Entscheidungsdatum
20.01.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W222 2226444-1/5E
W222 2226448-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. OBREGON als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 46, 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. OBREGON als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 46, 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführer wurden am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren und sind indische Staatsangehörige. Für die beiden minderjährigen Beschwerdeführer stellte deren Mutter, als gesetzliche Vertretung, am 29.08.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Zur Antragstellung gab die gesetzliche Vertretung in der Erstbefragung am 29.08.2019 an, dass beide Beschwerdeführer gesund seien und keine eigenen Verfolgungsgründe und/ oder Rückkehrbefürchtungen hätten.
Am 30.10.2019 erfolgte eine Einvernahme der gesetzlichen Vertretung (Mutter) vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Dabei gab diese an, dass es den Beschwerdeführern trotz Frühgeburt gut gehe und sie gesund seien. Die Beschwerdeführer seien in ihrer Obhut und hätten keine eigenen Fluchtgründe. Die Antragstellung sei in Bezug auf ihr Verfahren erfolgt. Sie lebe nun seit fünf Jahren in Österreich und beabsichtige eine bessere Zukunft für ihre Kinder.
Mit den beiden angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2019 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.).
In den bekämpften Bescheiden wurde unter Zugrundelegung der Geburtsurkunden festgestellt, dass die Beschwerdeführer die minderjährigen Kinder der XXXX (Mutter), geboren am XXXX , und des XXXX (Vater), geboren am XXXX , sind und gemäß § 34 AsylG ein Familienverfahren vorliege. Keinem Familienangehörigen wurde ein Schutzstatus zuerkannt und es seien auch für die Beschwerdeführer keine asylrelevanten Gründe aufgezeigt worden, welche eine anderslautende Entscheidung zuließen. Im Falle einer gemeinsamen Rückkehr der Beschwerdeführer mit den Eltern könne nicht angenommen werden, dass die Beschwerdeführer, welche in einem anpassungsfähigen Alter wären, in eine lebensbedrohliche Notlage gerieten und eine Rückkehr unzumutbar werden sollte. Die Grundversorgung in Indien sei gewährleistet, die Eltern der Beschwerdeführer seien gesund und im erwerbsfähigen Alter und verfügen über Schulbildung und Berufserfahrung. Darüber hinaus bestünde die Möglichkeit Unterstützung durch NGO's vor Ort zu finden. Ferner kamen keine Anhaltspunkte hervor, welche die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz rechtfertigen würden. Durch die belangte Behörde wurde abschließend erwogen, dass eine Rückkehrentscheidung gerechtfertigt sei, weil die Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet über kein - dem öffentlichen Interesse überwiegendes - Privat- und Familienleben verfügen. Sämtliche Familienangehörigen seien im selben Ausmaß von der Entscheidung betroffen.
Gegen die Bescheide, zugestellt am 11.11.2019, richtete sich die gemeinsam für die Beschwerdeführer erhobene und fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 28.11.2019, worin im Wesentlichen moniert wurde, dass die belangte Behörde ein mangelhaftes Ermittlungs- und Beweisverfahren im Hinblick auf die herangezogenen Länderfeststellungen getätigt habe und die Entscheidungen die Prüfung des Kindeswohles vermissen lassen. In Folge dessen habe die belangte Behörde eine unrichtige rechtliche Beurteilung getroffen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Die Beschwerdeführer sind am XXXX in Wien geboren und Staatsangehörige von Indien. Sie sind die minderjährigen, nachgeborenen Kinder von Frau XXXX geboren am XXXX , IFA Zl. XXXX , und Herrn XXXX , geboren am XXXX , IFA Zl. XXXX , denen jeweils mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2014 der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen, und die Rückkehrentscheidung nach Indien als zulässig erklärt wurde. Die erstinstanzlichen Entscheidungen der Eltern der Beschwerdeführer erwuchsen mit der unbegründeten Abweisung der Beschwerden durch das Bundesverwaltungsgericht vom 05.03.2018, GZ. W144 2014171-1 und GZ. W144 2014177-1, in Rechtskraft.
Die Beschwerdeführer gehören als Sohn und Tochter der Familie an und es liegt im gegenständlichen Fall ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.
Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer keiner konkreten, individuellen Verfolgung in Indien ausgesetzt sind. Gründe, die eine Verfolgung oder sonstige Gefährdung der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen, wurden weder glaubhaft geltend gemacht noch traten solche Gründe im Laufe des Verfahrens hervor.
Die Beschwerdeführer werden im Falle der Rückkehr gemeinsam mit den Eltern in der Lage sein, sich ihre Existenz zu sichern und ein Leben aufzubauen. Die Eltern der Beschwerdeführer sind in Indien sozialisiert worden, haben Schulbildung genossen und sind arbeitsfähig, wodurch ihnen die Möglichkeit zukommt, selbst für das Auslangen der Familie zu sorgen. Hinzu kommt die Möglichkeit bei einer Rückkehr Unterstützungsleistungen in Anspruch zu nehmen oder sich vor Ort an NGO's zu wenden.
Bei einer gemeinsamen Rückkehr der gesamten Kernfamilie nach Indien drohen den Beschwerdeführern keine Eingriffe in deren körperliche Unversehrtheit. Sie laufen nicht Gefahr - in Obhut der Eltern - grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.
Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Indien, insbesondere für Frauen und Kinder und der Rückkehrsituation wird Folgendes festgestellt:
Relevante Bevölkerungsgruppen
Die Verfassung verbietet Diskriminierung auf Basis von Rasse, Geschlecht, Invalidität, Sprache, Geburtsort, Kaste oder sozialen Status. Die Regierung arbeitet mit unterschiedlichem Erfolg an der Durchsetzung dieser Bestimmungen (USDOS 20.4.2018). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 12.2018).
Quellen:
-
BICC - Bonn International Centre for Conversion (12.2018):
Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,
http://www.ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2018_indien.pdf, Zugriff 29.1.2019
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018
Frauen
Indien ist ein überwiegend patriarchalisches Land, in dem Frauen eine untergeordnete Rolle spielen. Mädchen und Frauen werden über ihr gesamtes Leben benachteiligt und sind dabei diversen Formen von Gewalt ausgesetzt. Dies beginnt mit der Abtreibung weiblicher Föten, der oft systematischen Vernachlässigung weiblicher Kinder, der geringeren Bildungschancen für Mädchen, die Notwendigkeit von Mitgiftzahlungen (dowry), der untergeordneten Rolle der Ehefrau in der Familie des Mannes und der noch immer vorkommenden Verstoßung von Witwen aus der Familie des Mannes. Trotz vieler Ansätze seitens der Regierung ist nur ein langsamer Kulturwandel zu erkennen (GIZ 3.2018a).
Trotz verfassungsmäßigen Schutzes, einer Vielzahl entsprechender Gesetze und einer breiten öffentlichen Debatte bleibt die soziale Realität von Frauen in Indien von z.T. krasser Diskriminierung bestimmt. Materielle Benachteiligung, Ausbeutung, Unterdrückung und fehlende sexuelle Selbstbestimmung prägen häufig den Alltag von Frauen. Mitgiftmorde, Entrechtung von Witwen, Analphabetentum und Unterernährung bleiben regional unterschiedlich, insgesamt aber stark verbreitet. Die Alphabetisierungsrate liegt nach den letzten verfügbaren Zahlen von 2011 bei etwa 74,1 Prozent (65,5 Prozent der Frauen, 82,1 Prozent der Männer). Frauen können seltener als Männer von der wirtschaftlichen Entwicklung profitieren (AA 18.9.2018).
Dennoch haben Frauen seit der Unabhängigkeit in der indischen Politik und Gesellschaft immer wieder eine entscheidende Rolle gespielt. Es gibt weithin respektierte Unternehmensführerinnen und in zahlreichen NGOs erheben Frauen ihre Stimme. Die Regierung bemüht sich gezielt um besondere Förderung von Frauen sowohl bei der Integration ins Erwerbsleben als auch in Bezug auf ihre sozialen Rechte -angefangen vom Recht auf ein Bankkonto bis zum Ausbau geschlechtsdifferenzierter Toiletten in Schulen (AA 18.9.2018). Mit der Verabschiedung der "Women¿s Reservation Bill 2008", sind 33 Prozent der Parlamentssitze für Frauen reserviert (ÖB 12.2018). Es gibt weithin respektierte Unternehmensführerinnen. In zahlreichen NGOs erheben Frauen ihre Stimme (AA 18.9.2018).
