TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/24 LVwG-2020/27/0502-1

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Veröffentlicht am 24.03.2020
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Entscheidungsdatum

24.03.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §69

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Rosenkranz über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 02.12.2019, Zl *****, betreffend einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 AVG,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 17.09.2019 auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem § 69 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 AVG nicht stattgegeben.

Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der gegenständliche Verkehrsunfall nicht durch sein Verhalten ausgelöst worden sei. Ein Verkehrsunfall habe nach den dem Beschwerdeführer vorliegenden Beweisen nicht stattgefunden. Die schlüssigen Gründe dafür würden darin bestehen, dass vom angeblichen Unfallort nur ein Bild von einem Video gezogen worden sei. Dieses Foto lasse nicht erkennen, dass sein Fahrzeug mit dem auf diesem Foto ersichtlichen Fahrzeug Kontakt gehabt habe. Es sei auch nicht ersichtlich, ob sich die beiden Fahrzeuge Richtung Parkfläche bewegten oder diese verlassen hätten. Weiters sei nicht ersichtlich, welches Fahrzeuges in Bewegung sei. Das Bewegungsverhalten wäre nur auf dem Video feststellbar gewesen. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in den anliegenden Geschäften regelmäßig einkaufe und Kenntnis von der Videoanlage habe, lasse es lebensfremd erscheinen, einen Unfall auszulösen und den Unfallort zu verlassen. Sein Fahrzeug sei mit einer akustischen Warnanlage ausgerüstet. Beim Verlassen der Parkfläche hätte diese beim Nähern an ein Objekt zeitgerecht Alarm ausgelöst. In diesem Zusammenhang sei ein weiteres Bewegen des Fahrzeuges trotz Warnsignal wiedersinnig. Es ergebe sich die zwingende Frage, warum nur ein Foto von der Videoaufzeichnung gezogen worden sei. Dass der Beschwerdeführer bei seiner ersten Einvernahme „geständig“ gewesen sei, begründe er damit, dass er nach dem angeblichen Unfall an seinem Fahrzeug keinen Schaden habe feststellen können. Regelmäßig wasche er sein Auto per Hand. Ein Schaden hätte ihm deshalb auffallen müssen. Nach Einsicht des Fotos zur Ersteinvernahme habe er davon ausgehen müssen, dass das auf dem Foto ersichtliche Fahrzeug einen sehr geringen Schaden hätte haben können und habe er aus verwaltungsökonomischen Gründen einer Beteiligung am angeblichen Unfall zugestimmt. Nach Vorlage der Fotos, die von der Versicherung angefertigt worden seien und der voraussichtlichen Kosten des Sachschadens, der mit Euro 2.500,00 bis Euro 3.000,00 geschätzt worden sei, habe er ausgeschlossen, dass er der Unfallverursacher hätte sein sollen. Es sei in sich ein Wiederspruch, dass an seinem Fahrzeug kein Schaden ersichtlich sei und das geschädigte Fahrzeug einen Schaden von Euro 2.500,00 bis Euro 3.000,00 haben sollte. Dieser Umstand sei Anlass dafür gewesen, in das Video als Beweismittel Einsicht nehmen zu können. Die zuständige PI in Y habe dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass das Video nicht mehr existiere. Vom angeblichen Unfallort sei nur ein Foto gezogen worden. Diesem Foto sei nicht zu entnehmen, dass die darauf ersichtlichen Fahrzeuge tatsächlich Kontakt gehabt hätten. Nach den dem Beschwerdeführer vorliegenden Beweismitteln schließe er aus, dass er Unfallbeteiligt sei. Es sei ein Irrtum gewesen, zur ersten Einvernahme geständig gewesen zu sein und sei dies ein Fehler gewesen. Dieses Geständnis ziehe der Beschwerdeführer nunmehr zurück. Der Beschwerdeführer stellt den Antraf auf Wiederaufnahme des Verfahrens.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt und den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol.

