TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/26 W181 2196780-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.08.2019
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Entscheidungsdatum

26.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W181 2196780-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald PERL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch den Verein Menschrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2018,

Zl. 1106070006-160270032/BMI-BFA_STM_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 01.08.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 18.02.2016 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Im Rahmen einer am 19.02.2016 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF an, aus XXXX , Distrikt XXXX , zu stammen, ledig zu sein und der Religionsgemeinschaft der Sunniten anzugehören. Vor etwa drei Monaten habe er - ohne ein bestimmtes Reiseziel gehabt zu haben - sein Herkunftsland verlassen. Er sei schlepperunterstützt über Indien, Pakistan, den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn - wo er einen Asylantrag gestellt habe - letztlich nach Österreich gelangt. Nach den Gründen befragt, die den BF bewogen hätten, sein Herkunftsland zu verlassen, führte dieser aus, dass er in Bangladesch auf Grund seiner politischen Gesinnung von der regierenden Partei verfolgt worden sei. Im Fall einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

I.3. Auf Grund der Angaben des BF, während seines Aufenthaltes in Ungarn einen Asylantrag gestellt zu haben, richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) mit Schreiben vom 23.02.2016 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013

(kurz: Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Ungarn.

I.3.1. Mit Verfahrensanordnung vom 24.02.2016 wurde dem BF gemäß

§ 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit Ungarns angenommen werde.

I.3.2. Nachdem Ungarn innerhalb von zwei Wochen auf das übermittele Wiederaufnahmegesuch keine Antwort erteilte, erging seitens des BFA an die zuständigen ungarischen Behörden mit Datum 11.03.2016 ein Schreiben, in dem mit Verweis auf Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO auf die Verpflichtung Ungarns, den BF wieder aufzunehmen sowie auf den am 09.03.2016 begonnenen Überstellungszeitraum hingewiesen wurde.

I.3.3. Am 19.07.2016 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

Nach seinem gesundheitlichen Befinden befragt, führte der BF eingangs aus, seit etwa einem Jahr an Psoriasis (Schuppenflechte) zu leiden. Im Hinblick auf eine dem BF drohende Ausweisung nach Ungarn, gab der BF an, während seines einwöchigen Aufenthaltes in Ungarn nicht gut behandelt worden zu sein. Er sei von Polizisten geschlagen worden, habe kein Wasser bekommen und das Essen sei nicht gut gewesen. Zwar sei der BF auch ärztlich untersucht worden, seine Hautprobleme hätten sich jedoch verschlechtert. Er wolle daher nicht nach Ungarn zurückkehren, sondern in Österreich bleiben. Hier sei die medizinische Versorgung gut.

I.3.4. Mit Bescheid vom 02.09.2016, Zl. 116070006/160270032, wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und verwies zugleich auf die Zuständigkeit Ungarns für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz. Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG sei eine Außerlandesbringung angeordnet und die Abschiebung des BF gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig.

Mit Schriftsatz vom 15.09.2016 erhob der BF gegen diesen Bescheid Beschwerde und stellte zugleich einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

I.3.5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.09.2016, W205 2135128-1/2Z, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 17 BFA-VG zuerkannt.

I.3.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.09.2016, W205 2135128-1/3E, wurde der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid vom 02.09.2016 mit der Begründung behoben, dass durch eine Überschreitung der Überstellungsfrist die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens auf Österreich übergegangen sei.

I.4. In weiterer Folge wurde das Verfahren des BF gemäß § 19 Abs. 2 AsylG 2005 im Bundesgebiet zugelassen.

I.5. Am 20.03.2018 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

Im Rahmen dieser Einvernahme legte der BF Unterlagen in bengalischer Sprache (samt in Bangladesch erfolgter englischer Übersetzung), welche vom BF als Gerichtsurteil bezeichnet wurden und die der BF vor drei Monaten von seinem Vater zugesandt bekommen habe, sowie einen Artikel einer (bengalischen) Zeitung vor, in dem von einer Demonstration berichtet und der Name des BF genannt werde, vor.

