TE Bvwg Beschluss 2020/1/15 W213 2181163-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2020
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Entscheidungsdatum

15.01.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W213 2181163-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die, durch mündlich verkündeten

Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zahl:

XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes von XXXX (alias XXXX alias XXXX alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX ), StA.

Afghanistan, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch "BF"), ein afghanischer Staatsbürger, reiste illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 02.06.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Im Rahmen der am selben erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, dass in seiner Heimat Krieg herrsche und seine Heimatstadt, die Hochburg der Taliban sei. Diese hätten auch seine Verwandten ermordet und hätten auch den BF töten wollen. Er habe jedoch rechtzeitig fliehen können. Ansonsten habe er von den Taliban den Auftrag erhalten, sich als Selbstmordattentäter selbst zu töten. Dies habe er verweigert. Seine Mutter sei von den Taliban geschlagen worden, bis sie schließlich an einem Herzinfarkt gestorben sei.

I.3. Am 22.07.2016 wurde der BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge "belangte Behörde", auch "bB") insbesondere zur Frage der Zuständigkeit des Staates Ungarn für sein Asylverfahren einvernommen.

I.4. Am 26.08.2016 wurde ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zum Gesundheitszustand des BF erstattet. In diesem wurde ausgeführt, dass der BF an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion einer leichtgradigen, vermutlich angeborenen Intelligenzminderung leide. Der BF sei jedoch zeitlich, örtlich und situativ derart orientiert, dass er in der Lage sei, schlüssige und widerspruchsfreie Angaben zu tätigen. Von einer dauerhaften Behandlungsbedürftigkeit des Krankheitsbildes sei nicht auszugehen.

I.5. Bei seiner zweiten Einvernahme vor der belangten Behörde am 02.09.2016 wurde dem BF das neurologisch-psychiatrische Gutachten zur Kenntnis gebracht. Beantragt wurde der Selbsteintritt Österreich in das Asylverfahren des BF.

I.6. Die belangte Behörde wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 02.06.2016 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 mit Bescheid vom 03.10.2016 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Ungarn gemäß Art. 13 Abs. 1 (Anmerkung: richtigerweise Art. 18 Abs. 1 lit. b) der Dublin III-VO für die Prüfung des Antrags des BF zuständig ist (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung des BF wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Ungarn zulässig ist (Spruchpunkt II.).

I.7. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom 17.10.2016 monierte der BF die Verletzung von Verfahrensvorschriften, Feststellungsmängel insbesondere betreffend die dem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen, eine mangelhafte Beweiswürdigung sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung.

I.8. Mit Erkenntnis vom 02.02.2017 sprach das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge "BVwG") aus, dass das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz des BF zugelassen wird und behob den bekämpften Bescheid der belangten Behörde, weil, obwohl die Zuständigkeit Ungarns zur Führung des Asylverfahrens des BF unzweifelhaft vorlag, die Überstellung des BF nicht innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO festgelegten Frist von sechs Monaten erfolgte.

I.9. Bei einer weiteren Einvernahme vor der bB am 15.11.2017 gab der BF, befragt zu den Gründen für seine Asylantragstellung, im Wesentlichen an, dass eines Nachts die Taliban zu seinem Haus gekommen seien. Sie hätten die Frauen und Männer getrennt und auch die Jungen von diesen separiert. Die Bewohner des gesamten Dorfes seien so getrennt worden. Die Taliban hätten dann die Waffen auf die Frauen gerichtet und gedroht diese zu töten, wenn sie sich nicht den Taliban anschließen würden. Im Anschluss hätten die Taliban den Jungen die Augen verbunden und diese in ein Auto gebracht. Sie seien zu einem Gebäude ähnlich einer Moschee gebracht worden. Auch andere junge Männer seien dort gewesen. Nach jedem Gebet seien sie von den Taliban über Religion, insbesondere auch über das Paradies, unterrichtet worden. Auch seien sie von den Taliban grundlos geschlagen worden. Die Taliban hätten auch manchmal gefeiert und gesagt, dass die Jungen ins Paradies kommen würden. Der BF sei vom Kommandanten der Taliban auch gelobt worden, weil er Englisch spreche und sie hätten ihm gesagt, dass er irgendwann ein großer, mächtiger Taliban werde. Zweimal wöchentlich seien die jungen Männer im Umgang mit Waffen unterwiesen worden. Nachts hätten die Taliban immer wieder Tee gekocht, den die Jungen hätten trinken müssen. Am nächsten Tag seien sie aufgewacht und hätten bemerkt, dass sie keine Hosen mehr getragen hätten und einer der Taliban neben ihnen gelegen sei. Eines Nachts sei das Militär gekommen und der BF sei von einem Soldaten festgenommen worden. Er sei zu einer Polizeistation gebracht worden, weil die Soldaten in ihm ein Mitglied der Taliban gesehen hätten. Drei Nächte habe er auf der Polizeistation verbringen müssen und sei dabei auch geschlagen worden. Ein Soldat habe ihn dann abgeholt und gesagt, dass der BF seine Mutter begraben müsse, weil diese von den Taliban ermordet worden sei. Während des Begräbnisses hätten wiederum Kämpfe zwischen dem Militär und den Taliban stattgefunden und alle seien weggelaufen, so auch der BF. Er sei zu einem Freund seines Vaters gegangen. Dieser habe ihn nach Kandahar gebracht und ihm Geld gegeben und der BF sei aus Afghanistan ausgereist.

