TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/6 W109 2194063-1

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Veröffentlicht am 06.12.2019
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Entscheidungsdatum

06.12.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W109 2194063-1/12E

Schriftliche Ausfertigung des am 14.10.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Gerhard MORY, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 21.03.2018, Zl. XXXX - XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.10.2019 zu Recht:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX

gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 05.02.2016 stellte der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 06.02.2016 gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, stamme aus Ghazni und sei verheiratet. Er habe in Pakistan die Schule besucht, in Kabul studiert und sei zuletzt als leitender Angestellter im Finanzbereich einer Baufirma tätig gewesen. Diese Firma habe mit den Amerikanern zusammengearbeitet. Deshalb sei er auf dem Heimweg aus dem Bus gezerrt und eine Woche gefangen gehalten und geschlagen worden. Dann hätten sie ihn bewusstlos am Straßenrand liegen lassen. Er habe Angst, dass ihn die Taliban tatsächlich töten wollen würden.

Am 22.02.2016 ersuchte der Beschwerdeführer um Richtigstellung einiger Angaben im Protokoll zur Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 06.02.2016.

Am 13.02.2018 führte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, er habe in einem Bauunternehmen gearbeitet und sei in Kundus tätig gewesen. Er sei von den Taliban telefonisch bedroht worden. Sie hätten ihn trotz Telefonnummernwechsel immer wieder gefunden. Er habe Urlaub genommen, sei nach Kabul gegangen und habe in der Firmenzentrale gebeten, nicht mehr nach Kundus geschickt zu werden. Er sei dann nach Paktia zu einem anderen Projekt geschickt worden. Er sei auch dort trotz neuer Telefonnummer wieder angerufen und bedroht worden. Er habe wieder Urlaub genommen und mit seiner Frau nach XXXX , Ghazni umziehen wollen. Auf dem Reiseweg sei der Bus von Bewaffneten aufgehalten worden, sie seien in den Bus gekommen und hätten den Namen des Beschwerdeführers und die Namen zweier anderer Personen gerufen. Der Beschwerdeführer und die beiden anderen hätten aussteigen müssen, dem Beschwerdeführer seien die Hände gefesselt und die Augen verbunden worden. Sie seien in einen PKW gesetzt und der Beschwerdeführer schließlich in ein Zimmer gebracht worden. Er sei wiederholt geschlagen, beschimpft und befragt worden. Er sei etwa eine Woche dort gewesen und schließlich im Krankenhaus in Ghazni zu sich gekommen. Nach zehn Tagen im Krankenhaus sei er nach Kabul, er habe von seiner Familie nichts gewusst. Nach zwei Tagen im Hotel sei er in den Iran ausgereist.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21.03.2018, zugestellt am 29.03.2018, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Begründend führte die belangte Behörde aus, die Entführung des Beschwerdeführers wegen seines Arbeitsverhältnisses sei nicht glaubhaft. So seien im Jahr 2016 keine Entführungsfälle der Hazara-Bevölkerung in Ghazni verzeichnet. Dass die Taliban den Beschwerdeführer lebendig freigelassen hätten, sei nicht nachvollziehbar. Auch sei es in den zwölf Tagen, die der Beschwerdeführer anschließend noch Ghazni und Kabul aufhältig gewesen sei, zu keinen Vorfällen gekommen und sei der Beschwerdeführer kein "high profile"-Ziel. Auch seien zwischen Erstbefragung und Einvernahme Widersprüche aufgetreten. Zudem seien die zeitlichen Angaben des Beschwerdeführers widersprüchlich. Wenig plausibel sei auch die Mutmaßung des Beschwerdeführers, dass einer seiner Arbeitskollegen die Taliban kontaktieren würde, um den Beschwerdeführer zu verraten, hätte dieser doch ebenso mit Verfolgung durch die Taliban zu rechnen.

3. Am 24.04.2018 langte die vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bei der belangten Behörde ein in der im Wesentlichen ausgeführt wird, dass die Fehler hinsichtlich der Zeitangaben leicht aufklärbar und angesichts des Inhaltes der gesamten Fluchtgeschichte nebensächlich seien. Das Vorbringen des Beschwerdeführers weise einen weit überdurchschnittlichen Detailierungsgrad auf und sei der Beweiswert der Niederschrift über die Erstbefragung bedingt durch die Umstände um ihr Zustandekommen entscheidend abgeschwächt. Die tragende Beweiswürdigung sei insgesamt in wesentlichen Punkten fehlerhaft, unschlüssig und verfahrensrechtlich mangelhaft. Der Beschwerdeführer sei als schiitischer Hazara, der für die afghanische Armee gegen Aufständische gekämpft und in weiterer Folge für ein de facto in amerikanischem Besitz befindliches Unternehmen gearbeitet, dass für die afghanische Armee bauliche Anlagen im Bereich von Militär-Camps errichte und sich geweigert hat, den nötigenden Drohung der Taliban Folge zu leisten und zu kooperieren, verfolgungsbedroht. Der afghanische Staat sei nicht schutzfähig und eine innerstaatliche Fluchtalternative gebe es nirgendwo in Afghanistan.

