TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/31 W124 2128986-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2020
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Entscheidungsdatum

31.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W124 2128986-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zahl XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selbigen Tag gab der BF zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat XXXX , dem Distrikt XXXX , Dorf XXXX XXXX stamme, der Religion der Hindu und der Volksgruppe der XXXX angehöre. Zu seinem Fluchtgrund führte der BF aus, dass er zu einer niedrigen Kaste der Hindus gehören würde. Er habe nur als Diener für Leute von höheren Kasten gearbeitet und sei dabei immer misshandelt und geschlagen worden. Seit einigen Monaten sei gefoltert und verletzt worden. Zahlreiche Narben habe er am Körper, seine Hand sei gebrochen und verletzt. Seit die neue Regierung in Indien an der Macht sei, habe sich sein Zustand sehr verschlechtert. Die Kinder des BF hätten nicht in die Schule gehen dürfen und sei er von den reichen Leuten der besseren Kaste und den politischen mächtigen Leute mit dem Umbringen bedroht worden.

2. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am XXXX gab der BF an in XXXX geboren zu sein. Seit seiner Geburt habe er dort bis zu seiner Ausreise gelebt. Der Lebensunterhalt sei dadurch finanziert worden, indem die ganze Familie gearbeitet habe. Bei Hochzeiten habe man geputzt und gekocht.

Er würde verheiratet sein und zwei Kinder haben. Er habe einen Bruder, der drei Jahre älter, als der BF sein würde. Er verfüge nur über eine zweijährige Schulbildung und könne etwas lesen und schreiben. In Indien würde sein Vater, Bruder, seine Frau und zwei Kinder bzw. die gesamte Verwandtschaft leben. Mit seiner in Indien lebenden Frau und seinen Kindern würde er noch Kontakt haben. Es würde ihnen gut gehen, allerdings könne der BF seine Familie finanziell nicht unterstützen. Die Ehefrau des BF würde nicht bei dessen Vater, sondern mit den Kindern bei deren Mutter leben. Die Frau des BF habe ihren Goldschmuck dafür verpfändet, um den Schlepper zu bezahlen. Das Haus und der Goldschmuck hätten nicht ausgelöst werden können, da der BF sehr krank sei und nicht arbeiten gehen könne. Er habe kein Geld nach Indien schicken können.

Der BF selbst würde über keinen Reisepass verfügen. Der Schlepper habe ihm diesen und seine anderen Sachen abgenommen. Er würde von der untersten Kaste kommen und den sogenannten Unberührbaren angehören. Leute in Indien würden sie nicht mögen und auch keinen Respekt vor ihnen haben.

3. Zu seinen Fluchtgründen führte der BF in der Folge aus:

(...)

LA: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen und in Österreich einen Asylantrag gestellt? Nennen Sie bitte all Ihre Fluchtgründe!

VP: Ich bin sehr verwirrt ich hatte schon 4 Operationen hinter mir. Ich werde ihnen meinen Fluchtgrund sagen genau kann ich mich jetzt auch nicht erinnern was ich bei der ersten Einvernahme gesagt habe. Ich wurde von meinem Arbeitgeber zusammengeschlagen. Sie haben mich immer geschlagen manchmal am Kopf manchmal am Rücken dann gab es auch politische Probleme. Ich hatte Probleme mit der Polizei und um mein Leben zu retten bin ich dann geflüchtet.

LA: Haben Sie nun all Ihre Fluchtgründe genannt?

VP: Ich bin mehrmals von meinem Arbeitgeber zusammengeschlagen worden dann hat mir jemand gesagt dass ich das Land verlassen soll. Ich habe dann einen Schlepper kontaktiert und für die Reise habe ich ca. 500.000 indische Rupien ausgemacht. Dafür musste meine Frau ihren Goldschmuck und das Haus hinterlegen.

LA: Haben Sie alle Fluchtgründe genannt?

VP: Ja, da ist alles.

LA: Waren sie immer beim selben Arbeitgeber?

VP: Ja, ich habe seit meiner Kindheit bei ihm gearbeitet bis zu meiner Ausreise.

LA: Waren Sie ein Hausbediensteter?

VP: Ja, ich habe in der Nacht auch als Geschirrwäscher in Restaurants gearbeitet.

LA: Erzählen Sie wie Ihr Tagesablauf war, bevor die Probleme begonnen haben.

VP: Von in der Früh bis am Abend habe ich nur geputzt und Geschirr gewaschen. Meine Chefs haben mich immer verbal misshandelt. Das ist alles.

LA: Was waren Ihre Aufgaben?

VP: Ich habe Wäsche gewaschen, geputzt, Geschirr gewaschen und auch gekocht.

LA: Hat Ihre Frau auch mitgearbeitet?

VP: Sie war auch eine Hausbedienstete aber nicht Haushalt. Sie hat für verschieden Haushalte gearbeitet.

LA: Wie hieß ihr Chef?

VP: (denkt nach) Man hat ihn XXXX genannt. Er ist von einer höheren Kaste und war ein Sikh. Ich kenne seine Kaste nicht.

LA: Erzählens Sie über den Haushalt und die Familie des XXXX .

VP: In der Früh musste ich das Geschirr vom Abendessen waschen. Wäsche waschen, und Küchenarbeit erledigen. Und danach habe ich gekocht. Danach bin ich immer zu seinem Restaurant gegangen. Er war verheiratet und hatte zwei Kinder. Er hat eine Großfamilie gehabt und ein großes Haus. Es waren auch seine Onkel und Tanten und viel Cousins im Haus. Mit seiner Familie hatte ich keinen Kontakt.

LA: Wo ist diese Haus?

VP: In XXXX ohne Hausnummer und auch keine Straßennamen.

LA: Hatten Sie jemals andere Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes?