I.10. In der Folge wies die bB den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) mit Bescheid vom 17.11.2017 ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 i.V.m. § 9 BFA-VG, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III. bis VI.).

Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, dass der BF eine asylrelevante Verfolgung bezogen auf seinen Heimatstaat Afghanistan nicht glaubhaft machen konnte. Da der BF jung, gesund und arbeitsfähig sei, sei ihm eine Rückkehr nach Kabul auch zumutbar.

I.11. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde an das BVwG.

I.12. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 15.05.2018 (rechtskräftig am 15.05.2018), XXXX , wurde der BF nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG, §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall, 27 Abs. 3 dritter Fall SMG und nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und § 19 JGG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, wobei ein Teil der Strafe in der Dauer von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

I.13. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 19.06.2018 (rechtskräftig am 14.11.2018), GZ XXXX , wurde der BF nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB und §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB und §§ 31, 40 StGB zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43 Abs. 1 StGB der Vollzug der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

I.14. Mit Bescheid vom 29.11.2018 sprach die belangte Behörde aus, dass der BF gemäß § 13 Abs. 2 Z. 1 AsylG 2005 das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 15.05.2018 verloren hat.

I.15. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 10.01.2019 (rechtskräftig am 10.01.2019), GZ XXXX , wurde der BF nach §27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG und nach §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall und 27 Abs. 3 dritter Fall SMG unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt und die Probezeit gemäß § 494a Abs. 6 StPO auf fünf Jahre verlängert.

I.16. Mit Beschluss des BVwG vom 17.05.2019 wurde das Asylverfahren des BF gemäß § 24 AsylG 2005 eingestellt, weil der aktuelle Aufenthaltsort des BF weder bekannt gegeben wurde, noch durch das erkennende Gericht leicht feststellbar war, der BF sich dem Verfahren sohin entzogen hatte und für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes die persönliche Mitwirkung des BF erforderlich gewesen wäre.

I.17. Am 17.06.2019 stellte die bB den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens und führte aus, dass sich der BF derzeit in Schubhaft befinde.

I.18. Mit Beschluss des BVwG vom 25.06.2019 wurde das Asylverfahren des BF fortgesetzt.

I.19. Mit Erkenntnis des BVwG vom 21.10.2019, W270 2181163-1, zugestellt am 24.10.2019, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der bB vom 17.11.2017 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt II.). Gegen diese Entscheidung wurde Rechtsmittel an den VwGH erhoben.

Der Entscheidung wurden folgende Feststellungen zu Grunde gelegt:

"[...] Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1. Identität, Herkunft und Sprachkenntnisse:

1.1.1. Der Beschwerdeführer trägt den Namen " XXXX " und ist Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan. Er wurde am XXXX in der Provinz Helmand, im Distrikt XXXX im Stadtteil XXXX geboren und ist dort auch aufgewachsen.

1.1.2. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu. Neben dieser hat er noch Kenntnisse der Sprachen Deutsch, Englisch und Farsi.

1.2. Volksgruppe und Religion:

Der Beschwerdeführer gehört der afghanischen Volksgruppe der Paschtunen an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.

1.3. Familiäre Situation und wirtschaftliche Lage:

1.3.1. Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben.

1.3.2. Eine Schwester sowie entfernte Verwandte der Mutter des Beschwerdeführers leben noch in Afghanistan, in Lashkargah. Der Beschwerdeführer hat jedoch keinen Kontakt zu diesen.

1.3.3. Auch zu dem Freund seines Vaters, welcher die Ausreise des Beschwerdeführers aus Afghanistan organisierte und finanzierte, hat der Beschwerdeführer seit seiner Ausreise keinen Kontakt mehr.

1.4. Ausbildung und Berufserfahrung:

1.4.1. Der Beschwerdeführer verfügt über eine mindestens siebenjährige schulische Bildung in Afghanistan.

1.4.2. Der Beschwerdeführer verfügt über Berufserfahrung in der Landwirtschaft.

1.5. Gesundheitszustand:

1.5.1. Der Beschwerdeführer leidet an Schlafstörungen und Stress, gegen welche er von ihm nicht näher bezeichnete Tabletten einnimmt.

1.5.2. Ansonsten ist der Beschwerdeführer gesund und leidet weder an schweren physischen noch psychischen Erkrankungen oder Gebrechen.

1.6. Ausreise aus Afghanistan bzw. dem Iran und Antragstellung in Österreich:

Der Beschwerdeführer reiste ungefähr im Jänner 2016 aus Afghanistan aus und stellte schließlich am 02.06.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Zum individuellen Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.1. Der Beschwerdeführer wurde weder von den Taliban noch von sonstigen Personen bedroht oder sonstige Handlungen oder Maßnahmen gegen diesen gesetzt wurden. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Taliban zu Rekrutierungszwecken entführt wurde und drei Jahre in einem Ausbildungslager der Taliban verbrachte.