Am 10.10.2019 langte eine schriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den mit Ladung vom 23.09.2019 übermittelten Länderberichten am Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 14.10.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, sein bevollmächtigter Rechtsvertreter, eine im Akt namentlich genannte Vertrauensperson und ein Dolmetscher für die Sprache Dari teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen, er werde im Herkunftsstaat wegen seiner (vergangenen) beruflichen Tätigkeit von Taliban verfolgt, aufrecht.

Am 17.10.2019 beantragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die schriftliche Ausfertigung des am 14.10.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

-

Militärausweis des Beschwerdeführers,

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Tazkira des Beschwerdeführers samt Übersetzung,

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Heiratsurkunde des Beschwerdeführers samt Übersetzung,

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Afghanische Schulzeugnisse des Beschwerdeführers,

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Unterlagen hinsichtlich einer Lehrstelle,

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ÖSD Zertifikat B1 vom 24.01.2017,

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ÖSD Zertifikat B2 vom 18.12.2017,

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Einige Empfehlungsschreiben,

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Deutschkursbestätigungen,

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Diverse Urkunden für Freizeitaktivitäten (Fußball),

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Pflichtschulabschlussprüfungszeugnis des Beschwerdeführers vom 03.07.2017,

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Schulbesuchsbestätigungen,

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Bestätigungen über ehrenamtliches Engagement des Beschwerdeführers,

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Zertifikat Forum Alpbach,

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Teilnahmebestätigung für Werte- und Orientierungskurs,

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Medizinische Unterlagen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu Person und Lebensumständen Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am XXXX in einem Dorf im Distrikt Jaghori, Provinz Ghazni geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara. Er bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Er spricht auch Paschtu, Urdu, Englisch und Deutsch auf dem Niveau B2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 1996 mit seiner Familie nach Pakistan aus, wo er aufwuchs und zwölf Jahre die Schule besuchte. Im Jahr 2009 kehrte der Beschwerdeführer nach Afghanistan zurück, wo er am 18.02.2010 heiratete.

An einer Universität in Kabul absolvierte der Beschwerdeführer ein Studium der Wirtschaftswissenschaften und arbeitete als "Finanzmanager" in einer Baufirma.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers lebt mit ihrer Mutter in Quetta, Pakistan.

Die übrige Familie des Beschwerdeführers lebt ebenso in Quetta, zu ihnen besteht seit der Hochzeit des Beschwerdeführers kein Kontakt.

In Afghanistan sind keine Angehörigen mehr aufhältig.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hat als leitender Angestellter im Finanzbereich bei einer im Akt namentlich genannten Firma an unterschiedlichen Projekten für militärische Einrichtungen in mehreren Provinzen Afghanistans mitgearbeitet.

Als er in Mazar-e Sharif in Camp Shaheen arbeitete, wurde der Beschwerdeführer erstmals telefonisch von den Taliban bedroht und aufgefordert, seine Tätigkeit für "die Ungläubigen" einzustellen und sich den Taliban anzuschließen. Nach einem Wechsel der Telefonnummer wurde der Beschwerdeführer erneut telefonisch kontaktiert und bat daraufhin seinen Vorgesetzten um Versetzung. Der Bitte des Beschwerdeführers wurde entsprochen und er ist etwa Dezember 2013 bei einem Projekt im Feldlager Kundus eingesetzt worden. Auch dort wurde er telefonisch kontaktiert und bedroht und bat um erneute Versetzung und er wurde in die Provinz Paktia zu einem Projekt an einem anderen Militärstützpunkt geschickt. Dort wurde der Beschwerdeführer erneut telefonisch bedroht und ihm angedroht, man werde ihn finden und umbringen. Einmal wurde der Beschwerdeführer außerhalb des Stützpunktes von zwei Fahrzeugen bis zum Eingang des Stützpunktes verfolgt und kurz danach angerufen und bedroht. Der Beschwerdeführer bat daraufhin um Urlaub und wurde mit dem Hubschrauber nach Logar ausgeflogen, von wo aus er mit dem Auto über Kabul nach Ghazni (Stadt) fuhr. In Ghazni (Stadt) bestieg der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau und seiner Schwiegermutter - die er in Kabul getroffen hatte - einen Bus, um in das Herkunftsdorf des Beschwerdeführers in Jaghori zu reisen, weil er annahm, dort nicht gefunden zu werden. Auf der Straße nach Jaghori wurde der Bus in Qarabagh von Taliban angehalten und der Beschwerdeführer und zwei weitere Personen namentlich aufgerufen. Die drei wurden schließlich aus dem Bus geholt, ihnen die Hände gefesselt und die Augen verbunden. Der Beschwerdeführer wurde in ein Dorf verbracht und in einem Zimmer gefangen gehalten, wo er am ersten und zweiten Tag von zwei Bewaffneten bedroht, befragt und geschlagen wurde. Er habe viele Sünden begangen, sei Schiit und Hazara, arbeite für die Ungläubigen und verdiene schmutziges und verbotenes Geld. Der Beschwerdeführer wurde zur Zusammenarbeit aufgefordert sowie dazu, die Wahrheit zu sagen. Der Beschwerdeführer bestritt alles und behauptete, einfacher Schneider zu sein. An den folgenden Tagen wurde der Beschwerdeführer von einem alten Mann aufgesucht, der Wasser und Brot brachte, den Beschwerdeführer freundlicher ansprach und riet, er solle mithelfen, sonst würden die Bewaffneten ihn umbringen. Nach etwa einer Woche kamen zwei Bewaffneten mit dem alten Mann zum Beschwerdeführer, stellten die gleichen Fragen und sagten, der Beschwerdeführer könne sich durch Zusammenarbeit von seinen Sünden befreien. Der Beschwerdeführer bestritt weiterhin und behauptete, einfacher Schneider zu sein. Die beiden Bewaffneten traten den Beschwerdeführer und schlugen ihn mit den Kolben ihrer Gewehre und einem Holzstock, bis der Beschwerdeführer das Bewusstsein verlor. Er kam im Provinzkrankenhaus in Ghazni wieder zu sich, wo ihm ein Krankenpfleger mitteilte, einige Reisende hätten ihn am Straßenrand gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Nach etwa zehn Tagen im Krankenhaus reiste der Beschwerdeführer nach Kabul und von dort aus nach zwei Tagen in den Iran.

