen der Begutachtung wurde auch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als zumutbar beurteilt. In der Folge wurde der BF die Begünstigteneigenschaft zuerkannt. Nach Antragstellung wurde der BF am 16.4.2014 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50% ausgestellt.

2. Am 12.3.2019 beantragte die BF die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) und die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in ihren Behindertenpass. Als ihre Gesundheitsschädigungen nannte die BF eine schwere manifeste idiopatische, juvenile Osteoporose mit mehreren spontane WK Einbrüchen (seit 2006) sowie eine Spontanfraktur des Unterarms als Kind und eine Kleinfingerfraktur (spontan ohne großes Trauma) 2018.

3. Die belangte Behörde holte ein medizinisches Sachverständigengutachten ein. Im Gutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 23.8.2019, das auf einer persönlichen

Untersuchung der BF beruhte, wurde Nachfolgendes ausgeführt:

"...........................

Anamnese:

Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel'.

Frau Dr XXXX wurde vom behandelnden Orthopäden zur Antragstellung ‚ermuntert'.

Vorbegutachtung 2008, 50% (nach RSO) wegen manifester, juveniler Osteoporose. Erstdiagnose 2006, nach der Schwangerschaft, Diagnose bei Manifestation

(Wirbelkörperfrakturen Th lX, ThXl, Höhenminderung von ThVll, ThVlll)

VitaminD und Calciumsubstitution nach Diagnose einer Lactoseintoleranz und Ausschluß eines Hyperparathyreoidismus 11/2009.

2009 Betreuung im Bonelab Dr XXXX , AKH (handschriftliche Befundkommentare unleserlich).

Es erfolgte auch eine molekulargenetische Untersuchung in Graz. Diagnose einer juvenilen Osteoporose. Frau Dr. XXXX war längere Zeit mit einem Stützmieder versorgt. Im Arztbrief des KH der barmherzigen Schwestern wird nach Knochenbiopsie 06/2009 die Diagnose einer Gestations-Osteoporose gestellt und die Etablierung einer osteoinduktiven Therapie mit Parathormon zu Osteoblastenstimulation empfohlen (11/2009).

Einmalig wurde Zometa verabreicht, derzeit erhält die ZEw weiterhin Calcium und Vitamin D-Substitutionsbehandlung, aber keine osteoprotektive/osteoinduktive Dauertherapie, die Behandlung mit Prolia soll noch hinausgezögert werden, derzeit sei die Knochendichte auch stabil.(?-kein aktueller Befund vorliegend)

Entfernung eines Fibroadenoms im Bereich der rechten Brust 2004.

Derzeitige Beschwerden:

Die ZEw gibt eine deutlich reduzierte körperliche Belastbarkeit an; das Heben und Tragen sei kaum möglich, sie müsse Stürze vermeiden. In der kalten, nassen Jahreszeit sei ‚alles schlechter'.

Sie habe spontan eine Fraktur im Fingerbereich erlitten (keine Befunddokumentation) und verwende im Winter zur Verbesserung der Gangsicherheit Walkingstöcke.

Sie habe viele Krankenstände zu verzeichnen.

Kostanpassung bei Lactoseintoleranz erforderlich.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

SolarvitD3, OleovitD3, Xefo, Novalgin gtt, Sirdalud

Magnesium

Brillenträgerin

Sozialanamnese:

verheiratet, ein 13jähriger Sohn, Ärztin (Nuklearmedizin-Ambulanz)

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

KH BArmherzige Schwestertn, 3. -4.6.2009: Aufnahme zur Knochenbiopsie..juvenile Osteoporose unklarer Genese (DD Gestations-Osteoporose), St.p. WK Fraktur Th IX und XI, Höhenerniedrigte BWK VII, VIII, IX...Laborchemisch zeigten sich bis auf eine Vitamin D Hypovitaminose keine Auffälligkeiten. Eine DEXA Knochendichtemessung ergab osteopenische Werte für LWS (L1-L4: -2,5) und den linken Femur (Hals: -2,2, Gesamt: -2,3). In einer CTXA Knochendichtemessung konnten an der

LWS ein Durchschnitt BMD von 107,4 mg/cc (T-Score: -2,35) und am linken Femur von 0,705 g/cm2 (-1,87) gemessen werden. Therapieplanung nach den Biopsieergebnissen...