Außerdem legte der BF mehrere Bestätigungen betreffend die Teilnahme an Sprachkursen, ein Empfehlungsschreiben, eine Bestätigung über die Teilnahme an gemeinnützigen Tätigkeiten sowie einen Arztbrief eines in XXXX ansässigen Facharztes für Dermatologie und Venerologie vom 26.02.2018 und ein als "Discharge Certificate" bezeichnetes, mit 06.04.2015 datiertes Schriftstück - ausgestellt durch das " XXXX " - vor. Betreffend die vorlegten ärztlichen Unterlagen führte der BF ergänzend aus, dass er in seinem Heimatland seit dem Jahr 2015 wegen Psoriasis (Schuppenflechte) in Behandlung gestanden sei. Die im vorgelegten Schreiben des Krankenhauses XXXX angeführten Medikamente habe der BF in Bangladesch erhalten. Die Behandlung sei jedoch teuer, weswegen er nach Österreich gereist sei. Auch in Österreich stehe er wegen dieser Erkrankung in Behandlung. Er bekomme Medikamente und Cremen. Ihm sei gesagt worden, dass diese Krankheit angeboren sei, jedoch seien weder die Großeltern noch die Eltern des BF daran erkrankt.

Während seines Aufenthaltes in Griechenland habe der BF keinen Asylantrag gestellt, da er mit der dortigen ärztlichen Behandlung nicht zufrieden gewesen sei. Zwar habe er in weiterer Folge in Ungarn einen Asylantrag gestellt, jedoch dort seien das Essen und die medizinische Behandlung nicht gut gewesen. Als Fluchtgrund habe er in Ungarn angegeben, medizinische Behandlung zu benötigen. Er habe in Ungarn keinen Antrag stellen wollen, sei vom Schlepper jedoch dazu gezwungen worden. In weiterer Folge sei er wegen der benötigten medizinischen Behandlung nach Österreich gereist. Außerdem habe er auch ein politisches Problem, das er im Rahmen seiner Antragstellung in Ungarn jedoch nicht erwähnt habe.

Nachgefragt, was der BF mit den vorgelegten (bengalischen) Unterlagen beweisen wolle, gab dieser an, in Bangladesch angeklagt worden zu sein, einen Polizisten geschlagen zu haben. Dies habe er auch tatsächlich getan, jedoch habe auch der Polizist den BF geschlagen. Eine Festnahme habe es nicht gegeben. Im Fall einer Rückkehr nach Bangladesch müsse der BF nun womöglich jedoch eine Haftstrafe antreten. Der Vorfall habe sich im XXXX 2016 ereignet.

Auf Vorhalt, dass sich der BF im XXXX 2016 bereits in Österreich befunden habe, führte dieser aus, dass die Polizei ihn erst ein Jahr nach dem Vorfall verurteilt habe. Die Auseinandersetzung habe bereits am XXXX .2014 stattgefunden. Es habe sich um eine Demonstration gehandelt, jedoch um keine Demonstration im Sinne einer Zusammenkunft, sondern es sei an diesem Tag nur zu einer Auseinandersetzung zwischen Parteimitgliedern der Bangladesh National Party (kurz: BNP) und Parteimitgliedern der Awami League gekommen. Der Vorfall habe sich in einem Restaurant ereignet. Sie seien angesprochen worden und es sei zu einem Streit gekommen. Der BF sei seit Mai 2013 Mitglied der BNP. Er sei nicht politisch tätig und habe seine politische Einstellung öffentlich nicht zur Schau getragen.