Im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat drohen dem Beschwerdeführer Misshandlungen und Übergriffe durch die Taliban bis hin zur Ermordung, weil sie ihn aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit für einen Ungläubigen und politischen Gegner halten. Diesen Übergriffen kann sich der Beschwerdeführer nicht durch einen Umzug innerhalb des Landes entziehen.

Dass der afghanische Staat den Beschwerdeführer vor dieser Bedrohung durch die Taliban schützen kann, ist nicht zu erwarten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit und Herkunft, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seinen Sprachkenntnissen sowie seinem Lebenslauf bis zur Einreise nach Österreich ergeben sich aus seinen im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Zu seinen Deutschkenntnissen hat der Beschwerdeführer ein ÖSD-Zertifikat für das Niveau B2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen vorgelegt.

Zum festgestellten Geburtsdatum ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer bereits mit E-Mail vom 22.02.2016 erstmals versuchte, sein Geburtsdatum richtigzustellen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.10.2019 gab der Beschwerdeführer an, er habe in der Erstbefragung sein Geburtsdatum nach dem islamischen Kalender angegeben (Verhandlungsprotkoll S. 7) was angesichts dessen, dass er sein Leben bis dahin in islamischen Ländern verbracht hatte, auch plausibel erscheint. Nachdem das Geburtsdatum im Erstbefragungsprotokoll mit XXXX protokolliert ist, ist offenkundig, dass nur - wie der Beschwerdeführer auch wiederholt angegeben hat - das Geburtsjahr protokolliert wurde. Das Geburtsdatum des Beschwerdeführers entspricht im islamischen Kalender dem XXXX , weiter beginnt das neue Jahr im islamischen Kalender im März. Hieraus ergibt sich, nachdem der überwiegende Teil des Jahres XXXX nach dem islamischen Kalender im Jahr XXXX nach dem abendländischen Kalender liegt, wie es durch die Umrechnung aus dem islamischen Kalender zu einem um mehr als ein Jahr abweichenden Geburtsdatum kommen konnte, ohne dass sich hieraus entnehmen lässt, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung fehlerhafte Angaben gemacht haben muss. Weiter fallen im Erstbefragungsprotokoll auch andere "Schlampereien" auf, die geeignet sind, Zweifel am Beweiswert des Protokolls hervorzurufen. So ist als gesprochene Sprache "Ordo" (vermutlich Urdu) vermerkt, während ein Dolmetscher für die Sprache Farsi/Persisch beigezogen wurde. Auch ist als Muttersprache des Beschwerdeführers "Farsi/Persisch" protokolliert, was für den Beschwerdeführer als Afghanen, der nicht im Iran aufgewachsen ist, als wenig wahrscheinlich erscheint. Weiter ist der erkennende Richter gegenständlich erstmals mit der Schreibweise von Quetta als "Kueta" konfrontiert. Sohin lässt sich kaum ausschließen, dass es auch bei Aufnahme des Geburtsdatums zu einem Fehler gekommen sein könnte. Weiter hat der Beschwerdeführer (abgesehen von der Protokollierung in der Erstbefragung) durchgehend - so etwa im Schreiben vom 22.02.2016 (erstmals AS 49), in der niederschriftlichen Einvernahme am 13.02.2018 (AS 59) und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.10.2019 (Verhandlungsprotokoll S. 7) angegeben, am XXXX geboren zu sein und stimmt diese Angabe auch mit dem Geburtsdatum in der vorgelegten Tazkira und in der vorgelegten Heiratsurkunde überein.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.

Die Verehelichung des Beschwerdeführers am 18.02.2010 beruht auf den gleichbleibenden diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (AS 61), die überdies mit der vorgelegten Heiratsurkunde übereinstimmen.

Die Feststellungen zum Studium sowie zur Berufstätigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen gleichbleibenden Angaben, zur Berufstätigkeit siehe auch unten.

Die Feststellung zum Verbleib von Ehefrau und Schwiegermutter beruht auf den gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers. Dass Kontakt zur Ehefrau besteht, hat der Beschwerdeführer selbst angegeben.