Gewalt und sexuelle Übergriffe gegen Frauen sind in Indien in nahezu allen Landesteilen und quer durch alle gesellschaftlichen Schichten weiterhin ein großes Problem (AA 18.9.2018). Frauen mit niedrigerer Kasten- und Stammeszugehörigkeit sind besonders anfällig Gewalt zu erleiden. Massendemonstrationen nach der tödlichen Gruppenvergewaltigung einer Frau in in Delhi im Jahr 2012 veranlassten die Regierung Gesetzesreformen durchzuführen. Erneute Vergewaltigungsfälle zeigen das Versagen des Strafrechtssystems auf und haben zu weiteren Protesten geführt (FH 27.1.2018; vgl. HRW 17.1.2019).
Fast sechs Jahre nachdem die Regierung die Gesetze geändert und neue Richtlinien eingeführt hat, welche Gerechtigkeit für Überlebende von Vergewaltigung und sexueller Gewalt erwirken sollten, sehen sich Mädchen und Frauen weiterhin mit Schwierigkeiten bei der Anzeige solcher Verbrechen konfrontiert. Schuldzuweisungen an die Opfer sind weit verbreitet, und der Mangel an Zeugen- und Opferschutzgesetzen macht Mädchen und Frauen aus marginalisierten Gemeinschaften noch anfälliger für Belästigungen und Übergriffe (HRW 17.1.2019). Im April 2018 verabschiedete die Regierung eine Verordnung zur Einführung der Todesstrafe für Täter, die wegen Vergewaltigung eines Mädchens unter 12 Jahren verurteilt worden sind. Diese neue Verordnung erhöht auch die Mindeststrafe für Vergewaltigungen von Mädchen und Frauen (HRW 17.1.2019).
Ein Großteil sexueller Gewalt findet innerhalb der Familien statt. Im Oktober 2017 urteilte der Oberste Gerichtshof, dass innerehelicher erzwungener Geschlechtsverkehr mit einem minderjährigen Ehepartner grundsätzlich den Straftatbestand der Vergewaltigung erfüllt. Weiterhin legal bleibt de facto jedoch die Vergewaltigung einer volljährigen Ehefrau (AA 18.9.2018), d.h., wenn die Frau über 15 Jahre alt ist (DZ 11.10.2017).
Häusliche Gewalt bleibt ein ernstes Problem. Im Laufe des Jahres richtete Chhattisgarh als erster Staat in allen 27 Distrikten Krisenzentren für Frauen in Not, sogenannte "Sakhi-Zentren", ein, die mit Bundesmitteln des Ministeriums für Frauen und Kinderentwicklung unterstützt werden. Diese Zentren bieten medizinische, rechtliche, beratende und behördliche Dienstleistungen für Frauen, welche verschiedenen Formen von Gewalt konfrontiert sind, vor allem aber häusliche Gewalt im Zusammenhang mit Mitgiftstreitigkeiten und sexueller Gewalt (USDOS 20.4.2018). Das Gesetz zum Schutz der Frauen gegen häusliche Gewalt (Protection of Women From Domestic Violence Act 2005) sieht Strafsanktionen vor und soll die Ehefrau neben häuslicher Gewalt auch vor dem Verlust ihres in die Familie des Mannes eingebrachten Vermögens und vor dem Verstoß aus dem Familienhaushalt schützen. Das Gesetz wurde aber erst von vier der 28 Unionsstaaten ratifiziert (ÖB 12.2018). Mangelhafte Rechtsdurchsetzung und Rechtsschutz sowie allgegenwärtige Korruption schränkten die Effektivität des Gesetzes ein (USDOS 20.4.2018). Die Polizei geht Anzeigen wegen häuslicher Gewalt mit Zurückhaltung nach. Polizeibeamte versuchen manchmal, Vergewaltigungsopfer und ihre Angreifer zu versöhnen, in einigen Fällen ermutigten sie weibliche Vergewaltigungsopfer, ihre Angreifer zu heiraten (USDOS 20.4.2018).
