TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 W194 2143501-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W194 2143501-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2016, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsbürger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 11.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 12.11.2015 erfolgte seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

2. Am 14.06.2016 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde einvernommen.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.12.2016, der dem Beschwerdeführer am 14.12.2016 zugestellt wurde, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsberater am 23.12.2016 Beschwerde.

5. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 30.12.2016 eingelangter Beschwerdevorlage den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt.

6. Am 22.06.2017 gab der Beschwerdeführer seinen Rechtsvertreter bekannt.

7. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.05.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W194 zugewiesen.

8. Mit Schreiben vom 04.06.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien des Verfahrens die Ladungen zur Verhandlung sowie die im Beschwerdefall vorläufig als relevant erachteten Berichte zur Lage in Afghanistan.

9. Am 16.08.2019 legte der Beschwerdeführer einen Taufschein der XXXX vom 13.08.2017 vor und machte eine Verfolgung aus religiösen Gründen geltend.

10. Am 21.08.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen und der ein Dolmetscher für die Sprache Dari beigezogen wurde.

Der Beschwerdeführer wurde in der Verhandlung zu seinem bisherigen Leben, seinen Fluchtgründen, seinem Glauben und seinem Leben in Österreich befragt. Er legte medizinische Unterlagen sowie Unterlagen zu seinen Integrationsbemühungen vor. Weiters wurden die Länderberichte zum Herkunftsland des Beschwerdeführers erörtert.

11. Am 05.09.2019 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den Länderberichten.

12. Am 13.09.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari eine weitere Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter teilnahmen. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung fern. In der Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinem Glauben befragt und zwei Zeugen einvernommen.

Die Niederschrift der Verhandlung wurde der belangten Behörde im Anschluss an die Verhandlung zur Kenntnis übermittelt.

13. Am 18.09.2019 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den Länderberichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer:

1.1.1. Zu seiner Person, seiner Herkunft und seiner Familie:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Seine Muttersprache ist Dari bzw. Farsi. Er wurde in Afghanistan in XXXX geboren und lebte bis zu seinem XXXX Lebensjahr in der Provinz XXXX . Hiernach ging der Beschwerdeführer mit seiner Familie in den Iran, besuchte dort die Schule und maturierte in einer inoffiziellen afghanischen Schule. Der Beschwerdeführer wurde im Jahr XXXX aus dem Iran nach Afghanistan abgeschoben und verließ einige Monate später Afghanistan in Richtung Europa.

Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Seine Eltern und seine Geschwister leben im Iran. Der Beschwerdeführer hat durchschnittlich alle zwei bis drei Monate Kontakt mit seiner Mutter.

1.1.2. Zu seinem Leben in Österreich:

Der Beschwerdeführer stellte in Österreich am 12.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er hält sich seit seiner Antragstellung durchgehend im Bundesgebiet auf. Er ist strafgerichtlich unbescholten und nimmt Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch. Er ist immer wieder gemeinnützig tätig. Im April 2018 absolvierte er die Prüfung ÖSD Zertifikat A2 und im Juli 2017 eine Erste-Hilfe-Grundkurs. Der Beschwerdeführer ist im Zeitpunkt dieser Entscheidung XXXX Jahre alt. Er hat seit ca. sechs Monaten eine Freundin, die rumänische Staatsbürgerin ist und in Österreich lebt.

1.1.3. Zu seinem Gesundheitszustand:

Aufgrund eines Autounfalls als Kind im Iran leidet der Beschwerdeführer an Schmerzen im rechten Fuß. Er wurde in Österreich im März 2019 operiert und befand sich zwei Wochen im Spital. Bei der Operation erfolgte eine Narbenkorrektur und -resektion sowie eine Spalthauttransplantation. Der Beschwerdeführer bringt hinsichtlich Einschränkungen im Alltag vor, dass er keine Schwerarbeit leisten und nicht lange stehen könne.

1.1.4. Zu seinem Glauben und dem geltend gemachten Nachfluchtgrund:

Der Beschwerdeführer wuchs als schiitischer Moslem auf und wandte sich in Österreich dem Christentum zu. Er wurde im August 2017 getauft und ist seither Mitglied der XXXX einer in Österreich staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft. Er besucht regelmäßig die Messe und die Bibelstunde, erledigt Hilfsdienste in der Kirche und verfügt über ein christliches Grundwissen. Er hat seiner Mutter von seinem Glaubenswechsel erzählt.

Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den nachhaltigen inneren Entschluss gefasst hat, nach dem christlichen Glauben zu leben. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan muss der Beschwerdeführer aus diesem Grund mit erheblichen Sanktionen in seinem Heimatland rechnen und wäre gezwungen, seinen Glauben zu unterdrücken bzw. zu verleugnen.

1.2. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:

* EASO Country Guidance: Afghanistan, Guidance note and common analysis, Juni 2019

* UNHCR-RICHTLINIEN zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018

* ACCORD-Anfragebeantwortung vom 01.06.2017 zu Afghanistan, ua. zur Situation christlicher KonvertitInnen

1.2.1. Aus EASO Coutry Guidance:

"16. Individuals considered to have committed blasphemy and/or apostasy

This profile covers persons who are considered to have abandoned or renounced the religious belief or principles of Islam (apostasy), as well as persons considered to have spoken sacrilegiously about God or sacred things (blasphemy). It includes individuals who have converted to a new faith, based on their genuine inner belief (converts), as well as those who disbelieve or lack belief in the existence of God (atheists). It can be noted that, often, the latter grounds would be invoked sur place (Article 5 QD).

