Entscheidungsdatum
26.03.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §45 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Vizepräsidenten Dr. Larcher über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwältin BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.10.2019, Zl *****, betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem Tierseuchengesetz
zu Recht erkannt:
1. Zu den Spruchpunkten 1. und 3. wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, das die Wortfolge „und Ziegen“ aus den jeweiligen Sprüchen entfernt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde zu den beiden Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.
Zu den Spruchpunkten 2. und 4. wird der Beschwerde Folge gegeben, und beide Spruchpunkte werden gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG behoben und die diesbezüglichen Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Aufgrund einer Anzeige der Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Y leitete die Bezirkshauptmannschaft Y ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer und CC, wegen des Vorwurfes von Übertretungen nach dem Tierseuchengesetz und dem Tierschutzgesetz, ein.
Im Zuge des verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens wurde der Beschuldigte am 06.02.2019 von der Bezirkshauptmannschaft Y einvernommen bzw angehört. Im Rahmen seiner Aussage gab der Beschuldigte an, dass am Standort in **** X, Adresse 2, ein Schaf und zwei Ziegen gehalten würden. Das Schaf habe dem Beschuldigten gehört und die zwei Ziegen Herrn CC.
Weiters findet sich im vorgelegten verwaltungsbehördlichen Akt ein Viehverkehrsschein, der sich auf Ziegen bezieht und der zwischen einem drittbeteiligten Landwirt und CC einen Ziegenhandel dokumentiert.
Am 23.10.2019 erließ die Bezirkshauptmannschaft Y das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.
Der Beschuldigte erhob fristgerecht Beschwerde und beantragte gleichzeitig die Beigabe eines Rechtsbeistandes.
Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 22.01.2020 wurde dem Beschuldigten ein Verfahrenshelfer beigegeben.
Von der Rechtsanwaltskammer wurde Frau Rechtsanwältin Dr. BB als Rechtsbeiständin bestellt und brachte diese am 21.02.2020 eine Beschwerde gegen das Straferkenntnis ein.
Dieser Beschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.
II. Sachverhalt und Beweiswürdigung:
Der Beschwerdeführer hat an seinem Wohnsitz in **** X, Adresse 3, jedenfalls ein Schaf gehalten und am 29.10.2019 geschlachtet. Das Schaf war nicht mit einer Ohrmarke gekennzeichnet und weiters war die Tierhaltung durch den Beschuldigten auch nicht im Veterinärinforationssystem (VIS) angemeldet.
Weiters verfügte der Beschuldigte auch über kein Bestandsregister, aus dem sich eine Tierhaltung nachvollziehen liese.
Nicht festgestellt werden kann hingegen, dass die Ziege mit der Ohrmarke AT ***** im Eigentum des Beschuldigten stand bzw dass er der Halter dieses Tieres ist.
Beweiswürdigend ist festzustellen, dass der Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt bestritten hat, dass er der Eigentümer des geschlachteten Schafes war. Bestritten hat er allerdings, dass er der Eigentümer der im Zuge einer amtstierärztlichen Nachschau am 29.10.2019 ebenfalls auf seiner Liegenschaft vorgefundenen Ziege war. Bereits aufgrund der im Akt einliegenden Urkunden ist jedoch ersichtlich, dass diese Zeige im Eigentum des CC stand. Es bestehen für das Landesverwaltungsgericht Tirol auch keine Zweifel, dass CC auch der Halter des Tieres war bzw ist und dass ihm die entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen zukommen.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt 2. wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, dass er es unterlassen habe sein Schaf ordnungsgemäß zu kennzeichnen und er somit der Verpflichtung des § 12 Abs 1 Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung, BGBl II Nr 291/2009 verstoßen habe.
