TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/20 95/09/0331

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.1998
beobachten
merken

Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der Waltraut R in W, vertreten durch Dr. Alexander Kragora, Rechtsanwalt in Wien I, An der Hülben 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. September 1995, Zl. UVS-07/26/00800/93, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 15. Juli 1993 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene im Sinn des § 9 Abs. 1 VStG der F-Gerüstbau GmbH zu verantworten, daß von dieser Gesellschaft als Arbeitgeber mit Sitz in Wien im Rahmen der Gewerbeberechtigung "Gerüstverleih" mit Standort in Wien X, C-Gasse am 10. Oktober 1992 auf der Baustelle in Wien, Wiedner Hauptstraße 12, folgende fünf (näher namentlich genannte) Ausländer ("alle CSFR-Staatsbürger") mit dem Aufbau eines Gerüstes beschäftigt worden seien, obwohl für die Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch diesen Ausländern eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe von S 300.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen) verhängt. Nach der Begründung des Straferkenntnisses ging die Behörde erster Instanz davon aus, daß es sich bei den Ausländern - entgegen der Verantwortung der Beschwerdeführerin - um keine Volontäre gehandelt habe (die Bescheidbegründung ist gleichlautend wie im am heutigen Tag zu Zl. 95/09/0237 entschiedenen Beschwerdefall).

In der Berufung vom 12. August 1993, die ebenfalls inhaltlich ident mit der im Beschwerdefall 95/09/0237 erstatteten Berufungsschrift ist, wird neuerlich auf die nach Ansicht der Beschwerdeführerin bestehenden Volontärverhältnisse hingewiesen (die C-Bau GmbH habe ihre Gesellschafterin, die F-Gerüstbau GmbH, ersucht, "Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen").