COI summary

In Afghanistan, blasphemy is punishable by death or imprisonment of up to 20 years. Individuals who have committed blasphemy have three days to withdraw their behaviours or face the death penalty. Additionally, a 2004 law prohibits writings and published materials, which are considered offensive to Islam or other faiths [Society-based targeting, 2.1]. Some cases of imprisonment sentences on charges of blasphemy were reported [Society-based targeting, 2.2]. There is low societal tolerance in Afghanistan for criticism of Islam, the latter is seen contrary to the religion and can be prosecuted as blasphemy [Society-based targeting, 2.2, 2.4].

Apostasy is also punishable by death, imprisonment or confiscation of property [Society-based targeting, 2.1]. Apostasy is a serious offence and although it is reportedly rarely prosecuted, this has occurred in past years [Society-based targeting, 2.2]. Children of apostates are still considered Muslims unless they reach adulthood without returning to Islam, in which case they may also be put to death [Society-based targeting, 2.1]. Individuals perceived as apostates face the risk of violent attacks, which may lead to death, without being taken before a court [Society-based targeting, 2.4].

The Taliban see those individuals who preach against them or contravene their interpretations of Islam as 'apostates' [Society-based targeting, 2.7].

According to the ISKP, Muslim allies of the West, but also those individuals who practice forms of "impure" Islam, which includes non-Sunnis and Sunnis who practice Sufism or mystical schools of Islam, can be defined as 'apostates' [Society-based targeting, 2.8].

Individuals who hold views that can be perceived as having fallen away from Islam, such as converts, atheists and secularists, cannot express their views or relationship to Islam openly, at the risk of sanctions or violence, including by their family. Such individuals must also appear outwardly Muslim and fulfil the behavioural religious and cultural expectations of their local environment, without this being a reflection of their inner conviction [Society-based targeting, 2.4].

In particular, conversion from Islam to another faith is considered as a serious offence under Islamic law. It is punishable by the death penalty, by beheading for men, and by life imprisonment for women. Under Islamic law, individuals will be given three days to recant the conversion or face punishment. They are also perceived with hostility by society [Society-based targeting, 2.1, 2.3].

There is an increasing number of Afghan converts to Christianity, but there have only been a few converts visible in the past decade in Afghanistan. The State deals with them by asking them to recant or face expulsion from the country [Society-based targeting, 2.3].

Risk analysis

The acts to which individuals under this profile could be exposed are of such severe nature that they would amount to persecution (e.g. death penalty, killing, violent attacks).

When considering such applications, the case officer should take into account that it cannot reasonably be expected that an applicant will abstain from his or her religious practices. It should be noted that the concept of religion shall in particular include the holding of theistic, non-theistic and atheistic beliefs (Article 10(1)(b)

QD).

In the case of those considered apostates or blasphemers, in general, well-founded fear of persecution would be substantiated.

Nexus to a reason for persecution

Available information indicates that persecution of this profile is for reasons of religion."

1.2.2. Aus den UNHCR-RICHTLINIEN:

"Konversion vom Islam

Eine Konversion vom Islam wird als Apostasie, also als Glaubensabfall betrachtet und gemäß den Auslegungen des islamischen Rechts durch die Gerichte mit dem Tode bestraft. Zwar wird Apostasie im afghanischen Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich als Straftat definiert, sie fällt jedoch nach allgemeiner afghanischer Rechtsauffassung unter die nicht weiter definierten "ungeheuerlichen Straftaten", die laut Strafgesetzbuch nach der islamischen Hanafi-Rechtslehre bestraft werden und in den Zuständigkeitsbereich der Generalstaatsanwaltschaft fallen. Damit wird Apostasie als Straftat behandelt, obwohl nach der afghanischen Verfassung keine Handlung als Straftat eingestuft werden darf, sofern sie nicht als solche gesetzlich definiert ist. Geistig zurechnungsfähige männliche Bürger über 18 Jahren und weibliche Bürger über 16 Jahren, die vom Islam konvertieren und ihre Konversion nicht innerhalb von drei Tagen widerrufen, riskieren die Annullierung ihrer Ehe und eine Enteignung ihres gesamten Grundes und sonstigen Eigentums. Außerdem können sie von ihren Familien und Gemeinschaften zurückgewiesen werden und ihre Arbeit verlieren. Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion übertreten, müssen Berichten zufolge um ihre persönliche Sicherheit fürchten. [...]"

1.2.3. Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation:

"Religionsfreiheit

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.8.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi-Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).

Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie (vgl. MoJ 15.5.2017). Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll laut islamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. Ein Richter kann eine mildere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Auch kann die Regierung das Eigentum des/der Abtrünnigen konfiszieren und dessen/deren Erbrecht einschränken. Des Weiteren ist gemäß hanafitischer Rechtsprechung Proselytismus (Missionierung, Anm.) illegal. Dasselbe gilt für Blasphemie, die in der hanafitischen Rechtsprechung unter die Kapitalverbrechen fällt (USDOS 15.8.2017) und auch nach dem neuen Strafgesetzbuch unter der Bezeichnung "religionsbeleidigende Verbrechen" verboten ist (MoJ 15.5.2017: Art. 323). Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte (USDOS 15.8.2017).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformerische Muslime behindert (FH 11.4.2018).

Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (USDOS 15.8.2017; vgl. AA 5.2018); so gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürger/innen unabhängig von ihrer Religion (AA 5.2018). Wenn weder die Verfassung noch das Straf- bzw. Zivilgesetzbuch bei bestimmten Rechtsfällen angewendet werden können, gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung. Laut Verfassung sind die Gerichte dazu berechtigt, das schiitische Recht anzuwenden, wenn die betroffene Person dem schiitischen Islam angehört. Gemäß der Verfassung existieren keine eigenen, für Nicht-Muslime geltende Gesetze (USDOS 15.8.2017). [...]

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Lehrplan, der auf den Bestimmungen des Islam basiert, gestalten und umsetzen; auch sollen Religionskurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime an öffentlichen Schulen ist es nicht erforderlich, am Islamunterricht teilzunehmen (USDOS 15.8.2017).

Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die meistens während ihres Aufenthalts im Ausland zum Christentum konvertierten, würden aus Furcht vor Vergeltung ihren Glauben alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern ausüben (USDOS 15.8.2017).

Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (CRS 13.12.2017).

Beobachtern zufolge sinkt die gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber der schiitischen Minderheit weiterhin; in verschiedenen Gegenden werden dennoch Stigmatisierungsfälle gemeldet (USDOS 15.8.2017).

Mitglieder der Taliban und des IS töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 15.8.2017; vgl. CRS 13.12.2017, FH 11.4.2018). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 15.8.2017)."

1.2.4. Aus der ACCORD-Anfragebeantwortung:

""Das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo schreibt in einem Bericht vom September 2013, dass Apostasie (Arabisch: ridda) in der klassischen Scharia als "Weggehen" vom Islam verstanden werde und ein Apostat (Arabisch: murtadd) ein Muslim sei, der den Islam verleugne. Apostasie müsse nicht unbedingt bedeuten, dass sich der Apostat einer neuen Glaubensrichtung anschließe. [...]

Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem im August 2016 veröffentlichten Länderbericht zur internationalen Religionsfreiheit (Berichtsjahr 2015), dass laut Hanafi-Rechtlehre Männer bei Apostasie mit Enthauptung und Frauen mit lebenslanger Haft zu bestrafen seien, sofern die Betroffenen keine Reue zeigen würden. Richter könnten zudem geringere Strafen verhängen, wenn Zweifel am Vorliegen von Apostasie bestünden. Laut der Auslegung des islamischen Rechts durch die Gerichte würde der Übertritt vom Islam zu einer anderen Religion Apostasie darstellen. In diesem Fall habe die betroffene Person drei Tage Zeit, um die Konversion zu widerrufen. Widerruft sie nicht, so habe sie die für Apostasie vorgesehene Strafe zu erhalten. Die genannten Entscheidungsempfehlungen würden in Bezug auf Personen gelten, die geistig gesund und vom Alter her "reif" seien. Dieses Alter werde im Zivilrecht mit 18 Jahren (bei Männern) bzw. 16 Jahren (bei Frauen) festgelegt. [...]

Dem USDOS zufolge seien aus dem Berichtsjahr 2015 keine Fälle von tätlichen Übergriffen, Inhaftierungen, Festnahmen oder Strafverfolgung wegen Apostasie bekannt. [...]

Landinfo schreibt in einem Bericht vom September 2013, dass die Situation von Apostaten, die hin zu einer anderen Religion konvertieren, eine andere sei als jene von Atheisten oder säkular eingestellten Personen. Mit dem Negieren bzw. Bezweifeln der Existenz Gottes würden keine Erwartungen an ein bestimmtes Verhalten im Alltag einhergehen. Eine Konversion zu einer Religion hingegen sei mit Verhaltensvorschriften, kirchlichen Traditionen und Ritualen zu verbinden, die schwieriger zu verbergen seien. [...]

Weiters bemerkt BBC News, dass für gebürtige Muslime ein Leben in der afghanischen Gesellschaft eventuell möglich sei, ohne dass sie den Islam praktizieren würden oder sogar dann, wenn sie "Apostaten" bzw. "Konvertiten" würden. Solche Personen seien in Sicherheit, solange sie darüber Stillschweigen bewahren würden. Gefährlich werde es dann, wenn öffentlich bekannt werde, dass ein Muslim aufgehört habe, an die Prinzipien des Islam zu glauben. Es gebe kein Mitleid mit Muslimen, die "Verrat an ihrem Glauben" geübt hätten, indem sie zu einer anderen Religion konvertiert seien oder aufgehört hätten, an den einen Gott und an den Propheten Mohammed zu glauben. [...]"

