Entscheidungsdatum
24.10.2019Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
W261 2146251-1/14E
W261 2144831-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS über die Beschwerden von XXXX , geboren am XXXX , auch am XXXX , und mj. XXXX , geboren am XXXX , beide StA. Afghanistan, beide vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, jeweils gegen die Spruchpunkte I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2016, Zl. XXXX und Zl. XXXX , nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 27.03.2017 und am 23.10.2019 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die nunmehrigen Beschwerdeführer (in der Folge BF), afghanischer Staatsangehöriger, reisten nach eigenen Angaben am 09.12.2015 in die Republik Österreich ein und stellten am selben Tag gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung am 09.12.2015 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Erstbeschwerdeführer (in der Folge BF1) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari an, dass er schiitischer Hazara sei. Afghanistan habe er vor Jahren wegen des Krieges verlassen, die Taliban hätten viele Dorfbewohner getötet und Häuser angezündet. Sein Vater sei im Krieg gefallen, als er Soldaten mit Wasser und Essen versorgt habe. Er sei daher in den Iran geflohen, wo er sich illegal aufgehalten habe, dort könne man nicht arbeiten, sie hätten auch keine Papiere bekommen. Im Falle einer Rückkehr fürchte er um sein Leben, da er Schiit sei.
Eine Erstbefragung des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers (in der Folge BF2) fand nicht statt.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 23.03.2016, Zl. XXXX , wurde die Obsorge für den mj. BF2 an BF1 übertragen.
Am 17.09.2016 erfolgten die niederschriftlichen Ersteinvernahmen des BF1 und des BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge belangte Behörde) jeweils im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari, und hinsichtlich des mj. BF2 in Anwesenheit des BF1, statt. Die BF gaben an, in der Provinz XXXX geboren zu sein. Sie hätten Afghanistan wegen der Unsicherheiten und wegen des Krieges verlassen. Beide BF legten Integrationsunterlagen vor.
Mit nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Anträge der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.). Im Spruchpunkt II gewährte die belangte Behörde den BF den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 und erteilte diesen im Spruchpunkt III. eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 12.12.2017.
Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. zu der Situation im Falle einer Rückkehr stellte die belangte Behörde insbesondere fest, dass die BF glaubhaft schilderten, dass deren Eltern Afghanistan vor vielen Jahren verlassen hätten, weil die allgemeine Sicherheitslage schlecht gewesen sei. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die beiden BF in Afghanistan konkreten, deren Person betreffende Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen wären, oder solche für die Zukunft zu befürchten wären. Es sei jedoch festzustellen gewesen, dass die BF in deren Heimatland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen wäre, zumal sie über keinerlei soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan verfügen würden, zumal deren Verwandte im Iran/Qom leben würden, weswegen ihnen subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen sei.
Die BF erhoben mit Eingabe vom 29.12.2016 gegen diese Bescheide fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte begründend aus, dass das Verfahren mangelhaft geblieben sei, da es die belangte Behörde verabsäumt habe, sich mit dem konkreten Fluchtvorbringen der BF auseinanderzusetzen. Die Beweiswürdigung sei mangelhaft geblieben, diese würde ausschließlich aus Textbausteinen bestehen. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass es sich bei den BF um schiitische Hazara handle, und habe sich damit in keiner Weise auseinandergesetzt. Daraus folge auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung, zumal die belangte Behörde nicht beachtet hätte, dass die beiden BF als Rückkehrer aus dem Westen als Verräter wahrgenommen werden würden, und auch als solche einer aslyrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein würden.
Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten langten jeweils am 16.01.2017 beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein und wurden der Gerichtsabteilung W267 zugeteilt.
Das BVwG übermittelte den BF jeweils mit Schreiben vom 27.02.2017 das Länderinformationsblatt Afghanistan mit Stand 19.12.2016.
Das BVwG führte am 27.03.2017 öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlungen durch, an denen die belangte Behörde entschuldigt nicht teilnahm. Die beiden BF wurde im Beisein ihrer Vertreterin der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu ihren Fluchtgründen und zu deren Situation in Österreich befragt und wurde ihm Gelegenheit gegeben, zu den aktuellen Feststellungen zur Situation in Afghanistan Stellung zu nehmen. Die BF legten eine Reihe von Integrationsunterlagen vor.
