TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/25 W237 2217660-1

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Veröffentlicht am 25.10.2019
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Entscheidungsdatum

25.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W237 2217660-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin

WERNER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Moldawien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 20.03.2019, Zl. 810476007-181213635, nach

Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.06.2019 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG, § 55 Abs. 1a FPG sowie § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG auf zehn Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer stellte mit Schreiben vom 06.12.2018 aus dem Stande der Strafhaft einen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen damit, dass er sich im Gefängnis mit HIV angesteckt habe und die Medikamente in Moldawien sehr teuer seien. Er habe die Absicht, ein geregeltes Leben zu führen, was in Moldawien, wo man zum Überleben in die Kriminalität gezwungen sei, nicht möglich wäre.

1.1. Im Zuge seiner asylrechtlichen Erstbefragung am 18.12.2018 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, am 27.03.2017 Moldawien zuletzt verlassen zu haben, um in Italien einer Arbeit nachzugehen. Er sei mittels eines Autobus über Rumänien, Ungarn und Österreich nach Italien gelangt. Nunmehr habe er sich eine schwerwiegende Erkrankung zugezogen, von der er nicht wisse, ob sie in Moldawien behandelbar sei. In Moldawien habe er zwar "ein paar Probleme", diese seien aber "nicht sehr gefährlich". Er habe bereits in der Slowakei im Jahr 2009 und in Österreich im Jahr 2010 um Asyl angesucht; bis zum Jahr 2012 sei er in Österreich inhaftiert gewesen und dann in seinen Herkunftsstaat Moldawien abgeschoben worden.

1.2. Am 15.01.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dabei brachte er vor, vor etwa sieben oder acht Monaten erfahren zu haben, dass er HIV-positiv sei. In Italien habe er drei Kinder und versucht, dort eine Arbeit zu finden; da ihm das nicht gelungen sei, sei ihm "nichts übrig geblieben außer stehlen". In Moldawien habe er weder Freunde noch Familie oder ein Haus, dafür Schulden. Österreich sei für seine Gesundung zuständig, weil er sich hier mit seiner Krankheit angesteckt habe; er wolle zumindest Medikamente erhalten.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 20.03.2019 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erkannte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu (Spruchpunkt III.), erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Moldawien zulässig sei (Spruchpunkt V.); weiters hielt die Behörde fest, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers bestehe (Spruchpunkt VI.). Das Bundesamt erließ unter einem gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.) und erkannte einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VIII.).

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid am 15.04.2019 vollinhaltlich Beschwerde und regte an, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. In der Beschwerde wird im Wesentlichen bemängelt, dass die belangte Behörde keine aktuellen Berichte über die Behandlungsmöglichkeiten bei einer HIV-Infektion herangezogen habe. Die beim Beschwerdeführer vorliegende Erkrankung begründe die Zuerkennung sowohl des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten. Der Beschwerdeführer bereue die im Bundesgebiet verübten Straftaten und sei um seine Integration sehr bemüht; eine Rückkehrentscheidung bedeute einen unzulässigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK. Obgleich er sich durch seine Straftaten viel zu Schulden habe kommen lassen, stelle er jedenfalls keine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar; keinesfalls sei von einer lebenslangen Gefährdungsprognose auszugehen, weshalb das verhängte Einreiseverbot aufzuheben oder dessen Dauer zumindest zu verkürzen sei. Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

3.1. Die gegenständliche Beschwerde und der darauf Bezug nehmende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und langten am 18.04.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

3.2. Am 12.06.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht mit dem durch die JA XXXX vorgeführten Beschwerdeführer in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer erklärte sich dabei ausdrücklich damit einverstanden, die Verhandlung ohne Beisein seines - zur Vertretung im Beschwerdeverfahren bevollmächtigten - Rechtsberaters durchzuführen. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer zu seiner HIV-Infektion, seinen bisherigen Aufenthalten und Straftaten, seinen familiären Angehörigen sowie seinen Rückkehrbefürchtungen näher befragt. Dabei wurden ihm auch aktuelle Berichte über die Lage in Moldawien, insbesondere in Bezug auf HIV-Erkrankungen vorgehalten; der Beschwerdeführer erhielt in diesem Zusammenhang die Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen eine Stellungnahme zu diesen Berichten auf schriftlichem Wege abzugeben.

3.3. Bis zum Entscheidungszeitpunkt langte keine weitere Eingabe des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den bisherigen Verfahren und Verurteilungen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Moldawien und stellte bereits im Jahr 2009 in der Slowakei einen Asylantrag. Er reiste Anfang des Jahres 2010 nach Österreich weiter, wo er am 02.03.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Am XXXX 2010 wurde der Beschwerdeführer nach sechs verschiedenen Strafhandlungen im März und April 2010 durch das XXXX wegen teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls zum Teil durch Einbruch gemäß § 15 iVm §§ 127, 129 Z 1 und 130 erster Fall StGB zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei sechs Monate davon unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden. Wegen zumindest 13 weiterer einschlägiger Taten im Juli 2010 wurde er am XXXX .2011 vom XXXX wegen teils versuchten, teils vollendeten schweren Einbruchsdiebstahls als Mitglied einer kriminellen Vereinigung gemäß § 15 iVm §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 130 erster und zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, wobei die bedingte Strafnachsicht im Urteil vom XXXX 2010 widerrufen wurde.