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Beschwerdeführer:

2.1.1. Zu seiner Person, seiner Herkunft und seiner Familie:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Muttersprache sind unbestritten. Ebenfalls steht fest, dass der Beschwerdeführer aus der Provinz XXXX stammt. Die Angaben des Beschwerdeführers dazu sind im Laufe des gesamten Verfahrens gleichgeblieben, wurden in der Verhandlung glaubwürdig geschildert (vgl. die Seiten 2, 5 und 8 der Niederschrift vom 21.08.2019) und auch dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt (vgl. die AS 87). Dass der Beschwerdeführer im Iran aufgewachsen ist, dort die Schule besucht und maturiert hat, hat er in der Verhandlung glaubwürdig dargelegt (vgl. die Seiten 6 und 8 der Niederschrift vom 21.08.2019). Wann der Beschwerdeführer aus dem Iran nach Afghanistan abgeschoben wurde, kann nicht exakt festgestellt werden (vgl. die Seiten 8f und 13 der Niederschrift vom 21.08.2019).

Die Feststellungen zu seinem Familienstand stützen sich auf die überzeugenden Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. die Seiten 18f der Niederschrift vom 13.09.2019). Die Feststellungen zu den Eltern und Geschwistern des Beschwerdeführers im Iran sowie zum Kontakt zu seiner Mutter konnten getroffen werden, da die Angaben des Beschwerdeführers dazu in der Verhandlung spontan und überzeugend gemacht wurden (vgl. die Seiten 6f der Niederschrift).

2.1.2. Zu seinem Leben in Österreich:

Dass der Beschwerdeführer am 12.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte, ergibt sich aus dem Akteninhalt. Im Verfahren haben sich keinerlei Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass der Beschwerdeführer sich seit der Antragstellung nicht durchgehend in Österreich aufgehalten hätte. Seine strafgerichtliche Unbescholtenheit steht aufgrund eines vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszuges des Strafregisters fest. Dass der Beschwerdeführer Grundversorgung bezieht, hat er in der Verhandlung darlegt (vgl. Seite 20 der Niederschrift vom 13.09.2019). Die Feststellungen zur gemeinnützigen Tätigkeit des Beschwerdeführers, der absolvierten ÖSD A2-Prüfung und dem besuchten Erste-Hilfe-Kurs beruhen auf den in der Verhandlung vom 21.08.2019 vorgelegten Unterlagen und Zeugnissen). Die Feststellungen zum Alter des Beschwerdeführers konnten getroffen werden, da dieses im gesamten Verfahren nie strittig war und vom Beschwerdeführer in der Verhandlung neuerlich bestätigt wurde (vgl. Seite 5 der Niederschrift vom 21.08.2019). Die Feststellungen zur Freundin des Beschwerdeführers gründen sich auf seine glaubwürdigen Schilderungen in der Verhandlung (vgl. die Seiten 18ff der Niederschrift).

2.1.3. Zu seinem Gesundheitszustand:

Die Feststellungen zu den gesundheitlichen Problemen mit seinem rechten Fuß und deren Ursache beruhen auf den nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. Seite 10 der Niederschrift vom 21.08.2019 und Seite 16 der Niederschrift vom 13.09.2019), welche sich mit den Wahrnehmungen des Bundesverwaltungsgerichtes in der Verhandlung decken. Die Feststellungen zur durchgeführten Operation in Österreich beruhen auf dem vorgelegten Patientenbrief vom 18.03.2019. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Einschränkungen im Alltag wurden in der Verhandlung vom 13.09.2019 schlüssig geschildert (vgl. Seite 18 der Niederschrift).

2.1.4. Zu seinem Glauben und dem geltend gemachten Nachfluchtgrund:

Dass der Beschwerdeführer als schiitischer Moslem aufgewachsen ist, ist unstrittig (vgl. die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, AS 87; sowie die Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung auf Seite 5 der Niederschrift vom 21.08.2019: "Früher war ich schiitischer Moslem, jetzt aber nicht mehr").

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer sich in Österreich dem Christentum zugewandt hat und im August 2017 in der XXXX getauft wurde, beruhen auf den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. die Seiten 5 und 14f der Niederschrift vom 21.08.2019) in Verbindung mit der vorgelegten Taufurkunde und wurden durch die überzeugenden Angaben der beiden Zeugen - einerseits des Generalsekretärs der XXXX und andererseits des Assistenten des früheren Pastors der XXXX - in der Verhandlung vom 13.09.2019 untermauert (vgl. die Seiten 4ff sowie 9ff der Niederschrift). Dass die XXXX zu den in Österreich staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften zählt, kann der Auflistung auf https://www.oesterreich.gv.at entnommen werden.