Mit Eingabe vom 29.03.2017 reichten die beiden BF, bevollmächtigt vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, die Vollmachten nach.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 03.07.2019 wurden die gegenständlichen Beschwerdeverfahren der Gerichtsabteilung W267 abgenommen, und der Gerichtsabteilung W261 neu zugeteilt, wo die Beschwerdeverfahren am 10.07.2019 einlangten.
Aus dem vom BVwG am 15.10.2019 eingeholten Auszügen aus dem Strafregister ist ersichtlich, dass im Strafregister der Republik Österreich für die beiden BF keine Verurteilungen aufscheinen.
Das BVwG führte am 23.10.2019 zur Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes neuerlich öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlungen durch, an denen die belangte Behörde entschuldigt nicht teilnahm. Die beiden BF wurde im Beisein ihres Rechtsvertreters und eines Dolmetschers für die Sprache Dari neuerlich zu ihren Fluchtgründen und zu deren Situation in Österreich befragt und wurde beiden BF die Gelegenheit gegeben, zu den aktuellen Feststellungen zur Situation in Afghanistan Stellung zu nehmen. BF1 legten eine Gehaltsbestätigung vor.
Das BVwG legte im Rahmen der Verhandlung die aktuellen Länderinformationen zu Afghanistan, genauer das Länderinformationsblatt Afghanistan in der Fassung vom 04.06.2019, die aktuelle UNHCR Richtlinie vom 30.08.2018 und die den aktuellen EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2019 vor. Der Rechtsvertreter der BF gab hierzu in der mündlichen Beschwerdeverhandlung eine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer
BF1 führt den Namen XXXX , er ist im Jahr XXXX im Dorf XXXX , im Distrikt XXXX in der Provinz XXXX geboren. Zu Identifikationszwecken wird das Geburtsdatum des BF1 mit XXXX festgestellt. BF1 ist Hazara, schiitischer Moslem und seine Muttersprache ist Dari. Er ist ledig und hat keine Kinder. BF1 ist Zivilist. BF leidet an einem Asthma-bronchiale und an einer Hauterkrankung.
Der mj. BF2 führt den Namen XXXX , er ist am XXXX im Dorf XXXX , im Distrikt XXXX in der Provinz XXXX geboren. BF2 ist Hazara, schiitischer Moslem und seine Muttersprache ist Dari. Er ist ledig und hat keine Kinder. BF2 ist Zivilist. Der mj. BF2 ist gesund.
Der Vater der BF wurde im Jahr 2009 von den Taliban getötet. Die Mutter der BF heißt XXXX . Die BF haben drei Schwestern namens XXXX , XXXX und XXXX .
Beide BF sind in deren Heimatdorf aufgewachsen. Im Jahr 1388 (2009) wanderte BF1 alleine als Jugendlicher in den Iran aus. Im Jahr 2011 wurde BF1 aus dem Iran nach Afghanistan abgeschoben. Beide BF reisten im Jahr 2011 gemeinsam mit deren Familie, dh. mit deren Mutter und den drei Schwestern, in den Iran aus. Die Mutter und die drei Schwestern der BF leben nach wie vor im Iran, in der Stadt XXXX , im Stadtteil XXXX . Die Familie der BF knüpft Teppiche.
BF1 besuchte im Iran sechs Jahre lang eine afghanische Schule. BF2 besuchte drei Jahre lang eine afghanische Schule im Iran.
BF1 arbeitete sechs Jahre lang im Iran in einer Schuhfabrik, sein Arbeitgeber hieß XXXX . BF2 arbeitete im Iran als Schneider, er nähte Kleider.
Die beiden BF reisten gemeinsam aus dem Iran nach Europa aus und stellten jeweils am 09.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
BF1 ist aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichtes XXXX vom 23.03.2016, Zl. XXXX , obsorgeberechtigt für den mj. BF2.
Die BF haben in Österreich Deutschkurse besucht, BF1 zuletzt auf Niveau B1. BF1 nahm am 23.09.2016 am Werte- und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds teil. BF1 war Mitglied des ASV- XXXX . Seit 13.05.2019 ist BF1 bei der XXXX . in XXXX als Arbeiter beschäftigt. BF1 ist selbsterhaltungsfähig.
Bf2 besuchte die NNÖMS XXXX als außerordentlicher Schüler. Er war Mitglied des SV XXXX und Mitglied der Pfadfindergruppe XXXX . BF2 besucht aktuell als ordentlicher Schüler die HTL in XXXX . BF2 spricht bereits sehr gut Deutsch.