2.2. Nicht festzustellen ist, dass der Beschwerdeführer von der afghanischen Regierung bzw. deren Sicherheitskräften für ein Mitglied der Taliban gehalten worden ist und deswegen drei Tage in Haft verbrachte.

2.3. Der Beschwerdeführer hatte in seinem Herkunftsstaat weder Probleme mit den Behörden noch wurde er wegen seiner Nationalität, seinem Geschlecht, seiner sexuellen Orientierung oder seinem Bekenntnis zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Paschtunen oder wegen einer Zugehörigkeit zu einer anderen gesellschaftlichen Gruppe bedroht oder wurde sonst eine Handlung oder Maßnahme aus diesen Gründen gegen ihn gesetzt.

3. Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

3.1. Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Wien - Hernalser Gürtel.

3.2. In Österreich leben weder Verwandte noch sonstige nahe Angehörige des Beschwerdeführers. Er selbst ist ledig.

3.3. Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2016 die Musikmittelschule Eibiswald besucht. Der Beschwerdeführer ist in der Lage auf dem Deutschsprachniveau A2 nach dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen zu kommunizieren.

3.4. Der Beschwerdeführer ist weder Mitglied eines Vereins noch betätigt er sich in einem solchen.

3.5. In seiner Freizeit spielte der Beschwerdeführer Fußball.

3.6. Seine österreichischen Kontaktpersonen sind "Sebastian" und "Jasmin".

3.7. Sein soziales Umfeld beschreibt den Beschwerdeführer als bemüht und freundlich.

3.8. Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder erwerbstätig noch selbsterhaltungsfähig.

3.9. Folgende strafgerichtliche Verurteilungen gegen den Beschwerdeführer liegen vor:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 15.05.2018 (rechtskräftig am 15.05.2018), GZ 6 Hv 43/18z wurde der Beschwerdeführer nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG, §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall, 27 Abs. 3 dritter Fall SMG und nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und § 19 JGG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, wobei ein Teil der Strafe in der Dauer von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 19.06.2018 (rechtskräftig am 14.11.2018), GZ 19 Hv 33/18z wurde der Beschwerdeführer nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB und §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB und §§ 31, 40 StGB zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43 Abs. 1 StGB der Vollzug der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 10.01.2019 (rechtskräftig am 10.01.2019 GZ 191 Hv 43/18k wurde der Beschwerdeführer nach §27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG und nach §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall und 27 Abs. 3 dritter Fall SMG unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt und die Probezeit gemäß § 494a Abs. 6 StPO auf fünf Jahre verlängert.

4. Zur persönliche Situation des Beschwerdeführers bei Rückkehr nach

Afghanistan:

Für den Beschwerdeführer besteht die Möglichkeit, staatliche

Rückkehrhilfe zu beziehen:

Von 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2019 implementiert die Internationale Organisation für Migration (IOM), Landesbüro für Österreich, das Projekt "RESTART II - Reintegrations-unterstützung für Freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und Iran". Das Projekt wird durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Europäischen Union und das Österreichische Bundesministerium für Inneres kofinanziert.

Im Rahmen des Projekts können Drittstaatsangehörige bei ihrer freiwilligen Rückkehr in die Islamische Republiken Afghanistan und Iran sowie bei ihrer nachhaltigen Reintegration im jeweiligen Herkunftsland unterstützt werden.

Das Projekt sieht die Teilnahme von 490 Personen vor. Pro Haushalt kann nur eine Person teilnehmen.

Die Maßnahmen, die die Rückkehrer/innen bei ihren Reintegrationsbemühungen unterstützen, werden gemeinsam mit den Teilnehmer/innen erarbeitet und sind auf deren individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt.

IOM setzt im Rahmen des Projekts folgende Maßnahmen um:

Rückkehrunterstützung

* Informationsgespräche vor der Abreise in Österreich;

* Möglichkeit der Erhebung der familiären Situation im Rückkehrland im Falle der Rückkehr von unbegleiteten Minderjährigen;

* Logistische Organisation der Reise (inklusive Kauf des Flugtickets);

* Unterstützung bei der Abreise am Flughafen Wien Schwechat;

* Empfang und Unterstützung bei der Ankunft sowie Organisation der Weiterreise zum endgültigen Zielort in Afghanistan und der Islamischen Republik Iran;

* Temporäre Unterkunft nach der Ankunft im Rückkehrland.