Dass der Beschwerdeführer regelmäßig die Messe und die Bibelstunde besucht, hat er in der Verhandlung glaubwürdig dargetan. Er schilderte den Ablauf einer Messe, die zuletzt besprochenen Themen in der Bibelstunde und seine Gedanken dazu (vgl. Seiten 18f der Niederschrift vom 21.08.2019 sowie die Seiten 13f der Niederschrift vom 13.09.2019). Seine Angaben werden insbesondere durch die glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussagen des Generalsekretärs der XXXX in der Verhandlung (vgl. die Seite 5 der Niederschrift vom 13.09.2019: "Ich habe ihn diesen Sonntag das letzte Mal gesehen. Ich sehe ihn üblicherweise am Sonntag. XXXX ) und die von ihm vorgelegte und näher erläuterte Anwesenheitsliste gestützt. In der Verhandlung konnten die "Lücken" in der Anwesenheit des Beschwerdeführers im zweiten Halbjahr 2018 und ab März 2019 aufgeklärt werden. Der Zeuge erläuterte sehr nachvollziehbar, dass sich die XXXX im Jahr 2018 in einer " XXXX " bzw. in einem "Umbruch" befunden habe; der Pastor habe gewechselt, und es habe XXXX (vgl. Seite 7 der Niederschrift vom 13.09.2019). Zudem habe der Assistent des früheren Pastors und Zuständige für die Farsi-Gruppe seine Tätigkeit für die XXXX beendet. Alle diese Umstände hätten dazu geführt, dass sich die Gemeinde aufgelöst habe. Der ebenfalls in der Verhandlung als Zeuge befragte Assistent des früheren Pastors gab damit übereinstimmend an, dass er seine Tätigkeit bei der XXXX im April 2018 beendet habe (vgl. Seite 9 der Niederschrift vom 13.09.2019). Die Abwesenheit des Beschwerdeführers ab März 2019 erklärte sich mit seinem Krankenhausaufenthalt (vgl. II.1.1.3.) und seiner Rekonvaleszenz.

Soweit im konkreten Fall davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer den nachhaltigen inneren Entschluss gefasst hat, nach dem christlichen Glauben zu leben, gründet sich dies auf folgende Erwägungen:

Zunächst gehen beide Zeugen von der Ernsthaftigkeit des Entschlusses des Beschwerdeführers, seinen Glauben zu wechseln, aus (vgl. die Seiten 7 und 11 der Niederschrift vom 13.09.2019 " XXXX .").

In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde der Beschwerdeführer an beiden Verhandlungstagen zu seinem Glaubenswechsel befragt. Auf die Frage, ob er einer Religion angehöre, antwortete der Beschwerdeführer: "Ich bin jetzt ein protestantischer Christ" (vgl. Seite 5 der Niederschrift vom 21.08.2019) und erläuterte hinsichtlich der Frage, warum er zum ersten Mal in die Kirche gegangen sei: " XXXX " (vgl. Seite 16 der Niederschrift vom 21.08.2019). Seine ersten Eindrücke von der neuen Religion schilderte der Beschwerdeführer sehr ausführlich (vgl. Seite 17 der Niederschrift vom 21.08.2019): "Das war für mich sehr interessant und sehr neu. XXXX . Diese Freiheit hat mir sehr gut gefallen, dass ich jetzt so leicht mit Gott sprechen kann und auf diese Art und Weise beten kann. Das fand ich faszinierend. Niemand war es wichtig, ob ich ein Hazara oder Tadschike bin, welche Sprache ich spreche, welche Hautfarbe ich habe. Wir wurden dort alle gleichbehandelt und dieses Gefühl, dass unsere Ethnie oder Hautfarbe keine Rolle spielt, war ein sehr gutes Gefühl. XXXX ." Der Beschwerdeführer hinterließ hierbei für das Bundesverwaltungsgericht einen sehr überzeugenden und überlegten Eindruck und vermochte seine Annäherung an das Christentum sehr glaubwürdig darzulegen.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht dabei keineswegs, dass der Beschwerdeführer bei seiner ersten Teilnahme oder einer seiner ersten Teilnahmen am Gottesdienst bereits getauft wurde (vgl. dazu die übereinstimmenden Daten in der Taufurkunde und der Anwesenheitsliste). Hierbei muss jedoch entscheidend berücksichtigt werden, dass der Beschwerdeführer seit seiner Taufe vor mehr als zwei Jahren regelmäßig den Gottesdienst und die Bibelstunde besucht und die Unterbrechungen im Besuch nachvollziehbar erklärt werden konnten. Wesentlich muss dazu auch darauf Bedacht genommen werden, dass beide in der Verhandlung befragten Zeugen darauf verwiesen, dass der im Jahr 2017 in der XXXX zuständige Pastor Interessierte sofort getauft habe. XXXX (vgl. die Seiten 5 und 10 der Niederschrift vom 13.09.2019). Der Generalsekretär des XXXX erläuterte dazu, dass durch diese Vorgehensweise die Taqiyya übersehen werde (vgl. die Seiten 5f der Niederschrift vom 13.09.2019): " XXXX Der [Beschwerdeführer] ist noch unter die alte Regelung gefallen, aber mir ist aufgefallen, dass seine Anwesenheit in dieser Zeit sehr gut war; bis zu dem Zeitpunkt, wo der Umbruch mit dem Pastor begonnen hat."

Auf die Frage, wie er wisse, ob jemand die Taqiyya angewendet habe, antworte der Zeuge (vgl. Seite 6 der Niederschrift vom 13.09.2019):

"Das ist relativ einfach: XXXX '." Im Unterschied dazu führte der Zeuge zum Beschwerdeführer - wie schon erwähnt - aus, dass er an dessen Ernsthaftigkeit keine Zweifel hege (vgl. Seite 7 der Niederschrift vom 13.09.2019).