II.      Sachverhalt:

Nachfolgender Sachverhalt steht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens fest:

Am 03.04.2019 kam Frau BB um 09.45 Uhr persönlich zur PI Y um Anzeige wegen eines Verkehrsunfalls mit Fahrerflucht im Einkaufszentrum CC in **** X zu erstatten, bei welchem Verkehrsunfall ihr Fahrzeug beschädigt worden war. Frau BB gab an, dass der andere Unfallbeteiligte die Unfallörtlichkeit sofort verlassen hatte, ohne dass man Daten hätte austauschen können. Frau BB gab an, dass sie in der südlichen Garage des Einkaufszentrum CC im ersten Obergeschoss gegen 09.40 Uhr ausparken wollte und als sie rückwärts aus der Parklücke gefahren sei, sie niemanden bemerkt habe. Als sie mit ihrem PKW zum Stillstand gekommen sei und den Vorwärtsgang einlegen hatte wollen, sei ein anderer Fahrzeuglenker, der offensichtlich auf dem gegenüberliegenden Schrägparkplatz gestanden sei, ebenfalls rückwärtsgefahren und sei ihr in die rechte hintere Seite gefahren, sodass sie eine große Beschädigung in Form von Dellen und Kratzspuren am rechten Kotflügel gehabt habe. Als sie wieder nach vorne in die Parklücke gefahren sei, um die Daten auszutauschen, sei der andere Fahrzeuglenker davongefahren ohne stehen zu bleiben und Daten auszutauschen.

Seitens der PI Y wurde eine Auswertung der Überwachungskameraaufzeichnungen vorgenommen. Dabei wurde festgestellt, dass Frau BB mit ihrem Fahrzeug und auch der Beschwerdeführer mit seinem Fahrzeug jeweils rückwärts aus den voneinander gegenüberliegenden Schrägparkplätzen ausparken wollten. Da Frau BB mit ihrem Fahrzeug zuerst hinausgefahren sei, sei der Beschwerdeführer mit seinem Heck auf die rechte hintere Seite des Fahrzeuges von Frau BB gefahren. Am Video des direkten Unfallgeschehens sei das Kennzeichen nicht eindeutig erkennbar gewesen, jedoch auf den Bildern der Ausfahrtsstelle des Parkplatzes habe dieses eindeutig als (D) ***** erkannt werden können. Dieses Fahrzeug ist auf den Beschwerdeführer angemeldet. Vom Fahrzeug von Frau BB sind von der PI Y Lichtbilder angefertigt worden, die die Beschädigung am Fahrzeug zeigen. Ebenfalls ist aus der Videoaufzeichnung ein Bild in die Bildbildbeilage der Anzeige übernommen worden, das die beiden Fahrzeuge beim Ausparken zeigt.

In der Folge wurde dem Beschwerdeführer ein Schreiben zur Lenkererhebung übermittelt, welches der Beschwerdeführer am 09.05.2019 datiert hat und in der Lenkerauskunft angegeben hat, dass er selbst das Fahrzeug am 03.04.2019 um 09.40 Uhr im Parkhaus CC verwendet hat.

In der Folge erging seitens der belangten Behörde eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.05.2019 an den Beschwerdeführer, in welcher ihm eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs 1 lit c StVO zur Last gelegt wurde, da er mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden habe und an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt habe, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallzeitpunkt, dem 03.04.2019, 09.40 Uhr, festzustellen. Als Ort wurde **** W, Adresse 2, Parkhaus CC angegeben und als betroffenes Fahrzeug der PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ***** (D).

Aufgrund einer Aufforderung zur Rechtsfertigung vom 13.05.2019 wurde sodann am 20.05.2019 eine Niederschrift mit dem Beschwerdeführer bei der belangten Behörde aufgenommen. In dieser ist festgehalten, dass der Beschwerdeführer nach Akteneinsicht angegeben hat, dass er zu der ihm vorgeworfenen Tat geständig sei. Er habe sich beim Ausparken auf das Rückfahrwarnsystem verlassen und nicht mitbekommen, dass er ein anderes Fahrzeug berührt habe. Nachdem er jedoch die Bilder vorgelegt bekommen habe, wolle er den Unfall nicht abstreiten.

In weiterer Folge hat die belangte Behörde das Straferkenntnis vom 20.05.2019, Zl *****, erlassen, mit welchem dem Beschwerdeführer die vorerwähnte Übertretung nach § 4 Abs 1 lit c StVO zur Last gelegt wurde und mit welchem über ihn gem § 99 Abs 2 lit a StVO eine Geldstrafe von Euro 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Tage) sowie ein Beitrag zu den Verfahrenskosten verhängt wurde.