Diesem Vorwurf ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Kennzeichnung des hier verfahrensgegenständlichen Schafes vor dem erstmaligen Verlassen des Geburtsbetriebes erfolgen hätte müssen. Es ist unstrittig, dass der Beschuldigte nicht Inhaber oder Betreiber des Geburtsbetriebes des verfahrensgegenständlichen Schafes war. Gemäß § 12 Abs 2 Tierkennzeichnungsverordnung ist für die Durchführung der Kennzeichnung der jeweilige Tierhalter verantwortlich. Im Sinne des hier festgestellten Sachverhaltes hätte die Kennzeichnungspflicht somit den Inhaber des Geburtsbetriebes getroffen und kann dessen Unterlassung nicht dem nunmehrigen Beschuldigten vorgeworfen werden.
Mit Spruchpunkt 4. ist dem Beschuldigten eine Unterlassung der ordnungsgemäßen Versorgung der an einer hochgradigen Stützbeinlahmheit leidenden Ziege vorgeworfen worden. Nach dem sich aber ergeben hat, dass die Ziege nicht dem Beschuldigten, sondern CC zuzurechnen war, ist auch hier davon auszugehen, dass der Beschuldigte das vorgeworfene Delikt nicht begangen hat.
Gemäß § 45 Abs 1 VStG hat das Landesverwaltungsgericht von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und dessen Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldige die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Im vorliegenden Sachverhalt war hinsichtlich beider Spruchpunkte festzustellen, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfenen Dinge nicht begangen hat bzw dass ihm diese nicht zurechenbar sind.
Hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 3. war der Beschwerde nur teilweise Folge zu geben. In den angefochtenen Spruchpunkten sind dem Beschuldigten Übertretungen sowohl hinsichtlich eines Schafes als auch einer Ziege vorgeworfen worden. Nachdem sich aber ergeben hat, dass der Beschuldigte nicht Halter von Ziegen war, waren die beiden angefochtenen Sprüche und dieses Faktum zu berichtigen. Im Übrigen waren die Beschwerden allerdings als unbegründet abzuweisen, da der Beschuldigte selbst zugestanden hat, dass er weder seiner Registrierungspflicht nachgekommen ist noch, dass er überhaupt eine registrierte Tierhaltung führt.
Aus diesem Grunde ist die Bestrafung dem Grunde nach zurecht erfolgt.
Zur Strafbemessung ist vorab darauf hinzuweisen, dass § 63 Abs 1 lit a Tierseuchengesetz für die Übertretungen, die der Beschuldigte begangen hat, eine Geldstrafe mit einer Höchststrafe von Euro 4.360,00 vorsieht.
Auch in Unkenntnis der Einkommens- und Vermögenssituation ergibt es sich, dass die über den Beschuldigten verhängte Strafe jedenfalls schuld- und tatangemessen ist. Für beide Übertretungen wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe verhängt, die rund ein Prozent des zur Verfügung stehenden Strafrahmens beträgt. In Anbetracht des Unrechtsgehaltes der vom Beschuldigten begangenen Delikte, ist eine weitere Herabsetzung der über ihn verhängten Geldstrafen jedenfalls denkunmöglich.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine wesentlichen Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen waren, denen grundsätzliche Bedeutung zukämen. Im vorliegendem Strafverfahren ist der Beschwerde des Beschuldigten hinsichtlich zweier Spruchpunkte Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren hinsichtlich dieser beiden Spruchpunkt eingestellt worden. Hinsichtlich der anderen beiden Spruchpunkt hat der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Tat zugestanden und waren daher keine grundsätzlichen Rechtsfragen mehr zu klären. Aus diesem Grund ist auch die ordentliche Revision ausgeschlossen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer ordentlichen bzw außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist - sofern die ordnungsgemäße Zustellung dieser Entscheidung bis zum 30. April 2020 erfolgt - gemäß § 1 Abs 1 in Verbindung mit § 6 Abs 2 Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, BGBl I Nr 16/2020, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnt mit 1. Mai 2020 neu zu laufen.
Der Bundeskanzler ist allerdings ermächtigt, durch Verordnung die angeordnete allgemeine Unterbrechung von Fristen zu verlängern oder zu verkürzen, soweit dies zur Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Larcher
(Vizepräsident)
Schlagworte
Tierhalter; StrafhöheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2019.23.2587.4Zuletzt aktualisiert am
01.04.2020