Zum Verbleib der übrigen Familie konnte der Beschwerdeführer nachvollziehbar angeben, dass die Familie, nachdem er sich geweigert hatte, seine Cousine zu heiraten und stattdessen seine Frau geehelicht hatte, den Kontakt zu ihm abgebrochen hatte. Auch, dass er dennoch über seine in derselben Stadt lebende Ehefrau über den Aufenthalt seiner Mutter unterrichtet ist, erscheint plausibel.

Nachdem die verbleibenden Angehörigen des Beschwerdeführers in Pakistan leben (zum Vater wurde durchgehend angegeben, er sei verstorben) und der Beschwerdeführer auf Nachfrage verneinte, noch Angehörige in Afghanistan zu haben, wurde eine entsprechende Feststellung getroffen.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zum fluchtauslösenden Vorfall und seiner Vorgeschichte stützen sich auf die vom Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seiner Einvernahme am 13.02.2018 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.10.2019 getroffenen Aussagen. Dabei ist zusätzlich anzumerken, dass der Beschwerdeführer sein später ausführlich erstattetes Fluchtvorbringen bereits in der Erstbefragung am 06.02.2016 in Grundzügen vorgezeichnet hat. Der Beschwerdeführer bringt dabei stringent, im Kern gleichbleibend und im Wesentlichen widerspruchsfrei den festgestellten Ereignisablauf vor, wobei insbesondere die hohe Dichte der Erzählung des Beschwerdeführers bemerkenswert ist. So schilderte der Beschwerdeführer etwa die Szene seiner Entführung sehr detailiert und lebendig und flocht in seiner Erzählung immer wieder für den eigentlichen Handlungsstrang unbedeutende Erläuterungen zu seinen Beweggründen ein.

Hinsichtlich der von der belangten Behörde beweiswürdigend herausgegriffenen "widersprüchlichen Angaben" ist zunächst zum behaupteten Widerspruch, den die belangte Behörde aus zwischen den in der Erstbefragung protokollierten Angaben und den Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme am 13.02.2018 sieht, auszuführen, dass hier beinahe scheint, als würde die belangte Behörde den Beschwerdeführer absichtlich missverstehen (angefochtener Bescheid S. 119, AS 251). So gab der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme an: "Ein Pfleger sagte mir auf Nachfrage ich sei im Krankenhaus in Ghazi [sic!] und dass mich Leute im Bus von Kandahar nach Kabul gefunden haben und ins Krankenhaus gebracht haben." Diese Passage ließe sich zwar tatsächlich so lesen, als wäre der bewusstlose Beschwerdeführer in einem Bus, der von Kandahar nach Kabul gefahren sei, aufgefunden worden. Allerdings konfrontiert der Einvernahmeleiter - im Übrigen ein anderer Organwalter als jene Person, die den angefochtenen Bescheid unterschrieben hat - den Beschwerdeführer nicht mit diesem geradezu absonderlichen und zweifellos erklärungsbedürftigen Handlungssprung, weswegen das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass auch er die Angabe dahingehend verstanden hat, dass es sich bei den Leuten, die den Beschwerdeführer gefunden haben, um Reisende handelte, die in einem Bus von Kandahar nach Kabul unterwegs waren und den Beschwerdeführer ins Krankenhaus gebracht haben. Hierin ist aber ein Widerspruch zu den Angaben in der Erstbefragung nicht ersichtlich, wo protokolliert ist, der Beschwerdeführer sei von Reisenden gefunden und in ein Krankenhaus gebracht worden. Damit handelt es sich wohl tatsächlich - wie der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung am 14.10.2019 mutmaßte (Verhandlungsprotkoll S. 12) - um ein Missverständnis bei Lektüre der unglücklichen Formulierung.