Für das Bundesverwaltungsgericht entstand in der Verhandlung der Eindruck, dass der Beschwerdeführer sich sehr ausführlich mit seiner neuen Religion auseinandersetzt und beschäftigt (vgl. zB zur Frage, was er gelernt habe, Seite 17 der Niederschrift vom 21.08.2019):

"Ich habe viele Sachen über das Christentum gelernt. Unter anderem, liebe den Nächsten, Warmherzigkeit, und ich habe die Liebe zu Jesus Christus entdeckt. XXXX ." Der Beschwerdeführer schilderte den Ablauf eines Gottesdienstes im Detail, erläuterte nachvollziehbar, welche Teile des Gottesdienstes ihm am wichtigsten sind und welche behandelten Themen ihn besonders angesprochen haben (vgl. die Seiten 18f der Niederschrift vom 21.08.2019). Er hat konkrete Vorstellungen wie er als christlicher Mensch leben möchte und verfügt über ein christliches Grundwissen (vgl. zur Erörterung einzelner christlicher Feste und Gebete sowie zur Begründung, welche Verse in der Bibel ihm besonders viel bedeuten, die Seiten 22f der Niederschrift vom 21.08.2019 und die Seiten 13f der Niederschrift vom 13.09.2019). Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer Hilfsdienste in der Kirche übernimmt und sich zB an der Reinigung der Kirche beteiligt (vgl. zu den entsprechenden Angaben des Zeugen die Seite 8 der Niederschrift vom 13.09.2019).

Der Beschwerdeführer legte als Antwort auf die Frage, was ihm besonders gut am christlichen Glauben gefalle, dar (vgl. Seite 21 der Niederschrift vom 21.08.2019): " XXXX ." Er strich in der Verhandlung mehrfach Unterschiede zu seiner bisherigen Religion heraus und erläuterte, was er persönlich am Christentum im Unterschied zum Islam schätze (vgl. zB die Seiten 17 und 21 der Niederschrift vom 21.08.2019). In der Verhandlung entstand für das Bundesverwaltungsgericht der Eindruck, dass die Beschäftigung mit dem Glauben, konkret der Besuch des Gottesdienstes und der Bibelstunde, ein wesentlicher Bestandteil des Lebens des Beschwerdeführers ist und es ihn sehr beschäftigt, wenn er (zB aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen) nicht teilnehmen kann (vgl. zB Seite 21 der Niederschrift vom 21.08.2019).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist vor dem Hintergrund dieser Erwägungen eindeutig erkennbar, dass der Beschwerdeführer sich vertiefend und ausführlich mit dem christlichen Glauben auseinandersetzt. Es ist nach den getroffenen Erwägungen davon auszugehen, dass die Abkehr des Beschwerdeführers vom Islam und seine Hinwendung zur christlichen Kirche nicht zu bezweifeln ist und im konkreten Fall durch das an den beiden Verhandlungstagen aufgezeigte Wissen des Beschwerdeführers, seine Motivation für den Glaubenswechsel, seine Überlegungen zum Glauben sowie die Aussagen der beiden Zeugen belegt wird. Dass nicht konkret ermittelt werden konnte, ob und wie lange der Beschwerdeführer schon vor seiner Taufe die Kirche besuchte, vermag diese Einschätzung im konkreten Fall nicht entscheidend zu erschüttern.

Nach den Ergebnissen der Verhandlung ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seinen neuen Glauben in gewissem Umfang öffentlich lebt. Der Beschwerdeführer geht seit mehr als zwei Jahren zur Messe, an der viele afghanische Staatsbürger teilnehmen bzw. teilweise nur einmal oder kurz teilgenommen haben (vgl. zu den Angaben des Beschwerdeführers und des Generalsekretärs der XXXX die Seiten 15 bzw. 5f der Niederschrift vom 13.09.2019), und er hat seiner Mutter im Iran von seinem Glaubenswechsel erzählt und hierzu glaubwürdig geschildert, dass es ihm nicht leicht gefallen ist und er hierfür einige Zeit gebraucht hat (vgl. Seite 21 der Niederschrift vom 21.08.2019). Dass er sich aus Sorge vor deren Reaktion nicht traut, anderen afghanischen Staatsbürgern in seiner Unterkunft von seiner Konversion zu erzählen (vgl. die Seiten 21f der Niederschrift vom 21.08.2019 und Seite 15 der Niederschrift vom 13.09.2019), konnte er im Ergebnis nachvollziehbar darlegen.

In Zusammenschau dieser Erwägungen und Aspekte hat der Beschwerdeführer für das Bundesverwaltungsgericht glaubwürdig und schlüssig dargetan, dass er sich von seiner bisherigen Religion abgewendet und einen neuen Glauben gefunden hat. Dass die Hinwendung des Beschwerdeführers zum Christentum nachhaltig und intensiv ist, wird durch die überzeugenden und nachdrücklichen Aussagen des Beschwerdeführers in Verbindung mit den Angaben der in der Verhandlung befragten Zeugen belegt. Die Ausführungen vor allem des Generalsekretärs der XXXX stehen im Einklang mit dem Eindruck, den das Bundesverwaltungsgericht vom Beschwerdeführer hinsichtlich seines Glaubenswechsels in der Verhandlung gewonnen hat. Die äußeren Umstände, konkret der regelmäßige Besuch des (örtlich entfernten) Gottesdienstes und der Bibelstunde sowie die in der Verhandlung zu erkennende Bindung des Beschwerdeführers zu seiner neuen Religion, sind im konkreten Fall klare Indizien für eine ernsthafte innere Konversion des Beschwerdeführers.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt aus alledem zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer seinen behaupteten inneren Entschluss, nach dem christlichen Glauben (weiterhin) zu leben, im Verfahren glaubwürdig darlegen konnte.