Nach Belehrung gab der Beschwerdeführer hierzu einen Rechtsmittelverzicht ab, welcher auf der letzten Seite des Straferkenntnisses vom Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift bestätigt wurde.

Am 17.09.2019 gab der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu Protokoll. In der mit ihm errichteten Niederschrift gab er dazu an, dass der Verdacht bestehe, dass die Kollision zwischen Frau BB und ihm tatsächlich nicht von ihm ausgelöst worden sei. Die von der PI Y erhaltene CD sei als Beweismittel nicht mehr existent. Aus dem Video auf dieser CD seien lediglich zwei Lichtbilder gezogen worden, die keinerlei Beweis dafür bieten würden, wie die tatsächlichen Bewegungsmuster der beiden PKW gewesen seien. Sein PKW habe ein akustisches Warnsignal und habe dies beim Rückwärtsfahren das Warnsignal auslösen müssen und habe er aus diesem Grund auch den Unfall nicht bemerkt. Eine fahrlässige Fahrerflucht treffe nicht zu. Er fahre wöchentlich einmal zum Einkaufen ins CC und parke überwiegend in diesem Bereich, weswegen er die dortige Situation sehr gut kenne. Dass das gegenständliche Video nicht mehr existent sei, sei seit dem 16.09.2019 bekannt.

In der Folge wurde der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen.

III.     Beweiswürdigung:

Die vorgenannten Feststellungen konnten in unbedenklicher Weise aufgrund des behördlichen Akteninhalts getroffen werden. Aus dem Akteninhalt ergibt sich insbesondere, dass der Beschwerdeführer in der Niederschrift vom 20.05.2019 angegeben hat, zu der ihm vorgeworfenen Tat geständig zu sein und den Unfall nicht abstreiten zu wollen. Überdies ergibt sich auch, dass das Straferkenntnis dem Beschwerdeführer am 20.05.2019 gegenüber erlassen wurde und er diesbezüglich einen Rechtsmittelverzicht abgegeben hat. Auch die übrigen Angaben des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem insofern unbedenklichen Akteninhalt.

IV.      Rechtslage:

Die wesentlichen Bestimmungen des AVG, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:

„§ 69

Wiederaufnahme des Verfahrens

(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1.       der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2.       neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3.       der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4.       nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(…)“

V.       Erwägungen:

Gemäß § 69 Abs 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und weitere Voraussetzungen vorliegen. Im gegenständlichen Fall ist aufgrund des Rechtsmittelverzichts des Beschwerdeführers vom 20.05.2019 das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 20.05.2019, *****, in Rechtskraft erwachsen. Ein Rechtsmittel ist sohin nicht mehr zulässig.

Die weiteren Voraussetzungen, unter denen eine Wiederaufnahme eines Verfahrens erfolgen kann, ergeben sich aus § 69 Abs 1 Z 1 bis Z 4 AVG.

Der Beschwerdeführer hat laut Niederschrift der belangten Behörde vom 17.09.2019 zu seinem Antrag auf Wiederaufnahme ausgeführt, dass der „Verdacht“ bestehe, dass die Kollision zwischen dem Fahrzeug von Frau BB und seinem Fahrzeug tatsächlich nicht von ihm ausgelöst worden sei. Das Video des Verkehrsunfalls auf CD sei als Beweismittel nicht mehr existent und seien lediglich zwei Lichtbilder gezogen worden, die keinen Beweis dafür bieten würden, wie die tatsächlichen Bewegungsmuster der beiden PKW gewesen seien. Das Fahrzeug des Beschwerdeführers habe ein akustisches Warnsignal und hätte dieses beim Rückwärtsfahren das Warnsignal auslösen müssen, weshalb er den Unfall nicht bemerkt habe. Eine fahrlässige Fahrerflucht treffe nicht zu. Dass das Video nicht mehr existent sei, sei ihm seit dem 16.09.2019 bekannt.

