TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/21 G309 2175959-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.01.2020
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Entscheidungsdatum

21.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G309 2175959-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX alias XXXX, StA: Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Diakonie und Volkshilfe Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2017, Zl. XXXX, betreffend internationalen Schutz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2019, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) verließ seinen Herkunftsstaat Irak im April 2015 und stellte nach seiner schlepperunterstützten Einreise ins Bundesgebiet am 18.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 20.07.2015 an, den im Spruch genannten Namen zu führen, am XXXX in XXXX geboren zu sein, Staatsangehöriger des Irak zu sein, der arabischen Volksgruppe anzugehören und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung zu sein. Er sei verheiratet und habe zwei Kinder, wobei sich seine Familie derzeit in der Türkei aufhalte. Zuletzt habe er mit seiner Familie in XXXX, XXXX, Irak, gelebt.

Zu den Gründen seiner Ausreise befragt, gab der BF an, dass er und seine Familie bedroht worden seien, weil seine Ehefrau Christin sei. Sie hätten Angst um ihr Leben gehabt und seien in die Türkei geflohen, weil es im Irak nicht mehr sicher gewesen sei.

2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 03.04.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Außenstelle Wr. Neustadt, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers in arabischer Sprache niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.

Eingangs bestätigte der BF, die arabische Sprache zu verstehen, gesund zu sein und im Verfahren bislang wahrheitsgemäße Angaben gemacht zu haben. Zur Person und seinen Lebensumständen befragt gab der BF an, dass er Araber und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung sei. Er sei verheiratet mit XXXX, geboren XXXX, welche Christin sei und Vater von zwei Kindern (geb. 2012 und 2009). Er habe als Bauarbeiter und Taxifahrer gearbeitet und sei nicht beim Militär eingerückt gewesen. Im Irak habe er vier Brüder und zwei Schwestern, wobei die Brüder in XXXX und die Schwestern in XXXX wohnen würden. Zu seinen Geschwistern und der Mutter habe er keinen Kontakt, mit seiner Frau und den Kindern telefoniere er täglich.

Zu seinen Asylgründen befragt gab der BF an, dass er als Taxifahrer eine Christen kennengelernt habe, welche er heiraten wollte. Seine Familie sei dagegen gewesen und habe ihn sein Vater deshalb rausgeschmissen. Er habe diese Frau dann 2007 ohne Wissen seiner Familie geheiratet und habe gemeinsam mit ihr bei ihrer Familie gelebt. Einmal im Monat sei er zu seiner Familie nach XXXX gefahren, wobei er seine Frau und die Kinder weiter geheim gehalten habe. Anfang April 2015 habe ihn seine Mutter mit einer Cousine verlobt, am gleichen Tag sei auch sein Bruder Hussein entführt worden. Nach zwei Tagen sei sein Bruder wieder freigelassen worden. Sein Bruder sei der Einzige gewesen, der seit 2014 von seiner Heirat gewusst habe. Der Bruder habe ihn noch gewarnt, dass er der nächste sei und sei anschließend nach XXXX gefahren. Mitte April habe ihn seine Mutter erneut über die Verlobung und die anstehende Hochzeit Ende April mit seiner Cousine informiert. Der BF habe daraufhin seiner Mutter erzählt, dass er bereits mit der Christin von damals verheiratet sei und zwei Kinder habe. Als seine Cousins dies erfahren hätten, hätten sie ihm telefonisch gedroht, dass er sich innerhalb von zwei Tagen von seiner Frau scheiden lassen und ihre Schwester heiraten oder aus dem Irak verschwinden solle. Zwei Tage später seien gegen Mitternacht vier militärisch gekleidete Personen zu ihm nach Hause gekommen, welche angaben, vom Geheimdienst zu sein. Diese hätten sein Haus durchsucht und ihn befragt, seien aber dann wieder gegangen. Er habe seinen Bruder in XXXX kontaktiert und seien sie gleich in der Früh zu diesem gefahren. Nach zwei Tagen hätten sie ihre Visa erhalten und sei er gemeinsam mit seiner Frau, seinen Kindern, seinem Bruder und der Schwiegermutter in die Türkei geflogen. Zehn Tage nach ihrer Ankunft in der Türkei habe seine Mutter seinen Bruder angerufen und dem BF am Telefon gesagt, dass sich sein Stamm von ihm losgesagt habe und sein Blut freigegeben sei. Er sei aus dem Stamm verbannt. Dass seine Frau eine Christin sei, sei außer für seine Familie kein Problem im Irak gewesen und hätten sie problemlos in XXXX gelebt, bis seine Familie davon erfahren habe. Er habe Angst vor seinem Stamm und wolle nur Sicherheit für seine Familie. Er habe sich nicht an die Polizei gewandt, da man von dieser keine Hilfe bekomme. Sicher sei er nur in der autonomen Kurdenregion, dort dürften aber keine Araber leben.