In fast allen Bundesstaaten sind spezielle Polizeieinheiten aufgestellt worden, die sich mit Frauen und Kindern beschäftigen (BICC 12.2018), jedoch sind Rechtsdurchsetzung und legale Möglichkeiten für Vergewaltigungsopfer inadäquat. Die Polizeieinheiten sind überlastet und außerstande das Problem effizient anzugehen. Eine mangelnde Unterstützung der Opfer, der unzureichende Schutz von Opfern und Zeugen, wie auch die lange Verfahrensdauer breiten große Sorgen. Im Jahr 2015 hat die Regierung neue Richtlinien für Angehörige des Gesundheitswesens für die medizinische Untersuchung von Opfern sexueller Gewalt eingeführt. Sie enthielt Bestimmungen über die Einwilligung des Opfers in verschiedenen Phasen der Untersuchung, von denen einige NGOs behaupteten, dass sie die Erfassung von Vorfällen verbessern würden (USDOS 20.4.2018).
Die Anzahl polizeilich registrierter Fälle von Verbrechen gegen Frauen (insgesamt 14 Tatbestände, von Vergewaltigung über Gewalt durch den Ehemann/Verwandte bis hin zu Mitgift-Nötigung) hat in den letzten Jahren beständig zugenommen. Dies lässt jedoch nicht zwingend auf eine tatsächliche Zunahme solcher Straftaten schließen. Vielmehr dürfte steigendes Unrechtsbewusstsein, verbunden mit zunehmender Bereitschaft, solche Verbrechen anzuzeigen und zu verfolgen, der Hauptfaktor sein. Dennoch ist davon auszugehen, dass es eine große Dunkelziffer gibt, da viele Betroffene nach wie vor den Gang zur Polizei aus Angst vor gesellschaftlicher Ächtung und mangelndem Vertrauen scheuen. Frauenorganisationen schätzen die Situation als unverändert schlecht ein (AA 18.9.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).
Das National Crime Records Bureau (NCRB), das nationale Büro für Kriminalitätsaufzeichnungen schätzte die Verurteilungsrate für Verbrechen gegen Frauen auf 18,9 Prozent (USDOS 20.4.2018).
Trotz des seit 50 Jahren geltenden gesetzlichen Verbots ist das Brautgeld ein selbstverständlich von der Brautfamilie geleisteter und von der Familie des Bräutigams erwarteter finanzieller und materieller Transfer, häufig in der Höhe mehrerer Jahreseinkommen. Mitgift wird nicht selten durch Beleidigungen, Misshandlungen und Hausverweise eingefordert. In extremen Fällen werden die Frauen genötigt oder fallen einem Mitgiftmord zum Opfer, der oft als häuslicher Unfall, Verkehrsunfall oder Selbstmord getarnt wird. Bei Todesfällen verheirateter Frauen innerhalb von sieben Jahren nach Eheschließung besteht gesetzlich unterstellter pauschaler Verdacht für Mitgiftmord und somit polizeiliche Verpflichtung, den Todesfall spezifisch zu untersuchen (AA 18.9.2018).
Arrangierte Ehen sind auch bei städtisch und westlich geprägten Jugendlichen akzeptiert. Scheinehen mit dem Ziel der Erlangung eines Aufenthaltstitels im Ausland kommen in Visumverfahren regelmäßig vor (AA 18.9.2018).
Das für Hindus geltende Erb- und Familienrecht wurde im Jahr 2005 von diskriminierenden Klauseln befreit, so dass verheirateten Töchtern und Söhnen die gleichen Erbanteile zustehen. In der Praxis wird diese Regelung aber weiterhin nicht durchgehend beachtet. Sie ist insbesondere in der ländlichen Bevölkerung nicht bekannt bzw. nicht akzeptiert und wird somit de facto ignoriert. Witwen bleiben oft unversorgt. Es kommt vor, dass sie von der Familie des Mannes verstoßen werden, ohne in ihre Ursprungsfamilie zurückkehren zu können. Die erbrechtlichen Regelungen für Muslime sehen vor, dass die Erbanteile der Töchter grundsätzlich nur halb so groß sind wie die der Söhne. Die nach islamischem Recht gegebene Möglichkeit der sofortigen Scheidung durch dreifache Lossagung ("Triple Talaq") des Ehemanns wurde durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichts im August 2017 verboten (AA 18.9.2018).