Nachdem der BF in weiterer Folge zu Protokoll gab, dass bei der in Rede stehenden Auseinandersetzung etwa 50 Mitglieder der BNP und 100 Mitglieder der Awami League involviert gewesen seien, führte der BF nach erfolgter Nachfrage des BFA, ob diese Personen alle in dem Restaurant Platz gefunden hätten, aus, dass der Vorfall sich auf der Straße ereignet habe. Grund für die Versammlung sei die Frage gewesen, warum die Mitglieder der BNP nicht demonstrieren dürften. Die Demonstration sei angemeldet gewesen sei. Auf Nachfrage, was im Zuge dieses Vorfalles nun konkret geschehen sei, gab der BF an, dass ihn ein Polizist geschlagen habe und er daraufhin den Polizisten geschlagen habe. Anschließend seien der BF und fünf Freunde seiner Freunde, die auch geschlagen und in weiterer Folge ebenso angezeigt worden seien, in einen etwa zehn Kilometer entfernten Wald gelaufen, wo sich der BF und drei seiner Freunde in weiterer Folge versteckt gehalten hätten. Der BF habe in einer Hütte, die Holzfällern gehört habe, geschlafen und sich von Brot, das er in einer Hütte in der Nähe des Waldes gekauft habe, ernährt. Im Oktober 2015 habe der BF den Wald wieder verlassen. Er sei nicht wieder nach Hause zurückgekehrt und habe seine Eltern seit dem geschilderten Vorfall nicht mehr gesehen. Im Dezember 2015 habe er Bangladesch dann verlassen.

Auf Vorhalt, dass der BF angegeben habe, von 2013 bis 2015 die High-School besucht zu haben und diese Angaben im Widerspruch zu seinen Angaben, in diesem Zeitraum im Wald gelebt zu haben, stünden, führte der BF aus, bei Nachbarn gelebt zu haben bzw. die Schule nur bis zum Jahr 2014 besucht zu haben. Seine Erkrankung habe er während seines Aufenthaltes im Wald in einem nahegelegenen Spital behandeln lassen.

Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen habe der BF in Bangladesch nicht gehabt. Er sei weder vorbestraft noch sei ein Gerichtsverfahren gegen ihn anhängig. Von staatlicher Seite sei er nicht verfolgt worden. Seit seiner Ausreise habe es keine Vorfälle seine Familie betreffend gegeben.

Der BF habe in Bangladesch von 2003 bis 2013 die Grundschule und anschließend von 2013 bis 2015 die High-School besucht. Einen Beruf habe er in Bangladesch nicht ausgeübt. Sein Vater habe seinen Lebensunterhalt finanziert und insbesondere auch die vom BF benötigten Medikamente sowie die Ausreise des BF in Höhe von EUR 8.000,-- bezahlt. Sein Vater sei Lehrer und besitze zwei Häuser, die er an Geschäftsinhaber vermiete.

Nach erfolgter Rückübersetzung des Protokolls wendete der BF ein, sich bis Februar 2015 zu Hause aufgehalten zu haben und erst danach bis Oktober 2015 im Wald gelebt zu haben.

I.6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.04.2018, Zl. 1106070006-160270032/

BMI-BFA_STM_RD, wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3

Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß

§ 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage

(Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status des Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass das

