TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/2 LVwG-2019/40/0969-4

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Veröffentlicht am 02.03.2020
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Entscheidungsdatum

02.03.2020

Index

L82007 Bauordnung Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Tir 2018 §67 Abs1 litl
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. BB, Adresse 1, **** Z gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 21.03.2019, Zl *****, betreffend die Übertretung der TBO 2018, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie, Herr AA, geb. am XX.XX.XXXX, haben es als Obmann und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 Abs. 1 VStG) des CC (ZVR-Zahl: *****) mit Sitz in **** Z, Adresse 2, zu verantworten,

dass (wie anlässlich eines baupolizeilichen Ortsaugenscheines am 03.11.2017 festgestellt wurde) die baurechtlich als Lagerräume bewilligten Kellerräumlichkeiten im Anwesen Adresse 3 zumindest am 03.11.2017 (Zeitpunkt der Feststellung) durch den CC, in unzulässiger Weise zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck, nämlich als Aufenthaltsräume, benützt wurden, obwohl für diese Änderung des Verwendungszweckes eine Baubewilligung gemäß § 28 Abs. 1 lit. c Tiroler Bauordnung 2018 erforderlich wäre, welche jedoch nicht vorliegt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 67 Abs. 1 lit. I TBO 2018 iVm § 9 Abs. 1 VStG jeweils in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

gemäß

EUR 3.630,00

55 Stunden

§ 67 Abs. 1 lit. I (erster Fall) TBO 2018

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG zu zahlen:

• EUR 363,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich EUR 15 angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher

EUR 3.993,00.“

Ein der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde bringt der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass er sich als Mieter darauf vertrauen habe können, dass ihm der Vermieter ein Bestandsobjekt zur Verfügung stelle, das über die notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen verfüge. Es sei keine andere Nutzung als für Lagerzwecke erfolgt. Es seien zwar Gegenstände in den Kellerräumlichkeiten abgestellt gewesen, die aber keine Wohnungsnutzung oder geschäftliche Nutzung zugelassen hätten. Der Umstand, dass dort diverse Fanutensilien aufgehängt seien bzw abgestellt worden seien beweise, dass der eigentliche Mieter im Rahmen seines Vereinszweckes diese Räumlichkeiten als Vereinslager verwendet habe.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Strafakt der belangten Behörde. Weiters wurde am 05.02.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschwerdeführer und der Zeuge DD einvernommen wurden.

II.      Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Am 06.11.2017 fand im Anwesen Adresse 3 eine baupolizeiliche Überprüfung durch Mitarbeiter des Stadtmagistrates Innsbruck statt. Dabei wurde festgestellt, dass diese Kellerräumlichkeiten genutzt würden. Aufgrund der vorhandenen Einrichtungsgegenstände wurde aus baupolizeilicher Sicht nicht von Verwendungszweck Lager ausgegangen. Weiters wurden Fotos angefertigt, auf denen ersichtlich ist, dass eine Sitzgruppe um einen Tisch herum angeordnet ist, ein Tischfußballspiel aufgestellt ist, sowie weitere Sitzgelegenheiten, mehrere Getränkekisten, sowie zwei Kühlschränke aufgestellt sind. An den Wänden hängen Fahnen, Fußballtrikots, etc.

Der Beschwerdeführer ist Obmann des Vereines CC, welcher seit 01.10.2017 Mieter der im Eigentum der EE-GmbH stehenden „Lager *** ca 98 m² mit zwei WC im WE Objekt Adresse 3“ ist.

Diese Lagerräume, welche sich im Kellergeschoß des gegenständlichen Gebäudes befinden, werden verschiedensten Fan-Gruppierungen zur Verfügung gestellt, um dort ihre Fanartikel, Getränke und weitere Utensilien zu lagern. Insgesamt haben sechs verschiedene Personen einen Schlüssel zum Lager. Die Möbel wurden aus einem früheren Vereinslokal in der Adresse 4 dort untergebracht. Nicht festgestellt werden konnte, in wessen Eigentum die Sitzmöbel stehen. Ebenfalls nicht festgestellt werden konnte, welche Personen sich zu welchem Zeitpunkt dort aufgehalten haben. Ebenfalls nicht mehr festgestellt werden kann, wer von diesen Fanclubs die Möbel dort abgestellt hat.