Der Antrag auf internationalen Schutz war bereits vor der zweiten Verurteilung am 08.07.2010 wegen der Zuständigkeit der Slowakei nach der Dublin II-Verordnung rechtskräftig zurückgewiesen und der Beschwerdeführer unmittelbar darauf in die Slowakei überstellt worden. Der Beschwerdeführer reiste im Mai 2011 erneut ins österreichische Bundesgebiet und stellte am 16.05.2011 neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Über diesen wurde im August 2011 rechtskräftig (inhaltlich) negativ ab- und die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Moldawien ausgesprochen. Am 08.05.2012 wurde der Beschwerdeführer nach Moldawien abgeschoben.

Spätestens im Spätsommer 2013 reiste der Beschwerdeführer erneut nach Österreich, um hier - zum Teil in Zusammenwirken mit anderen Personen - über zwei Dutzend (Einbruchs-)Diebstähle zu verüben. Das XXXX verurteilte den Beschwerdeführer am XXXX .2016 wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls - zum Teil durch Einbruch - gemäß § 15 iVm §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Z 1, 2 und 3, 130 Abs. 2 StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung gemäß § 229 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel gemäß § 241e Abs. 3 StGB sowie des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen gemäß § 136 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten.

Aufgrund dieser Verurteilung erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 23.05.2016 - nach Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen - eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Moldawien fest und erließ ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot. Am 29.07.2016 reiste der Beschwerdeführer nach Moldawien aus, wobei vom Vollzug der Freiheitstrafe gemäß § 133a StVG vorläufig abgesehen wurde.

Er lebte nach kurzem Aufenthalt in Moldawien sodann mehrere Monate in der ukrainischen Stadt Odessa. Im März 2017 reiste er abermals nach Europa und gelangte über Österreich nach Italien. Spätestens ab April 2017 befand er sich laufend in Österreich, um zumindest 20 Diebstähle, zum Teil durch Einbruch, sowie mehrfachen unbefugten Fahrzeuggebrauch und Urkundenunterdrückungen zu begehen. Am XXXX 2017 wurde er deshalb vom XXXX erneut wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, teils durch Einbruch, nach § 15 iVm §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1, 130 Abs. 1 erster Fall und Abs. 3 StGB, des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen gemäß § 136 Abs. 1 und 2 StGB und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt. Das Oberlandesgericht Innsbruck gab in seinem Urteil vom XXXX .2017 der Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Ausspruchs über die Strafe Folge und erhöhte die verhängte Freiheitsstrafe auf vier Jahre.

Aufgrund dieser Verurteilung erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 05.04.2018 - nach Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen - eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Moldawien fest und erließ ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot. Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer nicht.

Mit Schreiben vom 06.12.2018 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Der unter Pkt. I. im Detail dargelegte Verfahrensgang wird festgestellt.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist moldawischer Staatsbürger und wuchs in seinem Herkunftsstaat auf. Vor seinen Reisen in die Europäische Union war er dort erwerbstätig und verdiente in etwa € 200,- bis €

300,- im Monat. In Moldawien leben sein Vater und mehrere Verwandte, zu denen der Beschwerdeführer keinen Kontakt hat.

Der Beschwerdeführer hat einen 13-jährigen Sohn und eine zehnjährige Tochter. Beine Kinder leben mit der Kindesmutter, der Exfrau des Beschwerdeführers, in Italien. Seit seiner letztmaligen Einreise nach Österreich im Frühjahr 2017 sah der Beschwerdeführer seine Kinder und seine Exfrau nicht mehr; auch davor lebte der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt für einen längeren Zeitraum von mehreren Wochen mit seinen Kindern zusammen. In Italien wohnen ebenso die Geschwister des Beschwerdeführers (der als Chauffeur arbeitende Bruder samt Familie sowie seine Schwester) in einer gemeinsamen Wohnung sowie seine Mutter im Haushalt mit seinen Kindern und seiner Exfrau.

In Österreich wohnen eine Tante und entferntere Verwandte des Beschwerdeführers; zu diesen Personen steht er allerdings nicht in Kontakt.

1.2.2. Derzeit verbüßt der Beschwerdeführer seine Strafhaft in der Justizanstalt XXXX . Für seine im Bundesgebiet gesetzten Strafhandlungen zeigt er sich nicht vollinhaltlich schuldeinsichtig. Er spricht die deutsche Sprache auf einfachem Niveau und kann sich in Alltagsvokabeln verständigen.