Fluchtvorbringen des BF als vage, allgemein gehalten, widersprüchlich und als nicht glaubhaft zu bezeichnen sei. Nach einer zusammenfassenden Darstellung der Angaben des BF zu jenen Vorfällen, die sich vor der Ausreise des BF aus Bangladesch zugetragen hätten, führte die Behörde aus, dass eine derart unterschiedliche Darstellung der Geschehnisse, wie sie vom BF erfolgt sei, darauf hindeute, dass der BF die geschilderten Umstände nicht tatsächlich erlebt habe. Es habe auf Grundlage der Ausführungen des BF auch nicht festgestellt werden können, dass der BF Mitglied der BNP gewesen sei. Die vorgelegten Beweismittel hätten die Zweifel der Behörde am Vorbringen des BF nicht entkräften können. So habe der BF an dem in den Unterlagen beschriebenen Vorfall im XXXX 2016 nicht beteiligt sein können, da er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Österreich aufgehalten habe. Darüber hinaus sei das Vorbringen des BF, dass er sich während seines Aufenthaltes in den Wäldern in einem öffentlichen Krankhaus behandeln habe lassen, nicht nachvollziehbar, zumal das Risiko, in diesem Zusammenhang aufgegriffen zu werden, als groß einzustufen gewesen wäre. Es sei davon auszugehen, dass kein Interesse an einer Verfolgung des BF bestehe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Angaben des BF zu seinen Fluchtgründen nicht der Wahrheit entsprechen und der BF nach Österreich gereist sei, um eine bessere medizinische Behandlung zu erhalten. Dies stelle jedoch keinen asylrelevanten Sachverhalt dar. Darüber hinaus würden auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen. Insbesondere seien die im Fall des BF - im Hinblick auf die diagnostizierte Schuppenflechte - notwendigen Behandlungsmöglichkeiten in Bangladesch gegeben. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und würden zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei.

I.7. Mit Schriftsatz vom 15.05.2018 erstattete der BF eine Stellungnahme zu der am 20.03.2018 vor dem BFA erfolgten Einvernahme und bat um Korrektur bzw. Ergänzung vom BF getätigter - näher bezeichneter - Angaben. Insbesondere stamme der vorgelegte Zeitungsartikel nicht vom XXXX .2016, sondern vom XXXX .2016; hätten an der vorgebrachten Auseinandersetzung am XXXX 2014 nicht 50 bzw. 100 Personen, sondern auf Seiten der BNP etwa 100 sowie auf Seiten der Awami League etwa 150 Personen teilgenommen; habe dieser Vorfall nicht in einem Restaurant, sondern am Platz davor stattgefunden und habe sich der BF von XXXX 2014 bis Februar 2015 an verschiedenen Orten versteckt aufgehalten, wobei er hin und wieder zu seinem Elternhaus zurückgekehrt sei. Von Februar 2015 bis Oktober 2015 habe der BF im Wald gelebt und danach Kontakt zu einem Schlepper aufgenommen.

I.8. Mit Schriftsatz vom 23.05.2018 wurde der Bescheid des BFA vom 25.04.2018 seitens des - rechtsfreundlich vertretenen - BF wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, zur Gänze angefochten.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Feststellungen der Behörde, dass der BF kein Mitglied der BNP gewesen sei, auf mangelhafte Ermittlungen stützen würden. Zu den Fluchtgründen sei vollinhaltlich auf das bisher im Verfahren Vorgebrachte zu verweisen. Die den BF betreffende Gefahrenlage sei in der Einvernahme am 20.03.2018 detailliert geschildert worden. Im Rahmen der Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten habe es die Behörde unterlassen, umfassend auf das individuelle Vorbringen des BF einzugehen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe dem BF nicht zur Verfügung. Das BFA habe es verabsäumt, sich mit dem Sachverhalt gebührend auseinanderzusetzen und der angefochtene Bescheid leide daher unter erheblichen Ermittlungsmängeln.

Es wurden die Anträge gestellt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag des BF auf internationalen Schutz Folge gegeben und dem BF der Status des Asylberechtigten bzw. der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werde; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass Spruchpunkt III., betreffend die gefällte Rückkehrentscheidung, aufgehoben werde; in eventu dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen; in eventu den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

I.9. Mit Datum vom 24.05.2018 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.10. Mit Datum vom 02.07.2019 und vom 17.07.2019 langten beim Bundesverwaltungsgericht vom BF übermittelte Bestätigungen über die Teilnahme an Sprachkursen, eine Bestätigung über die Teilnahme an Kursen am XXXX (Bildungseinrichtung für junge AsylwerberInnen, Konventionsflüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte) und eine Bestätigung über eine Tätigkeit als Zeitungs- und Werbemittelverteiler sowie eine diesbezügliche Jahresabrechnung vor.