Die beiden BF sind in Österreich XXXX
1.2 Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers
Die beiden BF haben Afghanistan im Jahr 2009 (BF1) und neuerlich gemeinsam mit der gesamten Familie im Jahr 2011 (BF1 und BF2) wegen der allgemeinen schlechten Sicherheitslage in Afghanistan in Richtung Iran verlassen.
Die BF waren in ihrem Heimatland Afghanistan keiner psychischen oder physischen Gewalt aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt, noch haben sie eine solche, im Falle ihrer Rückkehr, zu befürchten.
Der BF wurde in Afghanistan nie persönlich bedroht oder angegriffen, es droht ihm auch künftig keine psychische oder physische Gewalt von staatlicher Seite, oder von Aufständischen, oder von sonstigen privaten Verfolgern in seinem Herkunftsstaat.
Es ist nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass konkret die beiden BF auf Grund der Tatsache, dass er sich seit ca. vier Jahren in Europa aufhalten bzw. dass jeder afghanische Staatsangehörige, der aus Europa nach Afghanistan zurückkehrt, in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre. Ebenso wenig kann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass den BF bei ihrer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seiner "westlichen Wertehaltung" psychische oder physische Gewalt drohen würde.
Dem BF droht wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder zur schiitischen Religion konkret und individuell keine physische oder psychische Gewalt in Afghanistan. Nicht jeder Angehörige der Volksgruppe der Hazara oder der schiitischen Religion ist in Afghanistan physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt.
Auch sonst haben sich keine Hinweise für eine dem BF in Afghanistan individuell drohende Verfolgung ergeben.
1.3 Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Beiden BF wurde mit den angefochtenen Bescheiden vom 12.12.2016 der Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt.
1.5 Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
Zur Lage in Afghanistan werden die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018 mit Stand vom 04.06.2019 (LIB), in den UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 (UNHCR) und den EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2019 (EASO 2019) enthaltenen folgenden Informationen als entscheidungsrelevant festgestellt:
1.5.1 Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus. In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren. (LIB)
Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte grundsätzlich vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden: das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus. Die Taliban haben hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet. Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans. Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten. (LIB)
1.5.1.1 Herkunftsprovinz Maidan Wardak
Maidan Wardak, auch Wardak, die ursprüngliche Herkunftsprovinz der BF, ist eine der zentralen Provinzen Afghanistans. Maidan Shahr ist die Provinzhauptstadt. Distrikte der Provinz Wardak sind: Sayed Abad, Jaghto, Chak, Daimirdad, Jalrez, central Bihsud/Behsood und Hisa-i-Awal Bihsud. Kabul und Logar liegen im Osten der Provinz (Maidan) Wardak, Bamyan im Westen und Nordwesten, Ghazni im Süden und Südwesten, sowie die Provinz Parwan im Norden. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 615.992 geschätzt. In der Provinz leben hauptsächlich ethnische Paschtunen, Tadschiken und Hazara; auch Kuchis sind in der Vergangenheit insbesondere in den Distrikt Behsood gezogen. Die Hauptautobahn (Ring Road) Kabul-Kandahar führt durch die Provinz Maidan Wardak, von wo aus sie die südlichen, aber auch südöstlichen Provinzen des Landes mit der Hauptstadt Kabul verbindet.
Wardak zählt seit einiger Zeit zu den volatilen Provinzen Afghanistans. Regierungsfeindliche, bewaffnete Aufständische sind in unterschiedlichen Distrikten aktiv - speziell in den Distrikten nächst der Autobahn.
In der Provinz Wardak werden auch groß angelegte militärische Operationen durchgeführt. Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften finden statt.
Regierungsfeindliche bewaffnete Aufständische sind in unterschiedlichen Distrikten aktiv. Dazu zählen u. a. die Taliban. Quellen zufolge hat das Haqqani-Netzwerk in einem Teil der Provinz Wardak eine Zentrale gehabt. Das Haqqani-Netzwerk operiert Großteiles in Ostafghanistan und der Hauptstadt Kabul (LIB)
Die Provinz Maidan Wardak zählt laut EASO zu jenen Provinzen Afghanistans, wo es zu willkürlicher Gewalt kommt, jedoch nicht auf hohem Niveau, und dementsprechend ist ein höheres Maß an Einzelelementen erforderlich ist, um wesentliche Gründe für die Annahme aufzuzeigen, dass ein in dieses Gebiet zurückgekehrter Zivilist einem realen ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie zu nehmen (EASO 2019).