Die beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe angegeben, er sei mit dem Bus von Paktia nach Kabul unterwegs gewesen und wäre in Dashte-e-Qarabagh entführt und nach Ghazni gebracht worden und habe es im Gegensatz zum Jahr 2015 im Jahr 2016 keine Entführungsfälle der Hazara-Bevölkerung in Ghazni gegeben (angefochtener Bescheid S. 118, AS 250) erweist sich einerseits als aktenwidrig. So hatte der Beschwerdeführer angegeben, auf dem Weg von Kabul in sein Heimatdorf im Distrikt Jaghori, Provinz Ghazni, in Dasthte-e-Qarabagh entführt worden zu sein (AS 64). Weiter war der Beschwerdeführer im Jahr 2016 bereits nicht mehr in Afghanistan aufhältig (Antragsdatum 06.02.2016 unter Berücksichtigung der Reisedauer), weswegen der - durch das Bundesverwaltungsgericht nicht weiter nachgeprüfte - Umstand, es habe im Jahr 2016 keine Entführungen von Hazara in Ghazni gegeben, keine Rückschlüsse auf die Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens zulässt. Zusätzlich ist zu dieser geographisch augenscheinlich widersinnigen Route - so liegt Gardez (Hauptstadt von Paktia) deutlich näher an Ghazni als Kabul - anzumerken, dass der Beschwerdeführer diesen Umweg in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.10.2019 höchst plausibel erläuterte und damit sein Fluchtvorbringen um ein weiteres, die Glaubhaftigkeit unterstreichendes, lebendiges Detail anreicherte. So gab der Beschwerdeführer an, die Provinz Paktia sei zur Durchreise zu gefährlich gewesen, weswegen der Beschwerdeführer in einem Hubschrauber nach Logar geflogen sei, um von dort aus über Kabul und Ghazni (Stadt) ins Heimatdorf zu gelangen, wobei sich dem EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Juni 2019 im Wesentlichen entnehmen lässt, dass die Provinz Paktia sich nach 2001 nach einer Phase der Regierungsunterstützung mehr und mehr zur Hochburg der Taliban und des Haqqani-Netzwerkes entwickelt hat. Die Provinz sei neben einem aktiven Widerstand gegen die Regierung auch Schauplatz von Stammeskonflikten (Kapitel 2.27 Paktya, S. 238 ff.). Zur Idee des Beschwerdeführers, sich in seinem Herkunftsdorf vor den Taliban zu verstecken, ist überdies anzumerken, dass die Provinz Ghazni zwar mittlerweile stark destabilisiert und zu einem der Hauptkampfschauplätze zwischen Regierung und Taliban geworden ist. Hierbei handelt es sich allerdings um eine neuere Entwicklung der Jahre 2018 und 2019. Insbesondere die Hazara-Gebiete (Distrikte Jaghori und Malestan) galten bis November 2018, als diese von den Taliban attackiert wurde, als friedlich und stehen, seit die Taliban zurückgedrängt wurden, wieder unter Regierungskontrolle. Es wird auch von den allgemeinen Schwierigkeiten der Taliban berichtet, in Hazara-Gebieten fußzufassen (Kapitel 2.10 Ghazni, S. 127 ff.). Damit ist die Intention des Beschwerdeführers, in sein Herkunftsdorf zu reisen, um sich vor den Taliban zu verstecken, höchst plausibel und erweisen sich die vom Beschwerdeführer detailliert geschilderten innerstaatlichen Fluchtbewegungen vor dem Hintergrund der Länderberichte als höchst nachvollziehbar und plausibel.

Dazu, dass eine Verfolgung des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei, weil der Beschwerdeführer lebendig freigelassen worden sei und die Taliban ihn niemals entlassen hätten, ohne ihm Schaden zuzufügen (angefochtener Bescheid S. 118-119, AS 250-251), ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer angegeben hat, mit Stiefeln getreten und mit Gewehrkolben und einem Stock geschlagen und bewusstlos am Straßenrand liegen gelassen worden zu sein (AS 65 - 66). Folglich kann zunächst keine Rede davon sein, dass dem Beschwerdeführer kein Schaden zugefügt worden ist. Weiter ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ein Unterschied darin zu erblicken, ob jemand freigelassen oder bis zur Bewusstlosigkeit zusammengeschlagen und schwer verletzt am Straßenrand abgelegt wird. Zusätzlich ist an dieser Stelle anzumerken, dass der EASO COI Report: Afghanistan. Security Situation von Juni 2019 von einem Anstieg der Angriffe Aufständischer am durch Ghazni führenden Highway One seit dem Jahr 2013 berichtet sowie von Checkpoints der Taliban entlang der Straßen, an denen diese Identitäten überprüfen und Menschen festnehmen oder hinrichten. Diese Strategie sei weniger kostspielig und nachhaltiger als jemanden in urbanen Gebieten zu fassen (Kapitel 1.6 Mobility, S. 64-65). Demnach schildert der Beschwerdeführer eine für die Taliban übliche Vorgehensweise, wobei nach den vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge: UNHCR-Richtlinien) neben gezielten Tötungen auch Drohungen, Einschüchterungen und Entführungen gegen unter anderem Zivilisten, die für die afghanischen Sicherheitskräfte arbeiten, von regierungsfeindlichen Kräften eingesetzt werden, um Gemeinschaften und Einzelpersonen einzuschüchtern und auf diese Weise ihren Einfluss und ihre Kontrolle zu erweitern, indem diejenigen angegriffen würden, die die Autorität und Anschauung der Aufständischen infrage stellen würden (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel

1. Personen die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, S. 44 - 46). Vor dem Hintergrund dieses Einschüchterungszweckes erscheint auch plausibel, dass der Beschwerdeführer am Straßenrand abgelegt wurde, wohl damit er aufgefunden und auf diese Weise bekannt werde, was mit "Feinden" geschehe. Dass die Taliban den Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt bereits für tot gehalten haben könnten (Verhandlungsprotokoll S. 11), erscheint damit prinzipiell auch plausibel, sind im vom Beschwerdeführer geschilderten und seinem Vorbringen entsprechenden festgestellten Sachverhalt doch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beschwerdeführer tatsächlich "freigelassen" worden sein soll. Schließlich wurde kein Lösegeld bezahlt, keine Verhandlungen über seine Freilassung durchgeführt und der Beschwerdeführer hat auch keine Kooperationsbereitschaft signalisiert. Weiter erscheint die Argumentation, die Gefährdung eines Beschwerdeführers könne nicht glaubhaft sein, weil er noch lebe, geradezu zynisch und würde obendrein in beinahe jedem Fall die Asylgewährung ausschließen, wenn aus dem Umstand, dass jemand der Verfolgung entkommen ist, grundsätzlich geschlossen werden könnte, dass er damit einer Verfolgungsgefahr nicht ausgesetzt sein könne.