Ein Gesetz aus dem Jahr 2006 verbietet mit Mitgift verbundene Einschüchterungspraktiken und kriminalisiert Vergewaltigung in der Ehe und erweiterte die Definition von häuslicher Gewalt auf emotionalen oder verbalen Missbrauch. Berichte zeigen jedoch, dass die Durchsetzung unzureichend ist, muslimische Gesetze, wie auch traditionelle hinduistische Praktiken diskriminieren Frauen in Bezug auf Erbschaft, Adoption und Eigentumsrechten (FH 27.1.2018).
Frauen in Krisengebieten wie in Jammu und Kaschmir, im Nordosten, Jharkhand und Chhattisgarh sowie vulnerable Dalit- oder Stammesfrauen sind oft Opfer von Vergewaltigungen oder Bedrohungen mit Vergewaltigung ausgesetzt. Laut der nationalen Kriminalstatistik werden - verglichen mit anderen Kastenzugehörigkeiten - die meisten Vergewaltigungen gegen Dalit-Frauen verübt (USDOS 20.4.2018).
Auch im Rahmen der Religionsausübung wird Gewalt gegen Frauen ausgeübt. Nach glaubhaften Angaben indischer NGOs werden - trotz gesetzlicher Verbote - jährlich bis zu 15.000 meist noch sehr junge Mädchen, oft mit Dalit-Hintergrund, als "Devadasis" einem Tempel geweiht oder mit einer Gottheit "verheiratet" und de facto zur Prostitution im Tempel gezwungen. Das Oberste Gericht Indiens kritisierte im Februar 2016, dass einige Bundesstaaten - v.a. Karnataka, Maharashtra, Andhra Pradesh und Tamil Nadu - nicht ausreichend gegen die Devadasi-Praxis vorgingen (AA 18.9.2018).
Es gibt kein nationales Gesetz, dass sich mit weiblicher Genitalverstümmelung befasst. Menschenrechtsorganisationen zufolge wird weibliche Genitalverstümmelung von 70 Prozent bis 90 Prozent der Dawoodi Bohra Muslimen praktiziert. Deren Zahl wird auf eine Million geschätzt, die sich auf die Bundesstaaten Maharashtra, Gujarat, Madhya, Pradesh und Rajasthan verteilt. Der Oberste Gerichtshof fordert eine Stellungnahme der Regierung und den Staaten Gujarat, Maharashtra, Rajasthan und Delhi, nachdem in einer Petition im Rahmen eines Rechtsstreits ein Verbot von Genitalverstümmelungen gefordert wurde. Die nationale Ministerin für Frauen- und Kindesentwicklung betonte, dass Genitalverstümmelung eine Straftat ist (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
-
BICC - Bonn International Centre for Conversion (12.2018):
Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,
http://www.ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2018_indien.pdf, Zugriff 29.1.2019
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DZ - Die Zeit (12.10.2017): Minderjährige können Vergewaltigungen in der Ehe künftig anzeigen,
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-10/indien-gericht-vergewaltigung-heirat-ehe, Zugriff 1.2.2019
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FH - Freedom House (27.1.2018): Freedom in the World 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1142635.html, Zugriff 22.10.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2018a): Indien, https://www.liportal.de/indien/geschichte-staat/, Zugriff 11.10.2018
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HRW - Human Rights Watch(17.1.2019): World Report 2019 - India, ttps://www.ecoi.net/de/dokument/2002249.html, Zugriff 23.1.2019
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HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422455.html, Zugriff 23.10.2018
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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018
Kinder
Die Verfassung verbrieft das Recht der Kinder auf eine gesunde Entwicklung in Freiheit und Würde und auf Schutz vor Ausbeutung sowie moralischer und materieller Vernachlässigung. Gleichwohl bleibt die Lebenswirklichkeit von vielen Kindern in Indien schwierig, besonders für Mädchen: Schulabbrüche, Unterernährung, Kinder- und Zwangsarbeit sind - vor allem auf dem Land - keine Ausnahmeerscheinungen. Drei Prozent der unter 5-Jährigen sind nach aktuellen Zahlen der Regierung vom März 2018 untergewichtig. Auch Gewalt gegen Kinder bleibt in Indien - vor allem im familiären, aber auch im schulischen Umfeld - weit verbreitet. Eine groß angelegte Studie der NGO World Vision kam 2017 zu dem Ergebnis, dass landesweit etwa ein Drittel aller Kinder im Alter zwischen 12 und 18 Jahren Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sind. Auch Sicherheitskräfte machen sich Übergriffe gegen Kinder schuldig. In Konfliktgebieten kommen immer wieder Kinder ums Leben, sei es bei Kämpfen oder weil sie z.B. als Informanten verdächtigt werden (AA 18.9.2018).
Die Verfassung garantiert freie Bildung für Kinder von sechs bis 14 Jahre, aber die Regierung kann diese Anforderungen nicht immer erfüllen (USDOS 20.4.2018). Zwar hat Indien in Bezug auf Zugang zu Bildung seit der Einführung des "Right to Education Act" im Mai 2010 (Schulpflicht 6.-14. Lebensjahr) bedeutende Fortschritte gemacht (AA 18.9.2018), jedoch sind Kinder aus vulnerablen Gemeinden - wie der Dalits - auch im Bildungsbereich Diskriminierungen ausgesetzt (ÖB 12.2018).
Kinderarbeit, Kinderhandel und ein schlechter Zugang zu Bildung bleibt für Kinder aus sozial und wirtschaftlich marginalisierten Gemeinschaften in ganz Indien ein großes Problem (HRW 17.1.2019). Mädchen sind besonders benachteiligt. Analphabetismus ist bei ihnen deutlich weiter verbreitet als bei Jungen (AA 24.4.2015).
Indien ist nach wie vor das Land mit den meisten Kinderarbeitern weltweit: Nach offiziellen Zahlen arbeiten rund 10 Millionen Kinder im Alter zwischen 5 und 14 Jahren; in der Kategorie bis 18 Jahre sind es insgesamt 33 Mio. (Zensus 2011). Trotz gesetzlicher Verschärfungen und intensiver Bemühungen von Staat und Zivilgesellschaft, Kinderarbeit zu bekämpfen, gab es im Vergleich zum letzten Zensus 2001 eine drastische Zunahme bei den Fünf- bis Neunjährigen. Kinder werden in Indien vor allem zu besonders gefährdeten Tätigkeiten eingesetzt, z.B. in Steinbrüchen; auch heute noch in faktischer Leibeigenschaft. Kinderprostitution ist weit verbreitet. Kinder werden aus materieller Not verkauft, aber es kommt auch zu Entführungen. Die Opfer stammen zumeist aus den ärmsten Bundesstaaten (AA 18.9.2018).
Die Regierung verabschiedete 2016 ein umstrittenes Gesetz, das es Kindern unter 14 Jahren erlaubt, "Heimarbeit" sowie andere Berufe ab einem Alter von 14 Jahren bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres auszuüben. Kindern ist es verboten, in potenziell gefährlichen Branchen zu arbeiten, obwohl das Gesetz in der Praxis regelmäßig missachtet wird. Es gibt anhaltende Berichte über die Komplizenschaft von Strafverfolgungsbehörden beim Menschenhandel (FH 27.1.2018).
Vorsichtigen Schätzungen zur Folge leben mindestens 40 Prozent der indischen Kinder in Lebenssituationen, welche sie anfällig für Missbrauch und Gewalt machen (CIF 15.3.2018). Tausende von Kindern werden aus den abgelegenen ländlichen Gebieten Indiens verschleppt und als Arbeitskräfte in den urbanen Zentren verkauft. Geschätzte 135.000 Kinder sollen jährlich in Indien verschleppt werden (TG 28.4.2015).
Ende Mai 2016 trat das reformierte Jugendstrafrecht (Juvenile Justice Act) in Kraft, demnach Kinder zwischen 16 und 18 Jahren bei "besonders abscheulichen" Verbrechen wie z. B. Vergewaltigung als Erwachsene strafverfolgt werden können (AA 18.9.2018).