Die belangte Behörde führte am 13. Dezember 1994 und am 30. März 1995 mündliche Verhandlungen durch. An diesen nahm jeweils ein Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin teil, die Beschwerdeführerin selbst kam jedoch weder am 13. Dezember 1994 (entschuldigt) noch am 30. März 1995 (unentschuldigt) zur Verhandlung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, der in der Verhandlung am 30. März 1995 auch mündlich verkündet worden war, gab die belangte Behörde der Berufung in der Schuldfrage keine Folge. Die verhängten Geldstrafen wurden jedoch insofern herabgesetzt, als diese nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a dritter Strafsatz AuslBG auf fünf Geldstrafen von je S 15.000,-- (insgesamt S 75.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe jeweils sechs Tage) vermindert wurden.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges (hier u.a. der in der mündlichen Verhandlung getätigten Zeugenaussagen) hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, der Umstand, daß die "betretenen Arbeitnehmer" für die F-Gerüstbau GmbH tätig gewesen seien, werde in der Berufung nicht bestritten. Dieser Umstand werde durch die Aussage des Zeugen S., wonach auf dem Gerüst eine Firmentafel der F-Gerüstbau gewesen sei, noch bekräftigt. Strittig sei lediglich, ob es sich um Arbeits- oder Volontariatsverhältnisse gehandelt habe. Die erkennende Behörde habe durch die Aussagen der im gegenständlichen Verfahren vernommenen Zeugen die Überzeugung gewonnen, daß es sich bei den Ausländern um Gerüster gehandelt habe, "die ihr Handwerk bereits beherrschten, und nicht Volontäre waren, zumal auch nichts auf eine konkrete Ausbildung hindeutete" (dieser Eindruck sei auch durch die im Verfahren Zl. UVS-07/22/217/93 - Anm.: Dieser Bescheid lag dem hg. Verfahren mit der Zl. 94/09/0186 zugrunde - gemachten und im gegenständlichen Verfahren verlesenen Aussagen "eindrucksvoll untermauert" worden). Zu den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden sei zu sagen, daß diese die Geschäftsbeziehungen zwischen C-Bau Österreich und C-Bau Bratislava, sowie zwischen C-Bau Österreich und der F-Gerüstbau, "dies im Hinblick auf die Gerüster und deren Ausbildung, sowie interne Verantwortlichkeiten belegen, auch daß das Landesarbeitsamt von der (beabsichtigten) Verwendung von Volontären in Kenntnis gesetzt wurde", doch seien diese nicht geeignet, den Sachverhalt, wie er von den vernommenen Zeugen vor Ort wahrgenommen worden sei, in Zweifel zu ziehen. Die allgemein gehaltene Behauptung, es habe sich um Volontäre gehandelt, sei allein schon deshalb nicht zutreffend, weil die fünf ausländischen Arbeitskräfte ihre Tätigkeiten über längere Zeit selbständig ausgeübt hätten, ohne daß eine Bezugsperson vorhanden gewesen sei, welche für "schulende Erklärungen zur Verfügung gestanden wäre". Die im § 3 Abs. 5 AuslBG für ein Volontariat genannten Tatbestandselemente müßten kumulativ erfüllt sein, ansonsten sei die Tätigkeit als bewilligungspflichtige Beschäftigung anzusehen. Im Zweifel sei das Vorliegen eines Dienstverhältnisses anzunehmen, insbesondere wenn die geleisteten Dienste den Betriebserfordernissen des Unternehmens zugute kämen, in welchem die Tätigkeit entfaltet werde. Die Beschwerdeführerin sei zur Tatzeit unbestritten vertretungsbefugte Geschäftsführerin der F-Gerüstbau GmbH und damit gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich gewesen. Die Strafen seien herabzusetzen gewesen, weil die Beschwerdeführerin aufgrund des nunmehrigen Konkurses derzeit "ein unterdurchschnittliches Einkommen bezieht und vermögenslos ist". Eine weitere Herabsetzung sei nicht in Betracht gekommen. Die Taten hätten in erheblichem Maße die Interessen am Schutz des österreichischen Arbeitsmarktes vor illegaler und den österreichischen Arbeitsmarkt nachteilig beeinflussender Ausländerbeschäftigung geschädigt. Der Unrechtsgehalt der Taten sei "an sich groß", zumal die Beschwerdeführerin durch den Einsatz billiger ausländischer Arbeitskräfte wirtschaftliche Vorteile erzielt habe. Die Beschwerdeführerin habe auch vorsätzlich gehandelt, da der Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 5 AuslBG eindeutig und unmißverständlich sei "und eindeutig kein Schulungszweck vorlag". Bei der Strafbemessung habe der Umstand, daß die Beschwerdeführerin die Beschäftigung von fünf Ausländern zu verantworten habe, den Strafrahmen bestimmt. Es sei somit vom dritten Strafrahmen des § 28 Abs. 1 (S 10.000,-- bis S 120.000,--) AuslBG auszugehen gewesen. Auf die Einkommensverhältnisse sei Bedacht genommen worden; "da zum Vermögen keine Angaben gemacht wurden, war von durchschnittlichen Vermögensverhältnissen auszugehen". Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sei hinsichtlich der verhängten Gesamtstrafe abzuändern gewesen, da die Beschwerdeführerin durch das ihr zur Last gelegte Verhalten nicht eine, sondern fünf Verwaltungsübertretungen zu verantworten habe. Demnach seien auch fünf Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen zu verhängen gewesen.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem bereits erwähnten Erkenntnis vom heutigen Tag, 95/09/0237, hat der Verwaltungsgerichtshof bei gleichgelagertem Vorbringen der Beschwerdeführerin ebenfalls für bei Gerüstbauarbeiten tätige Ausländer zu Recht erkannt, daß die Verneinung von Volontariatsverhältnissen durch die belangte Behörde nicht rechtswidrig war (auf dieses Erkenntnis und die weiters dort angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes etwa vom 12. Dezember 1995, 94/09/0268, vom 19. Oktober 1995, 94/09/0168 und 94/09/0186, sowie vom 18. März 1988, 96/09/0339, 0369 und 0370, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen).