1.2.3. Der Beschwerdeführer ist HIV-positiv und nimmt in diesem Zusammenhang jeden Morgen antiretrovirale Medikamente - zwei nicht näher beschriebene Tabletten - ein. Er fühlt sich teilweise körperlich geschwächt, hat allerdings sonst keine Beeinträchtigungen in seinem (Haft-)Alltag. Von seiner Erkrankung weiß der Beschwerdeführer seit Sommer 2018; wie sich der Beschwerdeführer mit dem HI-Virus ansteckte, ist unbekannt.

1.2.4. In Moldawien ist der Beschwerdeführer keinen unmittelbaren Bedrohungen oder konkreten Gefahren seine körperliche Unversehrtheit betreffend ausgesetzt. Er stellte seinen Antrag auf internationalen Schutz, weil er HIV-positiv ist und in diesem Zusammenhang keine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat wünscht.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Moldawien:

Politische Lage

Moldau hat annähernd 34.000 km² Fläche und ca. 2,9 Mio. Einwohner (ohne Transnistrien). Das Land ist eine parlamentarische Demokratie, Staatsoberhaupt ist seit 23. Dezember 2016 Präsident Igor Dodon (PSRM). Regierungschef ist seit 20. Januar 2016 Ministerpräsident Pavel Filip (PDM). Das moldauische Parlament hat eine Kammer mit 101 Sitzen. Die Regierungskoalition umfasst derzeit die Demokratische Partei (PDM - 42 Sitze), informell auch auf die Europäische Volksgruppe (GPPE, 9 Sitze). Zur parlamentarischen Opposition gehören die Partei der Kommunisten der Republik Moldau (PCRM - 6 Sitze), die Partei der Sozialisten der Republik Moldau (PSRM - 24 Sitze), die Liberal-Demokratische Partei (PLDM - 5 Sitze), die Liberale Partei (PL - 9 Sitze) und 6 Parteilose (AA 3.2018a).

Zwei Runden der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 führten zur Wahl von Igor Dodon zum Präsidenten der Republik Moldau. Laut Wahlbeobachtungsmission der OSZE waren beide Wahlgänge kompetitiv und respektierten die Grundfreiheiten. Internationale und nationale Beobachter stellten jedoch eine polarisierte und unausgewogene Medienberichterstattung, harte und intolerante Rhetorik, mangelnde Transparenz bei der Wahlkampffinanzierung und Fälle von Missbrauch administrativer Ressourcen fest (USDOS 20.4.2018).

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom Juni 2018, die Bürgermeisterwahl in Chisinau wegen kleinerer Vorfälle (Vorwurf des Wahlkampfs über Social Media nach dem offiziellen Ende des Wahlkampfes) für nichtig zu erklären, trug weiter zur Wahrnehmung bei, dass die Justiz politisch entscheidet (FH 2019).

Die Republik Moldau erlebte im Jahr 2017 deutliche Anzeichen eines demokratischen Rückschritts mit illiberalen und autoritären Tendenzen und kam internationalen und nationalen Verpflichtungen bzw. Reformvorhaben nur zum Schein nach. Die Zeiten, in denen Moldau als Erfolgsgeschichte der europäischen Integration galt, sind vorbei. Das Verschwinden von einer Milliarde Dollar aus dem nationalen Bankensystem (2014) und die erbitterte Auflösung der Regierungskoalition, die dem Bankenskandal folgte, zerstörten viel von dem positiven Bild, das Moldau seit 2009 von sich aufzubauen verstanden hatte. Gerade die Rolle der Demokratischen Partei (PDM) wird in diesem Zusammenhang sehr kritisiert. Deren Vorsitzender, der Oligarch Vlad Plahotniuc, hatte es nach 2014 geschickt verstanden, seine Partei trotz einer bescheidenen demokratischen Legitimation von 16% bei den Parlamentswahlen 2014 zur wichtigsten politischen Kraft des Landes zu machen und diese Macht zu festigen, nicht zuletzt auch durch Einführung eines neuen Wahlsystems (JF 10.1.2018; vgl. FH 2019, BAMF 18.2.2019).

Laut Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europaparlaments befindet sich die Republik Moldau im Griff von oligarchischen Interessen mit einer Konzentration wirtschaftlicher und politischer Macht in den Händen einer kleinen Gruppe von Menschen, die Einfluss auf das Parlament, die Regierung, die politischen Parteien, die Staatsverwaltung, die Polizei, die Justiz und die Medien ausübt. Es werden darin Rückschritte bei demokratischen Standards und Rechtsstaatlichkeit und Mängel bei Unabhängigkeit der Justiz und Korruptionsbekämpfung moniert (BI 10.10.2018).

