TE Vwgh Beschluss 1998/5/20 98/03/0136

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Veröffentlicht am 20.05.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über den Antrag des HR in D-86681 Fünfstetten, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Siegelgasse 6, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 12. Februar 1998, Zl. 1-0018/97/E1, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (hg. Zl. 98/03/0135), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Antrag wird stattgegeben.

Begründung

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den im Spruch bezeichneten Bescheid.

Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, der rechtsfreundliche Vertreter des Antragstellers habe die Beschwerde gegen den in Frage stehenden Bescheid rechtzeitig diktiert. Sie sei geschrieben, vom rechtsfreundlichen Vertreter kontrolliert und unterfertigt und von diesem der näher bezeichneten Mitarbeiterin, die seit Jahren mit dem Vormerken und Abfertigen befristeter Schriftstücke betraut sei, zur Postabfertigung übergeben worden. Der rechtsfreundliche Vertreter habe überprüft, daß die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof am 2. April 1998 (dem letzten Tag der Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde) einkuvertiert werde. Die näher bezeichnete Mitarbeiterin habe die einkuvertierte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, die im übrigen bereits mit der Postalia am 2. April 1998 in der Kanzlei des rechtsfreundlichen Vertreters abgestempelt worden sei, zur Postabgabe hergerichtet, um sie beim Postamt zu übergeben. Die Mitarbeiterin habe jedoch aus einem Versehen die Post nicht beim Postamt abgegeben, sondern die Poststücke in ihrer Handtasche vergessen. Am 3. April 1998 sei ihr dieses Versehen aufgefallen und habe der rechtsfreundliche Vertreter erstmals an diesem Tag davon Kenntnis erlangt.

Dem vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag wurde eine von der Mitarbeiterin unterzeichnete "eidesstattliche Erklärung", datiert mit 16. April 1998, beigegeben.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Die Wiedereinsetzung ist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG auch zu bewilligen, wenn eine Frist durch ein Verhalten von Angestellten des Bevollmächtigten der Partei versäumt wurde, es sei denn, es läge ein - über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes - Verschulden der Partei vor. Dem Verschulden der Partei selbst ist das Verschulden ihres Vertreters gleichzustellen (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluß vom 5. November 1991, Zl. 91/04/0254, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof hat es nun in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht als zweckmäßige und zumutbare Kontrollmaßnahme angesehen, daß sich der Rechtsvertreter nach Übergabe sämtlicher Schriftstücke an die bisher bewährte Kanzleikraft in jedem Fall noch von der tatsächlichen Durchführung der Expedierung der Sendung, etwa durch nochmalige Vorlage des Handaktes, überzeugt, zumal auch eine solche Maßnahme in vielen Fällen nicht zielführend erschiene, z.B. bei der - wie im gegenständlichen Fall - durchaus zulässigen Erledigung am letzten Tag der Frist (vgl. auch dazu den vorzitierten hg. Beschluß vom 5. November 1991, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof legt das sich aus dem vorliegenden Antrag und der ihm beigegebenen "eidesstattlichen Erklärung" ergebende Sachverhaltsvorbringen seiner Entscheidung zugrunde. Davon ausgehend erweist sich aber die Unterlassung der der Kanzleikraft aufgetragenen Postaufgabe als ein für den Vertreter des Antragstellers und damit auch für den Antragsteller selbst unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, welches ihn jedenfalls ohne ein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden an der Beschwerdeerhebung innerhalb der Frist hinderte.

Dem vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher stattzugeben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998030136.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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