VP: Mein Arbeitgeber war ein sehr einflussreicher Mensch er hat die Polizei bestochen deswegen hat die Polizei mich immer belästigt. Da ich von der untersten Kaste bin.

LA: Warum macht besticht er die Polizei Sie zu belästigen?

VP: Er hat mir nie regelmäßig mein Gehalt bezahlt er wollte, dass ich umsonst bei ihm arbeite. Ich habe geheiratet und hatte schon zwei Kinder. Jedes Mal, wenn ich nach meinen Lohn gefragt habe, hat er mich geschlagen.

LA: Warum sind Sie nicht wo anders hingegangen?

VP: Wo sollte ich hingehen ich habe seit meiner Kindheit bei ihm gearbeitet und ich bin Analphabet.

LA: Warum sind Sie dann nach Österreich gekommen?

VP: Der Schlepper hat mich bis hierher gebracht. Ich habe nicht gewusst dass ich nach Europa gebracht werde in Indien bin ich nicht einmal mit einem Reisezug gefahren.

LA: Wie kommen Sie auf den Gedanken mit Hilfe eines Schleppers das Land zu verlassen?

VP: Meine Frau und Ihr Bruder haben mich beeinflusst, dass ich das Land verlasse.

LA: Wann haben Sie sich dazu entschlossen das Land zu verlassen?

VP: Nach meiner Verletzung am Kopf.

LA: Wann war das?

VP: Ca. ein Jahr vor meiner Ausreise.

LA: Warum haben Sie noch ein Jahr gewartet?

VP: Ich habe den Schlepper und das Geld organisieren müssen.

LA: Was gab es für politische Probleme?

VP: Damit habe ich gemeint das meine Chef ein sehr einflussreicher Mensch war und gute Kontakte zu den Politikern hat und die Polizei.

LA: Zu welchen Politikern hat er Kontakt?

VP: Mit den Mitglieder der BJP Partei.

LA: Zu welchen wie heißen die?

VP: Das weiß ich nicht.

LA: Woher wissen Sie dass er Kontakt zu den Politikern hat?

VP: Die Polizisten haben mit ihm in Restaurants gegessen und Alkohol konsumiert.

LA: Warum war er sehr einflussreich?

VP: Er hat ein großes Auto gehabt.

LA: Warum haben Sie sich nicht an eine übergeordnet Behörde gewendet?

VP: Die Polizei wollte keine Anzeige gegen Ihn aufnehmen.

LA: Waren Sie bei der Polizei?

VP: Ja.

LA: Wo und wann?

VP: In XXXX vor 2 Jahren nachdem mein Kopf verletzt wurde.

LA: Waren Sie jemals politisch tätig?

VP: Nein.

LA: Waren Sie jemals in Haft?

VP: Nein.

LA: Was hätten Sie im Fall einer Rückkehr zu befürchten?

VP: Sie werden mich umbringen. Meine Kinder haben sowieso keine Zukunft mehr.

LA: Wieso?

VP: Was kann ich dort machen, meine Frau hat ihren Goldschmuck verkauft und das Haus.

LA: Warum sollte man Sie umbringen?

VP: Da ich von der untersten Kaste komme und sie wollten, dass ich um sonst bei ihnen arbeite.

LA: Warum sollte man Sie umbringen, wenn es so ist wie Sie sagen dann stellen Sie keine Gefahr dar.

VP: Er hat versucht mich ein paar Mal umzubringen, mittlerweile sind seine Kinder auch schon erwachsen und sie könnten mich auch umbringen.

LA: Wann und wie oft hat er versucht Sie umzubringen?

VP: Er hat mich ständig mit verschiedenen Gegenständen geschlagen. Einmal auf die Hand am Kopf und am Rücken.

LA: Hatten Sie die Beschwerden wegen der Sie behandelt werden auch schon in Indien?

VP: Nein in Indien hatte ich die Beschwerden nicht. Am Anfang war es ein kleines Problem ich habe nicht gewusst wohin ich mich wenden soll. Am Praterstern gibt es einen Kastenwagen mit vielen Medikamenten dort haben sie mich erstversorgt. Danach bin ich zur Caritas gegangen. Von der Caritas habe ich einen Zettel bekommen. Seit zwei Monaten habe ich eine E Card bekommen.

LA: Warum wissen Sie den Namen von dem Arbeitgeber nicht?

VP: Man hat ihn XXXX genannt, alle haben ihn XXXX genannt.

LA: Erzählen sie von dem Moment als Sie die Kopfverletzung erlitten haben.

VP: Ich bin sehr verwirrt. Ich will nicht was Falsches sagen da ich nicht mehr weiß was ich bei meiner ersten Einvernahme gesagt habe.

LA: Es geht nicht darum was Sie bei der ersten Einvernahme erzählt haben, sondern was Sie erlebt haben.

VP: Ich habe dort im Haus gearbeitet, ich glaube etwas hat ihm nicht gepasst, dann ist es zu einer Diskussion gekommen und kurz danach hat er mit einer Glasflasche auf meinen Kopf geschlagen. Ich bin dann zur Polizei gegangen. Die Polizisten haben die Anzeige nicht entgegengenommen. Sie haben den XXXX gerufen, er ist zur Polizei gekommen und hat die Kosten für die ärztliche Versorgung übernommen. Ich wurde am Kopf genäht.

LA: Waren Sie gleich nach der Polizei beim Arzt?

VP: Ich bin zur Polizei gegangen, habe dort den Vorfall geschildert. Die Polizisten haben den XXXX angerufen er ist gekommen danach hat er mich zum Spital gebracht.

LA: Welches Spital?

VP: Ich kennen den Namen nicht es ist in XXXX .

LA: Und dann?

VP: Ich bin dann wieder zu ihm nach Hause gegangen um zu arbeiten, es gab keine andere Möglichkeit.

LA: Wie oft sind Sie von ihm geschlagen worden?