Bei der Parlamentswahl am 24. Feber 2019 hat keine Partei eine absolute Mehrheit gewonnen. Pro-russische und pro-westliche Kräfte sind fast gleichauf. Nach den ersten Ergebnissen liegen die pro-russischen Sozialisten (PSRM) von Staatspräsident Igor Dodon mit ca. 31% vorne. Gefolgt von dem bisher nicht im Parlament vertretenen pro-europäischen Wahlblock ACUM mit knapp 26%. Auf Platz drei, mit 24%, liegen die amtierenden formal pro-europäischen Demokraten (PDM) von Vlad Plahotniuc. Die Wahlbeteiligung lag nur bei 49%. Wenn nicht innerhalb von 45 Tagen eine Regierung gebildet wird, müssen Neuwahlen stattfinden (BAMF 25.2.2019).

Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bezeichneten in einer ersten Reaktion den Urnengang vom 24. Feber als kompetitiv und bestätigten die generelle Respektierung grundlegender Rechte, sprachen jedoch auch von Vorwürfen des Drucks auf öffentlich Bedienstete, starken Hinweisen auf Stimmenkauf und den Missbrauch staatlicher Ressourcen (OSZE 25.2.2019). Oppositionsparteien werfen den regierenden Demokraten massiven Wahlbetrug vor. Sowohl die Demokraten als auch die Sozialisten beschuldigten einander des Stimmenkaufs. Laut der CEC gab es 18 Beschwerden wegen Unregelmäßigkeiten, aber die Wahlen verliefen ohne größere Zwischenfälle (RFE/RL 24.2.2019; vgl. RFE/RL 25.2.2019).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2018a): Republik Moldau, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/moldau-node/moldau/201826, Zugriff 22.2.2019

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (18.2.2019): Briefing Notes vom 18.02.2019, per E-Mail

-

BAMF -Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (25.2.2019): Briefing Notes vom 25.02.2019, per E-Mail

-

BI - Balkan Insight (10.10.2018): Oligarchs Have 'Captured Moldova', EU Resolution Warns,

https://balkaninsight.com/2018/10/10/eu-urges-moldovan-authorities-to-respect-democratic-standards-10-10-2018/, Zugriff 26.2.2018

-FH - Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 4.3.2019

-

JF - Jamestown Foundation (10.1.2018): A Year in Review:

Oligarchic Power Consolidation Defines Moldova's Politics in 2017, https://www.ecoi.net/de/dokument/1421482.html, Zugriff 22.2.2019

-

OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (25.2.2019): Fundamental rights generally respected in competitive Moldovan elections, though campaign tainted by violations, international observers say,

https://www.osce.org/odihr/elections/moldova/412361, Zugriff 1.3.2019

-

RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Free Europe (24.2.2019):

Crucial Moldovan Parliamentary Vote Marred By Fraud Allegations, https://www.rferl.org/a/moldova-elections-dodon-socialists-acum-democrats-russia-eu/29787009.html?ltflags=mailer, Zugriff 1.3.2019

-

RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Free Europe (25.2.2019):

Moldova Elects Parliament With No Clear Majority, https://www.rferl.org/a/moldova-socialists-lead-democrats-acum-parliamentary-vote/29788181.html, Zugriff 1.3,2019

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

Sicherheitslage

Die Republik Moldau ist Teil der im Mai 2009 ins Leben gerufenen "Östlichen Partnerschaft der EU", die das Land näher an die EU heranführen soll. Am 27. Juni 2014 wurde in Brüssel das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Republik Moldau unterzeichnet, das am 1. Juli 2016 vollständig in Kraft trat. Zentraler Kern des Abkommens ist die Einrichtung einer Tiefen und umfassenden Freihandelszone (Deep and Comprehensive Free Trade Area - DCFTA), in deren Rahmen eine schrittweise Annäherung moldauischer Rechtsvorschriften an EU-Rechtsvorschriften und Standards erfolgen soll. Die Beziehungen zur Russischen Föderation bleiben für die Republik Moldau von zentraler Bedeutung, unter anderem wegen der Abhängigkeit der Republik Moldau von russischen Gaslieferungen und der großen Bedeutung des russischen Marktes für moldauische Exporte, insbesondere Agrarprodukte. Ein erheblicher Teil der moldauischen Gastarbeiter lebt in der Russischen Föderation. Seit 2013 hat die Russische Föderation Handelsrestriktionen gegen Moldau verhängt. Während die moldauische Regierung an einer pro-europäischen Ausrichtung des Landes festhält, bemüht sich Präsident Dodon um eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland, z.B. durch Erleichterungen bei den Handelsrestriktionen. Die OSZE unterhält seit 1993 eine Mission in Chi?inau. Die Republik Moldau ist seit 1994 Partner der NATO. Die moldauische Verfassung schreibt die bündnispolitische Neutralität des Landes vor. Moldau nimmt innerhalb dieses Rahmens aktiv am NATO-Programm "Partnerschaft für den Frieden" teil und beteiligt sich mit Soldaten am KFOR-Einsatz. Im Dezember 2017 eröffnete die NATO ein Verbindungsbüro in Chisinau (AA 3.2018b).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (3.2018b): Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/moldau-node/-/202836, Zugriff 22.2.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Ein großes Problem stellt die mangelnde Unabhängigkeit des Justiz- und Strafverfolgungswesens dar. Das Justizwesen gilt als ausgesprochen korruptionsanfällig. Die Einflussnahme einflussreicher Dritter, besonders im Rahmen selektiver Justiz, wird weitläufig angenommen und kann in Einzelfällen nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. In Öffentlichkeit und Medien wird berichtet, dass große Teile der Wirtschaft sowie des Justizsektors von der herrschenden Oligarchie kontrolliert oder zumindest beeinflusst werden. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Unabhängigkeit der Justiz liegt bei unter 10%. Die Reform des Justizsektors der letzten Jahre wird allgemein als Misserfolg angesehen, da weder die Transparenz noch die Effizienz erhöht werden konnten (AA 29.10.2018).