Reintegrationsunterstützung

* Beratung der Projektteilnehmer/innen nach der Rückkehr bezüglich ihrer Möglichkeiten unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten, ihres Ausbildungs- und beruflichen Hintergrunds und ihrer persönlichen Lebenssituation;

* Finanzielle Unterstützung in Form von Bargeld: EUR 500,- für jede/n Projektteilnehmer/in, um die dringendsten Bedürfnisse direkt nach der freiwilligen Rückkehr in das Herkunftsland abzudecken;

* Unterstützung in Form von Sachleistungen wie

* Unterstützung bei Gründung von oder Beteiligung an einem Unternehmen (z.B. Kauf von Ausstattung, Waren);

* Aus- und Weiterbildung;

* Unterkunft;

* Unterstützung für Kinder;

* Medizinische Unterstützung

Leitfaden zur Unternehmensgründung und Weitervermittlung zu kostenlosen Business Trainings. [...]."

I.20. Mit 10.11.2019 wurde der BF aus der Grundversorgung des Landes Steiermark abgemeldet.

I.21. Am 17.11.2019 wurde der BF in der Ambulanz Vordernberg, Anhaltezentrum, aufgenommen. Als Diagnosen sind dem Stammdatenblatt Polytoxikomanie (THC, COC, Alkohol, Opiate) und Panikattacken F.41 zu entnehmen.

I.22. Am 28.11.2019 stellte der BF den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (in der Folge "Folgeantrag").

I.23. Bei seiner Einvernahme durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 29.11.2019 erklärte der BF als Gründe für seine neuerliche Asylantragstellung im Wesentlichen, dass die von ihm während seines ersten Asylantrages zur Verfügung gestellten Informationen alle falsch seien. Er sei kein afghanischer Staatsbürger, er sei Pakistaner. Er möchte nur die Wahrheit sagen. Seine Eltern würden noch leben. Er habe zwei Schwestern und zwei Brüder, die alle in Pakistan leben würden. Dies belege eine pakistanische ID-Karte. Er habe drei Onkel mütterlicherseits; zwei würden in Schweden leben und der Andere in England. Sie hätten seine Eltern überredet, dass er nach Europa zu seinen Onkeln in Schweden komme. Sein Zielland sei Schweden gewesen. Auf dem Weg nach Schweden sei er in Deutschland festgenommen und nach Österreich gebracht worden. Einer seiner Onkel habe ihm empfohlen, dass er sagen solle, dass er pakistanischer Staatsbürger sei. Er solle auch nicht sagen, dass er eine Schulbildung habe. Er solle so tun, als ob er nicht so intelligent sei und sie würden ihm die Dokumente, die er brauche, beschaffen.

Sein wahrer Fluchtgrund sei, dass sein Vater aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr richtig arbeiten könne. Seine Onkel hätten gewollt, dass er nach Europa komme, weil er in seinem Heimatland in einer Militärschule gewesen sei und sein Vater die Gebühren nicht mehr habe bezahlen können. Seine Mutter habe gewollt, dass er weiter zur Schule gehe und deshalb sei er nach Europa gekommen. Seine Familie habe sehr viel Geld ausgeborgt, dass er nach Europa kommen könne. Sein Vater sei dagegen gewesen, seine Mutter und sein Onkel hätten das alles organisiert.

Er habe immer noch Kontakt zu seiner Familie. Er habe letztens erst mit seiner Familie telefoniert und ihnen gesagt, dass er die Wahrheit sagen werde. Sein Vater habe ihn dabei unterstützt. Er könne alle seine echten Dokumente nach Österreich schicken lassen. Sein Vater möchte, dass er einen Aufenthaltstitel bekomme, dass er sich in Österreich weiterbilden könne.

Weiters führte der BF aus, dass er einen jüdischen Freund aus Amerika habe, der ihn auch immer finanziell unterstützt habe. Er habe von ihm jüdischen Schmuck bekommen. Seine Familie und seine Leute im Heimatland hätten dies gesehen (auf Facebook ect.) und jetzt habe er Angst, dass sie ihm etwas antun würden.

Die Leute aus seinem Ort in Pakistan seien streng religiös und sie hätten mitbekommen, was für einen ausschweifenden Lebensstil (Alkohol, Drogen, Frauen etc.) er in Österreich gehabt habe. Er habe Angst, dass diese Leute ihn entführen, ihn verletzen oder ihn im schlimmsten Fall sogar umbringen würden.

Er habe diese Umstände von Anfang an gewusst. Seine Onkel hätten ihm verboten, die Wahrheit zu sagen.

Sein echter Name in Pakistan sei XXXX . Er sei am XXXX in Pakistan geboren (AS 23).

I.24. Bei der Einvernahme durch die bB am 09.12.2019 gab der BF dann an, dass er XXXX heiße und am XXXX geboren sei. Er sei pakistanischer Staatsbürger (AS 43).

Zu seinem Gesundheitszustand führte er aus, dass er an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leide und körperlich und geistig in der Lage sei, an der Einvernahme mitzuwirken (AS 44).

Seine Angaben bei der Einvernahme am 29.11.2019 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu den Gründen, die einer Rückkehr nach Pakistan entgegenstehen, wiederholte er ihm Wesentlichen (AS 45 ff).

I.25. Am 09.12.2020 wurde dem BF eine Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG 2005 übergeben und ihm mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die bB davon ausgehe, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege, und weiters beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.