In der Beschwerde hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass der Verkehrsunfall nicht durch sein Verhalten ausgelöst worden sei. Ein Verkehrsunfall habe nach den ihm vorliegenden Beweisen nicht stattgefunden. Die dafür schlüssigen Gründe würden darin bestehen, dass vom angeblichen Unfallort nur ein Bild von einem Video gezogen worden sei und dieses Foto nicht erkennen lasse, dass sein Fahrzeug mit dem auf diesem Foto ersichtlichen Fahrzeug Kontakt habe. Es sei auch nicht ersichtlich, ob sich die beiden Fahrzeuge in Richtung Parkfläche bewegen oder diese verlassen und sei nicht ersichtlich, welches Fahrzeug in Bewegung sei. Das Bewegungsverhalten wäre nur auf dem Video feststellbar. Das Fahrzeug des Beschwerdeführers sei mit einer akustischen Warnanlage ausgerüstet und hätte dieses beim Nähern an ein Objekt zeitgerecht Alarm ausgelöst. Sein Geständnis bei der ersten Einvernahme begründe er damit, dass er nach dem angeblichen Unfall an seinem Fahrzeug keinen Schaden habe feststellen können und nach Einsicht des Fotos zur Einvernahme davon ausgehen musste, dass das auf dem Foto ersichtliche Fahrzeug nur einen sehr geringen Schaden haben würde. Aus verwaltungsökonomischen Gründen habe er einer Beteiligung am Unfall zugestimmt.

Nach Vorlage der Fotos von der Versicherung und den voraussichtlichen Kosten des Sachschadens in Höhe von Euro 2.500,00 bis 3.000,00 habe er ausgeschlossen, dass er der Unfallverursacher sein sollte. Es sei ein Widerspruch, dass an seinem Fahrzeug kein Schaden ersichtlich sei und das geschädigte Fahrzeug einen Schaden von Euro 2.500,00 bis 3.000,00 hätte haben sollen. Aus diesem Grund habe er das Video als Beweismittel einsehen wollen und sei ihm zur Kenntnis gebracht worden, dass das Video nicht mehr existiere. Nach den ihm vorliegenden Beweismitteln schließe er aus, dass er unfallbeteiligt sei. Das Geständnis zur Einvernahme ziehe er nunmehr zurück.

Damit wird ein Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs 1 Z 1 bis 4 AVG jedoch nicht dargetan. Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet und ist auch ansonsten im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen, dass der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden sei oder ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wurde, der bzw die eine Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

Z 3 leg cit ist aufgrund des Spruchs des angefochtenen Bescheides nicht verfahrensgegenständlich.

Auch der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs 1 Z 2 AVG, wonach neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen sind, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht hatten werden können oder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten, liegt nicht vor.

Aus dem gesamten Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht erkennbar, welche neuen Beweismittel konkret vorliegen würden. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, dass aufgrund der ihm vorliegenden Beweise der Verkehrsunfall nicht stattgefunden habe, jedoch gibt er nicht an, welche neuen Beweismittel dies sein sollten. In seiner Beschwerde führt der Beschwerdeführer vielmehr aus, dass das Video betreffend den Unfall nicht mehr vorliegen würde. Dies stellt jedoch weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel dar, das im Verfahren ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht geltend gemacht werden konnte, da sich nicht ergibt, dass am 20.05.2019 anlässlich der Aufnahme der Niederschrift über die Vernehmung des Beschwerdeführers das Video nicht mehr existiert hätte. Der Beschwerdeführer hat in der Niederschrift vom 17.09.2019 lediglich ausgeführt, dass ihm seit dem 16.09.2019 bekannt ist, dass das Video nicht mehr existieren würde. Anlässlich der Vernehmung am 20.05.2019 hat der Beschwerdeführer ausgeführt, nachdem er die Lichtbilder vorgelegt bekommen habe, den Unfall nicht abstreiten zu wollen. Er habe sich beim Ausparken auf sein Rückfahrwarnsystem verlassen und nicht mitbekommen, dass er ein anderes Fahrzeug berührt habe. Da er somit bei seiner Vernehmung am 20.05.2019 auch ohne Einsicht in die Videoaufnahme allein aufgrund der ihm vorliegenden Lichtbilder den Unfall nicht abgestritten hat und zur ihm vorgeworfenen Tat geständig war, ist nicht erkennbar, dass das Nichtvorhandensein der Videoaufzeichnung nunmehr einen Wiederaufnahmegrund darstellen würde. Es wäre dem Beschwerdeführer freigestanden, bereits am 20.05.2019 die Einsichtnahme in die Videoaufzeichnung zu verlangen.

