Entscheidungsdatum
03.02.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W268 2147879-1/9E
Schriftliche Ausfertigung des am 16.12.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris Gachowetz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid vom 18.01.2017, Zl. 1071470506-150590030 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 31.05.2015 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Bei der am 01.06.2015 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab der BF an, der Volksgruppe der Ashraf anzugehören und aus Beled Hawo in der Region Gedo zu stammen. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe führte er aus, die Al Shabaab habe versucht, den BF gegen seinen Willen zu rekrutieren. Deshalb habe der BF sein Herkunftsland verlassen.
1.3. Am 09.01.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt und gab der BF an, er stamme aus Beled Hawo. Seine Mutter lebe mit einer seiner Schwestern in Kenia. Zwei andere würden noch in Somalia im Bundesstaat Gedo leben. Die vierte Schwester sei in Äthiopien verheiratet. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe führte der BF aus, seine Familie habe ein großes Geschäft gehabt. Nach dem Tod seines Vaters habe der BF die Schule beendet und mit seiner Mutter im Geschäft gearbeitet. Eines Tages seien zwei Al Shabaab Mitglieder ins Geschäft gekommen und hätten der Mutter gesagt, sie hätten vor, den BF mitzunehmen und für den Krieg auszubilden. Die Mutter des BF habe sich geweigert, den Forderungen der Al Shabaab nachzugeben. Sie würde lieber sterben als ihren Sohn mit den Al Shabaab mitgehen zu lassen. Die Al Shabaab hätten erklärt, nochmalig bei ihrem Anführer nachzufragen und wiederzukommen. Drei Tage später sei ein Krieg zwischen Amisom Soldaten und Al Shabaab ausgebrochen. Al Shabaab konnte in Richtung Süden vertrieben werden, konnte jedoch die Heimatstadt des BF zurückerobern. An diesem Tag seien die Al Shabaab zum BF gekommen. Seine Mutter sei mit einem Gewehrkolben geschlagen worden und zu Boden gefallen. Der BF sei mitgenommen und in einen von mehreren Pick-Ups mit anderen Jugendlichen aus der Stadt eingesperrt worden. Nach zwei Stunden Fahrt (mittlerweile außerhalb der Stadt) seien dem BF Amisom Truppen entgegengekommen. Die Al Shabaab seien vor Überraschung stehen geblieben. Die Amisom Truppen hätten anschließend das Feuer eröffnet. Die Al Shabaab hätten zurückgeschossen; der BF und die Jugendlichen seien jedoch geflüchtet. Der BF sei eine Stunde gelaufen, habe dann einen anderen flüchtigen Jugendlichen getroffen und sei gegen 8 Uhr abends Nomaden begegnet. Die Nomaden hätten dem BF den Weg nach Doolow gezeigt, wo er am nächsten Tag auch angekommen sei. Sein Fluchtkompagnon habe in Doolow einen Schlepper gekannt. Der Schlepper sei von der Mutter des BF bezahlt worden. So habe der BF Somalia über Mogadischu verlassen. Später habe der BF erfahren, dass die Al Shabaab bei seiner Mutter gewesen seien und den BF gesucht hätten. Die Al Shabaab habe seiner Mutter das Geschäft weggenommen und die Mutter sei mit einer Schwester des BF nach Kenia geflüchtet.