I.26. Mit einer weiteren Verfahrensanordnung vom 09.12.2019 wurde ein Rückkehrberatungsgespräch gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG angeordnet.

I.27. Am 08.01.2020 wurde der BF erneut von der bB einvernommen. Ergänzend führte er, befragt, ob er Angaben zu seiner letzten Einvernahme korrigieren möchte, aus, dass er etwas krank sei. Es gehe ihm psychisch schlecht, wenn er daran denke, dass er zurückmüsse. Er schwitze, bekomme Herzschmerzen und ihm sei schlecht. Er sei in ärztlicher Behandlung und er nehme auch Medikamente ein. Die Namen kenne er nicht, aber denke, dass es Psychopharmaka seien. Er leide an diesen Beschwerden, seit er das letzte Mal in Wien in einem Schubhaftzentrum gewesen sei (AS 143 f).

I.28. Nach Ende der Einvernahme wurde mündlich der verfahrensgegenständliche Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 verkündet und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Begründend führte die bB im Wesentlichen aus, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens nicht entscheidungswesentlich geändert habe. Der neue Antrag auf internationalen Schutz des BF werde daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände könne nicht festgestellt werden, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

In Hinblick auf das Privat- und Familienleben wurde festgestellt, dass der BF in Österreich keine Verwandten oder sonstige Angehörigen habe. Es hätten sich keine wesentlichen Sachverhaltsänderungen ergeben, seit die Abschiebung des BF mit Erkenntnis vom 21.10.2019 für zulässig erklärt worden sei (AS 162).

I.29. Die bB hat den Verwaltungsakt von Amts wegen am 10.01.2020 dem BVwG zur Überprüfung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Paschtu.

Der BF wurde in der Provinz Helmand, im Distrikt XXXX im Stadtteil XXXX geboren und ist dort aufgewachsen.

Der BF leidet an Polytoxikomanie (THC, COC, Alkohol, Opiate) und Panikattacken F.41. Er nimmt Medikamente ein. Der BF leidet weder an schweren physischen noch psychischen Erkrankungen oder Gebrechen.

Der BF stellte am 02.06.2016 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid der bB vom 17.11.2017 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen wurde. Mit dieser Entscheidung wurde auch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2019, W270 2181163-1, zugestellt am 24.10.2019, rechtskräftig abgewiesen.

Am 28.11.2019 stellte der BF neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag). Diesen begründete er damit, seine Nationalität im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren nicht der Wahrheit entsprechend angegeben zu haben. Er sei pakistanischer und nicht afghanischer Staatsangehöriger.

Der BF ist volljährig, ledig und hat keine Kinder. Der BF pflegt in Österreich kein hinreichend schützenswertes Privat- und Familienleben. Der BF reiste nicht legal in das Bundesgebiet und hatte kein Aufenthaltsrecht in Österreich, welches nicht auf das Asylverfahren gegründet war. Der BF wurde dreimal in Österreich strafrechtlich verurteilt (siehe 0, 0 und 0). Es bestehen keine Hinweise darauf, dass beim BF physische bzw. psychische Erkrankungen vorliegen, die ein solches Ausmaß erreichen, dass sie einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan, insbesondere in die Stadt Mazar-e Sharif, liefe er (weiterhin) nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Im Bescheid der bB werden die Länderinformationen der Staatendokumentation (Stand vom 13.11.2019) festgestellt. Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

Eine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes oder im Herkunftsstaat des BF ist seit der rechtskräftigen Entscheidung des BVwG vom 21.10.2019, W270 2181163-1, nicht eingetreten.

II.2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum) des BF beruhen auf seinen Angaben im bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des BF getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im Asylverfahren, da seine Identität nicht abschließend geklärt werden konnte. Insoweit der BF im Folgeantragsverfahren erklärte, XXXX bzw. XXXX zu heißen und am XXXX geboren zu sein, wird auf die untenstehenden Ausführungen zur Unglaubhaftigkeit seiner Angaben im Folgeantragsverfahren verwiesen. Die erwähnten Namen und das Geburtsdatum werden der Vollständigkeit halber im Verfahren als Aliasidentitäten geführt.

Die Feststellungen zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Geburts- und Aufenthaltsort, seinem Familienstand und seinem Aufenthalt in Österreich beruhen auf seinen Angaben im Laufe des bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens. Auch im gegenständlichen Verfahren hat er diese Angaben bestätigt bzw. keine gegenteiligen Aussagen getätigt. Dass der BF in Österreich dreimal strafrechtlich verurteilt wurde, wurde durch Einsicht in das Strafregister verifiziert.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus seinen Angaben vor der bB in Zusammenschau mit den in den Verfahren vorgelegten Unterlagen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass dem neurologisch-psychiatrischem Gutachten vom 26.08.2016 entnommen werden kann, dass der BF im Jahr 2016 an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion einer leichtgradigen, vermutlich angeborenen Intelligenzminderung gelitten hat. Dem aktuellen Stammdatenblatt der Ambulanz Vordernberg, Anhaltezentrum, vom 17.11.2019 ist nunmehr zu entnehmen, dass der BF aktuell an Polytoxikomanie (THC, COC, Alkohol, Opiate) und Panikattacken F.41 leidet. Er nimmt Medikamente ein (AS 77 ff). Entsprechendes war daher festzustellen.