Zu den Militärausweisen, deren Vorlage die Behörde als Argument gegen die Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens verwendet, weil sie keine Relevanz zu den Ausreisegründen aufweisen würden und im gesamten Verfahren nicht vorgebracht worden sei, wegen des Militärdienstes Problemen ausgesetzt gewesen zu sein (angefochtener Bescheid S. 121, AS 153), wäre es für die belangte Behörde angebracht gewesen, einen Antragsteller zu den Gründen für die Vorlage eines Bescheinigungsmittels zu befragen, wenn diese ihr nicht klar sind. In diesem Zusammenhang wird auf die Verpflichtung zur Ermittlung der materiellen Wahrheit durch die belangte Behörde verwiesen. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes demonstriert die Behörde mit dieser Ausführung besonders nachdrücklich, dass sie das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht gesamtheitlich, unter Berücksichtigung von Zusammenhängen und mit der gebotenen Tiefe gewürdigt hat, wodurch der belangten Behörde etwa entgangen ist, dass der Beschwerdeführer bereits in der niederschriftlichen Einvernahme am 13.02.2018 von seiner Tätigkeit auf Militärstützpunkten der afghanischen Nationalarmee sprach. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht dabei nicht, dass diese Information durch den Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor der Behörde am 13.02.2018 nicht expliziert wurde (bzw. nicht explizit protokolliert ist). Dennoch ist dies nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nach genauer Lektüre des Protokolls in Zusammenschau mit den vorgelegten Bescheinigungsmitteln vor dem Hintergrund des von einer Spezialbehörde wie der belangten Behörde zu erwartenden Fachwissens - dessen Mangel im Übrigen durch Nachfrage an den Beschwerdeführer bei zunächst unverständlichen Details und Recherche in den verfügbaren Länderberichten auszugleichen wäre - offenkundig.

So gab der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde im Wesentlichen an, im Jahr 2012 in Mazar-e-Sharif gearbeitet zu haben und brachte einen Militärausweis, ausgestellt am 28.06.2012, gültig bis 28.12.2012, ausgestellt durch das Verteidigungsministerium, Kommandant des 209. Korps Shahin, in Vorlage. Etwa im vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Juni 2019 lässt sich nachlesen, dass in der Provinz Balkh das 209. Korps der afghanischen Nationalarmee (ANA), Shaheen, sein Hauptquartier hat (Kapitel 2.5.2 Conlict background and actors in Balkh, S. 98), es sei geographisch im Distrikt Dehdadi (unmittelbar an die Stadt Mazar-e-Sharif angrenzend) situiert. Eine Rückfrage durch die belangte Behörde an den Beschwerdeführer, warum er für den Zeitraum, als er in Mazar-e Sharif arbeitete, diesen Militärausweis vorgelegt hatte, erfolgte nicht. Weiter gab der Beschwerdeführer im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 13.02.2018 befragt zu seiner letzten Adresse an "Paktia, 203 Tundor" an. Der vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachte EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Juni 2019 informiert, dass die Provinz Paktia unter der Verantwortung des 203. Korps der ANA steht (es trägt den Namen "Tandar" und hat sein Hauptquartier bei Gardez, der Provinzhauptstadt Paktias). Warum der Beschwerdeführer als letzte Andresse eine Einheit der afghanischen Nationalarmee nennt, bleibt abermals unhinterfragt und stellt die Behörde auch keinen Zusammenhang mit der Angabe des Beschwerdeführers her, er habe zuletzt in Paktia gearbeitet. So entsteht bei Lektüre des Einvernahmeprotokolls der Eindruck, dass der Beschwerdeführer sich im Gespräch mit einem Gegenüber glaubt, das Kenntnisse über die grundlegende Organisationsstruktur der afghanischen Nationalarmee besitzt, wobei diese Erwartung des Beschwerdeführers an sein Gegenüber - dem Organwalter einer Spezialbehörde für Asyl- und Fremdenrecht - durchaus nachvollziehbar erscheint.

Am Rande ist anzumerken, dass Kapitel 1.2.1 Pro-governement forces, Abschnitt Afghan National Army (ANA), S. 27, des EASO COI Report:

Afghanistan. Security situation vom Juni 2019 diese Informationen auch zur Erstinformation hinsichtlich der Struktur der afghanischen Nationalarmee überblicksartig anbietet, auch wenn für nähere Informationen ein Blick in die oben zitierten Kapitel erforderlich ist. Abschließend ist anzumerken, dass all diese Informationen im Wesentlichen auch im EASO COI Report: Afghanistan. Security Situation von Dezember 2017 (der Vorgängerversion des hier zitierten aktuellen EASO-Berichts) bereits enthalten waren und keine neueren Entwicklungen darstellen. Der belangten Behörde wären diese Informationen folglich leicht zugänglich gewesen. Damit ist im Vergleich der Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde mit jenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht von einer Steigerung oder gar Widersprüchlichkeit des Vorbringens auszugehen, sondern wird dessen Konsistenz noch deutlicher und auch der Detailgrad des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers klarer.