Das Gesetz garantiert eine unabhängige Justiz, dennoch sind Fälle fehlenden Respekts von Regierungsvertretern für die richterliche Unabhängigkeit weiterhin ein Problem. Dasselbe gilt für Korruption im Justizwesen. Der Prozess gegen den früheren Premierminister Vlad Filat, der wegen angeblicher Korruption und Einflussnahme im Zusammenhang mit dem Bankbetrug 2014 zu neun Jahren Haft verurteilt wurde, warf Fragen über die Unparteilichkeit von Staatsanwaltschaft und Justiz auf. 68% der befragten Bürger gaben an, dass das Recht auf ein faires Verfahren in Moldau nur in geringem Umfang oder gar nicht existiere. Viele der Befragten glauben auch, dass die Justiz selektiv agiere und von Korruption betroffen sei. Es kommt weiterhin zu selektiver Strafverfolgung von Amtsträgern aus politischen Gründen. Gegen NGOs gerichtete Maßnahmen, die Absetzung eines Richters und Verhaftungen von Staatsbeamten wegen angeblich erfundener Anklagen haben ebenfalls Bedenken ausgelöst. Spezielle Richter sind für die Durchsetzung eines gerichtlichen Ethik-Kodex und die Untersuchung von Fällen von richterlichem Fehlverhalten oder ethischen Verstößen verantwortlich. Sie berichten dem Obersten Richterrat (Superior Council of Magistrates). Im Jahr 2016 hat der Disziplinarausschuss dieses Rates 86 Disziplinarmaßnahmen eingeleitet und 13 Sanktionen verhängt, darunter sechs Verwarnungen und sieben Warnungen. Trotz einer erheblichen Zunahme der Disziplinarmaßnahmen nach der Reform des Disziplinarausschusses des Rates, wurden die meisten Vorwürfe zurückgewiesen. Das Gesetz garantiert die Unschuldsvermutung, in der Praxis wird diese aber nicht immer respektiert, was sich gelegentlich auch in Wortmeldungen von Richtern äußert. Es gibt die gesetzliche Möglichkeit gegen Menschenrechtsverletzungen gerichtlich vorzugehen, gegebenenfalls bis hin zum EGMR. Die Urteile in solchen Fällen fallen aber oft bescheiden aus und werden nicht immer umgesetzt. Urteile des EGMR hingegen werden in der Regel prompt erfüllt. Die Zahl der Beschwerden vor dem EGMR hat in Vergleich zu den Vorjahren abgenommen (USDOS 20.4.2018).

Das Recht auf ein faires Verfahren wird unter anderem auch von der Befangenheit von Richtern und Korruption in der Justiz geschmälert. Die Justiz in Moldau ist weiterhin höchst korrupt und ist dem Business und politischen Gruppen gegenüber dienstbar, derzeit vor allem dem Oligarchen und Parteichef Vlad Plahotniuc gegenüber. Die politisierte Justiz wird oft als Mittel gegen dessen politische Rivalen eingesetzt (BS 2018).

Die Unabhängigkeit der moldauischen Justiz wird durch ihre Anfälligkeit für politischen Druck behindert. Richterernennungen sind intransparent und es wurden auch Richter wegen ihrer Entscheidungen abgesetzt. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom Juni 2018, die Bürgermeisterwahl in Chisinau wegen kleinerer Vorfälle für nichtig zu erklären, trug weiter zur Wahrnehmung bei, dass die Justiz politisch entscheidet. Im Dezember 2018 wurden drei der Regierung nahestehende Richter in den Verfassungsgerichtshof berufen. Ein ordentliches Verfahren ist im moldauischen Justizsystem oft nicht garantiert. Einige Anklagen sind politisch motiviert, insbesondere jene gegen Menschenrechtsanwälte und Oppositionelle. Trotz gesetzlicher Vorschriften, die Audio- und Videoaufnahmen vorschreiben, werden wichtige Fälle hinter verschlossenen Türen verhandelt. Lange Untersuchungshaft ist üblich (FH 2019).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.2.2019