Befundbericht KH Barmherzige Schwestern 11/2009: Auf Grund dieser Befundkonstelation ist eine antiresorptive Therapie durch Bisphosphonate nicht indiziert. Auf Grund der Strukturdefekte ist die einzig sinnvolle Therapieoption für die Patientin

eine osteoinduktive Therapie mit Teriparatid für zumindest 18, jedoch besser für 24 Monate.

Zum aktuellen Zeitpunkt besteht ein deutlich erhöhtes Frakturrisiko, sodass in

Zusammenschau der Befundkonstelation eine osteoinduktive Therapie mit Parathormon zu Osteoblastenstimulation indiziert ist. Wir bitten höflich um chefärztliche Genehmigung

von FORSTEO 20 Mikrogramm/80 Mikroliter - Inj-Lsg in einem vorgef.Injektor subkutan 1xtgl. für 18 Monate.

2 Befunde aus dem Bonelab, 2009: großteils unleserlich, die übrigen Befunde aus 2006

es wurden keine aktuellen Befunde vorgelegt

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: normal

Größe: 170,00 cm, Gewicht: 62,00 kg, Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

kommt unbegleitet, frei gehend zur Untersuchung, Hautbild unauffällig, sehr schlank, Brillenträgerin, Rechtsdominanz, intern keine Auffälligkeiten, kardiopulmonal kompensiert,

Wirbelsäule im Lot, gute, altersentsprechende Beweglichkeit von Wirbelsäule und Gelenken, kein Hinweis auf maßgebliche Beeinträchtigungen der peripheren Durchblutung und Nervenleitung

Gesamtmobilität - Gangbild:

frei gehend, unauffälliges Gangbild

Status Psychicus: allseits orientiert, freundlich-kooperativ, Stimmung ausgeglichen

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd.Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionsein- schränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1 Osteoporose, ED 2006, Wirbelkörpereinbrüche im Brustwirbelsäulenbereich

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Keine maßgeblichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten 2008.

Keine weiteren Frakturen dokumentiert, es wird keine aktuelle Knochendichtemessung vorgelegt (die Werte seien stabil).

Freies Gehen möglich (Bewegungstherapie indiziert).

X Dauerzustand.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine Störung des Gleichgewichtssinnes und der selbständigen Mobilität dokumentiert. Es liegen keine maßgeblichen Beeinträchtigungen der Funktion der oberen und unteren Extremitäten vor; Haltegriffe können benützt werden, das Ein- und Aussteigen ist (auch unter Verwendung eines Handlaufes) selbständig möglich.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

........................................"

3. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten wurde dem Parteiengehör unter Einräumung einer Stellungnahmefrist unterzogen. Mit Schreiben vom 12.9.2019 erhob die BF Einspruch gegen das medizinische Sachverständigengutachten vom 23.8.2019. Sie beantragte die Begutachtung und Beweiswürdigung der ärztlichen Beurteilung von Prim.-Doz. Dr. XXXX und Prim.Dr. XXXX , Leiter des klinischen Institutes für Nuklearmedizin St. Pölten. Auf Grund ihrer postpartal aufgetretenen idiopatisch juvenilen Osteoporose mit zahlreichen Wirbelkörperfrakturen sowie mehreren Keil- und Fischwirbeln sei ihr vor Jahren eine Sturzprophylaxe sowie eine Schonhaltung bzw. Vorsicht bei forcierten körperlichen Bewegungen empfohlen worden. Beruflich nehme sie als Ärztin vor allem eine sitzende Position ein, woraus eine Muskelschwäche resultiere. Es liege deshalb eine subjektive Unsicherheit beim Gehen sowie ein Angstgefühl vor Stürzen vor. Sie leide auch an Rückenschmerzen im gesamten Wirbelsäulenbereich. Wegen der in ihrer Kindheit diagnostizierten Skoliose habe sie sich schon mehrfach einer Behandlung unterzogen. Sie habe vor einem Jahr eine Kleinfingerfraktur bei inadäquatem Trauma erlitten. Bei Frauen mit nachweisbaren Wirbelkörperfrakturen bestehe ein deutlich erhöhtes Risiko von weiteren Frakturen und anderen Lokalisationen. Ihr stark beeinflusster physischer Zustand müsse neuerlich einer Beurteilung unterzogen werden. Sie beantrage die Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO. Dazu legte die BF unfallchirurgischen Erstbericht vom 6.8.2019 des Universitätsklinikums St.Pölten zur Erstbehandlung ihrer am 30.7.2018 erlittenen Kleinfingerfraktur vor und zur unfallchirurgischen Nachbehandlung dieser Fraktur vom 6.8.2018.