3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt durch Hinterlegung am 16.10.2017, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 18.07.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG [2005] (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG [2005] (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG [2005] nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG [2005] iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs.9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte das BFA nach Wiedergabe der Einvernahme des BF und den Feststellungen zu dessen Person aus, dass seitens des BFA nicht festgestellt werden könne, dass der BF im Irak konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Übergriffen maßgeblicher Intensität durch seine Familie oder andere Dritte ausgesetzt gewesen sei. Auch habe der BF nie Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt. Im Falle einer Rückkehr sei er keiner Gefährdung durch den irakischen Staat oder private Personen ausgesetzt. Die Rückkehr in den Irak sei dem BF zumutbar und möglich.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das BFA, dass der BF aus einer einmaligen fernmündlichen Bedrohung durch seine Cousins, sowie der Information seiner Mutter zum Stammesausschluss keine Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen konnte, sodass kein internationaler Schutz zu gewähren sei. Dem BF sei der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, da keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Dem BF sei kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen, die Rückkehrentscheidung und seine Abschiebung gemäß § 50 FPG seien zulässig. Besondere Umstände, die die Verlängerung der Frist der freiwilligen Ausreise erforderlich machen, liegen keine vor.

4. Mit dem am 06.11.2017 beim BFA eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Diakonie und Flüchtlingsdienst, Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. In der Beschwerde wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen; den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und dem BF den Status eines Asylberechtigten zuerkennen; je in eventu den angefochtenen Bescheid im Umfang der Spruchpunkte II. bis IV. beheben und dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigen zuerkennen; den angefochtenen Bescheid im Umfang der Spruchpunkte III. und IV. beheben und dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt wird und dem BF einen Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG erteilen; dem BF einen Aufenthaltstitel gem § 57 AsylG erteilen; den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen.

In der Sache brachte der BF unter Beanstandung der Ermittlungen der Länderfeststellungen, sonstiger Verfahrensmängel, einer mangelhaften Beweiswürdigung und inhaltlicher Rechtswidrigkeit vor, dass sich das Vorbringen des BF mit jenen seines Bruders decken würden. Der irakische Staat sei weder willens noch in der Lage den BF vor Verfolgung zu schützen. Das BFA habe sich nicht ausreichend mit der Problematik von Mischehen mit Christen beschäftigt. Dem BF stehe auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offen, er habe auch keine familiären Beziehungen in XXXX mehr und sei bereits nach XXXX gezogen um in Ruhe leben zu können, wobei die Sicherheitslage dort derzeit höchst instabil sei. Bezüglich der Rückkehrentscheidung habe die Behörde nicht die sehr gute Integration und die guten Deutschkenntnisse des BF berücksichtigt.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vom BFA vorgelegt und langten am 09.11.2017 beim BVwG ein.

6. Mit dem am 15.04.2019 beim BVwG eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erstattete der BF durch seinen Rechtsvertreter Beschwerdeergänzung. Dazu führte er zusammengefasst aus, dass der Bruder des BF, welcher freiwillig in den Irak zurückgekehrt sei, sich mittlerweile wieder in der Türkei aufhalte, da er erneut Misshandlungen durch die Miliz, welche vom Stamm der Familie des BF bezahlt worden seien, erfahren habe. Dem BF drohe daher nach wie vor Verfolgung aufgrund einer ihm von seinem Stamm sowie den Milizen unterstellten feindlichen, oppositionellen politischen Gesinnung da er mit einer Christin verheiratet sei. Aufgrund seiner Ehe mit einer Christin drohe ihm auch Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe jener Personen, die mit Angehörigen der christlichen Religion verheiratet seien.

Ergänzend bracht der BF außerdem vor, dass er von 2007-2012 als Polizist tätig gewesen sei. Von Mai 2012 bis Anfang 2015 sei er in Haft gewesen, da er beschuldigt worden sei an einer Explosion beteiligt gewesen zu sein, welche sich gegenüber des Büros von XXXX (im Folgenden: AAH) ereignet habe. In der Zeit von 30.04.2012 bis 20.05.2012 sei er unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen und drohe ihm daher Verfolgung von Seiten des irakischen Staates wegen Desertation. Darüber hinaus drohe ihm Verfolgung von Seiten der oben genannten Miliz, aufgrund einer ihm unterstellten politischen Gesinnung. Zum Beweis legte der BF eine Bestätigung des irakischen Innenministeriums über seine Tätigkeit als Polizist und den Freispruch des Obersten Gerichtes vor.