1.5.2 Wirtschafts- und Versorgungslage
Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist
(LIB).
Laut Daten der Afghanistan Living Conditions Survey (ALCS) 2016 - 2017 können 2 Millionen Afghanen - das sind 23,9% der gesamten Erwerbsbevölkerung - als arbeitslos eingestuft werden, was bedeutet, dass sie nicht arbeiten oder eine Beschäftigung suchen, oder weniger als acht Stunden pro Woche arbeiten. Junge Afghanen treten jedes Jahr in großer Zahl in den Arbeitsmarkt ein, aber die Beschäftigungsmöglichkeiten können aufgrund unzureichender Entwicklungsressourcen und mangelnder Sicherheit nicht mit dem Bevölkerungswachstum mithalten. Afghanistan war seit 2011-2012 mit einem starken Anstieg der Armut konfrontiert, wobei sowohl die städtischen als auch die ländlichen Armutsraten zunahmen. In den Jahren 2016-2017 lebten 54,5% der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Immer mehr Menschen greifen auf negative Bewältigungsmechanismen wie Kleinkriminalität, Kinderehen, Kinderarbeit und Betteln zurück, von denen insbesondere Binnenvertriebene betroffen sind. Der Zugang zu einer produktiven oder entgeltlichen Beschäftigung ist begrenzt, 80% der Beschäftigung gelten als anfällig und unsicher in Form von Selbst- oder Eigenbeschäftigung, Tagarbeit oder unbezahlter Arbeit. Der saisonale Effekt ist erheblich. Die Arbeitslosenquote ist in den Frühlings- und Sommermonaten relativ niedrig (rund 20%), während sie im Winter 32,5% erreichen kann. ALCS 2016 - 2017 stellte fest, dass nur 19,8% aller in Afghanistan beschäftigten Personen öffentlich und privat angestellt sind oder Arbeitgeber sind, was bedeutet, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer eine gefährdete Beschäftigung darstellt. 52,6% der Landbevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt, während die städtische Beschäftigung vielfältiger ist. 36,5% der Erwerbsbevölkerung sind in verschiedenen Dienstleistungsbereichen beschäftigt und nur 5,5% in der Landwirtschaft (EASO 2019).
Laut Daten der ALCS von 2016 bis 2017 sind 44,6% der afghanischen Bevölkerung - das sind 13 Millionen Menschen - sehr stark bis mäßig von Lebensmittelunsicherheit betroffen. In allen Wohnbevölkerungsgruppen war seit 2011 ein Anstieg festzustellen, wobei der höchste Anstieg in den ländlichen Gebieten zu verzeichnen war. Während der Winterpflanzsaison im Dezember 2017 - Februar 2018 war Afghanistan von einer längeren Dürreperiode betroffen. UNOCHA stellte fest, dass die Dürre im Jahr 2018 mehr als zwei Drittel der afghanischen Bevölkerung getroffen hat, gesundheitliche Probleme verursacht, negative Bewältigungsmechanismen ausgelöst und die Einkommen halbiert hat (EASO 2019).
Afghanistans jährliche Wachstumsrate der städtischen Bevölkerung gehört zu den höchsten der Welt. Kabul war das Zentrum des Wachstums, und der Rest der städtischen Bevölkerung konzentriert sich hauptsächlich auf vier andere Stadtregionen: Herat, Mazar-e Sharif, Kandahar und Jalalabad. Die große Mehrheit (72%, basierend auf ALCS-Zahlen für 2016-2017) der afghanischen Stadtbevölkerung lebt in Slums oder in ungenügenden Wohnungen. 86% der städtischen Häuser in Afghanistan können gemäß der Definition von UN-Habitat als Slums eingestuft werden. Der Bericht über den Zustand afghanischer Städte stellte fest, dass der Zugang zu angemessenem Wohnraum für die Mehrheit der Afghanen in den Städten eine große Herausforderung darstellt. Armut und Ungleichheit sind die harte Realität für etwa ein Drittel aller städtischen Haushalte (EASO 2019).
Der Zugang zu sauberem Trinkwasser sowie angemessenen sanitären Einrichtungen hat sich erheblich verbessert. Der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, wie Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, war in den Städten im Allgemeinen besser als auf dem Land. Der Zugang zu Trinkwasser ist für viele Afghanen jedoch nach wie vor ein Problem, und die sanitären Einrichtungen sind weiterhin schlecht (EASO 2019).