-

EC - European Commission (3.4.2018): Association Implementation Report on Moldova,

https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/association_implementation_report_on_moldova.pdf, Zugriff 23.5.2018

-

FH - Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 22.2.2019

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

Sicherheitsbehörden

Die nationale Polizei ist die primäre Strafverfolgungsbehörde und für die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung, den Verkehr, die Migration und den Schutz der Grenzen zuständig. Sie ist in die Kriminalpolizei und Ordnungspolizei unterteilt und untersteht dem Innenministerium. Die Sicherheitskräfte werden effektiv von den zivilen Behörden kontrolliert. Das Ministerium erzielte bescheidene Fortschritte bei der Umsetzung von Reformen zur Bekämpfung von Missbrauch und Korruption. Obwohl die Behörden Berichten über Amtsmissbrauch in Sicherheitsbehörden und anderswo nachgehen, werden selten Beamte erfolgreich wegen Menschenrechtsverletzungen, Korruption oder Komplizenschaft beim Menschenhandel angeklagt und bestraft (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Menschenrechtsorganisationen berichten, dass durch Folter und körperliche Misshandlungen Geständnisse erpresst werden und die Opfer persönlich erniedrigt werden, was wiederum eine abschreckende Wirkung entfaltet. Im Jahr 2017 registrierte der EGMR 9% weniger Klagen als 2016. Trotz des Rückgangs ist die Pro-Kopf-Rate der gegen die Republik Moldau eingereichten Klagen noch immer sehr hoch. Im Jahr 2017 klagten die Bürger der Republik Moldau dreimal häufiger als der europäische Durchschnitt beim EGMR (AA 29.10.2018).

Obwohl die Gesetze Folter verbieten, gibt es weiterhin Berichte über körperliche Misshandlung und Folter vor allem in Haftanstalten und psychiatrischen Einrichtungen. Fälle von Misshandlung in Polizeistationen und Folterfälle in Hafteinrichtungen gingen allerdings zurück. Laut Quellen führten von den über 600 Beschwerden wegen Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung, die jährlich bei der Generalstaatsanwaltschaft eingehen, 20% auch wirklich zu einem Strafverfahren. Nach dem Strafgesetzbuch ist Folter mit bis zu zehn Jahren Gefängnis strafbar, in besonderen Fällen sogar bis zu 15 Jahren. Vorsätzliche Folter durch einen Beamten wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Jahren oder einer Geldstrafe von 57.500 bis 67.500 Lei (2.875 bis 3.375 USD) und einem Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter geahndet. Das Gesetz verbietet es den Gerichten, Personen, die wegen Folter verurteilt wurden, eine Bewährungsstrafe zu gewähren. Ein im Jahr 2016 angenommenes Gesetz zur Rehabilitation von Opfern von Straftaten trat im März 2017 in Kraft. Nach dem Gesetz erhalten Opfer von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung staatliche Prozesskostenhilfe, wodurch die ihnen gebotenen Verfahrensgarantien gestärkt werden. In der ersten Jahreshälfte 2017 gingen bei der Generalstaatsanwaltschaft 320 Vorwürfe wegen Folter und Misshandlung ein, von denen 112 die Kriminalpolizei, 78 die Verkehrspolizei, 21 Angestellte des Strafvollzugssystems und 56 weitere Polizeieinheiten und die Zollwache betrafen. Die Staatsanwaltschaft hat 45 Strafverfahren eingeleitet und 15 Fälle vor Gericht gebracht. In den meisten Fällen wandte die Polizei Gewalt während der Haft als Mittel zur Einschüchterung, zur Beschaffung von Beweisen und Geständnissen und zur Bestrafung mutmaßlicher Straftaten an. Die meisten angeblichen Vorfälle ereigneten sich auf der Straße oder an öffentlichen Orten, gefolgt von Polizeistationen und Haftanstalten. Trotz der Abnahme von Folterfällen waren psychologische Folter und erniedrigende Behandlung weiterhin ein Problem in Strafvollzugsanstalten und psychiatrischen Anstalten. Eine unabhängige Bewertung durch lokale nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen ergab, dass der Rückgang der Folterfälle auf härtere Strafen, robustere Sensibilisierungskampagnen und Schulungen für Staatsanwälte, Richter und Polizei, sowie Videoüberwachungsgeräte in Polizeistationen und Hafteinrichtungen zurückzuführen waren. Der Menschenrechtsombudsmann berichtet, dass die meisten Foltervorwürfe und unzureichende Haftbedingungen in der Strafvollzugsanstalt Nr. 13 in Chisinau, der Strafvollzugsanstalt Nr. 11 in Balti und der Strafvollzugsanstalt Nr. 17 in Rezina vorkommen. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 führten die Mitglieder des nationalen Anti-Folter-Mechanismus (Ombudsmann) 14 präventive Besuche in Gefängnissen, Untersuchungshaftanstalten, psychiatrischen Anstalten und psycho-neurologischen Heimen durch. Trotz eines Rückgangs der mutmaßlichen Fälle von Folter meinen Menschenrechtsexperten, dass die Dunkelziffer höher liegen dürfte, da vielen Personen das Vertrauen in den Justizsektor fehlt (USDOS 20.4.2018).