I.11. Am 01.08.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der der BF sowie dessen Rechtsvertretung teilnahmen.

Das BFA hatte bereits mit Schreiben vom 24.05.2018 mitgeteilt, auf die Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu verzichten und nahm an der Verhandlung auch nicht teil.

Der BF bestätigte, dass er während seines Aufenthaltes in Griechenland keinen Asylantrag gestellt habe, zumal er mit der ärztlichen Behandlung nicht zufrieden gewesen sei. In Ungarn sei er von Schlepper gezwungen worden, einen Asylantrag zu stellen. Er habe das dortige Verfahren allerdings nicht abgewartet, weil er keine entsprechende medizinische Behandlung bekommen habe. Er habe kein Zielland, jedoch Informationen gehabt, dass in Deutschland, Österreich und Frankreich die medizinischen Behandlungsmethoden weiter entwickelt seien, darüber hinaus habe er sein politisches Problem.

Auf die im Verfahren vorgebrachte Auseinandersetzung zwischen Anhängern der Awami League und der BNP angesprochen, führte der BF aus, dass eine Demonstration organisiert werden habe sollen, die Awami League dagegen Widerstand geleistet habe und auch die Polizei diese Demonstration angegriffen habe. Er habe im Zuge dessen einen Polizisten weggestoßen, weshalb ihn die Polizei festnehmen wolle. Im Falle einer Festnahme drohe ihm eine Gefängnisstrafe.

Hingewiesen darauf, dass gemäß den vom BF vorgelegten Unterlagen sich diese Demonstration 2016 ereignet habe, führte der BF aus, dass die Polizei in seiner Ortschaft Informationen eingeholt habe, wer gegen sie die Hand gehoben habe. Er sei nach seinem Kontakt mit den Polizisten weggelaufen, die Informationen, wer die Angreifer gewesen seien, seien erst im Nachhinein eingeholt worden. Dieser Vorfall habe sich im Jahr 2014 zugetragen. Die Polizei habe ihn zwei Jahre gesucht und dann erst herausgefunden, dass er der Gesuchte sei. Die Awami League sei der Ansicht, dass man ihm diese Anzeige anhängen solle. Auf Nachfrage, aus welchen Gründen der vorgelegte Zeitungsartikel davon spreche, dass der Vorfall vor wenigen Tagen stattgefunden habe, führte der BF aus, dass in der Zeitung lediglich geschrieben worden sei, wer die Täter gewesen seien und dass man sie festnehmen solle. Bei den beiden Vorfällen handle es sich nicht um denselben Vorfall. Der BF sei willkürlich zu dem anderen Vorfall namhaft gemacht worden. Für den Vorfall aus dem Jahr 2014 gebe es keine Nachweise. Nach dem Vorfall 2014 sei der BF weggelaufen und er habe abschließend - bis zu seiner Ausreise - mehrere Monate im Wald gelebt. Es habe sich um einen sehr dichten Wald gehandelt, weswegen ihn die Polizei nicht finden habe können.

Befragt gab der BF an, dass er die Schule bis XXXX 2014 besucht habe, seine Abschlussprüfungen absolviert und das positive Ergebnis seiner Abschlussprüfungen im Jänner 2015 erfahren habe. Er sei einmal im Monat nach Hause zurückgekehrt und habe dort von seiner Mutter vom positiven Ergebnis erfahren. Nach dem Vorfall zwischen XXXX und Februar sei er zweimal nach Hause gegangen, um nach seiner kranken Mutter zu sehen. Seine Mutter habe ihn dann vom positiven Ergebnis informiert.