Hinsicht der vom Beschwerdeführer vorgelegten Militärausweise ist noch zu ergänzen, dass auch die belangte Behörde keine Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit der Dokumente hegte, sondern lediglich deren Bezug zum Fluchtvorbringen verkannte. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Anlass für Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit gefunden.

Weiter findet der Grundtenor der Fluchterzählung - nämlich einer von den Taliban ausgehenden Übergriffsgefahr wegen der Tätigkeit des Beschwerdeführers auf Militärstützpunkten - ebenso Bestätigung in den Länderberichten. So führen die vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten UNHCR-Richtlinien ein Risikoprofil an, in dem beschrieben wird, dass regierungsfeindliche Kräfte Zivilisten an, die der Zusammenarbeit oder der "Spionage" für regierungsnahe Kräfte, darunter die afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte, verdächtigt werden (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel

1. Personen die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Buchstabe c) Zivilisten, die mit den afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräften/regierungsnahen Kräften verbunden sind oder diese vermeintlich unterstützen, S. 48). Gleiches gilt für Personen, die in ziviler Funktion für internationale Streitkräfte arbeiten (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 1. Personen die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Buchstabe c) Buchstabe d) Zivilisten, die mit den internationalen Streitkräften verbunden sind oder diese vermeintlich unterstützen, S. 49).

Insgesamt ergibt sich daher aus der vom Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund der Länderberichte umfassend vorgenommenen Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers auch unter Berücksichtigung der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beweiswürdigend aufgezeigten scheinbaren Widersprüche, dass die Fluchterzählung des Beschwerdeführers glaubhaft ist. Entsprechend wurde der vom Beschwerdeführer geschilderte Ereignisablauf festgestellt.

Zu dem Schluss, dass dem Beschwerdeführer auch im Fall der Rückkehr Misshandlungen und Übergriffe durch die Taliban bis hin zur Ermordung drohen, ist auszuführen, dass nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts in den bisherigen Übergriffen gegen den Beschwerdeführer bereits ein starkes Indiz für auch künftige Bedrohungen zu sehen ist. Weiter erscheint die Mutmaßung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, die Taliban hätten ihn bereits für tot gehalten und dann am Straßenrand liegen lassen, wie bereits ausgeführt plausibel. Hierin liegt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ein zusätzlicher gefährdungserhöhender Faktor, nämlich, dass der in der Vergangenheit "verunglückte" Mord nunmehr doch zu seinem Abschluss gebracht werden soll.

Hinsichtlich der Feststellung, dass der Beschwerdeführer sich den Übergriffen der Taliban nicht durch einen Umzug innerhalb des Landes entziehen kann, berichten die UNHCR-Richtlinien von einem geografisch großen Wirkungsradius insbesondere der Taliban und davon, dass es innerhalb das Landes keine Möglichkeit gibt, sich ihnen zu entziehen (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedelungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 1. Analyse der Relevanz, S.120-121). Auch aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Taliban schon in der Vergangenheit ihren Aktionsradius weit ausgeschöpft haben, als sie den Beschwerdeführer an unterschiedlichen Arbeitsorten bedrohten und schließlich in seiner Herkunftsprovinz angriffen. Damit ist keine (sicher erreichbare) Region des Herkunftsstaates ersichtlich, in der sich der Beschwerdeführer dauerhaft gefahrlos und unbehelligt niederlassen könnte. Insbesondere würde den Taliban wohl über kurz oder lang zur Kenntnis gelangen, dass der Beschwerdeführer noch lebt und zurückgekehrt ist, sobald er eine seiner Ausbildung und Berufserfahrung entsprechende Berufstätigkeit aufnähe, um seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften und dabei öffentlich in Erscheinung treten müsste. Zu den beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei während eines zweiwöchigen Urlaubes in Kabul nicht angegriffen worden, habe nach der Entführung zehn Tage in einem Krankenhaus und weitere zwei Tage in Kabul verbracht ist zunächst anzumerken, dass aus einem zweiwöchigen vorfallsfreien Zeitraum während eines Urlaubs im Jahr 2014 nicht geschlossen werden kann, dass dem Beschwerdeführer künftig keine Übergriffe drohen. Hinsichtlich Kabul wird mittlerweile von einer Verschlechterung der Sicherheitslage insbesondere seit 2017/2018 aufgrund von Taliban-Angriffen berichtet (Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.1. Kabul), wobei gezielte Tötungen zu den Hauptursachen zählen. Weiter wäre nicht plausibel, dass die Taliban den Beschwerdeführer im Provinzkrankenhaus Ghazni oder Kabul suchen sollten, obwohl sie glauben, sie hätten ihn tot am Straßenrand abgelegt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer vor dieser Bedrohung durch die Taliban Schutz des afghanischen Staates nicht zu erwarten hat, beruht etwa auf den UNHCR-Richtlinien, wo berichtet wird, dass die Umsetzung der Menschenrechte mangelhaft bleibt und die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit als besonders schwach wahrgenommen wird. Die Fähigkeit der Regierung, Menschenrechte zu schützen, werde untergraben, das förmliche Justizsystem sei schwach und unfähig, Zivil- und Strafverfahren effektiv und zuverlässig zu entscheiden. Die Korruption sei groß und es herrsche ein Klima der Straflosigkeit. Täter von Menschenrechtsverletzungen würden selten zur Rechenschaft gezogen (Abschnitt II. Überblick über die Situation in Afghanistan, Kapitel C. Die Menschenrechtssituation, Unterkapitel

2. Die Fähigkeit und Bereitschaft des Staates, Zivilisten vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen, S. 34 f.). Im Wesentlichen inhaltsgleich berichtet auch das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019 (in der Folge Länderinformationsblatt) von der Lage hinsichtlich Menschenrechte, Justiz etc. (siehe insbesondere Kapitel 3. Rechtsschutz/Justizwesen und Kapitel 10. Allgemeine Menschenrechtslage).