Zu seinem Gesundheitszustand befragt, verneinte der BF bei seiner Einvernahme vor der bB am 09.12.2019, an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten zu leiden (Einvernahmeprotokoll vom 09.12.2019, Seite 2). Sonstige Ausführungen zu seinem Gesundheitszustand tätigte er zu diesem Zeitpunkt nicht. Mit keinem Wort erwähnte seinen Aufenthalt im Anhaltezentrum Vordernberg am 17.11.2019. Bei der wenige Wochen später erfolgten erneuten Befragung des BF durch die bB am 08.01.2020 gab der BF dann an, etwas krank zu sein. Es gehe ihm psychisch schlecht, wenn er daran denke, dass er zurückmüsse. Er schwitze, bekomme Herzschmerzen und ihm sei schlecht. Er sei in ärztlicher Behandlung und er nehme auch Medikamente ein. Die Namen kenne er nicht, aber denke, dass es Psychopharmaka seien. Er leide an diesen Beschwerden, seit er das letzte Mal in Wien in einem Schubhaftzentrum gewesen sei (Einvernahmeprotokoll vom 08.01.2020). In Gesamtschau der in Vorlage gebrachten Unterlagen zum Gesundheitszustand des BF (vgl. insbesondere AS 77 und AS 79 ff) und seiner Angaben im Vorverfahren und im gegenständlichen Folgeantragsverfahren konnte zweifelsfrei festgestellt werden, dass der BF weder an schweren physischen noch psychischen Erkrankungen oder Gebrechen leidet. Es bestehen daher (weiterhin) keine Hinweise, dass beim BF physische bzw. psychische Erkrankungen vorliegen, die ein solches Maß erreichen, dass sie einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen. Eine entscheidungsrelevante wesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes liegt aufgrund des Gesundheitszustandes des BF daher nicht vor.

Der BF stützte seinen Folgeantrag vom 28.11.2019 im Wesentlichen darauf, dass er nicht afghanischer, sondern pakistanischer Staatsbürger sei. Seine Angaben im rechtskräftig entschiedenen Vorverfahren würden nicht der Wahrheit entsprechen. Diesen Ausführungen des BF kann jedoch kein Glauben geschenkt werden:

Zum Beweis dafür, dass der BF Staatsangehöriger Pakistans ist, legte der BF im Folgeantragsverfahren einen pakistanischen Identitätsausweis im Original vor. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel, dass es sich bei diesem Identitätsausweis tatsächlich um jenen des BF handelt. Das auf dem pakistanischen Identitätsausweis klar erkennbare Lichtbild, weist nämlich keine Ähnlichkeit mit den im Verfahrensakt befindlichen Lichtbildern des BF auf (vgl. insbesondere den Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem, das Fremdenregister und die Lichtbilder auf dem Stammdatenblatt der Ambulanz Vordernberg, Anhaltezentrum [AS 81]). Sowohl die Augenbrauenbögen als auch beispielsweise die Schädelform sind unterschiedlich angelegt und die Lichtbilder daher nicht ident. Dieses Beweismittel ist daher nicht geeignet, eine pakistanische Staatszugehörigkeit des BF zu belegen. Vor diesem Hintergrund Bestehen nicht nur erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des BF im Folgeantragsverfahren, sondern auch hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Person des BF.

Für diese Beurteilung spricht auch, dass der BF, obwohl er bei der bB noch ausführte, dass der pakistanische Identitätsausweis nicht auffindbar sei (Einvernahmeprotokoll vom 08.01.2020, Seite 2), im Rahmen des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens, also "in letzter Minute", plötzlich doch in der Lage war, den Ausweis im Original vorzulegen. Das Verhalten des BF, insbesondere sein Aussageverhalten, unterstützt die Annahme, dass es sich bei dem Identitätsausweis nicht um jenen des BF handelt. Es ist nämlich grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Asylwerber dessen Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen ist und der einen Folgeantrag stellt, versucht, zum ehestmöglichen Zeitpunkt - in Wahrheit bereits vor Erhebung des Folgeantrages -, zur Verfügung stehende Beweismittel zu beschaffen und zeitgerecht vorzulegen, um seine geänderten bzw. neuen Behauptungen im Folgeantragsverfahren belegen zu können.