Der BF bestätigte, die Länderberichte zu Bangladesch erhalten zu haben. Er habe diese allerdings nicht verstanden. Die Rechtsvertretung des BF führte zu den Berichten zur medizinischen Versorgung in Bangladesch aus, dass diese mit Europa nicht zu vergleichen und vielfach technisch, apparativ und hygienisch problematisch sei. Es herrsche ein eklatanter Mangel an ausgebildeten Ärzten, Krankenschwestern und Spitalsbetten. In Dhaka würden zwei Krankenhäuser existieren, in denen jedoch nur überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden würden. Wohlhabende Bangladescher würden Behandlungen im Ausland vorziehen. Der BF wäre im Fall einer Rückkehr dem schlechten medizinischen Gesundheitssystem ausgeliefert.

Der BF führte aus, am gesamten Körper an einer Schuppenflechte zu leiden und sich aus diesem Grund in medizinischer Behandlung zu befinden. Er habe Medikamente einzunehmen, mit denen der Ausbruch unterdrückt werde. Der BF bestätigte auf Nachfrage, versucht zu haben, seine Krankheit in Bangladesch behandeln zu lassen. Er sei diesbezüglich auch im Spital gewesen, dort habe man viel versucht, seine Beschwerden seien aber nicht besser geworden. Aus seiner Sicht bestünden in Bangladesch keine geeigneten Behandlungsmöglichkeiten. Er habe diese Krankheit seit rund fünf Jahren.

Der BF habe im Bundesgebiet einen aufrechten Wohnsitz und beziehe Leistungen aus der Grundversorgung. Der BF besuche seit 01. Jänner einen einjährigen Vorbereitungskurs für die Hauptschule. Er wolle in weiterer Zukunft einen B1-Kurs für Deutsch absolvieren. Sein Ziel sei der Beruf des Automechanikers. Der BF habe in Österreich keine familiären Bindungen und lebe in keiner Lebensgemeinschaft. Er habe jedoch einige Freunde, mit denen er sich regelmäßig treffe und zu Vereinstreffen gehe.

Die Befragung des BF zu seinen Lebensumständen in Österreich (Tagesablauf) wurde in deutscher Sprache geführt. In diesem Zusammenhang wurde vom erkennenden Richter im Protokoll festgehalten, dass der BF langsames, teilweise gebrochenes Deutsch spreche. Es habe der Eindruck gewonnen werden können, dass der BF die deutsche Sprache (ausgenommen juristische Fachausdrücke) verstehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali. Der BF ist ledig.

Der BF ist im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , geboren und aufgewachsen und hat dort mit seinen Eltern und seinen Geschwistern bis Ende 2015 in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Er hat in seinem Heimatland von 2003 bis 2013 eine Grundschule und anschließend eine allgemeinbildende höhere Schule (High-School) besucht. Der BF hat in Bangladesch keinen Beruf ausgeübt. Sein Vater ist für seinen Lebensunterhalt aufgekommen.

Ende des Jahres 2015 hat der BF sein Heimatland verlassen. Im Februar 2016 ist er nicht legal in das Bundesgebiet eingereist.

Der BF bezieht seit seiner Einreise in das Bundesgebiet Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er erzielte im Zeitraum von Juni 2018 bis Mai 2019 aus einer Tätigkeit als Zeitungs- und Werbemittelverteiler ein (Jahres-)Einkommen in Höhe von EUR 1.118,78. Andere Erwerbstätigkeiten hat der BF im Bundesgebiet nicht ausgeübt. Der BF hat im Bundesgebiet an Deutschkursen teilgenommen und verfügt über (erste) grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache. Er wurde für und im Auftrag der Stadt XXXX für gemeinnützige Tätigkeiten herangezogen und hat an Aktivitäten des Vereines XXXX und sowie an Kursen des XXXX (Bildungseinrichtung für junge AsylwerberInnen, Konventionsflüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte) teilgenommen, im Zuge dessen er erste soziale Kontakte geknüpft hat.