7. Am 18.7.2019 führte das BVwG in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des BF, seines Rechtsvertreters und eines Dolmetschers für die arabische Sprache durch. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung nicht teil. Die Niederschrift der Verhandlung wurde dem BF im Anschluss ausgefolgt und dem BFA per E-Mail übermittelt.

8. Mit dem am 13.09.2019 beim BVwG eingelangten und mit 12.09.2019 datierten Schriftsatz erstattete der BF durch seinen Rechtsvertreter Stellungnahme zum Länderinformationsblatt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der BF führt den im Spruch angeführten Namen, ist Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung. Als Geburtsdatum ist im Personalausweis der XXXX eingetragen.

Der BF ist verheiratet und hat einen Sohn geb. 2009 und eine Tochter geb. 2012. Die Ehefrau des BF, XXXX, geb XXXX ist Christin. Bis zu seiner Ausreise im April 2015 lag der private und familiäre Lebensmittelpunkt des BF im Bezirk XXXX, Bagdad, Irak. Im Herkunftsstaat leben die Geschwister und die Mutter des BF, der BF steht jedoch nur mit seinem Bruder XXXX in Kontakt. Mit seiner Frau und den Kindern, welche sich in der Türkei aufhalten, ist er täglich in Kontakt.

Im Bundesgebiet hat der BF keine nahen Angehörigen, sein Bruder XXXX welcher ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt hatte, ist am 16.01.2018 freiwillig in den Irak zurückgekehrt. Der BF spricht arabisch und hat zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Der BF besuchte sechs Jahre die Grundschule im Herkunftsstaat.

Farbkopien der irakischen Personalausweise und Staatsbürgerschaftsnachweise des BF, seiner Frau und der beiden Kinder liegen im Akt auf.

Der BF ist ein körperlich gesunder, arbeitsfähiger Mann mit hinreichender Ausbildung in der Schule. Der BF leidet weder an einer schweren noch einer unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung. Der BF verfügt über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage in seinem Herkunftsstaat sowie über familiäre Anknüpfungspunkte durch die Familie seiner Frau.

Im April 2015 verließ der BF den Irak gemeinsam mit seiner Frau, den Kindern, seiner Schwiegermutter und seinem Bruder legal mit dem Flugzeug von XXXX in die Türkei. Von dort reiste er gemeinsam mit seinem Bruder schlepperunterstützt über Griechenland und die Balkanroute nach Österreich, wo er am 18.07.2015 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er reiste rechtswidrig ins Bundesgebiet ein, ist seither Asylwerber und verfügt über keinen anderen Aufenthaltstitel.

Der BF bezieht seit der Antragstellung bis dato Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und ist nicht erwerbstätig, hat jedoch im März 2019 einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung beim AMS für Denkmal, Fassaden und Gebäudereinigung gestellt. Der BF besuchte im Bundesgebiet Deutsch- und Integrationskurse (Deutsch für Asylwerber - Alphabetisierungskurs 1), wobei eine Bestätigung über ein bestimmtes Niveau nicht vorliegt. Ansonsten pflegt er die üblichen sozialen Kontakte. Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und weist im Bundesgebiet durchgehend Wohnsitzmeldungen auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:

Das Vorbringen des BF vor dem BFA, in der Beschwerde, den Stellungnahmen und der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates wonach - im Wesentlichen zusammengefasst - er den Irak verlassen habe, weil er einerseits aufgrund seiner Heirat mit einer Christin von seinem Stamm verstoßen und verfolgt werde und andererseits aufgrund seiner Tätigkeit als Polizist von 2007-2012, inhaftiert worden sei und vom Staat als Deserteur und der Miliz AAH verfolgt werde, wird dieser Entscheidung nicht als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt. Weitere Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates wurden nicht vorgebracht.

Der BF war im Irak nicht politisch tätig und hatte keine Schwierigkeiten aufgrund seiner politischen Überzeugung, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seines Religionsbekenntnisses oder sonstige Probleme zu gewärtigen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Herkunftsstaat aus Gründen seines sunnitischen Glaubens, einer ihm unterstellten politischen Gesinnung oder aus anderen Gründen durch eine Miliz bedroht oder verfolgt worden wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in seinem Herkunftsstaat einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates im April 2015 konnte nicht festgestellt werden. Der BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses (sunnitischer Islam), seiner Volksgruppenzugehörigkeit (Araber), seiner Heirat mit einer Christin oder seiner politischen Gesinnung Probleme noch sonst irgendwelche Probleme. Auch sonstige Gründe, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat allenfalls entgegenstehen würden, konnten nicht festgestellt werden.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat:

Zur aktuellen Lage im Irak werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der gegenüber dem BF offengelegten Quellen getroffen:

"Vergleichende Länderkundliche Analyse (VLA) i.S. §3 Abs 4a AsylG

Erläuterung

Bei der Erstellung des vorliegenden LIB wurde die im §3 Abs 4a AsylG festgeschriebene Aufgabe der Staatendokumentation zur Analyse "wesentlicher, dauerhafter Veränderungen der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind", berücksichtigt. Hierbei wurden die im vorliegenden LIB verwendeten Informationen mit jenen im vorhergehenden LIB abgeglichen und auf relevante, im o.g. Gesetz definierte Verbesserungen hin untersucht.