Zahlen zu Personen unter 18 Jahren in den Streitkräften dienen, liegen nicht vor. Schätzungen von NGOs zufolge werden mindestens
2.500 bewaffnete Kinder den Rebellengruppen in den Maoistengebieten zugeordnet. Es gibt Vorwürfe, wonach von der Regierung unterstützte Anti-Maoistische Dorfstreitkräfte Kinder rekrutieren und auch bewaffnete aufständische Gruppen, einschließlich der Maoisten in den nordöstlichen Staaten sowie islamistische Gruppen in Jammu und Kaschmir, Kinder einsetzen (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 27.1.2018). Dem indischen Innenministerium zufolge haben maoistische Gruppen Jungen und Mädchen im Alter von sechs bis zwölf Jahren zu speziellen Kindereinheiten (Bal Dasta und Bal Sangham) in Bihar, Jharkhand, Chhattisgarh und Odisha zwangsrekrutiert und zu Kampf- und nachrichtendienstlichen Tätigkeiten herangezogen. Aufständische bilden Kinder auch als Spione und Kuriere sowie zum Waffeneinsatz, Informationsbeschaffung und Sprengstoffschmuggel aus. Regierungsquellen zufolge werden Kinder von Maoisten als menschliche Schutzschilde bei Auseinandersetzungen mit Regierungskräften verwendet (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
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ASER - Annual Status of Education Report (16.1.2018): Annual Status of Education Report 2017, http://img.asercentre.org/docs/Publications/ASER%20Reports/ASER%202017/aser2017fullreportfinal.pdf, Zugriff 22.10.2018
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CIF - CHILDLINE India Foundation (15.3.2018): Annual Report 2016-2017,
http://www.childlineindia.org.in/pdf/Annual-Report-16-17.pdf, Zugriff 22.10.2018
-
FH - Freedom House (27.1.2018): Freedom in the World 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1142635.html, Zugriff 22.10.2018
-
HRW - Human Rights Watch(17.1.2019): World Report 2019 - India, ttps://www.ecoi.net/de/dokument/2002249.html, Zugriff 23.1.2019
-
HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422455.html, Zugriff 23.10.2018
-
HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/295494/430526_de.html, Zugriff 23.12.2016
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SHZ - Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (30.4.2018):
Sexualmorde an Kindern rütteln Indien auf, https://www.shz.de/deutschland-welt/panorama/sexualmorde-an-kindern-ruetteln-indien-auf-id19724156.html, Zugriff 23.1.2019
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Indiens Zivilgesellschaft ist vielstimmig; es gibt eine schier unüberschaubare Anzahl von Nichtregierungsorganisationen (offizielle Schätzungen gehen von über 3 Millionen aus), darunter viele in- und ausländischer Menschenrechtsorganisationen (AA 18.9.2018), die sich für soziale Gerechtigkeit, nachhaltige Entwicklung und Menschenrechte einsetzen (USDOS 20.4.2018). Diese können grundsätzlich frei (AA 18.9.2018) und in der Regel ohne Einschränkungen durch die Regierung operieren, Fälle von Menschenrechtsverletzungen untersuchen und die Ergebnisse veröffentlichen (USDOS 20.4.2018). Die Website NGOsIndia.com enthält umfangreiche weiterführende Informationen über die zahlreichen, in den verschiedensten Bereichen und Regionen aktiven Menschenrechtsorganisationen in Indien (NGOsIndia.com o.D.).
Es gibt keine systematischen staatliche Behinderungen oder Repressalien gegen Menschenrechtsverteidiger (AA 18.9.2018), in manchen Fällen kommt es aber zu Einschränkungen (USDOS 20.4.2018). NGOs sind nicht selten subtilen Schikanen der Behörden (Verzögerung oder Versagung von Genehmigungen vor allem auch zum Empfang ausländischer Mittel, häufige Rechnungs- und Finanzprüfungen, schleppende Bearbeitung oder Versagung der Visaerteilung für ausländisches Personal, Ausreiseverbote) und auch Drohungen, etwa durch Armee oder Polizei, ausgesetzt (AA 18.9.2018; vgl. FH 27.1.2018). Einzelne Menschenrechtsverteidiger, vor allem im Bereich sozialer und wirtschaftlicher Rechte, und Journalisten sehen sich durch lokale Behörden/Polizei in ihrer Arbeit eingeschränkt. Vereinzelt werden diese auch Opfer von Gewalt (AA 18.9.2018; vgl. FH 27.1.2018). Menschenrechtsbeobachter in Jammu und Kaschmir konnten Menschenrechtsverletzungen dokumentieren (USDOS 20.4.2018), jedoch kommt es insbesondere im konfliktbetroffenen Bundesstaat Jammu und Kaschmir und im von separatistischen Gruppen bedrohten Nordosten Indiens immer wieder zu Einschüchterungsversuchen von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern (u.a. Festnahmen, Lizenzentzug), bis hin zu physischen Angriffen. In diesen Gebieten herrscht aufgrund der besonderen gesetzlichen Rahmenbedingungen oftmals Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen (AA 18.9.2018).