Der BF verfügt im Bundesgebiet über keine familiären Bindungen. In Bangladesch halten sich die Eltern des BF sowie ein Bruder und eine Schwester auf.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF leidet an Psoriasis (Schuppenflechte). Er ist diesbezüglich bereits in Bangladesch in Behandlung gestanden. Auch im Bundesgebiet steht der BF wegen der Erkrankung an Psoriasis in Behandlung.

I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in seinem Herkunftsland einer konkret gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt gewesen ist oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine solche droht.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Kurzinformation vom 23.03.2018: Oppositionsführerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt

Am 8. Februar 2018 wurde Begum Khaleda Zia, die frühere Premierministerin von Bangladesch und Vorsitzende der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party (BNP) durch ein Gericht in Dhaka für schuldig befunden, während ihrer ersten Amtszeit von 1991 bis 1996 Spendengelder in Höhe von 21 Millionen Taka (etwa 200.000 Euro) veruntreut zu haben, die für die wohltätige Organisation Zia Orphanage Trust bestimmt waren. Das Gericht verurteilte Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft, vier Berater und ihren Sohn Tarique Rahman zu je zehnjährigen Haftstrafen (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018). Der in London im Exil lebende Tarique Rahman ist von der Parteiführung im Zuge des Urteils zum Leiter der BNP erkoren worden (Indianexpress 12.2.2018).

Die Anklage gegen Khaleda Zia und ihren älteren Sohn erfolgte bereits 2008 durch die damalige militärische Übergangsregierung (Indianexpress 12.2.2018).

BNP Generalsekretär Mirza Fakrul Islam Alamgir kritisierte das Urteil scharf als einen Versuch Khaleda Zia zu verunglimpfen und sie von der Teilnahme an den nächsten Wahlen auszuschließen und kündigte an, das Urteil anzufechten (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018).

Im Vorfeld der Urteilsverkündung gegen Khaleda Zia haben die Behörden am 30. Jänner damit begonnen, landesweit Unterstützer der oppositionellen BNP zu verhaften (OMCT 22.3.2018). Die in Dhaka ansässigen Menschenrechtsorganisation Ain O Salish Kendra berichtet, dass in den acht Tagen vor der Urteilsverkündigung insgesamt 1.786 Personen, Mitglieder der BNP und der islamistischen politischen Partei Jamaat-e-Islami sowie parteilose Personen, festgenommen wurden (HRW 8.2.2018). BNP-Sprecher Rizvi Ahmed spricht von der Verhaftung von ungefähr 3.500 Aktivisten und Funktionären (The Guardian 8.2.2018).

Noch vor der Urteilsverkündung kam es in Dhaka zu Zusammenstößen zwischen Gefolgsleuten der BNP und der Polizei. Im Fernsehen waren brennende Motorräder zu sehen. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, um die Demonstranten, die ein behördliches Versammlungsverbot missachtet hatten, zu zerstreuen (DW 8.2.2018).

Auch nach der Urteilsverkündung kam es in Bangladeschs Großstädten zu Zwischenfällen bei denen Polizeibeamte und Anhänger der BNP verletzt wurden. In der nordöstlichen Stadt Sylhet feuerten Polizisten mit Gummigeschossen auf Demonstranten, wobei vier Personen verletzt wurden. In der Hafenstadt Chittagong wurden mindestens sieben BNP-Funktionäre, darunter der lokale Parteivorsitzende, verhaftet, nachdem es zu einem Handgemenge zwischen Anhänger der Opposition und der Polizei gekommen war (The Guardian 8.2.2018; vgl. BBC News 8.2.2018).

Etwa 5.000 Unterstützer der Opposition wurden bisher landesweit inhaftiert (OMCT 22.3.2018). Die Parteiführung der BNP fordert deren bedingungslose Freilassung (Dhaka Tribune 10.2.2018).