VP: Er hat mich unzählig Male geschlagen. Eine Ohrfeige das ist ganz normal gewesen das habe ich fast jeden Tag bekommen, er hat mich immer mit den Füßen getreten das war ganz normal für mich. Aber die Verletzung am Kopf war schon groß.

LA: Haben ihre Eltern auch dort gearbeitet?

VP: Ja die haben auch dort gearbeitet.

LA: Warum haben Sie Ihre Eltern nicht beschützt?

VP: Sie wurden auch unterdrückt. Meine Eltern hatten von ihm Geld ausgeborgt. Sogar meine Großeltern haben bei ihm gearbeitet.

LA: Wie alt ist er denn?

VP: Das waren mehrere Generationen.

LA: Können Sie noch irgendwelche Beweismittel vorlegen oder noch beibringen?

VP: Ich habe Befunde aus dem Krankenhaus in Österreich. Sonst habe ich nichts.

Anmerkung: wird in Kopie zum Akt genommen.

LA: Haben Sie Einwände dagegen, dass erforderlichenfalls weitere Ermittlungen zu Ihrem Vorbringen in Indien, auch unter Einschaltung eines Verbindungsbeamten oder eines Vertrauensanwaltes, durchgeführt werden? Es werden dabei keinesfalls persönliche Daten an die Behörden Ihres Heimatstaates weitergegeben.

VP: Nein.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in das vom BFA zur Beurteilung Ihres Falles herangezogene Länderinformationsblatt zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

VP: Nein.

LA: Haben Sie Familienangehörige in Österreich?

VP: Nein.

LA: Leben Sie mit jemand in Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft? Wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft!

VP: Nein.

LA: Wie sieht Ihr Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich aus? Zu wem haben Sie Kontakt, mit wem haben Sie Umgang?

VP: Ich besuche regelmäßig einen Sikh Tempel im 12 Bezirk dort habe ich viele Freunde.

LA: Wie gestalten Sie Ihre Freizeit in Österreich?

VP: Die meiste Zeit bin ich im Spital, also ca. 15 Tag im Monat bin ich im Spital aufhältig.

LA: Welche Sprachen sprechen Sie?

VP: Hindi und ich kann auch Punjabi verstehen.

LA: Haben Sie in Österreich sonstige Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert?

VP: Nein. Die Caritas hat einen Deutschkurs organisiert, ich konnte diesen Kurs nicht wahrnehmen da ich viele Untersuchungen hatte und im Spital aufhältig war. Ich war ca. 5 Tage im Kurs.

LA: Wann haben die Untersuchungen begonnen?

VP: Vor mehr als einem Jahr, 4 Monate nach meiner Einreise hatte ich schon Probleme. Dagegen habe ich nur Schmerzmittel genommen ich habe nicht gewusst was ich wirklich habe und jetzt habe ich ein großes Problem. Die Schmerzen. Ich bin nicht in der Lage arbeiten zu gehen, ich habe davor als Zeitungszusteller gearbeitet jetzt ist es nicht mehr zumutbar da ich Schmerzen habe.

LA: Sind oder waren Sie in Vereinen oder Organisationen in Österreich tätig oder nehmen Sie auf andere Weise am sozialen bzw. kulturellen Leben in Österreich teil?

VP: Nein.

LA: Beschreiben Sie den Ort XXXX aus dem Sie kommen.

VP: Das ist ein Dorf. Es gibt viele Lehmhäuser. Es ist eine kleine Ortschaft. Es gibt Felder.

LA: Gibt es Wälder oder Flüsse oder Berge?

VP: Nein es gibt viele Tempel dort.

LA: Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen?

VP: Ja.

LA: Haben Sie den Dolmetscher verstanden?

VP: Ja.

(...)

4. Mit Schreiben der Barmherzigen Brüder vom XXXX wurde dem BF attestiert, dass eine sogenannte Fistelspaltung erfolgt sei. Es würde kein Hinweis für eine Tuberkulose bestehen. Eine Schmerzmedikation wurde adaptiert, um damit eine ausreichende Schmerzstillung zu erreichen.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß § 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokumentes oder sonstigen Bescheinigungsmittels die Identität des BF nicht festgestellt werden könne. Soweit der BF im Asylverfahren namentlich genannt werden würde, diene dies lediglich der Individualisierung seiner Person als Verfahrenspartei i.S.d. AVG, nicht jedoch als Feststellung seiner Identität.

Bezüglich seines Gesundheitszustandes wurde ausgeführt, dass sich der BF in ärztlicher Behandlung befinden würde und Medikamente einnehmen müsse. Der BF sei wegen einer Analfistel operiert worden, leide an Bluthochdruck, Depressio und Hyperthyreose. Er würde medikamentös behandelt und könne im Falle des BF von keiner lebensbedrohlichen Krankheit gesprochen werden, die nicht auch in Indien behandelbar sein würde.

Zu seinen Fluchtgründen gab der BF in der Ersteinvernahme an, dass er von seinem Arbeitgeber wegen seiner Zugehörigkeit zu einer Kaste misshandelt worden sei, man ihn gefoltert und ihn mit dem Umbringen bedroht habe.

In der Einvernahme vom XXXX habe der BF zunächst im Wesentlichen den gleichen Inhalt wiedergegeben. Dann habe er sein Fluchtvorbringen gesteigert, indem er behauptet habe auch politische Probleme und solche mit der Polizei zu haben.

Der BF sei jedoch außer Stande gewesen konkrete Details zu nennen. Er habe den Namen des Arbeitgebers, bei dem dieser seit seiner Kindheit aufhältig gewesen sei, nicht nennen können. Der BF habe angegeben ihn XXXX zu nennen. Befragt, weshalb er politische Probleme gehabt habe, meinte dieser, dass er Kontakt zu Politikern der BJP gehabt habe und sehr einflussreich gewesen sei. Er habe weder angeben können mit welchen Parteimitgliedern der Arbeitgeber in Kontakt gewesen sei, noch woher er dies wisse. Der BF sei Fragen ausgewichen, indem er gemeint habe, die Polzisten seien mit dem Arbeitgeber im Restaurant gesessen. Befragt, weshalb der Arbeitgeber einflussreich gewesen sei, beantwortete dieser damit, dass er ein großes Auto gehabt habe.

