TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/20 97/09/0057

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Veröffentlicht am 20.05.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Dipl. Ing. Johann W in L, vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in 3180 Lilienfeld, Babenbergerstraße 30/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 13. Februar 1997, Zl. Senat-PL-96-105, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 29. Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer "als der gemäß § 9 VStG 1991 Verantwortlicher der Firma Dipl. Ing. Johann W" gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) für schuldig erkannt, "er habe zu verantworten", am 2. März 1994 um 14.45 Uhr in 3203 R, W 20, vier namentlich genannte Ausländer als Maurer bzw. als Hilfskräfte bei Maurerarbeiten "beschäftigt zu haben", obwohl ihm weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei noch die Genannten eine gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besessen hätten. Der Beschwerdeführer wurde mit Geldstrafen von S 10.000,-- pro unerlaubt beschäftigtem Ausländer sowie zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen bestraft und ihm die Kosten des Strafverfahrens von je S 1.000,-- auferlegt.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis gerichteten Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, er sei gutgläubig der Meinung gewesen, daß die genannten Ausländer als bosnische Flüchtlinge einen entsprechenden Befreiungsschein besäßen bzw. als Konventionsflüchtlinge von den Bestimmungen des AuslBG ausgenommen seien. Es gäbe eine entsprechende Verwaltungspraxis, die angesichts der Kriegsgreuel in Bosnien von den Behörden liberal gehandhabt worden sei.

Die belangte Behörde führte am 22. Jänner 1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher - neben den geladenen Zeugen - der Rechtsbeistand des Beschwerdeführers, nicht aber dieser selbst erschienen waren. Der Rechtsbeistand des Beschwerdeführers legte eine an den Beschwerdeführer gerichtete Zimmerbestätigung eines Hotels in Bad Aussee vor und entschuldigte ihn.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz mit der Maßgabe bestätigt, daß in dessen Spruch präzisiert werde, daß es sich bei den beschäftigten Ausländern um bosnische Staatsbürger gehandelt habe. Dem Beschwerdeführer wurde ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 8.000,-- auferlegt.

Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer die genannten Ausländer beschäftigt habe, ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen eingeholt zu haben, obwohl ihm von den Ausländern die Personaldokumente ausgehändigt worden seien. Zur Sozialversicherung habe der Beschwerdeführer die genannten Ausländer erst aus Anlaß der durchgeführten arbeitsmarktrechtlichen Kontrolle angemeldet. Aus Bestätigungen des Bundesministeriums für Inneres gehe hervor, daß drei der genannten Ausländer keinen Asylantrag gestellt hätten und somit auch zum Tatzeitpunkt nicht als Flüchtlinge anerkannt gewesen seien. Betreffend einen Ausländer habe das Bundesministerium für Inneres mitgeteilt, daß dieser zwar einen Asylantrag gestellt habe, der jedoch mit Bescheid des Bundesministers für Inneres rechtswirksam abgewiesen worden sei, sodaß auch dieser zum Tatzeitpunkt nicht als Flüchtling anerkannt gewesen sei. Drei der genannten Ausländer hätten übereinstimmend angegeben, vom Beschwerdeführer für ihre Arbeit ein Stundenentgelt in der Höhe von S 40,-- erhalten und keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung besessen zu haben. Die Anmeldung der genannten Ausländer zur Sozialversicherung durch den Beschwerdeführer sei erst durch die am Tatzeitpunkt erfolgte arbeitsmarktrechtliche Kontrolle veranlaßt gewesen.

Daher stehe für die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer alle vier Ausländer in dem ihm vorgeworfenen Tatzeitpunkt ohne das Vorliegen entsprechender arbeitsmarktrechtlicher Bewilligungen vorsätzlich entgegen den Bestimmungen des AuslBG entgeltlich mit Maurer- und Maurerhilfsarbeiten beschäftigt habe.

Der Beschwerdeführer habe Angaben über seine persönliche Einkommensverhältnisse nicht geleistet, weshalb mit S 30.000,-- ein durchschnittliches monatliches Einkommen geschätzt werden müsse. Er habe vier Sorgepflichten, eine Einzelfirma und sei an einer Ges.m.b.H. beteiligt. Als mildernd sei die zum Tatzeitpunkt gegebene Unbescholtenheit zugrundezulegen, als erschwerend kein Umstand. Eine Anwendung des § 21 VStG habe nicht zu erfolgen, da weder das Verschulden gering gewesen sei, noch die Folgen der Tat unbedeutend. Da von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe nicht auszugehen gewesen sei, sei auch eine Anwendung des § 20 VStG nicht in Betracht gekommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des AuslBG haben folgenden

Wortlaut:

"§ 2. ...

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a)

in einem Arbeitsverhältnis,

b)

in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.

c)

in einem Ausbildungsverhältnis,

d)

nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind

a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,

b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird oder der Veranstalter und

c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes.

(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. ...

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

...

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1.) wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, oder

b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne daß für den Ausläner eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7) erteilt wurde, oder

c) entgegen den Bestimmungen der Beschäftigung eines Inhabers einer Arbeitserlaubnis (§ 14g) diesen beschäftigt,

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40.000 S bis zu 240.000 S;

..."