Die vom Beschwerdeführer im Verfahren geäußerte Befürchtung, in Afghanistan als Christ in Lebensgefahr zu sein, steht im Einklang mit den im Verfahren herangezogenen Länderberichten (vgl. II.1.2. sowie insbesondere die Risikoanalyse der zitierten EASO-Leitlinien). Soweit davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seiner nachhaltigen Hinwendung zum Christentum erhebliche Sanktionen befürchten muss und gezwungen wäre, seinen Glauben zu unterdrücken, sind folgende Aspekte der Berichte besonders hervorzuheben: Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, da es in Afghanistan keine Kirchen gibt (abgesehen von einer katholischen Kapelle auf dem Gelände der italienischen Botschaft). Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen. Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen. Christen berichteten von einer feindseligen Haltung gegenüber christlichen Konvertiten. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel nur deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen. Quellen zufolge müssen Christen ihren Glauben unbedingt geheim halten. Im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen, von Nachbarn oder Fremden angegriffen und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die oft während ihres Aufenthalts im Ausland konvertierten, üben aus Angst vor Diskriminierung und Verfolgung ihre Religion alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern aus. Zwar gab es zwischen 2014 und 2016 keine Berichte zu staatlicher Verfolgung wegen Apostasie oder Blasphemie, der Druck durch die Nachbarschaft oder der Einfluss des IS und der Taliban stellen jedoch Gefahren für Christen dar.

2.2. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen stützen sich auf die zitierten Quellen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf verschiedenen voneinander unabhängigen Quellen zu den Themen Religion, Konversion und Abfall vom Glauben beruhen und - ungeachtet ihrer unterschiedlichen Aktualität - ein übereinstimmendes Gesamtbild liefern, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Die Quellen konnten daher allesamt dem Verfahren zugrunde gelegt werden (vgl. die Feststellungen unter II.1.2.).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zulässigkeit, Rechtzeitigkeit und Umfang der Beschwerde:

Die vorliegende Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig. Sie wendet sich gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides.

3.2. Zum Antrag auf internationalen Schutz (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) lautet:

"Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

[...]"

3.2.2. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Der Flüchtlingsbegriff umfasst demnach die folgenden im Verfahren zu prüfenden Elemente: wohlbegründete Furcht, Verfolgung, Vorliegen eines Konventionsgrundes, Aufenthalt außerhalb des Heimatlandes, Fehlen der Möglichkeit oder der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme von Schutz im Heimatland (vgl. zB Putzer, Asylrecht² [2011] 28ff).

Einem Fremden ist der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne der GFK droht (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005). Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 kann eine Verfolgung auch auf Nachfluchtgründe gestützt werden. Eine Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hat hingegen zu erfolgen, wenn eine drohende Verfolgung nicht glaubhaft ist, eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist (§ 3 Abs. 3 Z 1 iVm § 11 AsylG 2005) oder ein Asylausschlussgrund vorliegt (§ 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 6 AsylG 2005).

3.2.3. Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung.

Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771).

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich zur Verfolgung (VwGH 31.07.2018, Ra 2018/20/0182):

"Unter ‚Verfolgung' im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (Hinweis E vom 24. März 2011, 2008/23/1443, mwN). § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt ‚Verfolgung' als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter."

Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen.

Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. zB VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

3.2.4. Befürchtete Verfolgung im Beschwerdefall:

Die vorliegende Beschwerde ist, soweit der Beschwerdeführer eine drohende Verfolgung aufgrund seiner Konversion zum Christentum geltend macht, begründet:

Zur asylrechtlichen Relevanz einer Konversion hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453):

"In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist nicht entscheidend, ob der Religionswechsel bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist (Hinweis E vom 23. Juni 2015, Ra 2014/01/0210, mwN). Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (Hinweis E vom 23. Juni 2015, Ra 2014/01/0117, mwN). Die bloße Behauptung eines ‚Interesses am Christentum' reicht zur Geltendmachung einer asylrechtlich relevanten Konversion zum Christentum nicht aus."

Das kürzlich ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) im Fall AA/Schweiz betrifft die Abschiebung eines Konvertiten nach Afghanistan. Die wesentlichen Aussagen des Urteils lauten (vgl. EGMR AA/Schweiz, 05.11.2019, 32.218/17): Die Abschiebung eines Asylwerbers aus der Schweiz nach Afghanistan, der vom Islam zum Christentum konvertiert ist (was die Schweizer Behörden als glaubwürdig ansahen), würde Art. 3 EMRK verletzen; nach vorliegenden Länderberichten sind Konvertiten in Afghanistan der Verfolgung ausgesetzt. Der Umstand, dass der Betroffene seine Konversion bisher nicht über einen engen Kreis von Vertrauten hinaus bekannt gemacht hat, ändert daran nichts. Es ist nämlich auch darauf abzustellen, wie er seine Religion nach einer Rückkehr in Afghanistan ausüben könnte. Sie nur geheim und im Verborgenen in engstem Kreis auszuüben, würde ihn zu einer völligen Änderung seines Sozialverhaltens zwingen.