Der BF habe angegeben von seinem Arbeitgeber oft geschlagen worden zu sein und hätten sich seine Eltern bzw. Großeltern Geld von diesem Mann ausgeborgt. Deswegen habe der BF keine Möglichkeit gehabt den Arbeitgeber zu verlassen. Diesbezüglich sei anzuführen, dass der BF eine Verfolgung und eine Bedrohung seines Lebens behauptet habe. Wenn die Probleme derart intensiv gewesen wären, sei nicht nachvollziehbar, weshalb der BF hätte bleiben sollen. Des weiteres habe der BF gemeint, dass " XXXX " versucht habe den BF umzubringen. Jedoch sei die Motivation dazu nicht nachvollziehbar. Den Angaben des BF nach habe dieser unregelmäßigen Lohn von ihm bekommen und hätte trotzdem gearbeitet. Es sei fraglich, weshalb der Tod für den Herrn " XXXX " ein Vorteil hätte sein sollen.

Darüber hinaus sei der BF aufgefordert worden zu schildern, was sich zugetragen habe. Der BF habe angegeben, er hätte ihn am Kopf verletzt, was für ihn zu viel gewesen sei. Der BF sei unmittelbar danach zur Polizei gegangen, welche sogleich die notwendigen Schritte eingeleitet habe, den BF versorgt und XXXX zur Rede gestellt habe. Anschließend sei der BF zu XXXX zurückgegangen. Es sei nicht plausibel, wenn der BF zu Beginn der Einvernahme behaupte Angst vor der Polizei zu haben, anschließend berichte er würde zur Polizei gehen, um XXXX anzuzeigen. Zudem habe die Polizei seine Angaben in einer Anzeige aufgenommen und sich um sein Anliegen gekümmert.

Sowohl aus seinen Angaben, als auch aus den Länderberichten, sei zu entnehmen, dass der Staat schutzwillig und schutzfähig sein würde bzw. keine kriminellen Vergehen oder Folter dulden würde. Es könne in keiner Weise davon ausgegangen werden, dass der indische Staat und seine Behörden nicht gewillt sein würden die Bürger vor derartigen kriminellen Aktivitäten zu schützen. Den Feststellungen zur Situation im Heimatland sei dies klar zu entnehmen und würde daran auch der Umstand nichts ändern, dass wie in jedem anderen Staat nicht jeder Zeit umfassender Schutz vor kriminellen Machenschaften möglich sein würde. Des weiteres sei nicht nachvollziehbar, weshalb der BF erneut mit " XXXX " mitgegangen sei, wenn dieser Angst um sein Leben gehabt hätte.

Der BF habe angegeben, dass seine Frau und deren Bruder ihn beeinflusst hätten sein Land zu verlassen. Gut ein Jahr habe der BF für die Ausreise und den Schlepper gespart. Es könne daher nicht von einem fluchtartigen Verlassen Indiens ausgegangen werden.

Die missliche finanzielle Lage würde keinen Grund für die Gewährung von Asyl darstellen. In Indien würde kein Meldewesen existieren, sodass jedenfalls die Möglichkeit offen stehen würde sich an einen anderen Ort in seinem Herkunftsstaat zu begeben, um seinen angeblichen Problemen zu entgehen. Dass man gerade den BF in ganz Indien suchen und auch finden hätte sollen sei widersprüchlich zur im LIB geschilderten allgemeinen Lage und somit aus Sicht der Behörde nicht glaubhaft.

Im Verfahren seien keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass der BF bei seiner Rückkehr nach Indien seinen Lebensunterhalt nicht durch berufliche Tätigkeiten bestreiten könne. Der BF sei eine erwachsene, arbeitsfähige Person und würde es diesem auch zumutbar sein anfänglich mit Gelegenheitsjobs seinen Unterhalt zu bestreiten. Ferner sei in Betracht zu ziehen, dass der BF den Großteil seines Lebens im Heimatland verbracht und auch über Freunde und Bekannte, sowie seine Familie und Verwandte verfügen würde, welche ihn unterstützen könnten.

Rechtlich wurde ausgeführt, dass der BF weder eine Verfolgung im Herkunftsstaat behauptet habe noch eine solche ermittelt worden sei. Es würden keine Hinweise bestehen, die eine Abschiebung unzulässig machen könnte. In Indien würde nicht eine solch extreme Gefährdungslage bestehen, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehren würde, einer Gefährdung ausgesetzt sein würde.

Im Falle des BF sei nichts dahingehend ersichtlich, dass dieser im Falle der Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könne. Auch aus der allgemeinen Situation in seinem Heimatstaat bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine, lasse sich eine solche nicht ableiten.

Zudem würde dem BF eine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehen. In Anbetracht dessen, dass es sich beim BF um eine junge Person handeln würde, könne erwartet werden, dass er sich im Heimatland eine Existenz aufbauen könne. Eine völlig ausweglose Situation könne im Falle des BF nicht erwartet werden. Zudem würde die Familie des BF in Indien leben.