Darin war Nachfolgendes ausgeführt:

"..............

Befund: Die Pat. kommt privat gehend in die UEV. Sie gibt an, dass sie vor 6 Tagen über die Stiege gestürzt zu sein und sich im Bereich des re. Kleinfingers verletzt zu haben. Diese zeigt sich über dem Endglied hämatomverfärbt, weichteilgeschwollen und druckschmerzhaft. DMS i.d. Periph. i.O. Die Beweglichkeit im Bereich des DIP, PIP und MCP V Gelenks ist schmerzbedingt eingeschränkt. Keine weiteren Schmerz- oder Beschwerdeangaben.

Röntgenbefund:

Kleinfinger re. aps.:

Es zeigt sich eine 6 Tage alte ehemals geschlossene Fraktur im Bereich des Nagelfortsatzes. Sonst kein weiterer Hinweis auf frische knöcherne Läsion oder Fremdkörper.

.............................."

Weiteres war eine Stellungnahme von Prim.Assoc.Prof.Dr. XXXX ,

Leiter des Institutes für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum

St.Pölten-Lilienfeld angeschlossen. Darin war Nachfolgendes

ausgeführt:

"............................

Unter Osteoporose versteht man eine Erkrankung des gesamten

Skelettsystems, die durch eine Abnahme der Knochenmasse, -struktur

und -funktion sowie eine erhöhte Frakturneigung gekennzeichnet ist.

..........................

Die wichtigste Maßnahme ist die Sturzprophylaxe. ...................

Somit ist eine Modifikation des Lebensstils mit Vermeidung von Stürzen und Immobilisation sowie Vorsicht bei forcierten, schweren körperlichen Tätigkeiten anzustreben. Vor allem in bei Dunkelheit und einem langen, anstrengenden Tag im Spital sowie in den Wintermonaten ist die Gefahr eines Sturzes gegeben. Insbesondere bestehende chronische oder auch akut auftretende Schmerzen erhöhen die Gefahr. Eine Erleichterung im Alltag durch z.B. Inanspruchnahme von behindertengerechten baulichen Maßnahmen stellt eine Prophylaxe dar.

Für weitere fachliche Auskünfte, falls gewünscht ist, stehe ich einem amtsärztlichen Dienst gerne zur Verfügung.

................................."

Weiteres wurde eine Stellungnahme von Priv.-Doz. Dr. XXXX vom

10.9.2019 vorgelegt, in der Nachfolgendes ausgeführt wurde:

"................

Bezugnehmend auf Ihre Krankengeschichte - ich betreue Sie seit 2009 - besteht aus meiner Sicht trotz erfolgreicher anaboler und antikatoboler Therapie ein Knochenbruchrisiko. Dieses Risiko ist sicherlich höher als in der altersentsprechenden gesunden Population.

Auch wenn aktuell keine Indikation für eine neuerliche spezifische osteologische Therapie besteht, empfehle ich doch Vorsicht bei forcierter oder schwerer körperlicher Betätigung.

Sofern es gewünscht ist, stehe ich einem chefärztlichen oder amtsärztlichen Dienst für weitere fachärztliche Auskünfte gerne zur Verfügung.

......................"

4. In der ergänzenden Stellungnahme vom 3.10.2019 führte der

medizinische Sachverständige Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin,

auf Basis der Akten Nachfolgendes aus:

".......................

Zu den schriftlichen Einwendungen vom 19.9.2019:

Aus den beiden beigelegten Schreiben ergeben sich keine neuen, entscheidungsrelevanten Erkenntnisse;

Es liegen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit oder maßgebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen vor.

Eine kurze Wegstrecke kann selbständig zurückgelegt werden, das Ein- und Aussteigen ist bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe möglich, es ist der sichere Transport im öffentlichen Verkehrsmittel unter den üblichen Transportbedingungen gewährleistet.

................................."