Als den oben definierten Spezifikationen genügend eingeschätzte Verbesserungen wurden einer durch Qualitätssicherung abgesicherten Methode zur Feststellung eines tatsächlichen Vorliegens einer maßgeblichen Verbesserung zugeführt (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt II). Wurde hernach ein tatsächliches Vorliegen einer Verbesserung i.S. des Gesetzes festgestellt, erfolgte zusätzlich die Erstellung einer entsprechenden Analyse der Staatendokumentation (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt IV) zur betroffenen Thematik.

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen vom 30.10.2019

Die folgende Karte von liveuamap zeigt die Einteilung des Irak in offiziell von der irakischen Zentralregierung kontrollierte Gouvernements (in rosa), die autonome Region Kurdistan (KRI) (in gelb) und Gebiete unter der weitgehenden Kontrolle von Gruppen des Islamischen Staates (IS) (in grau). Die Symbole kennzeichnen dabei Orte und Arten von sicherheitsrelevanten Vorfällen, wie Luftschläge, Schusswechsel/-attentate, Sprengstoffanschläge/Explosionen, Granatbeschuss, u.v.m.

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Quelle: Liveuamap - Live Universal Awareness Map (1.10.2019): Map of Iraq, https://iraq.liveuamap.com/en/time/01.10.2019, Zugriff 1.10.2019

Seit der Verkündigung des territorialen Sieges des Irak über den Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (Reuters 9.12.2017) hat sich der IS in eine Aufstandsbewegung gewandelt (Military Times 7.7.2019). Zahlreiche Berichte erwähnen Umstrukturierungsbestrebungen des IS sowie eine Mobilisierung von Schläferzellen (The Portal 9.10.2019).

Im Jahr 2019 war der IS insbesondere in abgelegenem, schwer zugänglichem Gelände aktiv, hauptsächlich in den Wüsten der Gouvernements Anbar und Ninewa sowie in den Hamrin-Bergen, die sich über die Gouvernements Kirkuk, Salah ad-Din und Diyala erstrecken (ACLED 7.8.2019). Er ist nach wie vor dabei sich zu reorganisieren und versucht seine Kader und Führung zu erhalten (Joel Wing 16.10.2019). Der IS setzt nach wie vor auf Gewaltakte gegen Stammesführer, Politiker, Dorfvorsteher und Regierungsmitarbeiter sowie beispielsweise auf Brandstiftung, um Spannungen zwischen arabischen und kurdischen Gemeinschaften zu entfachen, die Wiederaufbaubemühungen der Regierung zu untergraben und soziale Spannungen zu verschärfen (ACLED 7.8.2019).

Insbesondere in den beiden Gouvernements Diyala und Kirkuk scheint der IS im Vergleich zum Rest des Landes mit relativ hohem Tempo sein Fundament wieder aufzubauen, wobei er die lokale Verwaltung und die Sicherheitskräfte durch eine hohe Abfolge von Angriffen herausfordert (Joel Wing 16.10.2019).

Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) stellen einen zusätzlichen, die innere Stabilität des Irak gefährdenden Einfluss dar (ACLED 7.8.2019). Nach einem Angriff auf eine Basis der Volksmobilisierungseinheiten (PMF/PMU/Hashd al Shabi) in Anbar, am 25. August (Al Jazeera 25.8.2019), erhob der irakische Premierminister Mahdi Ende September erstmals offiziell Anschuldigungen gegen Israel, für eine Reihe von Angriffen auf PMF-Basen seit Juli 2019 verantwortlich zu sein (ACLED 2.10.2019; vgl. Reuters 30.9.2019). Raketeneinschläge in der Grünen Zone in Bagdad, nahe der US-amerikanischen Botschaft am 23. September 2019, werden andererseits pro-iranischen Milizen zugeschrieben, und im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und dem Iran gesehen (ACLED 2.10.2019; vgl. Al Jazeera 24.9.2019; Joel Wing 16.10.2019).