Soweit in der Beschwerde geltend gemacht wird, die "einvernommenen Organe" des Landesarbeitsamtes Wien hätten die Ausländer keinesfalls bei dem Aufstellen eines Gerüstes angetroffen, "da sie bereits vor diesen auf gegenständlicher Baustelle eintrafen", ist zu erwidern, daß dieses Vorbringen aktenwidrig ist. So hat der Zeuge Dr. Z., der an der Kontrolle beteiligt war, in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 13. Dezember 1994 ausgesagt, bei Beginn der Kontrolle um ca. 12.00 bis 12.30 Uhr seien keine Gerüstarbeiter "zu sehen" gewesen, die von der F-Bau GmbH zu errichtende Fußgängerüberdachung sei allerdings bereits nahezu fertiggestellt gewesen. Daß sich aus der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Zeugenaussage des am 13. Dezember 1994 einvernommenen Zeugen S. laut Beschwerde ableiten ließe, daß "sehr wohl eine Einschulung der gegenständlichen Ausländer an besagter Baustelle vorgenommen wurde", ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Dieser Zeuge hat zwar u.a. bekundet, von der Firma F-Gerüstbau sei ein Vorarbeiter "zu Beginn" des Gerüstaufstellens anwesend gewesen ("er unterwies die Arbeiter hinsichtlich des Aufstellens und ist anschließend wieder weggefahren"), es ist aber dieser Aussage insgesamt nicht zu entnehmen, daß die Ausländer etwa in der Technik des Gerüstaufstellens erst hätten eingeschult werden müssen. Darin, daß die belangte Behörde in anderen (Parallel)Verfahren getätigte Aussagen als Untermauerung ihres ohnedies durch unmittelbare Beweisaufnahme erzielten Beurteilungsergebnisses betrachtete, ist kein relevanter Verfahrensmangel zu erblicken (vgl. auch das oben zitierte Erkenntnis vom 18. März 1998, 96/09/0339, 0369, 0370).

Auch zu der in der Beschwerde vertretenen Meinung, daß "sogar die erhebenden Organe des LAA selber begründete Zweifel daran hatten, daß die angetroffenen Ausländer der F-Gerüstbau GmbH zuzurechnen sind", ist darauf hinzuweisen, daß damit offensichtlich wiederum nur - aus dem Zusammenhang gerissene - Passagen des im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Vernehmungsprotokolles der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 1994 angesprochen werden, das - im Zusammenhang gelesen - derartige Zweifel keineswegs naheliegt. Soweit das Beschwerdevorbringen darauf abzielen sollte, den Geschäftsführer der C-Bau GmbH als für die "illegale Beschäftigung spruchgegenständlicher Ausländer" i.S.d. § 9 VStG verantwortlich zu machen, erweist sich dies als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung (vgl. überdies neuerlich das Erkenntnis zu Zl. 95/09/0237, m.w.N.). Allgemein sind auch erstmals in der Beschwerde - bei im Verwaltungsverfahren mehrmals gebotener Möglichkeit - enthaltene Gegendarstellungen zu dem von der Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhalt wegen des erwähnten Neuerungsverbotes unbeachtlich.

Zur Strafbemessung wird in der Beschwerde geltend gemacht, entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid verfüge die Beschwerdeführerin über kein Vermögen, es sei daher "schlicht unrichtig", von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen.

Dazu ist zu sagen, daß sich aus dem angefochtenen Bescheid eindeutig ergibt, daß die Herabsetzung der Strafen (nur) deswegen vorgenommen wurde, weil die belangte Behörde Vermögenslosigkeit der Beschwerdeführerin als gegeben ansah. Diese im Ergebnis ohnedies an der Grenze zur Mindeststrafe liegende Straffestsetzung kann auch insgesamt nicht deshalb als rechtswidrig erkannt werden, weil die belangte Behörde an anderer Stelle ihrer Bescheidbegründung - ohne allerdings daraus erkennbar Folgen für ihre Strafbemessung im konkreten Fall abzuleiten - von "durchschnittlichen Vermögensverhältnissen" sprach (siehe zur Frage der Straffestsetzung im übrigen neuerlich die verwiesenen Erkenntnisse).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995090331.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten