TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/30 W241 2166409-2

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Veröffentlicht am 30.01.2020
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Entscheidungsdatum

30.01.2020

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W241 2166409-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HAFNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Kuwait vom 10.12.2018, GZ KONS/0258/2018, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) ist Staatsangehöriger Syriens und stellte am 25.05.2016 bei der Österreichischen Botschaft Kuwait (in der Folge: ÖB Kuwait) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG). Begründend führte er aus, dass er der Ehemann einer syrischen Staatsangehörigen namens XXXX , geb. XXXX , sei, der mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) vom 29.01.2016 der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden war.

1.2. Mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG vom 03.04.2017 gab das BFA bekannt, dass im gegenständlichen Fall des BF eine Gewährung des Status eines Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. Weiters sei die Fortsetzung des zwischen dem BF und der Bezugsperson bestehenden Familienlebens in einem anderen Staat als Österreich, nämlich in Kuwait, möglich.

1.3. Mit Schreiben vom 04.04.2017, übernommen am selben Tag, wurde dem BF die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt.

1.4. Am 04.07.2017 langte eine Stellungnahme des BF ein, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass er nur über eine temporäre Aufenthaltsbewilligung für Kuwait verfüge und von einer Abschiebung bedroht sei. Die Bezugsperson könne nicht nach Kuwait kommen, da Kuwait keine syrischen Bürger mehr wünsche.

1.5. Mit Bescheid der ÖB Kuwait vom 20.04.2017 wurde der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.

1.6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

1.7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.06.2017, Zl. Kuwait-OB/KONS/152/2017, wies die ÖB Kuwait die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

1.8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.06.2018, W241 2166409-1, wurde der Bescheid vom 20.04.2017 behoben und das Verfahren zur Erlassung eines neuen Bescheids an die ÖB Kuwait zurückverweisen. Begründet wurde die Entscheidung mit der zwischenzeitlichen Aufhebung des in diesem Verfahren herangezogenen § 34 Abs. 2 Z 2 AsylG und mit mangelhafter Beweiswürdigung hinsichtlich der Ehe des BF mit der Bezugsperson.

1.9. Im Rahmen des fortgesetzten Ermittlungsverfahrens wurde die Bezugsperson am 21.09.2018 durch das BFA einvernommen und gab dabei an, dass der BF im März oder April dieses Jahres zuletzt in Österreich gewesen sei. Ihr Mann wolle erst seine Arbeit erledigen und dann nach Österreich kommen.

1.10. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG vom 15.11.2018 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) aus, dass betreffend den BF die Gewährung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da der BF wiederholt im Bundesgebiet legal aufhältig gewesen und wieder nach Kuwait ausgereist sei. Er habe die Aufenthalte weder genutzt, um einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, noch sei ein Interesse an der Fortsetzung des Familienlebens erkennbar. Dem BF seien am 20.08.2014, am 07.05.2015, am 18.11.2015, am 17.07.2017 und am 11.03.2018 Visa für Österreich ausgestellt worden.

1.11. Mit Schreiben vom 18.11.2018, wurde dem BF die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

1.12. Der BF gab am 22.11.2018 eine Stellungnahme ab, in der ausgeführt wurde, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Einreisetitels gegeben seien und die Geltung von Art. 8 EMRK im vorliegenden Fall offensichtlich sei.

1.13. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.12.2018, GZ KONS/0258/2018, verweigerte die ÖB Kuwait die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm §35 AsylG. Begründend wurde auf die Stellungnahme des BFA vom 15.11.2018 verwiesen.

1.14. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

1.15. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres, eingelangt am 25.04.2019, wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakten übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF stellte am 25.05.2016 bei der ÖB Kuwait einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , genannt, welche die Ehefrau des BF sei und seit 29.01.2016 in Österreich asylberechtigt ist. Die gemeinsame Tochter XXXX , geb. XXXX , ist in Österreich ebenfalls asylberechtigt.

Dem BF wurden nach Antragstellung an der ÖB Kuwait mehrere Visa für den Schengenraum ausgestellt, nämlich von der italienischen Vertretungsbehörde, gültig von 25.07.2017 bis 28.08.2017, und von der französischen Vertretungsbehörde, gültig von 14.03.2018 bis 15.05.2018 und von 19.12.2018 bis 17.02.2019. Der BF hielt sich seit Beantragung des Einreisevisums nach § 35 Abs. 1 AsylG mehrmals in Österreich auf, ohne einen Asylantrag zu stellen, und reiste wieder nach Kuwait aus.

Die Bezugsperson ist seit 26.08.2019 nicht mehr in Österreich gemeldet. Das BFA geht davon aus, dass die Bezugsperson mit ihrer Tochter nach Kuwait ausgereist ist. Mit Bescheiden vom 02.01.2020 wurde der Bezugsperson und ihrer Tochter XXXX der Status der Asylberechtigten aberkannt und eine Rückkehrentscheidung erlassen.