Am 7.7.2019 begann die "Operation Will of Victory", an der irakische Streitkräfte (ISF), Popular Mobilization Forces (PMF), Tribal Mobilization Forces (TMF) und Kampfflugzeuge der US-geführten Koalition teilnahmen (ACLED 7.8.2019; vgl. Military Times 7.7.2019). Die mehrphasige Operation hat die Beseitigung von IS-Zellen zum Ziel (Diyaruna 7.10.2019; vgl. The Portal 9.10.2019). Die am 7. Juli begonnene erste Phase umfasste Anbar, Salah ad-Din und Ninewa (Military Times 7.7.2019). Phase zwei begann am 20. Juli und betraf die nördlichen Gebiete von Bagdad sowie die benachbarten Gebiete der Gouvernements Diyala, Salah ad-Din und Anbar (Rudaw 20.7.2019). Phase drei begann am 5. August und konzentrierte sich auf Gebiete in Diyala und Ninewa (Rudaw 11.8.2019). Phase vier begann am 24. August und betraf die Wüstenregionen von Anbar (Rudaw 24.8.2019). Phase fünf begann am 21.9.2019 und konzentrierte sich auf abgelegene Wüstenregionen zwischen den Gouvernements Kerbala, Najaf und Anbar, bis hin zur Grenze zu Saudi-Arabien (PressTV 21.9.2019). Eine sechste Phase wurde am 6. Oktober ausgerufen und umfasste Gebiete zwischen dem südwestlichen Salah ad-Din bis zum nördlichen Anbar und Ninewa (Diyaruna 7.10.2019).

Die folgende Grafik von Iraq Body Count (IBC) stellt die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken). Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar (IBC 9.2019).

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Quelle: Iraq Bodycount (9.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 15.10.2019

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Die folgende Tabelle des IBC gibt die Zahlen der Todesopfer an. Für Juli 2019 sind 145 zivile Todesopfer im Irak ausgewiesen. Im August 2019 wurden von IBC 93 getötete Zivilisten im Irak dokumentiert und für September 151 (IBC 9.2019).

Quelle: Iraq Bodycount (9.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 15.10.2019

Vom Irak-Experten Joel Wing wurden für den Gesamtirak im Lauf des Monats Juli 2019 82 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 83 Tote und 119 Verletzten verzeichnet. 18 Tote gingen auf Leichenfunde von Opfern des IS im Distrikt Sinjar im Gouvernement Ninewa zurück, wodurch die Zahl der tatsächlichen gewaltsamen Todesfälle im Juli auf 65 reduziert werden kann. Es war der zweite Monat in Folge, in dem die Vorfallzahlen wieder zurückgingen. Dieser Rückgang wird einerseits auf eine großangelegte Militäraktion der Regierung in vier Gouvernements zurückgeführt [Anm.: "Operation Will of Victory"; Anbar, Salah ad Din, Ninewa und Diyala, siehe oben], wobei die Vorfallzahlen auch in Gouvernements zurückgingen, die nicht von der Offensive betroffen waren. Der Rückgang an sicherheitsrelevanten Vorfällen wird auch mit einem neuerlichen verstärkten Fokus des IS auf Syrien erklärt (Joel Wing 5.8.2019).

Im August 2019 verzeichnete Joel Wing 104 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 103 Toten und 141 Verletzten. Zehn Tote gingen auf Leichenfunde von Jesiden im Distrikt Sinjar im Gouvernement Ninewa zurück, wodurch die Zahl der Todesfälle im August auf 93 angepasst werden kann. Bei einem der Vorfälle handelte es sich um einen Angriff einer pro-iranischen PMF auf eine Sicherheitseinheit von British Petroleum (BP) im Rumaila Ölfeld bei Basra (Joel Wing 9.9.2019).

Im September 2019 wurden von Joel Wing für den Gesamtirak 123 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 122 Toten und 131 Verletzten registriert (Joel Wing 16.10.2019).

Seit 1. Oktober kam es in mehreren Gouvernements (Bagdad, Basra, Maysan, Qadisiya, Dhi Qar, Wasit, Muthanna, Babil, Kerbala, Najaf, Diyala, Kirkuk und Salah ad-Din) zu teils gewalttätigen Demonstrationen (ISW 22.10.2019, vgl. Joel Wing 3.10.2019). Die Proteste richten sich gegen Korruption, die hohe Arbeitslosigkeit und die schlechte Strom- und Wasserversorgung (Al Mada 2.10.2019; vgl. BBC 4.10.2019; Standard 4.10.2019), aber auch gegen den iranischen Einfluss auf den Irak (ISW 22.10.2019). Im Zuge dieser Demonstrationen wurden mehrere Regierungsgebäude sowie Sitze von Milizen und Parteien in Brand gesetzt (Al Mada 2.10.2019). Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) gingen unter anderem mit scharfer Munition gegen Demonstranten vor. Außerdem gibt es Berichte über nicht identifizierte Scharfschützen, die sowohl Demonstranten als auch Sicherheitskräfte ins Visier genommen haben sollen (ISW 22.10.2019). Premierminister Mahdi kündigte eine Aufklärung der gezielten Tötungen an (Rudaw 13.10.2019). Zeitweilig, vom 2. bis zum 5. Oktober, wurde eine Ausgangssperre ausgerufen (Al Jazeera 5.10.2019; vgl. ISW 22.10.2019; Rudaw 13.10.2019) und eine Internetblockade vom 4. bis 7. Oktober implementiert (Net Blocks 3.10.2019; FAZ 3.10.2019; vgl. Rudaw 13.10.2019).