Es gibt weiterhin Vorwürfe bezüglich Folter und Misshandlung in Hafteinrichtungen und im Strafvollzugssystem (AI 22.2.2018). Obwohl Polizeibeamte in Zusammenhang mit Folter selten strafverfolgt werden, gibt es hierzu einige positive Veränderungen zu beobachten (BS 2018; vgl. FH 2019).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019

-

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425530.html, Zugriff 22.2.2019

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.2.2019

-

FH - Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 22.2.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

Korruption

Korruption bleibt das größte Problem des Landes. Die Gesetze sehen strafrechtliche Sanktionen für offizielle Korruption vor, in der Praxis wird dies aber nicht effektiv umgesetzt und die Beamte wenden häufig ungestraft korrupte Praktiken an. In der Justiz und anderen staatlichen Strukturen gibt es weit verbreitete Korruption. Die Regierung hat bei der Untersuchung von Korruptionsfällen in Amtsapparat und Justiz einige Fortschritte erzielt, doch diese Maßnahmen wurden zumeist als selektive Justiz wahrgenommen (USDOS 20.4.2018).

Korruption ist nach wie vor ein weit verbreitetes Problem auf allen Regierungsebenen und geltende Antikorruptionsgesetze werden nur unzureichend durchgesetzt. In den letzten Jahren wurde eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, um die Transparenz zu erhöhen, etwa die Offenlegung der Vermögenswerte von Staatsbeamten, doch diese wurden mangels politischem Willen nicht effektiv durchgesetzt (FH 2019).

Moldau wird im 2018 Corruption Perceptions Index von Transparency

International mit 33 (von 100) Punkten bewertet (0=highly corrupt,

100=very clean). DAmit hat im längerfristigen Vergleich die

Bewertung wieder leicht zugenommen (2012: 36 Punkte; 2013: 35; 2014:

35; 2015: 33; 2016: 30, 2017: 31) (TI 2017; vgl. TI 2018).

Korruption ist auch im Gesundheitswesen und in Bildungseinrichtungen verbreitet. Private Unternehmen bezahlen die meisten Bestechungsgelder an Finanzämter und Gerichte. Die zahlreichen Parteiwechsel im moldauischen Parlament seit den letzten Wahlen, sind Beispiele für korrupte Einflüsse auf das Parlament und den Kauf politischer Unterstützung. Grundsätzlich werden selten Beamte erfolgreich wegen Korruption angeklagt und bestraft. Regierungsangaben zufolge hat das Nationale Antikorruptionszentrum 2016 insgesamt 858 Ermittlungen wegen Korruption und Amtsmissbrauch eingeleitet. Insgesamt wurden 187 Fälle betreffend 235 Personen an die Gerichte weitergeleitet, darunter waren ein Richter, Mitarbeiter des Innenministeriums, Grenzpolizisten, Kriminalbeamte, Polizeibeamte und auch drei Mitarbeiter des Antikorruptionszentrums selbst. Von 179 im Jahr 2016 verurteilten Personen, wurden 19 eingesperrt und 15 erhielten sowohl eine Gefängnis- als auch Geldstrafen. Die meisten Korruptionsdelikte betrafen den öffentlichen und privaten Sektor (720 Fälle), Geldwäsche (32 Fälle) und andere (106 Fälle). Das Zentrum untersuchte Richter, Staatsanwälte, Leiter staatlicher Institutionen, Amtsträger des Gesundheitswesens, Bürgermeister, Gerichtsvollzieher, Polizeibeamte, Anwälte und andere Amtsträger. Die Abteilung für Internes und Korruptionsbekämpfung des Innenministeriums registrierte 2017 24 Fälle von passiver Korruption und 17 Fälle von aktiver Korruption. Die meisten Korruptionsdelikte betrafen Mitarbeiter des Polizeiinspektorats (17 Fälle), gefolgt von normalen Bürgern (16 Fälle), dem Notdienst (fünf Fälle) und der Grenzpolizei (ein Fall). Die Antikorruptionsabteilung registrierte außerdem 24 Fälle von Einflussnahme (USDOS 20.4.2018).