1.5.3 Medizinische Versorgung
Das afghanische Gesundheitsministerium gab an, dass 60% der Menschen im April 2018 Zugang zu Gesundheitsdiensten hatten, wobei der Zugang als eine Stunde Fußweg zur nächsten Klinik definiert wurde. Trotz der Tatsache, dass die Gesundheitsversorgung laut afghanischer Verfassung kostenlos sein sollte, müssen die Menschen in vielen öffentlichen Einrichtungen für Medikamente, Arzthonorare, Labortests und stationäre Versorgung bezahlen. Hohe Behandlungskosten sind der Hauptgrund, weswegen die Behandlung vermieden wird (EASO 2019)
1.5.4 Ethnische Minderheiten
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.
Schätzungen zufolge, sind: 40% Paschtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen.
Die schiitische Minderheit der Hazara, zu welchen der BF zählt, macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind einerseits ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten.
Die Hazara-Gemeinschaft/Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können.
Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben. Dennoch hat sich die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, grundsätzlich verbessert; vornehmlich aufgrund von Bildung und vor allem auf ökonomischem und politischem Gebiet. Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht. Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert.
So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist - außer ein/e Hazara ist selbst Abteilungsleiter/in. Einer Quelle zufolge existiert in der afghanischen Gesellschaft die Auffassung, dass andere ethnische Gruppierungen schlecht bezahlte Jobs Hazara geben. Einer weiteren Quelle zufolge, beschweren sich Mitglieder der Hazara-Ethnie über Diskriminierung während des Bewerbungsprozesses, da sie anhand ihrer Namen leicht erkennbar sind. Die Ausnahme begründen Positionen bei NGOs und internationalen Organisationen, wo das Anwerben von neuen Mitarbeitern leistungsabhängig ist. Arbeit für NGOs war eine Einnahmequelle für Hazara - nachdem nun weniger Hilfsgelder ausbezahlt werden, schrauben auch NGOs Jobs und Bezahlung zurück, was unverhältnismäßig die Hazara trifft. So berichtet eine weitere Quelle, dass Arbeitsplatzanwerbung hauptsächlich über persönliche Netzwerke erfolgt. Hazara haben aber aufgrund vergangener und anhaltender Diskriminierung eingeschränkte persönliche Netzwerke.
Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf; soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten finden ihre Fortsetzung in Erpressungen (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Festnahmen.
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert.
(LIB)
1.5.5 Religion
Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 10-15 % Schiiten, wie es auch der BF ist. (LIB)
Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen. Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet. In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS. (LIB)
1.5.6 Personen, die als "verwestlicht" wahrgenommen werden
Dieses Profil bezieht sich auf Personen, die aufgrund ihres Verhaltens, ihres Aussehens und ihrer geäußerten Meinungen als "verwestlicht" wahrgenommen werden und als nicht afghanisch gelten. Dies kann auch diejenigen einschließen, die nach einem Aufenthalt in westlichen Ländern nach Afghanistan zurückkehren.
Generell kann gesagt werden, dass Afghanen, die sich mit westlichen Werten identifizieren, von aufständischen Gruppen angegriffen werden können, da sie als unislamisch oder regierungsfreundlich wahrgenommen oder als Spione betrachtet werden können. In Bezug auf die Gesellschaft sollte eine Unterscheidung in Bezug auf die Haltung gegenüber Männern einerseits und Frauen andererseits getroffen werden. Afghanische Frauen und Kinder, die sich an die Freiheiten und die Unabhängigkeit im Westen gewöhnt haben, haben möglicherweise Schwierigkeiten, sich an die sozialen Einschränkungen Afghanistans anzupassen. Frauen können auch als "verwestlicht" angesehen werden, wenn sie außerhalb des Hauses arbeiten oder eine höhere Bildung haben. Frauen, die als "verwestlicht" wahrgenommen werden, können als Verstoß gegen kulturelle, soziale und religiöse Normen empfunden werden und können der Gewalt ihrer Familie, konservativen Elementen in der Gesellschaft und Aufständischen ausgesetzt sein.
In Bezug auf Männer ist die gesellschaftliche Haltung gegenüber "verwestlichten" Individuen gemischt. Es werden nur sehr wenige Fälle von Vorfällen im Zusammenhang mit "Verwestlichung" gemeldet. Segmente der Gesellschaft, meist in Städten (z. B. Kabul-Stadt), sind offen für westliche Ansichten, während andere Segmente, meist in ländlichen oder konservativen Umgebungen, dagegen sind.