5. Mit Bescheid vom 8.10.2019 wurde der Antrag der BF vom 12.3.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich in ihrer Begründung auf die eingeholten medizinischen Gutachten, die der Beweiswürdigung unterzogen und als schlüssig beurteilt worden seien und einen Bestandteil der Begründung bilden würden. Die Einwendungen der BF hätten zu keiner anderen Beurteilung geführt. Danach würden die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Angeschlossen waren die eingeholten Gutachten der beigezogenen Sachverständigen.

6. Gegen den abweisenden Bescheid vom 8.10.2019 zur beantragten Zusatzeintragung erhob die BF mit Schreiben vom 20.11.2019 Beschwerde. Die BF erhob Einspruch gegen die Beurteilung der beigezogenen medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX vom 8.10.2019. Sie brachte vor, selbst wenn sie optisch gesund und fit wirke, habe sie körperliche und immer wieder psychische Einschränkungen, die auch immer wieder in der Zukunft auftreten würden. Seit ihrem 30. Lebensjahr habe sich ihr Leben gravierend geändert. Sie sei auf ihre Familie angewiesen. Es sei ihr seit dem Ausbruch ihrer Erkrankung auf Grund ihrer schlechten körperlichen und psychischen Verfassung unmöglich, selbständig Wege zu erledigen. Distanzen müssten möglichst kurzgehalten sein. Mit dem Auto habe sie zum Eingangsbereich geführt werden müssen. Der Arbeitsweg sei ebenfalls so bewältigt worden. Auch heute noch müsse sie jede Gehstrecke auf ein Minimum reduzieren. Sie habe beim kleinsten Anlass am ganzen Körper Schmerzen. Sie sei als Ärztin in der Osteoporose-Ambulanz tätig. Sie sei enttäuscht, von den Kollegen nach ihrer äußeren Erscheinung und nicht nach ihrem wahren körperlichen Gesundheitszustand seit der Geburt ihres Sohnes beurteilt zu werden. Sie ersuche um neuerliche ärztliche Beurteilung durch Prof.Doz. Dr. XXXX und Assoc.Prof.Dr. XXXX . Dazu legte die BF einen Befund der Fachärzte für Radiologie, Institut für Computertomographie und Magnetresonanztomographie vom 14.11.2019 vor. Darin wurde Nachfolgendes aufgeführt:

"................................

MRT der BWS und LWS

Indikation: Wirbelkörperimpressionen

....................................

Die Bandscheiben sind im Niveau gelegen.

Der Spinalakanal normal, weit, das Myelon regulär.

Kein sicheres rezentes Geschehen.

Ergebnis: einzelne ältere Deck- und Grundplattenimpressionen an der BWS- unverändert zu 2008.

Kein rezentes Geschehen.

Nebenbefundlich memingeale Zyste auf Höhe des S3 sowie geringe Skoliose der Wirbelsäule.

Einzelne Wirbelkörperhämangiome auch diese unverändert zur Voruntersuchung.

........................................."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF leidet an einer juvenilen Osteoporose mit multipien Wirbelkörpereinbrüchen thorkal, die ab 2006 diagnostiziert wurde. Sie musste ihren Lebensstil daran anpassen. Auf Grund dieser Erkrankung wurde der BF, die den Beruf einer Ärztin ausübt, nach Antragstellung 2008 mit einem festgestellten Gesamtgrad der Behinderung von 50% nach der Richtsatzverordnung die Begünstigeneigenschaft nach BEinstG zuerkannt. Am 16.4.2016 wurde ihr ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50% ausgestellt. Am 30.7.2018 stürzte die BF über die Stiege und erlitt einen Bruch des rechten Kleinfingers, den sie erstmals in der Unfallambulanz am 6.8.2018 einer Behandlung unterzog.

1.2. Mit Antrag vom 12.3.2019 beantragte die BF die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis). Zugleich wurde die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" beantragt. Die belangte Behörde holte das oben wiedergegebene Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 23.8.2019 ein, das auf einer persönlichen Untersuchung der BF beruhte. Die BF zeigte ein frei gehendes unauffälliges Gangbild und kam unbegleitet zur Untersuchung. Sie wies eine altersentsprechende Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Gelenke auf. Die Wirbelsäule war im Lot. Es wurde das oben wiedergegebene ergänzende Gutachten von Dr. XXXX vom 3.10.2019 eingeholt. Die BF wies keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, der körperlichen Belastbarkeit oder maßgebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen auf. Die BF kann eine kurze Wegstrecke von 300-400 Meter ohne Unterbrechungen und ohne fremde Hilfe bewältigen und Niveauunterscheide beim Ein- und Aussteilgen in und aus öffentlichen Verkehrsmitteln überwinden. Ihr sicherer Transport mit einem öffentlichen Verkehrsmittel ist gewährleistet.