2. Beweiswürdigung:

Die Asylberechtigung der Bezugsperson und deren Tochter ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Fremdenregisters.

Die dem BF durch die Italienische und französische Vertretungsbehörde ausgestellten Visa ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden Auszügen des VIS-Systems, eingeholt durch das BMI am 09.01.2020. Aufgrund dieser Visa ist anzunehmen, dass der BF diese auch zur Einreise in den Schengenraum und insbesondere zu Besuchen seiner Familie in Österreich nutzte. Dies wurde auch durch die Aussage der Bezugsperson vom 21.09.2018 bestätigt, wonach sich der BF im März oder April 2018 in Österreich aufgehalten haben soll (diese Angabe deckt sich mit seinem von 14.03.2018 bis 15.05.2018 gültigen französischen Visum). Dass der BF bisher in Österreich keinen Asylantrag stellte, geht aus dem Zentralen Fremdenregister hervor.

Aus dem Zentralen Melderegister ergibt sich, dass die Bezugsperson seit 26.08.2019 nicht mehr in Österreich gemeldet ist. Die Vermutung des BFA, dass die Bezugsperson mit ihrer Tochter nach Kuwait ausgereist sei, ergibt sich aus der Korrespondenz des Bundesverwaltungsgerichts mit dem BFA (Mail vom 09.01.2020 im Akt). Für das Aberkennungsverfahren wurde ein Abwesenheitskurator bestellt. Trotz weiterhin aufrechter Meldung der Tochter im ZMR geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass diese mit ihrer Mutter, der Bezugsperson, aus Österreich ausgereist ist, zumal es sich um ein lediglich fünfjähriges Kind handelt, ein alleiniger Verbleib in Österreich also nicht angenommen werden kann. Die Aberkennung des Asylstatus der Bezugsperson und ihrer Tochter ergibt sich aus dem Zentralen Fremdenregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

§ 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§ 35 Abs. 1 bis 4 idF BGBl. Nr. 68/2013 lautet:

"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren."

§ 35 Abs. 5 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

"(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

§ 11 und 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

...

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034, unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.

Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG vom 12.01.2016, W184 2112510-1 ua.).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG gestellt und als Bezugsperson die in Österreich asylberechtigte Ehefrau XXXX genannt.

Zweck des Visums gemäß § 35 Abs. 1 AsylG ist es, dem Familienangehörigen eines in Österreich Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten die Einreise nach Österreich und in weiterer Folge die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz und damit einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes, der schon dem Familienangehörigen gewährt wurde, zu ermöglichen. Im gegenständlichen Fall wurden dem BF jedoch nach Stellung des Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels an der ÖB Kuwait von anderen Mitgliedstaaten Einreisetitel erteilt, wodurch dieser die Möglichkeit erhielt, in den Schengenraum und damit auch nach Österreich einzureisen. Diese Möglichkeit wurde vom BF auch genutzt, wie aus der Aussage der Bezugsperson vor dem BFA hervorgeht (siehe Beweiswürdigung oben). Der BF stellte jedoch keinen Asylantrag, sondern reiste wieder aus dem Bundesgebiet aus. Trotz Beschwerdeerhebung gegen den gegenständlichen Bescheid besteht daher seitens des BF offenbar kein Interesse an einer Asylantragstellung in Österreich oder der Fortsetzung des Familienlebens im Bundesgebiet. Da der BF trotz mehrmaliger Gelegenheit die Möglichkeit der Asylantragstellung in Österreich nicht nutzte, war das Visum schon aus diesem Grund zu verweigern.

Hinzu kommt, dass gegen die Bezugsperson ein Aberkennungsverfahren anhängig ist. Mit Bescheiden des BFA vom 02.01.2020 wurde der Bezugsperson und ihrer Tochter der Status von Asylberechtigten aberkannt, die Rechtsmittelfrist ist noch offen. Diesbezüglich lässt die Bestimmung des § 35 Abs. 4 Z 1 AsylG keinen Auslegungsspielraum. Die Anhängigkeit des Aberkennungsverfahrens reicht aus, um zwingend zu einer negativen Wahrscheinlichkeitsprognose zu führen. Zusätzlich ist im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass sich die Bezugsperson nicht mehr in Österreich aufhält.

Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein jeweils mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, dass die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten an den BF in Bezug auf die asylberechtigte Ehefrau nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen.

Im Hinblick auf die Tatsache, dass der BF es mehrmals vorzog, aus Österreich wieder nach Kuwait auszureisen, und offenbar keine Fortsetzung des Familienlebens anstrebte, und auch auf die zwischenzeitliche Ausreise der Bezugsperson aus Österreich war auf die Frage eines Familienlebens iSd Art. 8 EMRK zwischen dem BF und der Bezugsperson bzw. der gemeinsamen Tochter nicht weiter einzugehen.

Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 25.05.2016, und somit vor Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG war daher § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Aberkennungsverfahren, Ausreise, Einreisetitel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W241.2166409.2.00

Zuletzt aktualisiert am

30.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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