Die Handlungen, denen Personen unter diesem Profil ausgesetzt sein könnten, könnten eine Verfolgung darstellen, insbesondere für Frauen (z. B. Gewalt durch Familienmitglieder, konservative Elemente in der Gesellschaft und Aufständische). Nicht alle Personen in diesem Profil wären dem Risiko ausgesetzt, eine begründete Furcht vor Verfolgung zu begründen. Bei der individuellen Beurteilung, ob für den Antragsteller eine angemessene Wahrscheinlichkeit der Verfolgung besteht, sollten risikobehaftete Umstände berücksichtigt werden, z.
B.: Geschlecht (das Risiko ist höher für Frauen), Verhaltensweisen des Antragstellers, Bereich Herkunftsland (insbesondere ländliche Gebiete), konservatives Umfeld, Wahrnehmung traditioneller Geschlechterrollen durch die Familie, Alter (es kann für Kinder schwierig sein, sich an die sozialen Einschränkungen Afghanistans anzupassen), Sichtbarkeit des Antragstellers usw. Im Allgemeinen ist das Risiko der Verfolgung von Männern, die als "verwestlicht" empfunden werden, minimal und hängt von den spezifischen individuellen Umständen ab (EASO 2019).
Es liegen zwar laut UNCHR Berichte über Personen vor, die aus westlichen Ländern nach Afghanistan zurückkehrten und von regierungsfeindlichen Gruppen bedroht, gefoltert oder getötet wurden, weil sie sich vermeintlich die diesen Ländern zugeschriebenen Werte zu eigen gemacht hätten, "Ausländer" geworden seien oder als Spione oder auf andere Weise ein westliches Land unterstützten. Heimkehrern wird Berichten zufolge von der örtlichen Gemeinschaft, aber auch von Staatsbeamten oft Misstrauen entgegengebracht, was zu Diskriminierung und Isolierung führt
(UNHCR).
2. Beweiswürdigung:
2.1 Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit sowie zu den Aufenthaltsorten, Familienangehörigen, Sprachkenntnissen, der Schulbildung und Berufserfahrung der BF beruhen auf dessen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des Asylverfahrens. Die Angaben dienen zur Identifizierung im Asylverfahren.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 145/2017, (in der Folge: AsylG 2005) liegt es auch am BF, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Das Asylverfahren bietet, wie der VwGH erst jüngst in seinem Erkenntnis vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0143-8, wieder betonte, nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.
Mit der Glaubhaftmachung ist demnach die Pflicht der Verfahrenspartei verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl. VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007).
Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.
Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist vor allem auf folgende Kriterien abzustellen: Das Vorbringen des Asylwerbers muss - unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten - genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u.a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
Die BF geben als Fluchtgrund im Wesentlich an, dass sie Afghanistan wegen der allgemeinen schlechten Sicherheitslage verließen. Als BF1 nach einem dreijährigen Aufenthalt im Iran nach Afghanistan abgeschoben wurde, war er Diskriminierungen durch die Bewohner seines Dorfes ausgesetzt, weil er Dari mit einem Farsi Akzent sprach. Beide BF befürchten, aufgrund des Umstandes, dass sie ein freies und selbstbestimmtes Leben führen wollen, dass dies nicht mit den konservativen und religiös motivierten Verhältnissen in Afghanistan vereinbar wäre, in Afghanistan Bedrohungen von Seiten der Taliban und der Dorfgemeinschaft ausgesetzt zu sein. (vgl. S 7 f und S 10 f der Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 23.10.2019).
Die beiden BF bringen auch in deren Beschwerden unter anderem vor, dass diese zu den Personen zählen würden, die vermeintlich Werte oder ein Erscheinungsbild angenommen hätten, die mit westlichen Ländern in Verbindung gebracht werden würden, welche nach den UNHCR-Richtlinien als "verwestlicht wahrgenommene" Personen ein sogenanntes potentielles Risikoprofil haben würden, und diese deshalb von regierungsfeindlichen Kräften und der Dorfbevölkerung angegriffen werden würden. Dazu ist festzuhalten, dass sich die BF erst seit Dezember 2015 in Österreich aufhalten und aufgrund der Kürze dieses Aufenthalts in Zusammenhang mit dem von diesen in der Beschwerdeverhandlung am 23.10.2019 gewonnenen persönlichen Eindrücken nicht davon ausgegangen wird, dass die BF eine "westliche Lebenseinstellung" in einer solchen Weise übernommen hätten, dass sie alleine deshalb bei einer Rückkehr einer Verfolgungsgefährdung ausgesetzt wären. Dabei wird durchaus berücksichtigt, dass beide BF in Österreich bereits große Anstrengungen unternahmen, um sich zu integrieren. Beide BF nutzen erfolgreich die Chancen, welche sie in Österreich erhalten haben. Dies alleine reicht jedoch nicht aus, um aus diesen Umständen eine "Verwestlichung" anzunehmen. Aus den Länderberichten zu Afghanistan lässt sich auch nicht entnehmen, dass per se jeder Rückkehrer aus Europa, aus diesem Grund einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre. Insbesondere bei Männern ist ein derartiges Risiko gering, wie dies auch die unter 1.5.6 zitierten Länderinformationen belegen. Aus diesem Grund ist die entsprechende Feststellung zu treffen.