Seit der Inhaftierung von Khaleda Zia hat die BNP bei verschiedenen, friedlichen Aktionen, wie eine landesweite Flugblattaktion am 1. März, die Bildung einer Menschenkette in Dhaka am 6. März, sowie Sit-ins, symbolische Hungerstreiks und Protestzüge, ihre Freilassung gefordert (Dhaka Tribune 6.3.2018; vgl. Gulf Times 4.3.2018).

Am 19. März hat das Höchstgericht von Bangladesch den Beschluss des Obersten Gerichtshofs von Dhaka, der ehemaligen Premierministerin Khaleda Zia Kaution zu gewähren, bis zum

8. Mai ausgesetzt (ANI 19.3.2018).

Quellen:

-

ANI - Asian News International (19.3.2018): B'desh SC stays Khaleda Zia's bail in orphanage graft case, https://www.aninews.in/news/world/asia/bdesh-sc-stays-khaleda-zias-bail-inorphanage-graft-case201803191613580001/, Zugriff 22.3.2018

-

BBC News (8.2.2018): Bangladesh ex-PM Khaleda Zia jailed amid clashes, http://www.bbc.com/news/world-asia-42987765, Zugriff 22.3.2018

-

Deutsche Welle (8.2.2018): Ex-Premierministerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt,

http://www.dw.com/de/ex-premierministerin-khaleda-zia-zu-f%C3%Bcnf-jahren-haftverurteilt/a-42499619, Zugriff 22.3.2018

-

Dhaka Tribune (10.2.2018): BNP announces more protest plans over Khaleda conviction,

http://www.dhakatribune.com/bangladesh/politics/2018/02/10/bnp-announces-protest-planskhaleda-conviction/, Zugriff 22.3.2018

-

Dhaka Tribune (6.3.2018): BNP forms human chain demanding Khaleda's release,

http://www.dhakatribune.com/bangladesh/politics/2018/03/06/bnp-forms-human-chaindemanding-khaledas-release/, Zugriff 22.3.2018

-

Gulf Times (4.3.2018): BNP announces fresh protest to demand release of Zia,

http://www.gulf-times.com/story/583845/BNP-announces-fresh-protest-to-demand-release-of-Z, Zugriff 22.3.2018

-

HRW - Human Rights Watch (8.2.2018): Bangladesh: End Crackdown on Opposition Supporters,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1423887.html, Zugriff 22.3.2018

-

Indianexpress (12.2.2018): The solitary prisoner, http://indianexpress.com/article/opinion/columns/khaleda-zia-bangladesh-politics-bnp-thesolitary-prisoner-5060031/, Zugriff 22.3.2018

-

OMCT -World Organisation Against Torture (22.3.2018): Bangladesh:

Bangladesh: Civil society decries mass arrests amid worsening human rights situation,

http://www.omct.org/monitoring-protectionmechanisms/statements/bangladesh/2018/03/d24780/, Zugriff 22.3.2018

-

The Daily Star (25.2.2018): ASK blasts cop action on BNP programme,

http://www.thedailystar.net/country/ain-o-salish-kendra-ask-blasts-police-action-bnpprogramme-153989, Zugriff 22.3.2018

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The Guardian (8.2.2018): Violent protests as opposition leader is jailed in Bangladesh,

https://www.theguardian.com/world/2018/feb/08/violent-protests-opposition-leader-jailedbangladesh-khaleda-zia, Zugriff 22.3.2018

Politische Lage

Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) - mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die Awami League (AL) und Bangladesh Nationalist Party (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt (HRW 13.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat auf Grund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).

Durch eine Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 12.2018).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):

Bangladesch - Innenpolitik,

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AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017)

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https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019

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bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,

https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019

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BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019

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BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019

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DS - Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 11.3.2019

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DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,

https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992, Zugriff 11.3.2019

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DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3

by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 11.3.2019

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DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019

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DW - Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 7.3.2019

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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2018a): Bangladesch - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 7.3.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2019): Bangladesch - Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 11.3.2019

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Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 7.3.2019

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Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,

https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019

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NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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