Dasselbe gilt auch für das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass sein Fahrzeug mit einer akustischen Warnanlage ausgerüstet sei. Auch dies stellt weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel dar, hat sich der Beschwerdeführer doch bei seiner Einvernahme am 20.05.2019 ausdrücklich darauf bezogen, dass er sich beim Ausparken auf sein Rückfahrwarnsystem verlassen und nicht mitbekommen habe, dass er ein anderes Fahrzeug berührt habe.

Das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass er aufgrund der Tatsache, dass eine Videoaufzeichnung nicht mehr vorhanden ist und er an seinem Fahrzeug keine Beschädigung bemerkt haben will und aufgrund der Vorlage der Fotos der Beschädigung des anderen Fahrzeuges und den geschätzten Kosten des Sachschadens ausschließt, dass er an einem Verkehrsunfall beteiligt war. Aufgrund der Fotos sei er davon ausgegangen, dass das andere Fahrzeug nur einen sehr geringen Schaden haben könne, weshalb er aus verwaltungsökonomischen Gründen einer Beteiligung am Unfall zugestimmt habe und würde er nunmehr das Geständnis zurückziehen, welches ein Irrtum und ein Fehler gewesen sei.

Damit wird jedoch gerade keine neue Tatsache oder neues Beweismittel dargelegt, das nunmehr hervorgekommen und im Verfahren ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht geltend gemacht hatte werden können.

Hinsichtlich der Zurückziehung des Geständnisses ist auszuführen, dass es nicht nachvollziehbar ist, wenn der Beschwerdeführer diesbezüglich einen Irrtum geltend macht. Der Beschwerdeführer führt aus, dass er bei seiner Einvernahme am 20.05.2019 davon ausgegangen sei, dass beim anderen Fahrzeug lediglich ein geringer Schaden entstanden sei, weshalb er das Geständnis abgegeben habe und aufgrund der nunmehrigen Kostenschätzung und der von ihm behaupteten Tatsache, dass an seinem Fahrzeug keine Beschädigung gegeben sei nunmehr davon ausgehe, dass er am Verkehrsunfall nicht beteiligt gewesen sei.

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer dabei übersieht, dass auch die Anzeigerin bei ihrer Einvernahme bei der PI Y angegeben hat, dass das vom Beschwerdeführer gelenkte Fahrzeug ihr in die rechte hintere Seite gefahren sei und sie deshalb wieder eingeparkt habe, um die Daten auszutauschen, und demnach eine Zeugin den Verkehrsunfall beschreibt, ist auch kein Grund ersichtlich, im gegenständlichen Fall bei der Abwägung des Geständnisses von einem Irrtum auszugehen. Der Irrtum über die Schadenshöhe vom vermag eine Grundlage dafür zu sein, das Geständnis zur dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tat als irrtumsbehaftet zu bezeichnen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer eingestehen hätte sollen, mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden zu haben und an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt zu haben, weil er davon ausging, dass am anderen Fahrzeug lediglich ein geringer Schaden entstanden sein sollte. Es ist aus mit den vom Beschwerdeführer geltend gemachten „verwaltungsökonomischen Gründen“ nicht erklärbar, dass er eine Tat zugesteht, die er tatsächlich nicht begangen hat, da er ja in weiterer Folge aufgrund des Straferkenntnisses mit einer Geldstrafe von Euro 100,00 bestraft wurde. In diesem Zusammenhang hat der Beschwerdeführer sodann auch noch gleich persönlich einen Rechtsmittelverzicht abgegeben. Wäre der Beschwerdeführer nicht davon überzeugt gewesen, dass er die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat bzw hinsichtlich der Tat ein Irrtum vorliegen könnte, dann hätte er die Möglichkeit gehabt, keinen Rechtsmittelverzicht abzugeben, um sich die Möglichkeit der Bekämpfung des Straferkenntnisses offen zu halten.