Hinsichtlich des Privat-, und Familienlebens des BF wurde ausgeführt, dass im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgetreten seien, die die Vermutung einer besonderen Integration seiner Person in Österreich rechtfertigen würde. Der BF würde sich erst seit kurzer Zeit im österreichischen Bundesgebiet befinden, sei illegal ausgereist und habe kein Aufenthaltsrecht, welches nicht auf dem Asylgesetz fußen würde. Er würde Angehörige im Herkunftsland haben, die sich dort befinden würden und habe auch den überwiegenden Teil seines Lebens dort verbracht. Demgegenüber stehe das Interesse der Öffentlichkeit an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens, den der BF widersprechend mit der illegalen Einreise gehandelt habe.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass er der untersten Kaste und damit der untersten sozialen Schicht angehören würde. Der BF und seine Familie würden in armen Verhältnissen leben und so hätten diese Schmuck sowie Haus verpfänden müssen, um die Ausreise des BF finanzieren zu können.

Vier Monate nach seiner Einreise habe der BF erstmals über Schmerzen geklagt. Der BF sei schließlich vier Mal operiert worden und würde sich dieser noch immer in medizinsicher Betreuung befinden.

Die Behörde habe es verabsäumt den gesundheitlichen Zustand des BF in Zusammenhang mit einer etwaigen Zurückschiebung nach Indien und der daraus resultierenden realen Gefahr einer Verletzung nach Art 3 EMRK zu prüfen. Es sei nicht berücksichtigt worden, wie sich der Gesundheitszustand des BF auf seine körperliche Verfassung und Arbeitsfähigkeit auswirken würde. Die Lage um die medizinische und soziale Versorgung in Indien sei, obwohl in den Länderfeststellungen des Bundesasylamtes ausgeführt, nicht ausreichend gewürdigt und relativiert worden. So würde von der Staatendokumentation des Bundesasylamtes festgehalten werden, dass eine öffentliche Gesundheitsversorgung zwar bestehen würde, diese aber dem Großteil der Bevölkerung nicht zur Verfügung stehen würden. Die Qualität der privaten Krankenhäuser, die aber gleichzeitig hohe Kosten mit sich bringen würde, würde die in staatlichen Einrichtungen. Auch von anderen Stellen würde die prekäre Lage des öffentlichen Gesundheitssystems und die hohen Kosten für eine qualitative private Behandlung geschildert, wenn es dort stehe. "Indien habe das am stärksten privatisierte Gesundheitssystem auf der Welt. Die Kosten für die private Behandlung sind so hoch, dass geschätzt jährlich zwei bis drei Prozent der Inder auf Grund dieser Ausgaben unterhalb die Armutsgrenze rutschen.....". Eine qualitative, stationäre bzw. längerfristige Behandlung des BF würde in seinem Heimatland jedenfalls mit Kosten verbunden sein, die seinerseits unmöglich zu erbringen sein würde. Die Angehörigen würden einfache Arbeitstätigkeiten verrichten, deren Entlohnung dementsprechend gering sei und würden diese nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen. Eine medizinische Versorgung in einer öffentlichen Einrichtung würde mit hohen Kosten verbunden sein. Dabei dürfe jedoch nicht die mehrmals erwähnte mangelnde Qualität und der schwierige, im vorliegenden Fall, fehlende Zugang vergessen werden. Ohne Behandlung würde sich sein Gesundheitszustand unweigerlich verschlechtern und ein menschenwürdiges Leben mit sich ziehen.

Der BF sei auf Grund seiner Krankheit nicht im Stande einer Arbeit nachzugehen. Eine Rückkehr in seine Heimat würde bedeuten, dass er seiner Familie nicht nur keine Hilfe anbieten könne, sondern diese sogar finanziell und auf Grund seines gesundheitlichen Zustandes und der zu erwartenden Verschlechterung psychisch belasten würde. Das Leben an der Armutsgrenze würde sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in ein Leben unter dem Existenzminimum verwandeln. Nicht nur für den BF, sondern auch für seine restliche Familie. Die staatliche Hilfe würde den Länderberichten nach in Indien nicht ausgebaut sein. Rückkehrer würden auf die Unterstützung der Familie oder Freunden angewiesen sein. Vorübergehende Notlagen würden durch Armenausspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren würden, ausgeglichen werden können. Vorübergehende Notlagen, wie es heißen würde, würden von "nicht-staatlicher" Seite ausgeglichen werden. Diese Armenausspeisungen könnten aber keine medizinische Versorgung ersetzen. Auf Grund der durch den BF geschilderten Umstände (gesundheitlicher Zustand, mangelnde Gesundheits-, Sozialversicherung, fehlende Arbeitsfähigkeit, finanzielle Situation) liefe der BF im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien jedenfalls Gefahr, einem real risk im Sinne des Art 3 EMRK ausgesetzt zu sein, weshalb seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung gem. § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei.

7. Am XXXX wurde der BF aufgefordert einen aktuellen Versicherungsdatenauszug, die Einkommens-, und Umsatzsteuerbescheide der letzten drei vergangenen Jahre und sämtliche ärztlichen Befunde vorzulegen.

Der BF teilte mit Schreiben vom XXXX daraufhin mit, dass er in Österreich nicht gearbeitet habe und aus diesem Grunde keine Einkommens-, bzw. Umsatzsteuer vorliegen würde.

Gleichzeitig wurde ein

-Ambulanzblatt Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien vom 12.11.2018

-Ambulanzblatt Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien vom 24.12.2018

-Chirurgischer Befundbericht Dr. Martin Glöckler vom 24.08.2017

-Sonographie des Abdomens vom 19.11.2018

-Ambulanzblatt Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Wien, vom 25.2.2019

-Ambulanzblatt Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Wien, vom 12.11.2018

-Ambulanzblatt Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Wien, vom 18.09.2017

-Ambulanzblatt Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Wien, vom 26.04.2016

-Ambulanzblatt Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Wien, vom 29.03.2016

-Magnestresonnaztomographie des Unterbauches, Diagnosezentrum Urania vom 28.10.2015

vorgelegt.