Nach einer kurzen Ruhephase gingen die gewaltsamen Proteste am 25. Oktober weiter und forderten bis zum 30. Oktober weitere 74 Menschenleben und 3.500 Verletzte (BBC News 30.10.2019). Insbesondere betroffen waren bzw. sind die Städte Bagdad, Nasiriyah, Hillah, Basra und Kerbala (BBC News 30.10.2019; vgl. Guardian 27.10.2019; Guardian 29.10.2019). Am 28. Oktober wurde eine neue Ausgangssperre über Bagdad verhängt, der sich jedoch tausende Demonstranten widersetzen (BBC 30.10.2019; vgl. Guardian 29.10.2019). Über 250 Personen wurden seit Ausbruch der Proteste am 1. Oktober bis zum 29. Oktober getötet (Guardian 29.10.2019) und mehr als 8.000 Personen verletzt (France24 28.10.2019).

BAGDAD

Der IS versucht weiterhin seine Aktivitäten in Bagdad zu erhöhen (Joel Wing 5.8.2019). Fast alle Aktivitäten des IS im Gouvernement Bagdad betreffen die Peripherie der Hauptstadt, den äußeren Norden, Süden und Westen (Joel Wing 5.8.2019; vgl. Joel Wing 16.10.2019). Im Juli gelang es dem IS zwei Selbstmordattentate im Gouvernement auszuführen, weswegen Bagdad die Opferstatistik des Irak in diesem Monat anführte (Joel Wing 5.8.2019). Sowohl am 7. als auch am

16. September wurden jeweils fünf Vorfälle mit "Unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen" (IEDs) in der Stadt Bagdad selbst verzeichnet (Joel Wing 16.10.2019). Während der Proteste im Südirak im Oktober 2019 , von denen auch Bagdad betroffen war, stoppte der IS seine Angriffe im Gouvernement (Joel Wing 16.10.2019).

Im Juli 2019 wurden vom Irak-Experten Joel Wing im Gouvernement Bagdad 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 15 Toten und 27 Verletzten verzeichnet (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden 14 Vorfälle erfasst, mit neun Toten und elf Verwundeten (Joel Wing 9.9.2019) und im September waren es 25 Vorfälle mit zehn Toten und 35 Verwundeten (Joel Wing 16.10.2019).

AUTONOME REGION KURDISTAN / KURDISCHE REGION IM IRAK

Im Juli 2019 führte der IS seine seit langem erste Attacke auf kurdischem Boden durch. Im Gouvernement Sulaimaniya attackierte er einen Checkpoint an der Grenze zu Diyala, der von Asayish [Anm.:

Inlandsgeheimdienst der Autonomen Region Kurdistan] bemannt war. Der Angriff erfolgte in drei Phasen: Auf einen Schussangriff folgte ein IED-Angriff gegen eintreffende Verstärkung, gefolgt von Mörserbeschuss. Bei diesem Angriff wurden fünf Tote und elf Verletzte registriert (Joel Wing 5.8.2019). Im August wurde in Sulaimaniya ein Vorfall mit einer IED verzeichnet, wobei es keine Opfer gab (Joel Wing 9.9.2019).

Die am 27. Mai initiierte türkische "Operation Claw" gegen Stellungen der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Nordirak hält an. Die erste Phase richtete sich gegen Stellungen in der Hakurk/Khakurk-Region im Gouvernement Erbil (Anadolu Agency 13.7.2019; vgl. Rudaw 13.7.2019). Die zweite Phase begann am 12. Juli und zielt auf die Zerstörung von Höhlen und Zufluchtsorten der PKK (Anadolu Agency 13.7.2019). Die türkischen Luftangriffe konzentrierten sich auf die Region Amadiya im Gouvernement Dohuk, von wo aus die PKK häufig operiert (ACLED 17.7.2019). Aktuell befindet sich die Operation in der dritten Phase (ACLED 4.9.2019)

Im Kreuzfeuer wurden in den vergangenen Wochen mehrere kurdische Dörfer evakuiert, da manchmal auch Zivilisten und deren Eigentum bei türkischen Luftangriffen getroffen wurden (ACLED 4.9.2019; vgl. ACLED 7.8.2019).