Erkennbar hat sohin der Irrtum des Beschwerdeführers lediglich darin bestanden, dass der Schaden am anderen Fahrzeug lediglich gering gewesen wäre, wobei er laut Niederschrift bei seiner Vernehmung am 20.05.2019 die im Akt erliegenden Lichtbilder vorgelegt bekommen habe, aus denen auch Detailaufnahmen des Schadens am anderen Fahrzeug zu erkennen sind. Da der Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Akteneinsicht hatte, hätte er auch aus der Anzeige und der Lichtbildbeilage erkennen können, welcher Schaden am anderen Fahrzeug entstanden ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die erste Aussage eines Beschuldigten der Wahrheit am Nächsten kommt und ein lange Zeit nachher erfolgter Widerruf minder glaubwürdig ist (vgl VwGH 25.06.1992, 90/16/0077).

Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer nach Akteneinsicht und entsprechender Belehrung bei seiner Vernehmung am 20.05.2019 zur ihm vorgeworfenen Tat geständig war und er somit sowohl die Anzeige, in welcher der Verkehrsunfall und das Schadensausmaß einerseits wörtlich beschrieben, andererseits mit Lichtbildbeilage dokumentiert ist, eingesehen hat, und er im weiteren auch einen Rechtsmittelverzicht aufgrund des sodann erlassenen Straferkenntnisses abgegeben hat, ist davon auszugehen, dass das erste Geständnis inhaltlich richtig ist.

Beweismittel und Tatsachen stellen im Übrigen nur dann einen Wiederaufnahmegrund dar, wenn sie schon bei Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, aber nicht bekannt waren und daher – ohne Verschulden der Partei – nicht geltend gemacht werden konnten (vgl VwGH 20.02.1992, 91/09/0196 ua). Erst nach Abschluss des Verfahrens neu entstandene Beweismittel oder Tatsachen erfüllen die Voraussetzungen des § 69 Abs 1 Z 2 AVG nicht (vgl VwGH 24.04.1986, 86/02/0048).

Wie zuvor ausgeführt hat der Beschwerdeführer keine neuen Beweismittel oder Tatsachen in diesem Sinn vorgebracht, da die Ausrüstung des Fahrzeugs des Beschwerdeführers mit einem Rückfahrwagensystem ausdrücklich Thema der Einvernahme war. Dass der Schaden am anderen Fahrzeug bzw die Frage der Einsichtnahme in die Videoaufzeichnung einen Wiederaufnahmegrund darstellen können, ergibt sich schon deshalb nicht, da es sich nicht um neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweise handelt, die ohne Verschulden des Beschwerdeführers unbekannt geblieben sind und daher unverschuldet von ihm nicht geltend gemacht werden konnten. Aufgrund des dem Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am 20.05.2019 zur Akteneinsicht vorgelegten behördlichen Aktes war der Schaden am anderen Fahrzeug sowohl über Lichtbilder dokumentiert als auch wörtlich beschrieben und damit bekannt und war auch ein Foto aus der Videoaufnahme im Akt und hätte sohin vom Beschwerdeführer auch die Einsichtnahme in die Videoaufzeichnung verlangt werden können, sodass nicht davon gesprochen werden kann, dass diese Tatsachen oder Beweise ohne Verschulden des Beschwerdeführers unbekannt geblieben wären. Auf den Grad des Verschuldens kommt es nach der Rechtsprechung nicht an (VwGH 19.03.2003, 2000/08/0105 ua).

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens setzt die Eignung der neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel voraus, allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist (vgl VwGH 20.06.2012, 2009/03/0050).

Da somit eine Rechtsfrage zu beantworten war und im Übrigen eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte von einer solchen abgesehen werden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen wird auf die vorzitierte Rechtsprechung verwiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer ordentlichen bzw außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist - sofern die ordnungsgemäße Zustellung dieser Entscheidung bis zum 30.  April 2020 erfolgt - gemäß § 1 Abs 1 in Verbindung mit § 6 Abs 2 Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, BGBl I Nr 16/2020, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnt mit 1. Mai 2020 neu zu laufen.

Der Bundeskanzler ist allerdings ermächtigt, durch Verordnung die angeordnete allgemeine Unterbrechung von Fristen zu verlängern oder zu verkürzen, soweit dies zur Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Rosenkranz

(Richter)

Schlagworte

Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.27.0502.1

Zuletzt aktualisiert am

01.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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