Der Begriff "captured state" wird weiterhin von lokalen und internationalen Experten verwendet, um den Umfang der Korruption in Moldau zu definieren. Transparency International-Moldova zufolge ist sogar der Kampf gegen die Korruption politisiert, um Kontrolle über die Zweige der Staatsgewalt auszuüben. Es gibt Berichte über Fälle selektiver Justiz zur Strafverfolgung von Amtsträgern aus politischen Gründen. 2017 wurde eine nie dagewesene Zahl von hochrangigen Amtsträgern wegen Korruption und Einflussnahme angeklagt (USDOS 20.4.2018).

Das nationale Antikorruptionszentrum ist eine mächtige Behörde, dessen Aufgabe in der Vorbeugung gegen und Bekämpfung von Korruption besteht. Die in der Republik Moldau überall anzutreffende große Korruptionsanfälligkeit bietet immer wieder Anlass, missliebigen Personen zu drohen, sie einzuschüchtern oder gar strafrechtlich zu verfolgen (AA 29.10.2019).

Strafverfolgung und Verurteilung von Politiker und Amtsträgern (insbesondere hochrangige Beamte) sind selten. Auch wenn Strafverfolgungsmaßnahmen eingeleitet werden, sind diese eher politisch motiviert. Ende Juni 2016 war der ehemalige Premierminister Vlad Filat wegen Korruption im Zusammenhang mit dem Diebstahl von 1 Milliarde US-Dollar öffentlicher Gelder zu neun Jahren Haft verurteilt. Es gibt Meinungen, dass diese Verurteilung eine Konsequenz von Filats langjähriger politischer Feindschaft mit Plahotniuc war. Manchmal werden Ermittlungen gegen niederrangige Beamte geführt, um den Eindruck zu erwecken, die Behörden würden gegen Machtmissbrauch und Korruption vorgehen. Diese Methode wird auch angewandt um Amtsträger loszuwerden, die von politischen Gegnern ernannt worden sind (BS 2018).

Quellen:

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.5.2018

-

EC - European Commission (3.4.2018): Association Implementation Report on Moldova,

https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/association_implementation_report_on_moldova.pdf, Zugriff 22.2.2019

-

FH - Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 22.2.2019

-

TI - Transparency International (2017): Corruption Perceptions Index,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017#table, Zugriff 22.2.2019

-

TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index, https://www.transparency.org/cpi2018, Zugriff 22.2.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Es gibt keine gezielten staatlichen Repressionsmaßnahmen, die sich gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung richten. Die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsorganisationen können aber den zunehmenden autoritären Tendenzen in der Republik Moldau nur wenig entgegensetzen (AA 29.10.2018).

Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen zählen Folter in Gefängnissen und psycho-neurologischen Einrichtungen; harte Haftbedingungen; willkürliche Festnahme oder Inhaftierung; Verweigerung eines fairen öffentlichen Verfahrens; Einschränkungen der Medienfreiheit, Korruption; Fälle von Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen in Betreuungseinrichtungen; und Menschenhandel. Eine Vielzahl nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Beschränkungen und untersucht Menschenrechtsfälle und veröffentlicht ihre Ergebnisse. Regierungsstellen sind einigermaßen kooperativ und offen für deren Vorstellungen. Es gibt eine voll funktionsfähige Ombudsstelle der Regierung. Das Parlament verfügt auch über einen eigenen ständigen Ausschuss für Menschenrechte und interethnische Beziehungen (USDOS 20.4.2018).

Auf offizieller Ebene ist die Republik Moldau verpflichtet, die Bürgerrechte zu achten, die gesetzlich kodifiziert sind. Trotz positiver Entwicklungen in dieser Hinsicht über die letzten Jahre hinweg, werden Grundfreiheiten immer noch oft verletzt. Dies betrifft das Fehlen fairer Verfahren, Hassreden, das Recht auf sozialen Schutz und Gesundheitsversorgung, schlechte Bedingungen in Gefängnissen, Menschenhandel und die Rechte sexueller Minderheiten und der Roma-Gemeinschaft. Und obwohl moldauische Gesetze Folter verbieten, gibt es Berichte über Verletzungen des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit, einschließlich Fälle des Todes von Gefangenen oder Häftlingen (BS 2018).

Einige Menschenrechtsanwälte und -aktivisten hatten unter politisch motivierten Medienkampagnen, polizeilichen Ermittlungen und Anklagen zu leiden. Aktivisten der Zivilgesellschaft äußeren Bedenken gegen Abhöraktionen und stellen fest, dass die Anzahl der von den Richtern der Republik Moldau genehmigten Abhöranfragen zunimmt (FH 2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.2.2019

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FH - Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 22.2.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert und in der Praxis meist gewährleistet (FH 2019). Versammlungen müssen lediglich angemeldet werden (AA 29.10.2018).

Die Zivilgesellschaft ist aktiv und engagiert, aber das öffentliche Vertrauen in NGOs ist begrenzt. So bleibt der tatsächliche Einfluss von NG

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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