Zur Plausibilität, Seriosität und Aktualität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, in der Fassung der Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019, zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Art. 4 lit. a Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgende Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114) und auch EASO in den vom Verwaltungsgerichtshof zitierten Normen durch explizite Nennung als Quelle für Herkunftslandinformationen besonders hervorgehoben wird. Folglich stützt sich das Bundesverwaltungsgericht auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur asylrechtlich relevanten Verfolgung des Beschwerdeführers:

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

"Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (zuletzt VwGH 31.07.2018, Ra 2018/20/0182 m.w.N.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 30.08.2018, Ra 2017/18/0119 mwN).

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes reicht für die Annahme einer asylrechtlich relevanten Verfolgung aus Gründen der politischen Gesinnung aus, dass eine solche politische Gesinnung zumindest unterstellt wird (vgl. etwa VwGH 06.05.2004, 2002/20/0156).

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt konnte der Beschwerdeführer glaubhaft machen, dass ihm im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Misshandlungen und Übergriffe durch Taliban bis hin zur Ermordung drohen, weil sie ihn aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit für einen Ungläubigen und politischen Gegner halten. Damit konnte der Beschwerdeführer im Sinne der oben zitierten Judikatur glaubhaft machen, dass ihm im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Verfolgung durch Privatpersonen wegen einer ihm zumindest unterstellten religiösen und politischen Gesinnung droht. Wie weiter festgestellt, kann der Beschwerdeführer nicht erwarten, dass der afghanische Staat ihn vor dieser Bedrohung durch die Taliban schützen kann. Staatlicher Schutz im Sinne der oben zitierten Judikatur besteht daher nicht, weswegen der dem Beschwerdeführer drohenden Verfolgungsgefahr Asylrelevanz zukommt.

3.2. Zum Nichtvorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative:

Nach § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht.

Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann.

Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind nach dem klaren Wortlaut des § 11 AsylG zwei getrennte und selbstständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative zu unterscheiden, nämlich die Frage, ob Schutz gewährleistet ist, sowie die Frage, ob dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001 mwN). Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt ist nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer sich den ihm drohenden Übergriffen der Taliban durch einen Umzug innerhalb des Landes entziehen kann.

Damit steht dem Beschwerdeführer mangels Verfügbarkeit von Schutz iSd § 11 Abs. 1 AsylG in einem Teil des Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung. Eine Auseinandersetzung mit der Zumutbarkeit des Aufenthaltes in einem möglichen Neuansiedelungsgebiet erübrigt sich sohin, wobei auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen ist, der in der Vergangenheit der Annahme fehlenden Schutzes iSd § 11 AsylG vor Talibanverfolgung in Afghanistan nicht entgegentrat, sofern er diese Schlussfolgerung auf solide beweiswürdigende Grundlage gestellt sah (Vgl. etwa VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0330).

3.3. Zur Anwendbarkeit es § 3 Abs. 4 AsylG:

Zu Anwendbarkeit des § 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 ist anzumerken, dass die Bestimmung nach § 75 Abs. 24 AsylG auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt haben, nicht anzuwenden ist. Nachdem der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz am 06.02.2016 gestellt hat, kommt daher § 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 zur Anwendung.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird das Einreise- und Aufenthaltsrecht des Asylberechtigten unmittelbar kraft Gesetzes bestimmt. Die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter hat somit nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu erfolgen. Auch gemäß § 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 kommt dem Asylberechtigten eine entsprechende Aufenthaltsberechtigung zu, ohne dass eine darüberhinausgehende Erteilung dieser Berechtigung vorzunehmen wäre (VwGH 03.05.2018, Ra 2017/19/0373).

Dem Beschwerdeführer war daher spruchgemäß nach § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Ihm kommt damit unmittelbar kraft Gesetzes (VwGH 03.05.2018, Ra 2017/19/0373) eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu, die (vorerst) für drei Jahre gilt.

4. Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht folgt bei seiner Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur potenziellen Asylrelevanz privater Verfolgung (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 mwN). Auch zur Unterscheidung der beiden getrennt zu prüfenden Voraussetzungen dafür, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative anzunehmen ist, folgt das Bundesverwaltungsgericht der klaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001 mwN). Zur Feststellung des dafür notwendigen Sachverhaltes waren dagegen beweiswürdigende Erwägungen maßgeblich, wobei anzumerken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof der Annahme fehlenden Schutzes iSd § 11 AsylG vor Talibanverfolgung in Afghanistan nicht entgegentritt, sofern er diese Schlussfolgerung auf solide beweiswürdigende Grundlage gestellt sieht (VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0330).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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