Keiner der beiden BF gab an, dass er persönlich in Afghanistan jemals psychisch oder physisch bedroht worden sei (vgl. S 7 und S 10 der Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung, wobei die vom BF2 angegebene Bedrohung durch andere Kinder jedenfalls keine Asylrelevanz erreichen kann). Somit waren die entsprechenden Feststellungen zu treffen.
Eine Ausreise aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe brachten die BF nicht vor, weswegen die entsprechende Feststellung zu treffen war. Hinsichtlich deren Furcht als schiitische Hazara bedroht zu werden, wird diese Befürchtung durch die zitierten Länderinformationen (1.5.4 und 1.5.5) jedenfalls nicht in dem Umfang belegt, wie dies die BF darstellten. Es ist zwar richtig, dass schiitische Hazara ein Teil der Minderheitsbevölkerung Afghanistans sind und damit auch durchaus Diskriminierungen verbunden sein können. Jedoch brachte keiner der beiden BF vor, dass er jemals Opfer derartiger Diskriminierungen oder allenfalls Bedrohungen gewesen sei. Daher war die entsprechende Feststellung zu treffen.
Hinsichtlich der behaupteten Furcht vor den Taliban gibt es keinerlei konkrete Anhaltspunkte aus den Schilderungen der beiden BF, dass diese ins Visier der Taliban geraten waren bzw. in Zukunft sein werde. Allein der Umstand, dass der mj. BF2 ein junger Mann ist, besagt per se noch nicht, dass er der Gefahr einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt ist. Auch in diesem Punkt brachten die BF keinerlei konkrete Bedrohungshandlungen gegen sie vor, sodass diese nicht glaubhaft gemacht werden konnte.
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bereits richtig anführte, gibt es beim BF abseits dieser oben genannten Fluchtgründe keine besonderen Vulnerabilitäten des BF, die eine asylrelevante Verfolgung in Afghanistan wahrscheinlich erscheinen lassen.
2.3 Zu den Feststellungen zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Die Feststellung, dass beide BF den Status der subsidiär Schutzberechtigten inne haben, beruht auf den in den Beschwerdeakten aufliegenden Bescheiden vom 12.12.2016, welche in diesen Spruchpunkten bereits in Rechtskraft erwachsen sind.
2.4 Zu den Länderfeststellungen zur allgemeinen Lage in Afghanistan
Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das BVwG kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Die Parteien des Verfahrens haben alle genannten Länderinformationen mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme vom erkennenden Gericht übermittelt bekommen und haben von diesem Recht auch teilweise Gebrauch gemacht. Die vom BF in seinen Stellungnahmen zitierten Länderinformationen finden Großteils Deckung in dem von der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erstellten Länderinformationen zu Afghanistan. Insoweit es hier Abweichungen zu den dieser Entscheidung zugrunde gelegten Länderinformationen gibt, wird dem entgegengehalten, dass diese Länderinformationen der Staatendokumentation auf dem aktuellen Stand sind, und alle, für das gegenständliche Verfahren wesentlichen Aspekte berücksichtigen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1 Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Artikel 9 der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet.
Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).
Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233 mwH). Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798).
Wie oben ausgeführt ist es den beiden BF nicht gelungen, eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der GFK darzutun.
Da sich weder aus den Vorbringen der BF noch aus internationalen Länderberichten hinreichende Anhaltspunkte für eine Verfolgung der BF ergeben haben, ist kein unter Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumierender Sachverhalt ableitbar.