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die im Spruch des Bescheides der Behörde erster Instanz genannten Ausländer im maßgeblichen Zeitpunkt für ihn als Beschäftiger Arbeiten geleistet haben, ohne daß für sie eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt, oder sie im Besitz einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines gewesen seien. Auch der Verwaltungsgerichtshof hält den angefochtenen Bescheid insoferne für nicht rechtswidrig. Daß der Beschwerdeführer im Spruch des angefochtenen Bescheides "als der gemäß § 9 VStG 1991 Verantwortlicher" bestraft wurde, läßt den angefochtenen Bescheid auch im Lichte des § 44a VStG nicht als rechtswidrig erscheinen, weil der Beschwerdeführer nach der übrigen Formulierung des Spruches sowie der Begründung die genannten Ausländer unbestritten in eigener Verantwortung beschäftigt hat und mit dem angefochtenen Bescheid auch hiefür bestraft wurde.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil ihm die belangte Behörde keine Gelegenheit gegeben habe, sich in der mündlichen Verhandlung zum Sachverhalt zu äußern. Er habe die Ladung für die mündliche Verhandlung am 22. Jänner 1997 erst am 19. Dezember 1996 erhalten und habe sich bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung durch seinen Vertreter wegen Urlaubs ordnungsgemäß entschuldigt. Die belangte Behörde, welche ihm vorsätzliche Tatbegehung vorgeworfen habe, hätte ihn zum Nachweis der inneren Tatseite persönlich anhören müssen. Der Beschwerdeführer sieht sich insoferne in seinen "Verteidigungsrechte(n) des VStG" verletzt.

Mit diesem Vorwurf zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, er vermag damit keinen relevanten Verfahrensmangel darzulegen. Soweit er sich nämlich in seinen Verteidigungsrechten nach dem VStG für verletzt erachtet, wird vom Beschwerdeführer gar nicht bestritten, daß er zur öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen war. Er behauptet auch nicht, durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG vom Erscheinen abgehalten worden zu sein. Der Umstand, daß er sich zum Zeitpunkt der öffentlichen mündlichen Verhandlung auf Urlaub befand, stellt jedenfalls kein derartiges Hindernis dar. Die belangte Behörde war daher gemäß § 51f Abs. 2 VStG an der Durchführung der Verhandlung sowie an der Fällung des Ergebnisses durch das Nichterscheinen des Beschwerdeführers nicht gehindert (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zlen. 96/09/0045, 0123). Im übrigen war der Beschwerdeführer während der öffentlichen mündlichen Verhandlung durch seinen Rechtsbeistand vertreten, welcher für ihn die im VStG genannten Verteidigungsrechte wahrnehmen konnte.

Soweit der Beschwerdeführer aber meint, die belangte Behörde hätte "die subjektive Tatseite" ohne seine persönliche Einvernahme nicht als erwiesen annehmen dürfen, insbesondere deswegen, weil die besagten Ausländer ordnungsgemäß bei der Gebietskrankenkasse angemeldet gewesen seien, und daß eine katholische Aktivistengruppe die Bosnier empfohlen habe, welche ihm als de facto-Flüchtlinge angeboten worden seien, und daß auch die Frage der Arbeitsgenehmigung liberal gehandhabt worden sei, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Zum einen entbindet nämlich auch die Anmeldung eines ausländischen Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber diesen nicht von seiner Verpflichtung, die Bestimmungen des AuslBG einzuhalten. Zum anderen ist die weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde näher konkretisierte Behauptung, "die Frage der Arbeitsgenehmigungen" sei "liberal gehandhabt" worden, nicht geeignet zu erweisen, daß den Beschwerdeführer kein Verschulden trifft, zumal zum Tatbestand der den Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, und der Beschwerdeführer angesichts der ihn gemäß § 5 Abs. 1 VStG treffenden Sorgfaltspflicht zumindest gehalten gewesen wäre, sich bei der für die Vollziehung des AuslBG zuständigen Behörde über die Zulässigkeit der Beschäftigung der genannten Ausländer zu vergewissern.

Soweit der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid insoferne für rechtswidrig hält, als die belangte Behörde einen der genannten - unbestritten unerlaubt beschäftigten - Ausländer, der vor Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung verstorben sei, nicht als Zeugen einvernommen habe, ist zu entgegnen, daß nicht einmal der Beschwerdeführer bestreitet, auch diesen Ausländer beschäftigt zu haben, und daß die persönliche Einvernahme eines unerlaubt beschäftigten Ausländers nicht Voraussetzung für die Bestrafung des Beschäftigers ist.

Soweit der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid insoferne für rechtswidrig hält, als ihm gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG durch die belangte Behörde die Verpflichtung zur Bezahlung von Kosten in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe auferlegt wurde und er meint, diese Bestimmung hätte insoferne Strafcharakter und verstoße gegen das Verschlimmerungsverbot, ist er hinsichtlich des § 64 Abs. 1 VStG auf das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1993, Zl. 92/09/0031, sowie hinsichtlich des § 64 Abs. 2 VStG auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juni 1982, Slg. Nr. 9.409, hinzuweisen, in welchem verfassungsrechtliche Bedenken gegen die genannten Bestimmungen verworfen worden sind. Insoferne sieht sich der Verwaltungsgerichtshof daher nicht veranlaßt, im vorliegenden Beschwerdefall beim Verfassungsgerichtshof gegen die genannten Bestimmungen ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.

Dadurch, daß die belangte Behörde bei der Festsetzung der Strafe den Strafrahmen des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. c dritter Fall AuslBG unterschritten hat, wurde der Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997090057.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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