8. Der in der Folge vom BVwG von Amts wegen bestellte allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Gutachter, Facharzt für Innere Medizin (Zusatzfach Gastroentologie und Hepatologie) zur Erstellung eines Gutachtens über den Gesundheitszustand des BF führte in einem solchen vom XXXX aus, dass der BF an Beschwerden leiden würde, die als Restzustände nach "Perinalabszessen" mit Abszess-Incisionen und Analfistel-Spaltungen in den Jahren XXXX und XXXX aufzufassen seien. Therapeutisch solle auf einen weichen Stuhl geachtet werden, der durch die Einnahme von Movichol erreicht werden könne. Eventuell könne auch ein perianales schmerzstillendes Gel nach dem Stuhlgang einen positiven Effekt bewirken. Ein darüber hinausgehender weiterer diagnostischer oder therapeutischer akuter Handlungsbedarf würde derzeit nicht bestehen. Die vom BF angegebenen Oberbauchbeschwerden würden klinisch einer Gastritis bzw. Refluxbeschwerden entsprechen. Ein sogenannter Protonenpumpeninhibitor würde bei diesen Beschwerden hilfreich sein. Eine weitere diagnostische Abklärung würde derzeit nicht notwendig sein. Die Beschwerden würden gut unter Kontrolle sein, weshalb eine Ausweitung der Therapie nicht notwendig sein würde. Die notwendigen Therapien würden weltweit verfügbar sein und auch in Indien erhältlich sein.

9. Weder zu den dem BF zur Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme zur Kenntnis gebrachten und diesem dem Verfahren zugrunde gelegten aktuellen Länderberichten noch zu dem vom Sachverständigen am XXXX erstatten Gutachten wurde eine Stellungnahme abgegeben.

10. Am XXXX fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt, welche folgenden Verlauf nahm:

.............

R: Was ist Ihre Muttersprache?

BF: Hindi.

R an die Dolmetscherin: In welcher Sprache übersetzen Sie für den Beschwerdeführer?

D: In Hindi.

R befragt den Beschwerdeführer, ob er die Dolmetscherin gut verstehe, dies wird

R befragt den Beschwerdeführer, ob dieser geistig und körperlich in der Lage ist der heutigen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen. Nun wird der Beschwerdeführer befragt, ob er gesund ist oder ob bei ihm (Krankheiten) und /oder Leiden vorliegen. Diese Fragen werden vom Beschwerdeführer dahingehend beantwortet, dass keine Hindernisgründe oder chronische Krankheiten und Leiden vorliegen. Der Beschwerdeführer ist in der Lage der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.

BF: Ich bin in Behandlung wegen Herzproblemen. Ich wurde operiert. Ich habe ständig Schmerzen, es geht mir nicht gut. Ich kann aber der heutigen Verhandlung Folge leisten.

R: Wann wurden Sie zum letzten Mal operiert?

BF: Im letzten Jahr.

BF legt ein Schreiben vom 25.11.2019 des Endo Zentrum vor, welches in Kopie als Beilage ./A zum Akt genommen wird.

Weiters einen Laborbefund vom XXXX , welcher in Kopie als Beilage ./B zum Akt genommen wird.

Weiters ein EKG, welches in Kopie als Beilage ./C zum Akt genommen wird.

Weiters einen Laborbefund vom 19.12.2019, welcher in Kopie als Beilage ./D zum Akt genommen wird.

R: Wann wurden Sie operiert?

BF: Im vorletzten Jahr.

R: Haben Sie heute Ihre Medikamente genommen?

BF: Ja.

R: Wie geht es Ihnen, wenn Sie Ihre Medikamente nehmen?

BF: Es geht mir dann besser.

R: Geht es Ihnen heute gut?

BF: Ja.

Dem Beschwerdeführer wird dargelegt, dass er am Verfahren entsprechend mitzuwirken hat bzw. auf die Fragen wahrheitsgemäß zu antworten hat. Andernfalls dies sich entsprechend im Erkenntnis im Bundesverwaltungsgerichtes auswirken würde.

R: Sie sind auch darüber informiert worden, dass ein Rechtsberater vom Verein Menschenrechte Österreich teilnehmen kann. Sind Sie mit dieser/diesem in Verbindung getreten?

BF: Ich habe die Länderinformationen nicht gelesen und habe auch keinen Kontakt mit der Rechtsberatung aufgenommen.

R: Verzichten Sie auf die Teilnahme eines Rechtsberaters? Kann die Verhandlung ohne einen Rechtsberater durchgeführt werden?

BF: Ich habe einen Berater bei der Caritas und ich war mit den Unterlagen bei diesem. Er hat gemeint, dass ich alleine zur Verhandlung gehen soll.

R: Für Sie wäre der Verein Menschenrechte Österreich zuständig. Möchten Sie Kontakt zu diesem aufnehmen oder kann die Verhandlung ohne Rechtsberater durchgeführt werden?

BF: Ich möchte mit dem Anwalt bei der Caritas sprechen.

R: Mit dem haben Sie ja schon gesprochen. Die Frage ist, ob Sie heute die Verhandlung ohne Rechtsberater durchführen möchten. Ist das für Sie in Ordnung, ja oder nein?

BF: Ja, ich möchte die Verhandlung ohne Rechtsberatung machen und verzichte auf die Beigabe eines Rechtsberaters.

R: Haben Sie noch neue Beweismittel betreffend Ihr Fluchtvorbringen, die Sie beim BFA oder/bzw. bei der Polizei noch nicht vorgelegt haben?

BF: Nein.

Eröffnung des Beweisverfahrens

Zum bisherigen Verfahren:

Die Partei verzichtet ausdrücklich auf die Verlesung des Akteninhaltes (vorgelegter Verwaltungsakt des BFA und Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes), dieser wird jedoch vom R der Reihe nach erläutert und zur Akteneinsicht angeboten.

Die Partei verzichtet auf eine Akteneinsicht.

R erklärt diese Aktenteile zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und zum Inhalt der hier zu Grunde liegenden Niederschrift.