Eine konkrete individuelle Verfolgung der beiden BF in Afghanistan auf Grund deren Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara - wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt - konnte von diesen ebenfalls nicht glaubhaft gemacht werden. In Ermangelung von den BF individuell drohenden Verfolgungshandlungen bleibt im Lichte der Rechtsprechung des VwGH und vor dem Hintergrund des in das Verfahren eingeführten Länderberichtsmaterials zu prüfen, ob die BF bei einer Überstellung in seinen Herkunftsstaat auf Grund generalisierender Merkmale - konkret wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara - unabhängig von individuellen Aspekten einer über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkrieges hinausgehenden "Gruppenverfolgung" ausgesetzt wären.
Nach der Judikatur des VwGH ist für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung zwar nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048), jedoch ist für das BVwG aus folgenden Gründen nicht ersichtlich, dass die BF als Angehörige der Volksgruppe der Hazara im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müssten, alleine wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe einer Verfolgung iSd GFK ausgesetzt zu sein:
Den oben zitierten Länderfeststellungen ist u.a. zu entnehmen, dass Schiiten - speziell jene, die der Volksgruppe der Hazara angehören - Diskriminierungen durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt sind und sich Diskriminierungen von Angehörigen der Volksgruppe der Hazara in Zwangsrekrutierungen, Zwangsarbeit, Festnahmen, physischem Missbrauch oder illegaler Besteuerung äußern, bzw. Hazara überdurchschnittlich oft zu Opfern gezielter Ermordungen werden. In einer Gesamtschau des vorliegenden Länderberichtsmaterials erreicht diese Gefährdung nach Ansicht des BVwG jedoch nicht jenes Ausmaß, welches notwendig wäre, um eine spezifische Gruppenverfolgung für Angehörige der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan für gegeben zu erachten.
Der VwGH schloss in einer Entscheidung eine Gruppenverfolgung für Angehörige der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan nicht aus, weil das BVwG im betreffenden Fall zur Lage der Hazara keine Feststellungen getroffen hatte (VwGH 13.10.2015, Ra 2015/19/0106); dies ist jedoch im vorliegenden Erkenntnis nicht der Fall. In einer weiteren Entscheidung behob der VwGH ein Erkenntnis des BVwG, weil dieses sich im zugrunde liegenden Fall nicht mit dem Beschwerdevorbringen zu einer möglichen Gruppenverfolgung der Hazara in Ghazni auseinandergesetzt hatte (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0171); der vorliegende Fall ist mit dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden schon deshalb nicht vergleichbar, weil die BF im vorliegenden Fall ursprünglich nicht aus der Provinz Ghazni stammen - zudem erfolgte eine hinreichende amtswegige Auseinandersetzung mit dem relevanten Länderberichtsmaterial sowie der Frage des Vorliegens einer Gruppenverfolgung für Angehörige der Volksgruppe der Hazara. Der VwGH nahm in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara irgendwo in Afghanistan an, zum Unterschied zur Region Quetta in Pakistan (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048).
Aus diesen Gründen ist das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf die Volksgruppe der Hazara in Afghanistan im Ergebnis zu verneinen.
Hinsichtlich des von beiden BF vorgebrachten Fluchtgrundes der "Verwestlichung" liegen zwar laut den aktuellen UNCHR Richtlinien vom 30.08.2018 Berichte über Personen vor, die aus westlichen Ländern nach Afghanistan zurückkehrten und von regierungsfeindlichen Gruppen bedroht, gefoltert oder getötet wurden, weil sie sich vermeintlich die diesen Ländern zugeschriebenen Werte zu eigen gemacht hätten, "Ausländer" geworden seien oder als Spione oder auf andere Weise ein westliches Land unterstützten. Heimkehrern wird Berichten zufolge von der örtlichen Gemeinschaft, aber auch von Staatsbeamten oft Misstrauen entgegengebracht, was zu Diskriminierung und Isolierung führt. Ein Grund zur Annahme einer aslyrelevanten Verfolgung konnte in diesem Umstand jedoch nicht erkannt werden. Auch EASO sieht in den aktuellen Country Guidance zu Afghanistan vom Juni 2019 hinsichtlich des Risikopotentiales von Personen, welches als "verwestlicht" angesehen werden könnten, dass dieses Risiko im Allgemeinen bei Männern als minimal zu werten ist.
Der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde daher zu Recht abgewiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur des VwGH, aber auch des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Glaubhaftmachung, Gruppenverfolgung, individuelle Verfolgungsgefahr,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W261.2146251.1.00Zuletzt aktualisiert am
30.03.2020