Am 10. und 11. Juli bombardierte iranische Artillerie mutmaßliche PKK-Ziele im Subdistrikt Sidakan/Bradost im Gouvernement Sulaimaniya, wobei ein Kind getötet wurde (Al Monitor 12.7.2019). In dem Gebiet gibt es häufige Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und iranisch-kurdischen Aufständischen, die ihren Sitz im Irak haben, wie die "Partei für ein Freies Leben in Kurdistan'' (PJAK), die von Teheran beschuldigt wird, mit der PKK in Verbindungen zu stehen (Reuters 12.7.2019).

NORD- UND ZENTRALIRAK

In den sogenannten "umstrittenen Gebieten", die sowohl von Bagdad als auch von der kurdischen Autonomieregion beansprucht werden, und wo es zu erhebliche Sicherheitslücken zwischen den zentralstaatlichen und kurdischen Einheiten kommt, verfügt der IS nach wie vor über operative Kapazitäten, um Angriffe, Bombenanschläge, Morde und Entführungen, durchzuführen (Kurdistan24 7.8.2019). Trotz der Zunahme der Sicherheitsvorfälle im gesamten Irak waren die Zahlen im Laufe des Monats August 2019 für den Zentral-Irak jedoch rückläufig (Joel Wing 9.9.2019).

Im Gouvernement Ninewa wurden im Juli 2019 sechs Vorfälle mit 24 Toten verzeichnet, wobei hier der Fund von 18 Leichen älteren Datums eingerechnet ist (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden neun Vorfälle mit 24 Toten und drei Verwundeten registriert (Joel Wing 9.9.2019). Im September wurden 22 Vorfälle mit 35 Toten und 27 Verletzten registriert, wobei bei fast allen diesen Vorfällen IEDs involviert waren. Außerdem wurde ein Mukhtar ermordet und Mossul mit Mörsergranaten beschossen (Joel Wing 16.10.2019).

Das Gouvernement Diyala zählt regelmäßig zu den Regionen mit den meisten sicherheitsrelevanten Vorfällen und als die gewalttätigste Region des Irak (Joel Wing 5.8.2019; vgl. Joel Wing 9.9.2019). Der IS ist stark in der Region vertreten und konnte seine operativen Fähigkeiten erhalten (Joel Wing 5.8.2019). Trotz wiederholter Militäroperationen in Diyala kann sich der IS noch immer in den ausgedehnten Gebieten, die sich vom westlichen Teil Diyalas bis zu den Hamreen Bergen im Norden des Gouvernements erstrecken, sowie in den rauen Gebieten nahe der Grenze zum Iran halten (Xinhua 22.8.2019). Es kommt in Diyala regelmäßig zu Konfrontationen des IS mit Sicherheitskräften und zu Übergriffen auf Städte (Joel Wing 5.8.2019). Einerseits vertreibt der IS Zivilisten aus ländlichen Gebieten, um dort Basen zu errichten, anderseits greift er wiederholt die lokale Verwaltung und Sicherheitskräfte an (Joel Wing 9.9.2019). Ein Hauptproblem Diyalas ist die mangelhafte Kommunikation zwischen den vielen unterschiedlichen Sicherheitsakteuren in der Region (Joel Wing 9.9.2019), andererseits gibt es generell zu wenige Sicherheitskräfte in Diyala, was der IS auszunutzen versteht (Joel Wing 5.8.2019). Der IS hat Zugang zu allen ländlichen Gebieten in Diyala, konzentriert sich aber besonders auf die Bezirke Khanaqin und Jalawla im Nordosten, welche die Zentralregierung nach dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum von 2017 übernommen hat (Joel Wing 5.8.2019). Die übrigen Vorfälle betreffen hauptsächlich den Norden und das Zentrum von Diyala. Im Süden und Westen gibt es hingegen kaum sicherheitsrelevante Vorfälle (Joel Wing 9.9.2019).