R weist Beschwerdeführer auf die Bedeutung dieser Verhandlung hin. Der Beschwerdeführer wird aufgefordert nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen und belehrt, dass unrichtige Angaben bei der Entscheidungsfindung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind. Ebenso wird auf die Verpflichtung zur Mitwirkung einer Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen und dass auch mangelnde Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen ist.

R: Bitte schreiben Sie Ihren Namen und Ihr Geburtsdatum auf.

BF (schreibt dieses auf Hindi nieder): Mein Name ist XXXX , geboren am XXXX .

R: Welcher Volksgruppe bzw. Religion gehören Sie an?

BF: Ich gehöre der Religion des Hinduismus an und meine Volksgruppe ist XXXX .

R: Wo wurden Sie geboren? Bitte geben Sie genau das Dorf, den Bezirk und den Bundesstaat an.

BF: Ich wurde im Dorf XXXX , im Bezirk XXXX , im Bundesstaat XXXX geboren.

R: Geben Sie mir bitte chronologisch Ihre Wohnadressen von Ihrer Geburt bis zu Ihrer Ausreise aus Indien an.

BF: Geboren und aufgewachsen bin ich im Dorf XXXX . Genauer weiß ich es nicht. Ich bin verwirrt, es geht mir nicht gut. Es ist eine schwierige Frage.

R: Warum sind Sie deshalb verwirrt?

BF: Ich lebe bereits seit sechs Jahren in Österreich. Ich habe jetzt so viel Stress, dass ich mich nicht mehr erinnern kann.

R: Warum haben Sie so viel Stress in Österreich?

BF: Ich bin krank. Ich habe keine Arbeit. Meine Kinder verhungern.

Dem BF wird das ihm bereits postalisch übermittelte Gutachten des Univ.-Prof. Dr XXXX , Allgemein beeideter und gerichtlich beeideter Sachverständiger, zur Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme noch einmal soweit zur Kenntnis gebracht, dass der BF an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leidet. Weder der Zustand nach perinalem Abszess und Fistelspaltung noch die Gastritis bzw. Reflux-Ösophagitis-Beschwerden werden als solche eingestuft.

BF nimmt dies soweit zur Kenntnis.

R: Nehmen Sie irgendwelche Drogen?

BF: Ab und zu trinke ich Alkohol. Sonst nehme ich keine Drogen.

R: Wo haben Sie in Indien von Ihrer Geburt an bis zu Ihrer Ausreise gelebt? Bitte geben Sie das chronologisch an.

BF: Ich habe überall Verwandte in Indien und war überall unterwegs.

R: Sind Sie verheiratet?

BF: Ja.

R: Wann haben Sie geheiratet?

BF: Vor 22 Jahren. An das Datum kann ich mich nicht erinnern.

R: Haben Sie Kinder?

BF: Ja, zwei Kinder.

R: Wie heißen Ihre Kinder?

BF: Ich habe einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn heißt XXXX und die Tochter heißt XXXX .

R: Wie alt ist Ihr Sohn und wie alt ist Ihre Tochter?

BF: Meine Tochter ist 18 Jahre alt und der Sohn ist 17 Jahre alt.

R: Wissen Sie, wann sie geboren sind?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Was arbeitet Ihr Sohn?

BF: Beide Kinder studieren.

R: Was studieren Ihre Kinder?

BF: Sie gehen in die Schule.

R: Wie bestreitet Ihre Ehefrau ihren Lebensunterhalt in Indien?

BF: Sie arbeitet als Schneiderin.

R: Wie geht es Ihren Familienangehörigen?

BF: Wir leben alle getrennt, uns geht es nicht so gut.

R wiederholt die Frage.

BF: Es geht allen gut.

R: Wo wohnen Ihre Familienangehörigen derzeit?

BF: Meine Familienangehörigen leben in der Stadt XXXX . Nachgefragt, ob alle Familienangehörigen in XXXX leben, gebe ich an, dass meine Frau bei ihrer Mutter lebt.

R: Wo ist das?

BF: Die Mutter lebt auch in XXXX in einer Mietwohnung.

R: Wo wohnen Ihre Kinder?

BF: Auch bei ihrer Oma. Meine Mutter ist bereits verstorben. Mein Vater ist krank und lebt bei meinem Bruder.

R: Wo lebt Ihr Bruder?

BF: Auch in XXXX .

R: Wie bestreitet Ihr Bruder seinen Lebensunterhalt?

BF: Er ist Fabrikarbeiter.

R: Kann er damit seinen Lebensunterhalt bestreiten?

BF: Ja, beide arbeiten. Ich meine damit auch die Ehefrau meines Bruders.

R: Wann hatten Sie den letzten Kontakt mit Ihren Familienangehörigen?

BF: Das letzte Mal habe ich gestern mit ihnen über "WhatsApp" telefoniert.

R: Wie viele Geschwister haben Sie?

BF: Wir sind zwei Brüder und ich habe noch eine Schwester.

R: Wo lebt Ihre Schwester?

BF: Sie wohnt auch in XXXX . Sie ist Witwe und hat zwei Söhne.

R: Wie bestreitet Ihre Schwester ihren Lebensunterhalt?

BF: Sie hat ein Haus, dieses hat sie vermietet. Sie lebt von den Mieteinnahmen. Sie hat zwei Töchter. Eine ist bereits verheiratet.

R: Wie viele Onkel haben Sie?

BF: Alle sind verstorben.

R: Wie viele Onkel haben Sie gehabt?

BF: Mein Vater hatte drei Brüder und meine Mutter einen.

R: Haben die Brüder Ihres Vaters Kinder?

BF: Ja, aber ich habe keinen Kontakt zu ihnen.

R: Wo wohnen Ihre Cousins?

BF: Sie leben überall in XXXX , Punjab.