Die Regierung traf sich in der Regel mit inländischen NGOs, reagierte auf ihre Anfragen und ergriff als Reaktion auf ihre Berichte und Empfehlungen Maßnahmen. Die Nationale Menschenrechtskommission (National Human Rights Commission - NHRC) bzw. deren Ausschüsse arbeiten mit zahlreichen NGOs und deren Vertretern zusammen (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
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FH - Freedom House (27.1.2018): Freedom in the World 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1142635.html, Zugriff 22.10.2018
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NGOsIndia.com (o. D.): Online Database and Resources of Indian NGOs, NPOs, VOs, Funding Resources and Date, http://www.ngosindia.com/, Zugriff 6.11.2018
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018
Allgemeine Menschenrechtslage
Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 18.9.2018). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 12.2018). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 18.9.2018). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, aber ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden. Es gibt glaubhafte Berichte über extralegale Tötungen (AA 18.9.2018).
Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind Missbrauch durch Polizei und Sicherheitskräfte einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet und trägt zur ineffektiven Verbrechensbekämpfung bei, insbesondere auch von Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Mitglieder registrierter Kasten und Stämme sowie auch gesellschaftlicher Gewalt aufgrund von Geschlechts-, Religions-, Kasten- oder Stammeszugehörigkeit (USDOS 20.4.2018).
Eine verallgemeinernde Bewertung der Menschenrechtslage ist für Indien kaum möglich: Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 18.9.2018). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken wie nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 18.9.2018). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niederer Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 12.2018). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt, teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen. Die Stimmung wird durch hindu-nationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 12.2018).
Separatistische Rebellen und Terroristen in Jammu und Kaschmir, den nordöstlichen Bundesstaaten und im "Maoistengürtel" begingen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde an Zivilisten, Polizisten, Streitkräften und Regierungsbeamten. Aufständische sind für zahlreiche Fälle von Entführung, Folter, Vergewaltigung, Erpressung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 20.4.2018).
In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein, Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
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BICC - Bonn International Centre for Conversion (12.2018):
Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,
http://www.ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2018_indien.pdf, Zugriff 29.1.2019
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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018:
Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018
Bewegungsfreiheit
Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.4.2018). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 18.9.2018).
Die Regierung lockerte Einschränkungen für ausländische Reisende in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen (USDOS 20.4.2018).
Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 18.9.2018).
In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018
Meldewesen
Noch gibt es in Indien kein nationales Melde- bzw. Staatsbürgerschaftsregister. Die Regierung verfolgt seit einigen Jahren ein nationales Projekt zur Registrierung der Staatsbürger, und damit verbunden wird die Ausstellung von Personalausweisen ("Aadhar Card") sein. Von der Realisierung dieses Projektes ist man trotz einiger Vorarbeit aber noch weit entfernt. Es gibt kein Meldewesen in Indien (ÖB 12.2018; vgl. AA 18.9.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien
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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion
Grundversorgung und Wirtschaft
In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung zum Großteil gewährleistet. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder von Bekannten angewiesen (ÖB 12.2018).
Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2016/2017 bei 7,1 Prozent und in 2017/18 bei 6,75 Prozent mit wieder steigender Tendenz. Indien zählt damit nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt (AA 11.2018a).
2016 lag die Erwerbsquote laut Schätzungen der ILO bei 55,6 Prozent. Der Hauptteil der Menschen arbeitet im Privatsektor. Es gibt immer noch starke Unterschiede bei der geschlechtlichen Verteilung des Arbeitsmarktes. Indien besitzt mit 478,3 Millionen Menschen die zweitgrößte Arbeitnehmerschaft der Welt (2012). Jährlich kommen 12,8 Millionen Arbeitskräfte hinzu. Im Jahr 2015 lag die Arbeitslosenquote bei 3,4 Prozent (nach ILO 2016) (BAMF 3.9.2018).
Schätzungen zufolge stehen nur circa 10 Prozent aller Beschäftigten in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Die übrigen 90 Prozent werden dem sogenannten "informellen Sektor" zugerechnet - sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung (AA 11.2018a). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. D