Die Fotos, welche beim Lokalaugenschein der belangten Behörde vom 03.11.2017 angefertigt wurden, deuten grundsätzlich nicht daraufhin, dass sich die dort ersichtlichen Möbel ausschließlich zu Lagerzwecken dort befinden. Die Nutzung als Aufenthaltsräume zum damaligen Zeitpunkt ist zumindest wahrscheinlich. Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Zeuge DD gaben übereinstimmend und durchaus glaubwürdig an, dass die tatsächliche Nutzung als Aufenthaltsraum jedoch nicht durch den Verein bzw dessen Mitglieder erfolgt ist. Durch die Zurverfügungstellung der gegenständlichen Räumlichkeiten an mehrere Fanclubs kann jedoch nicht mehr festgestellt werden, welche konkreten Personen sich zum damaligen Zeitpunkt dort aufgehalten haben.

Für die Nutzung als Aufenthaltsräumlichkeiten spricht lediglich das erste Foto vom Lokalaugenschein am 03.11.2017, sohin die Aufstellung von Sitzgelegenheiten und allenfalls noch die Wandgestaltungen. Bei der Aufstellung von Kühlschränken bzw Getränkekisten kann nicht von einem Aufenthaltszweck gesprochen werden. Ein reiner Lagerzweck ist diesbezüglich genauso möglich. Weiters konnte keine konkrete Person angetroffen werden, die sich dort zum Beispiel sitzend aufgehalten hätte.

Bei Abwägung sämtlicher Indizien und Feststellungen kann eine Verwendung als Aufenthaltsraum durch den Verein CC nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Allenfalls könnte es sich um eine Überlassung der gegenständlichen Räumlichkeiten zu einem nicht der Baubewilligung entsprechenden Verwendungszweck handeln, wobei es sich diesbezüglich um einen anderen Tatvorwurf handelt, der nicht innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt ist.

III.     Rechtsgrundlagen:

Die maßgeblichen Bestimmungen der Tiroler Bauordnung 2018 lauten:

„§ 28

Bewilligungspflichtige und anzeigepflichtige Bauvorhaben, Ausnahmen

(1) Einer Baubewilligung bedürfen, soweit sich aus den Abs. 2 und 3 nichts anderes ergibt:

[…]

c)       die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, wenn sie auf die Zulässigkeit des Gebäudes oder Gebäudeteiles nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften von Einfluss sein kann; hierbei ist vom bewilligten Verwendungszweck bzw. bei Gebäuden oder Gebäudeteilen, für die aufgrund früherer baurechtlicher Vorschriften ein Verwendungszweck nicht bestimmt wurde, von dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck auszugehen;

[…]“

„§ 67

Strafbestimmungen

(1) Wer

[…]

l)       unbeschadet des § 13a Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 eine bauliche Anlage oder einen Teil davon zu einem anderen als dem bewilligten bzw. als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck benützt oder anderen zur Benützung überlässt oder wer entgegen dem § 44 Abs. 8 erster Satz oder Abs. 9 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 auf einer Hofstelle eine gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine Hofstelle anderen zur Ausübung einer solchen Tätigkeit überlässt,

[…]

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 36.300,- Euro, zu bestrafen.

[…]“

Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes lauten:

„§ 45.

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

         1.       die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

         2.       der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

         3.       Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

         4.       die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

         5.       die Strafverfolgung nicht möglich ist;

         6.       die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

[…]“

IV.      Erwägungen:

Bereits aus dem festgestellten Sachverhalt erhellt, dass nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Verwendung als Aufenthaltsraum durch den Verein „CC“ ausgegangen werden kann.

Vielmehr erscheint dem Gefertigten in der Zusammenschau sämtlicher im Rahmen dieses Verfahrens zusammengetragener Tatsachen und Umständen die Schlussfolgerung zumindest genauso naheliegend, dass die gegenständlichen Räumlichkeiten auch zu reinen Lagerzwecken genutzt worden sein könnten. Allenfalls könnte es sich um eine Überlassung der gegenständlichen Räumlichkeiten zu einem nicht der Baubewilligung entsprechenden Verwendungszweck an die verschiedensten Fanclubs handeln, wobei es sich diesbezüglich um einen anderen Tatvorwurf handelt, der nicht innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt ist.

Aus diesem Grund war im Sinne des Grundsatzes „in dubio pro reo“ spruchgemäß zu entscheiden, das Straferkenntis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Piccolroaz

(Richter)

Schlagworte

Verwendung von Kellerräumen zu Wohnzwecken; Aufenthaltsraum

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2019.40.0969.4

Zuletzt aktualisiert am

30.03.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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