Für Juli 2019 verzeichnete Joel Wing im Gouvernement Diyala 28 sicherheitsrelevante Vorfälle mit elf Toten und 30 Verletzten (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden 41 Vorfälle - die höchste Anzahl seit August 2018, mit 21 Toten und 46 Verwundeten registriert (Joel Wing 9.9.2019) und im September 37 Vorfälle mit 21 Toten und 30 Verletzten (Joel Wing 16.10.2019). Im September schlug der IS in fast allen Distrikten des Gouvernements zu (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Kirkuk gehen die Zahlen der sicherheitsrelevanten Vorfälle, bis auf wenige Spitzen, kontinuierlich zurück. Im Juli gab es eine Reihe von Raketen- und Mörserangriffen auf Städte und Sicherheitskräfte, ansonsten handelte es ich bei den Vorfällen meist um Schießereien und den Einsatz von IEDs (Joel Wing 5.8.2019). Wie im benachbarten Diyala handelte es sich bei Vorfällen in Kirkuk meist um Schießereien, Angriffe auf Kontrollpunkte, Überfälle auf Städte und Vertreibungen aus ländlichen Gebieten, wobei sich der IS auf den Süden des Gouvernements konzentrierte. Unter anderem wurden eine Polizeistation und ein Armeestützpunkt angegriffen, sowie ein Polizeihauptquartier mit Mörsern beschossen (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Kirkuk wurden im Juli 2019 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Toten und 13 Verletzten verzeichnet (Joel Wing 5.8.2019), im August 2019 19 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 34 Toten und 19 Verwundeten (Joel Wing 9.9.2019) und im September 22 Vorfälle mit elf Toten und 19 Verletzten (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Salah ad-Din wurden im Juli 2019 acht Vorfälle mit zehn Toten und acht Verletzten registriert. Zu den Vorfällen zählten zwei Feuergefechte und ein Angriff auf einen Checkpoint (Joel Wing 5.8.2019). Im August 2019 wurden sieben Vorfälle mit vier Toten und fünf Verwundeten verzeichnet (Joel Wing 9.9.2019) und im September zehn Vorfälle mit 13 Toten und zehn Verletzten (Joel Wing 16.10.2019).

Das Gouvernement Anbar, früher ein IS-Zentrum, wird nun hauptsächlich für den Transit von IS-Kämpfern zwischen dem Irak und Syrien genutzt (Joel Wing 16.10.2019). Die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Anbar hat in den vergangenen Monaten stark fluktuiert (Joel Wing 5.8.2019).

Im Gouvernement Anbar wurden im Juli 2019 fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit neun Toten und 14 Verletzten registriert (Joel Wing 5.8.2019), im August 2019 waren es vier Vorfälle mit sechs Toten und neun Verwundeten (Joel Wing 9.9.2019) und im September vier Vorfälle mit 19 Toten (Joel Wing 16.10.2019).

SÜDIRAK

Das Gouvernement Babil ist ein einfaches Ziel für die Aufständischen des IS, in das sie von Anbar aus leichten Zugang haben. Insbesondere der Distrikt Jurf al-Sakhr, in dem es keine Zivilisten gibt und der als PMF-Basis dient, ist ein beliebtes Ziel des IS (Joel Wing 9.9.2019).

Im Gouvernement Babil wurden im Juli 2019 drei sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und fünf Verletzten verzeichnet (Joel Wing 5.8.2019). Im August waren es acht Vorfälle mit fünf Toten und 48 Verletzten. Es handelt sich dabei um die höchste Zahl an Vorfällen seit Juni 2018. Darunter befand sich ein schwerer Angriff mit einer Motorradbombe (VBIED) auf einen Markt im Norden des Gouvernements (Joel Wing 9.9.2019). Im September waren es wieder drei Vorfälle mit einem Toten und fünf Verletzten (Joel Wing 16.10.2019).

Im Gouvernement Kerbala wurde im Juli ein Vorfall mit einem Toten und drei Verletzten verzeichnet. Es handelte sich dabei um den Einsatz einer Haftbombe an einem Auto (Joel Wing 5.8.2019). Im September wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit zwölf Toten und fünf Verletzten registriert (Joel Wing 16.10.2019). Hierbei wurde an einem Checkpoint im Norden von Kerbala Stadt eine Autobombe gezündet (Joel Wing 16.10.2019; vgl. VOA 21.9.2019). Von Sicherheitskräften entdeckte Waffenlager des IS weisen darauf hin, dass dieser über eine große Menge an Sprengmitteln verfügt (Joel Wing 16.10.2019).

In Basra wurde im August ein Vorfall ohne Opfer registriert. Es handelte sich dabei um eine gegen British Petroleum (BP) im Rumaila Ölfeld gerichtete IED (Joel Wing 9.9.2019). Demonstrationen gegen Korruption, Arbeitslosigkeit und mangelnde Grundversorgung halten an, wobei iranisch unterstützte PMFs beschuldigt werden, sich an der Unterdrückung der Proteste zu beteiligen und Demonstranten und Menschenrechtsaktivisten anzugreifen (Diyaruna 7.8.2019; vgl. Al Jazeera 25.10.2019).

Quellen:

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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