1.3. Es konnten bei der BF keine erheblichen Funktionseinschränkungen objektiviert werden, die einer zumutbaren Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln durch die BF entgegenstehen. Es wurden keine schwer anhaltenden Erkrankungen des Immunsystems bei der BF festgestellt. Es lagen auch keine erheblichen Einschränkungen der unteren oder oberen Extremitäten, der körperlichen Belastbarkeit und keine hochgradige Sehbe-hinderungen oder Blindheit bei der BF vor, die gegen eine Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch die BF sprechen.

1.4. Der BF ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Zudem wurde ein schlüssiges ärztliches Gutachten vom 23.8.2019 in Verbindung mit der nachvollziehbaren Ergänzung vom 3.10.2019 eingeholt.

Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen im Hinblick auf den beantragten Zusatzvermerk "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" wurde in den schlüssigen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 23.8.2019 und vom 3.10.2019 ausführlich Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen basieren auf einer persönlichen Untersuchung der BF durch die genannte Sachverständige mit erhobenen klinischen Befunden. Die schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Äußerungen entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die Gutachterin hat auch die von der BF vorgelegten Befunde und Unterlagen berücksichtigt.

Die BF leidet zwar unter einer Osteoporose mit Erstdiagnose 2006 verbunden mit Wirbelkörpereinbrüchen im Brustwirbelsäulenbereich. Die BF verfügt aber ungeachtet dessen über eine selbständige Mobilität. Dafür spricht auch das von der Gutachterin festgestellt freigehende unauffällige Gangbild der BF. Soweit die BF in diesem Zusammenhang in ihre Beschwerde von körperlichen und immer wieder psychischen Einschränkungen spricht, so wird darauf verwiesen, dass für psychische Beeinträchtigungen keine Befunde vorgelegt wurden. Den Angaben der BF in ihrer Beschwerde, noch heute beim kleinsten Anlass am ganzen Körper Schmerzen zu haben, die bei ihr jede Gehstreck auf ein Minimum reduzieren würden, ist entgegenzuhalten, dass dies weder in der von ihr vorgelegten Ausführung von Priv.Doz. Dr. XXXX vom 10.9.2019 erwähnt wurde, noch in den Erörterungen von Prim.Assoc. Prof. Dr. XXXX , die von ihr im Rahmen ihrer Einwendungen vom 12.9.2019 vorgelegt wurden, aufschien. Vielmehr wird von Priv.Doz. Dr. XXXX das mit der Erkrankung der BF verbundene Knochenbruchrisiko angesprochen, das im Vergleich zur altersentsprechenden gesunden Population höher sei. Er räumt aber ein, dass sich die BF einer erfolgreichen anabolen, antikatabolen Therapie unterzieht und keine aktuellen Indikationen für eine neuerliche spezifische osteologische Therapie bestehen. Herr Priv.Doz. Dr. XXXX empfiehlt lediglich in diesem Zusammenhang, bei forcierter oder schwerer körperlicher Betätigung vorsichtig zu sein. Dass die BF eine Wegstrecke von 300 bis 400 Meter nicht selbständig und ohne Unterbrechung in angemessener Zeit bewältigen könnte, geht daraus nicht hervor und ist wohl auch nicht als forcierte oder schwere körperliche Betätigung zu werten. Schmerzen werden auch nicht von Prim. Assoc. Prof. Dr. XXXX erwähnt. Vielmehr führte er zur wichtigsten Maßnahme bei einer Osteoporose-Erkrankung die Sturzprophylaxe an verbunden mit einer Modifikation des Lebensstils, um Stürze zu vermeiden. Auch er gibt nur die Empfehlung ab, bei schweren körperlichen Tätigkeiten vorsichtig zu sein.

Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auch darauf, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die rechtlichen Grundlagen zur Beurteilung von Funktionsbeeinträchtigungen die Beiziehung eines bestimmten Facharztes nicht zwingend anordnen (vgl VwGH 17.8.2016, Ra 2016/11/0095 bis 0096).