R: Sind das auch Verwandte, bei denen Sie gewohnt haben, wie Sie zuerst gesagt haben?

BF: Ja, vor meiner Heirat habe ich bei ihnen gewohnt.

R: Welcher Religion gehören Ihre Kinder an?

BF: Dem Hinduismus.

R: Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie?

BF: Ich bin nicht sehr gebildet. Ich war nur fünf bis sechs Jahre in der Grundschule.

R: Wie alt waren Sie, als Sie Indien verlassen haben?

BF: Ich war ca. 39/40 Jahre alt.

R: Wie haben Sie bis zu Ihrem Verlassen Indiens Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Ich habe in einem Hotel als Tellerwäscher gearbeitet.

R: Haben Sie darüber hinaus auch andere Arbeiten gemacht?

BF: Nein.

R: Wie lange haben Sie diese Tätigkeit ausgeübt?

BF: Seit Anfang an arbeitete ich dort in diesem Hotel.

R: Was heißt "seit Anfang an"?

BF: Ich war ja nicht so lange in der Schule. Als ich mit der Schule aufgehört habe, habe ich angefangen, dort zu arbeiten.

R: Wie lange haben Sie diese Tätigkeit ausgeübt?

BF: Seit meinem 10. Lebensjahr arbeite ich. Ich habe in verschiedenen Hotels als Tellerwäscher gearbeitet.

R: In welchen Hotels haben Sie als Tellerwäscher gearbeitet?

BF: Es waren keine Hotels, es waren Lokale auf der Straße.

R: Waren Sie mit Ihrer Arbeit zufrieden?

BF: Nein.

R: Hat Ihre Frau damals schon als Schneiderin gearbeitet?

BF: Nein, sie hat jetzt damit angefangen.

R: Seit wann arbeitet sie als Schneiderin?

BF: Seit meiner Ausreise.

R: Was arbeitet Ihre Schwiegermutter?

BF: Sie macht gar nichts.

R: Arbeiten Ihre Kinder neben der Schule, in den Ferien?

BF: Nein.

R: Warum nicht?

BF: Sie sind alle noch sehr jung und besuchen eine Gemeindeschule die gratis ist.

R: Warum gehen sie in den Ferien nicht arbeiten? Was hindert sie daran?

BF: Sie sind in der Maturaklasse, 10. und 12. Klasse. Sie müssen viel lernen.

R: Waren Sie jemals Mitglied in einer politischen Partei?

BF: Nein.

R: Sind Sie mit Hilfe eines Schleppers ausgereist?

BF: Ja.

R: Haben Sie Ihrem Schlepper für die Ausreise Geld bezahlen müssen?

BF: Ja.

R: Wie viel?

BF: Ich weiß nicht wie viel. Ich musste das gesamte Gold verkaufen.

R: Sie haben beim BFA gesagt, dass Sie 500.000 indische Rupien für die Ausreise bezahlen mussten. Heute sagen Sie, dass Sie nicht wissen, wie viel Sie für die Ausreise bezahlen mussten.

BF: Ich habe Gold verkauft und das ganze Geld ausgegeben für meine Ausreise.

R: Wie viel Geld war das?

BF: Es war ausgemacht 500.000 Rupien und Gold habe ich ihm auch gegeben. Es war ausgemacht, dass ich ihm das Gold zurückbezahlen würde. Dazu kam es aber nicht.

R: Was hat Ihre Frau vor ihrer Tätigkeit als Schneiderin gearbeitet?

BF: Zuvor hat sie nicht gearbeitet. Sie war in einer Schneiderschule und hat einen Kurs gemacht. Dort hat sie die Schneiderei gelernt. Jetzt muss sie für ihren Lebensunterhalt arbeiten.

R: Beim BFA haben Sie gesagt, dass Ihre Frau auch schon zuvor in verschiedenen Haushalten als Hausarbeiterin gearbeitet hat. Was sagen Sie zu diesem Widerspruch?

BF: Jetzt hat sie ihren Beruf gewechselt, weil die Kinder groß geworden sind.

R: Verdient sie mit der jetzigen Tätigkeit mehr Geld?

BF: Ja, jetzt verdient sie besser.

R: Sie haben heute gesagt, dass Sie bei verschiedenen Lokalen als Tellerwäscher immer wieder gearbeitet hätten. Beim BFA haben Sie am XXXX gesagt, dass Sie seit Ihrer Kindheit bei demselben Arbeitgeber tätig gewesen wären. Was sagen Sie zu diesem Widerspruch?

BF: Sie haben mich heute gefragt, wo ich überall seit meiner Kindheit gearbeitet habe. Beim BFA habe ich angegeben, dass ich wegen eines Streites das Land verlassen musste.

R: Von wem kam die Idee, dass Sie das Land verlassen müssten?

BF: Es geht mir finanziell nicht gut. Ich lebte dort in Armut. Ich bin ausgereist für eine bessere Zukunft, damit ich meinen Kindern eine bessere Zukunft bieten kann.

R: Leisten Sie derzeit einen Beitrag, dass Ihre Kinder eine bessere Zukunft haben können?

BF: Nein, ich bin ja krank. Ich bekomme hier keine Arbeit.

Frage auf Deutsch:

R: Sprechen und verstehen Sie Deutsch?

BF (auf Deutsch): Bisschen.

R (auf Deutsch): Haben Sie einen Deutschkurs in Österreich besucht?

BF (auf Hindi): Die Caritas hat mich bisher vier bis fünf Mal in einen Deutschkurs geschickt. Da ich immer wieder krank geworden bin, habe ich die Kurse nicht regelmäßig besucht.

R (auf Deutsch): Gehen Sie in Österreich einer Arbeit nach?

BF fragt D um Übersetzung.

Fragewiederholung auf Hindi.

BF: Nein.

Frage auf Deutsch:

R: Wovon leben Sie in Österreich?

B

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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