Darüber hinaus trat auch eine Unstimmigkeit dahingehend auf, wie der BF in den Besitz der Kopie des Identitätsausweises gelangt ist, welche er im Verfahren vor der bB vorgelegt hat (AS 15). Bei seiner Einvernahme vor der bB am 09.12.2019, erklärte der BF nämlich noch, dass er sich eine Telefonkarte von einem Freund habe gegeben lassen und damit seinen Vater kontaktiert habe, der ihm dann die Kopie über Facebook geschickt habe (Einvernahmeprotokoll vom 09.12.2019). Bei der darauffolgenden Einvernahme vor der bB am 08.01.2020, gab er hingegen an, die Kopie von seiner Schwester vor ca. einem Jahr erhalten zu haben. Zwar erklärte der BF auf Vorhalt der Unstimmigkeit, er habe seinen Vater telefonisch kontaktiert, dieser habe dann seine Schwester informiert und diese habe ihm dann die Kopie über den Facebook-Account seines Vaters zukommen lassen, weil sein Vater sich nicht so gut auskenne, damit vermochte der BF jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts die Unstimmigkeit nicht vollständig auszuräumen. (Einvernahmeprotokoll vom 08.01.2020, Seite 2 f).

Der BF behauptete zwar auch, dass die von ihm im Vorverfahren vorgelegte Tazkira eine Fälschung sei. Angesichts dessen, dass die Tazkira im Rahmen des Heimreisezertifikat-Verfahrens auch der Botschaft vorgelegt wurde und diese sie nicht als Fälschung erkannt hat (Einvernahmeprotokoll vom 08.01.2020, Seite 3), kann auch in diesen Zusammenhang nur davon ausgegangen werden, dass die Angaben nicht der Wahrheit entsprechen. Die bB ging daher auch richtigerweise davon aus, dass der Antrag der Rechtsberatung auf Vorführung vor die pakistanische Botschaft, zu Überprüfung seiner pakistanischen Identität ins Leere geht.

Sonstige Beweismittel brachte der BF nicht in Vorlage. Der Verweis auf Dokumente auf Facebook (Schulzeugnisse) vermochte, angesichts der Tatsache, dass der BF ausreichend Gelegenheit hatte, entsprechende Dokumente im Verfahren vorzulegen, und dem Umstand, dass es sich dabei nur um Kopien handelt, deren Echtheit und Richtigkeit nicht überprüft werden können, das erkennende Gericht nicht, von einer auch nur im Ansatz möglichen Beweiskraft dieser Dokumente zu überzeugen. Die bB ist daher im Recht, wenn sie davon ausgeht, dass der Antrag der Rechtsberatung auf Einsicht in den Facebook-Account ins Leere geht.

Insgesamt betrachtet konnte der BF nicht glaubhaft machen, pakistanischer Staatsangehöriger zu sein und war daher - basierend auf den Angaben des BF im Vorverfahren - auch im Folgeantragsverfahren die afghanische Staatsangehörigkeit des BF festzustellen.

Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang noch festzuhalten, dass aufgrund des unglaubhaften Vorbringens des BF zu seiner Staatsangehörigkeit auch den weiteren Angaben des BF im Folgeantragsverfahren, insbesondere zu lebenden Familienangehörigen in Pakistan, einem pakistanischen Namen, seinem Geburtsdatum, seinem Aufenthaltsort, seinen Fluchtgründen aus Pakistan, jenen Gründen, die einer Rückkehr nach Pakistan entgegen stehen würden usw., kein Glauben geschenkt werden kann.

Zusammengefasst ist daher in Hinblick auf die persönlichen Umstände des BF (Nationalität und Gesundheitszustand), keine entscheidungsrelevante wesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten.

Ausgehend von der feststehenden afghanischen Staatsangehörigkeit des BF, ist im gegenständlichen Verfahren eine Rückkehr des BF nach Afghanistan zu prüfen. Die Frage, ob der BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan Probleme befürchte, beantwortete er damit, dass er kein Afghane sei und nicht wisse, zu wem er gehen solle. In Afghanistan würde man Pakistani abschlachten, weil es zwischen diesen Ländern politisch Probleme geben würde (Einvernahmeprotokoll vom 08.01.2020, Seite 17). Nachdem die afghanische Staatsangehörigkeit des BF festzustellen war, geht dieses Vorbringen des BF ins Leere und kann dieses nicht der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt werden.

Der BF hat daher keine neuen Fluchtgründe für den Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan im Folgeantragsverfahren vorgebracht.

Die der Entscheidung des BVwG vom 21.10.2019, W270 2181163-1, zu Grunde gelegten Länderfeststellungen der Staatendokumentation (siehe Seite 10 - 63 und Seite 75 ff des Erkenntnisses vom 21.10.2019, W270 2181163-1) gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Dem BF wurden Gelegenheit gegeben, in die aktuelleren Länderfeststellungen (Stand 13.11.2019) zu Afghanistan, die dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zu Grunde liegen, Einsicht zu nehmen und eine Stellungnahme abzugeben. Davon machte der BF nicht Gebrauch (Einvernahmeprotokoll vom 09.12.2019, Seite 5).

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Verfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten, wovon sich das BVwG u.a. durch Einsicht in das aktuelle, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrundeliegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan (Stand 13.11.2019), überzeugen konnte. Dass sich seit der Erlassung der rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall somit verneint werden. Die Lage stellt sich diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar.