Auffallend ist, dass die BF - trotz ihrer behaupteten Schmerzen beim kleinsten Anlass - und dem Sturzrisiko bei ihrem einzigen dokumentierten Sturz über die Stiege am 30.7.2018, bei dem sie sich einen Bruch des rechten Kleinfingers zuzog, erst sechs Tage danach - nämlich am 6.8.2018 - das Krankenhaus zur Behandlung aufsuchte. Außer Schmerzen im Bereich dieses Bruches hat die BF zudem aber keine weiteren Schmerz- und Behandlungsangaben gemacht. Dies geht auch aus dem unfallchirurgischen Erstbericht vom 6.8.2018 hervor. Insofern kann auch ihr Vorbringen zu Schmerzen am ganzen Körper beim kleinsten Anlass nicht überzeugen. Die BF, die nach ihren eigenen Ausführungen Ärztin ist und in einer Osteoporose-Ambulanz arbeitet, berichtete bei der persönlichen Untersuchung bei der medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX , lediglich von einer Calcium- und VitaminD-Substitutionsbehandlung. Eine osteoprotektive/steoinduktione Dauertherapie wurde nicht durchgeführt. Der BF sprach vielmehr von einer stabilen Knochendichte. Sie hat es auch unterlassen, eine aktuelle Knochendichtemessung vorzulegen.

Die medizinische Sachverständige, Dr. XXXX , die - entgegen die Beschwerdeausführungen der BF - nicht nur das äußere Erscheinungsbild der BF in ihren schlüssigen Ausführungen in ihren Gutachten berücksichtigt hat, kam daher nachvollziehbar zum Schluss, dass keine maßgeblichen Beeinträchtigungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten der BF vorliegen. Ebenso fehlt es an erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder maßgeblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten der BF. Die BF kann daher jedenfalls eine Gehstrecke von 300-400 Meter ohne Unterbrechung eigenständig bewältigen. Ebenso kann sie auch Niveauunterschiede überwinden, um in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und aussteigen. Sie kann dabei auch den Handlauf benützen. Ihr sicherer Transport in diesem gewährleistet. Sie kann auch Haltegriffe benützen.

Auf Grund dieser Erörterungen ist eine von der BF geforderte neuerliche Begutachtung der Beurteilung von Prof. Doz. Dr. XXXX und Assoc.Prof. Dr. XXXX nicht erforderlich. Hingewiesen wird darauf, dass deren Ausführungen bereits umfassend berücksichtigt worden sind. Auch der zuletzt vorgelegte Befund vom 14.11.2019 kann zu keiner Änderung in der Beurteilung führen. Vielmehr wird darin im Ergebnis festgestellt, dass es zu keiner Veränderung im Vergleich zum Jahr 2008 gekommen ist. Darin wird sogar nur eine geringe Skoliose der Wirbelsäule angeführt und von einer unveränderten einzelnen Wirbelkörperhämangiome - unverändert zur Voruntersuchung - gesprochen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).

3.1. Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 2 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, wurde mit BGBl II Nr. 263/2016 novelliert. Gemäß § 5 Abs. 3 der Novelle ist § 1 dieser Verordnung mit Ablauf des 21.09.2016 in Kraft getreten.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen), BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, ist der Behindertenpass mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:

1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;

2. die Versicherungsnummer;

3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

4. eine allfällige Befristung.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in

§ 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):

Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

? arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

? Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

? hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

? Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

? COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

? Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

? mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (300-400 Meter) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009, 2007/11/0080).

Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258). Wie sich aus der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, sind nicht - wie die BF in ihrer Beschwerde vorbringt - die jeweiligen subjektiven örtlichen Verhältnisse der BF als Maßstab für die Beurteilung der begehrten Zusatzeintragung heranzuziehen.

Zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wird auf die obigen Erörterungen verwiesen.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen der BF nicht ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung des Zusatzes "Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Hinsichtlich der bekämpften Abweisung der Zusatzeintragung ist im gegenständlichen Fall für die Entscheidung maßgebend, ob die dauernden Gesundheitsschädigungen der BF ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" rechtfertigt. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde das oben angeführte ärztliche Sachverständigengutachten samt Ergänzung eingeholt. Wie bereits oben ausgeführt wurde, wurde dieses als nachvollziehbar und schlüssig erachtet. Der Sachverhalt ist geklärt und daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

3.3. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W173.2226039.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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