Vor diesem Hintergrund war zu erwägen: Der im Beschwerdefall festgestellte Sachverhalt lässt erkennen, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus Gründen der Religion verfolgt zu werden, begründet ist.

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren glaubwürdig dargetan, dass er sich als Christ fühlt und diesen Glauben weiter ausüben wird. Er wurde vor mehr als zwei Jahren zwar ohne Vorkenntnisse getauft, er besucht jedoch seither regelmäßig den Gottesdienst und die Bibelstunde, verrichtet Hilfsdienste in der Kirche und verfügt über ein christliches Grundwissen. Seine Familie und seine Kirchengemeinde weiß über seine Konversion Bescheid. Nach den Ergebnissen des Verfahrens geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer seine neue Religion verinnerlicht und in seinen Alltag integriert hat (vgl. dazu in der Beweiswürdigung unter II.2.1.4.). Diese Haltung steht in völligem Gegensatz zu der in Afghanistan herrschenden gesellschaftlichen Einstellung.

Die vom Beschwerdeführer im Verfahren geäußerte Rückkehrbefürchtung, aus Gründen der Religion in seinem Heimatstaat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein, ist glaubhaft. Unter Bedachtnahme auf die herangezogenen Länderberichte muss davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines im Verfahren glaubwürdig dargelegten inneren Entschlusses, weiterhin nach dem christlichen Glauben zu leben, bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohen würde. Dass der Beschwerdeführer seine Konversion über den Kreis seiner Familie und seiner Kirchengemeinde bisher nicht bekannt gemacht hat, ändert an dieser Einschätzung im Sinne der zitierten EGMR-Judikatur nichts, zumal er seine Sorge, warum er zB anderen afghanischen Staatsbürgern in seiner Unterkunft von seiner Konversion nichts erzählt hat, nachvollziehbar geschildert hat.

Hierbei ist im Einklang mit der zitierten EGMR-Judikatur maßgeblich darauf Bedacht zu nehmen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Heimatland gezwungen wäre, seinen Glauben zu unterdrücken bzw. zu verleugnen, um sich nicht zu exponieren. Den Länderberichten ist zusammengefasst zu entnehmen, dass Christen in Afghanistan ihren Glauben unbedingt geheim halten müssen. Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen ist offen feindlich. Im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen zB in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen und von Nachbarn oder Fremden angegriffen werden. Es kann sein, dass sie ihre Arbeit verlieren und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Auch wenn die gesamte Familie den christlichen Glauben annimmt, muss dies absolut geheim gehalten werden. Es wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion übertreten, um ihre persönliche Sicherheit fürchten müssen. Eine solche Unterdrückung bzw. Geheimhaltung seines Glaubens, um seine persönliche Sicherheit in Afghanistan zu gewährleisten, würde den Beschwerdeführer zu einer völligen Änderung seines Sozialverhaltens zwingen und kann ihm nicht zugemutet werden.

Im Beschwerdefall muss angenommen werden, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor einer Verfolgung aufgrund seiner Religion nicht gewillt ist, in sein Heimatland zurückzukehren, von dem er - wie der Berichtslage zu entnehmen ist - keinen effektiven Schutz erwarten kann. Dem Beschwerdeführer ist es angesichts dessen nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes in Bezug auf seine Abkehr vom Islam und nachhaltige Hinwendung zum Christentum zu bedienen.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht für den Beschwerdeführer nicht, da nicht angenommen werden kann, dass er in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung aufgrund seiner neuen Religion sicher wäre. Vielmehr muss aufgrund der Berichtslage, welche die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen in Afghanistan als offen feindlich beschreibt, davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer die aufgezeigten Bedrohungen in allen Landesteilen drohen.

Im Beschwerdefall ist es somit insgesamt glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan Verfolgung im Sinne der GFK droht (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005). Im Verfahren hat sich gezeigt, dass sich der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Religion verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK). Diese Verfolgung beruht auf Gründen, die eingetreten sind, nachdem der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat verlassen hat (§ 3 Abs. 2 AsylG 2005). Seine Hinwendung zum Christentum erfolgte in Österreich.

Ein Abweisungsgrund gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 liegt im konkreten Fall nicht vor, da dem Beschwerdeführer - wie angeführt - keine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht und dieser keinen Asylausschlussgrund gesetzt hat.

Bei diesem Ergebnis musste auf die vom Beschwerdeführer im Verfahren weiters geltend gemachten Fluchtgründe nicht mehr eingegangen werden.

3.2.5. Ergebnis:

Der Beschwerde war daher stattzugeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Diese Entscheidung war gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig.

Es liegt weder einer der vorgenannten Fälle, noch liegen sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die gegenständliche Entscheidung stellt auf den konkreten Einzelfall ab und folgt der unter II.3. zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung, gesamtes Staatsgebiet,
Konversion, Nachfluchtgründe, Religion, Schutzunfähigkeit,
Schutzunwilligkeit, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W194.2143501.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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