Im Bescheid der bB wurde festgehalten, dass im Vorverfahren der BF bereits auf eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Stadt Mazar-e-Sharif verwiesen wurde. In diesem Zusammenhang führt eine fehlende familiäre Anknüpfung in Mazar-e Sharif nicht zu einer Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative. Es wird auch hinsichtlich einer innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar e-Sharif auf die aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung des VwGH und VfGH hingewiesen, die eine solche für möglich erachtet (VwGH vom 23.01.2019, Ra 2018/19/0590-5; VwGH vom 23.01.2019 Ra 2018/19/0704-4; VwGH vom 23.01.2019, Ra 2018/19/0578; vgl. auch VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063; 13.09.2016, Ra 2016/01/0096, 25.04.2017, Ra 2017/01/0016, vgl. dazu auch VfGH 12.12.2017, E 2068/2017-7). Die Sicherheit- und Versorgungslage ist hinreichend gewährleistet und ist die Stadt Mazar-e Sharif sicher erreichbar. Seitens des erkennenden Gerichtes kann nicht erkannt werden, dass es hinsichtlich der Situation in Mazar-e Sharif in den letzten Wochen zu einer entscheidungsrelevanten wesentlichen Änderung gekommen ist. Die entsprechenden Feststellungen waren daher zu treffen.

In Gesamtschau ist daher im Folgeantragsverfahren- ausgehend von den der Entscheidung des BVwG zu Grunde liegenden Feststellungen (siehe 0) - eine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes oder im Herkunftsstaat des BF seit der rechtskräftigen Entscheidung des BVwG vom 21.10.2019, W270 2181163-1, nicht eingetreten.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet: Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden. Da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.

II.3.1. Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

3.1.1. Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Dahingehend ist festzuhalten, dass dem BF von der bB Parteiengehör eingeräumt wurde. Er wurde sowohl am 09.12.2019 als auch am 08.01.2020 durch die bB befragt. Zudem wurde ihm am 09.12.2019 die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Mit Verfahrensanordnung vom 09.12.2019 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.

Ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren wurde daher durchgeführt.

3.1.2. Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das BFA, wenn der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt hat und kein Fall des Abs. 1 vorliegt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Folgeantrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 ist den Fällen des Abs. 1 leg.cit. subsidiär, in welchen Fremden dieser Schutz schon ex lege nicht zukommt. Hier liegt schon deswegen kein Fall des Abs. 1 leg.cit. vor, weil der erste Asylantrag des Fremden in der Sache rechtskräftig erledigt wurde.

Zu prüfen bleibt sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen:

Das Vorliegen einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Mit Bescheid der bB vom 17.11.2017 wurde gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG getroffen; die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2019 rechtskräftig abgewiesen. Gegen den Fremden besteht damit eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG 2005.

Eine weitere Voraussetzung für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005, dass "der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist". Aus den erläuternden Bemerkungen zum mit BGBl. I. Nr. 122/2009 eingefügten § 12a AsylG 2005 geht hervor, dass die Z 2 des § 12a eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Folgeantrages verlangt. Es ist also eine Prognose darüber zu treffen, ob der Antrag voraussichtlich (insbesondere wegen entschiedener Sache) zurückzuweisen sein wird.

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid, dessen Abänderung oder Aufhebung begehrt wird, weder am erheblichen Sachverhalt noch an der maßgeblichen Rechtslage etwas geändert hat und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.07.1992, 92/06/0062; 28.10.2003, 2001/11/0224; 27.05.2004, 2003/07/0100). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Behauptet die Partei in einem neuen Antrag (z.B. Asylantrag), dass in den für die Beurteilung ihres Begehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist, so muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz für das Verfahren zukommt und an den die Prognose anknüpfen kann, dass eine andere Beurteilung des Antrages und ein anderes Verfahrensergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen (grundlegend VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch VwGH 22.11.2005, 2005/01/0626; 21.03.2006, 2006/01/0028). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen ist, mit der Glaubwürdigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" auseinander zu setzen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 15.03.2006, 2006/17/0020).

Jedoch berechtigt nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).

Wie bereits oben dargestellt hat der BF das Vorliegen eines neuen asylrelevanten Sachverhaltes nicht glaubhaft gemacht. Auch die für den BF hinsichtlich der Frage der Zuerkennung von Asyl bzw. subsidiären Schutz maßgebliche Ländersituation in Afghanistan und seine persönlichen Lebensumstände, insbesondere sein Gesundheitszustand, sind seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2019 im Wesentlichen gleich geblieben und wurde Gegenteiliges auch nicht substantiiert behauptet. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts.

Eine neue Sachentscheidung ist im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684, mwH).

Der vorliegende Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Als Voraussetzung für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz normiert § 12a Abs. 2 AsylG 2005 in seiner Ziffer 3, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen darf.

Bereits im ersten Verfahren wurde ausgesprochen, dass der BF bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Artikel 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor der bB sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den BF im Sinne des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des BF liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden (vgl. insbesondere die Ausführungen in der Beweiswürdigung zum Gesundheitszustand des BF). Auch seitens des BF wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 und 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.3. Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

II.3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen Grundlage für die zu treffende Entscheidung war.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag, Prognose
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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