1.4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II). Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.01.2018 erteilt (Spruchpunkt III). Die Behörde stellte fest, dass der BF in seinem Herkunftsstaat keine asylrelevanten Probleme hatte (vgl. Seite 10 des angefochtenen Bescheides). Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, das konkret geschilderte Fluchtvorbringen sei nicht lebensnah und glaubhaft geschildert worden. Glaubhaft sei jedoch, dass der BF aus einer Gegend stamme, wo es die Al Shabaab gebe. Der BF habe weiters keine sozialen und familiären Anknüpfungspunkte im Heimatland. Eine Verfolgung durch die Al Shabaab am Heimatort des BF sei somit nicht gänzlich auszuschließen. Eine hohe, den BF individuell treffende Verfolgungsgefahr mit hoher Priorität läge hingegen nicht vor (vgl. Seite 82 des angefochtenen Bescheides). Eine Asylgewährung komme somit nicht in Betracht (vgl. Seite 85 des angefochtenen Bescheides). Im Hinblick auf die Gewährung des subsidiären Schutzes wurde ausgeführt, dass im Fall des BF eine Bedrohung durch die Al Shabaab nicht gänzlich auszuschließen sei, und nicht davon ausgegangen werden könne, dass der BF über ein entsprechendes Netzwerk in Somalia verfüge, um für sich sorgen zu können. Es sei auch nicht zu erwarten, dass sein Clan ihm ausreichende Unterstützung liefern könne. Dem BF sei daher der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen (vgl. Seite 86 des angefochtenen Bescheides).
1.5. Mit Verfahrensanordnung vom 17.01.2017 wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
1.6. Mit Schriftsatz vom 07.02.2017 wurde fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides erhoben und Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Hätte die Behörde sich mit dem Fluchtvorbringen adäquat auseinandergesetzt, wäre dem BF der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen gewesen.
1.7. Die Beschwerdevorlage langte am 17.02.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde in Folge der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.
1.8. Am 16.12.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein einer Dolmetscherin für die somalische Sprache sowie des Rechtsvertreters des BF statt. Am Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.
1.9. Hinsichtlich des Verfahrensinhaltes sowie des Inhaltes der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Der BF, dessen präzise Identität nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, ist volljähriger Staatsangehöriger Somalias und Angehöriger des Clans der Ashraf. Er bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er stammt aus Beled Hawo, wo er bis zu seiner Ausreise über Doolow und Mogadischu im Jahr 2015 lebte. Der BF genoss 8 Jahre Schulbildung, zuletzt in einer Koranschule. Der BF lebt von seinem Erwerbseinkommen. Im österreichischen Bundesgebiet halten sich keine Familienangehörigen auf. Die jüngste Schwester des BF lebt mit seiner Mutter in Kenia. Eine weitere lebt in Äthiopien. Die anderen beiden waren nach letztem Informationsstand in Somalia.
1.2. Zum Fluchtvorbringen Zwangsrekrutierung
Die Familie des BF hatte in Beled Hawo ein großes Geschäft. Nach dem Tod seines Vaters beendete der BF seine Schule und arbeitete mit seiner Mutter in dem Geschäft. In seinem Heimatdorf gab es eine Al Shabaab (AS) Miliz. AMISOM-Truppen und die Regierung wollten gegen die ansässigen Al Shabaab kämpfen. Die Al Shabaab haben begonnen, die Jugendlichen in der Stadt zu sammeln und zu rekrutieren. Eines Tages kamen zwei Al Shabaab Mitglieder in das Geschäft des BF und teilten seiner Mutter mit, dass die Al Shabaab den BF mitnehmen und für den Krieg ausbilden wollen. Die Mutter des BF weigerte sich jedoch, den Forderungen der Al Shabaab nachzugeben und verwies hierbei auch auf die bisher gezahlten Abgaben an Al Shabaab. Die Al Shabaab erklärten daraufhin, nochmalig mit ihrem Anführer Rücksprache zu halten und wiederzukommen. Drei Tage später brach ein Konflikt zwischen AMISOM und Al Shabaab aus. Die Al Shabaab konnte kurzfristig in Richtung Süden vertrieben werden, konnte jedoch die Heimatstadt des BF zurückerobern. So kamen die Al Shabaab zum BF nach Hause, um den BF mitzunehmen. Die Mutter wehrte sich und wurde mit einem Gewehrkolben zu Boden geschlagen. Der BF wurde mitgenommen und in einen von mehreren Pick-UPs mit anderen Jugendlichen aus der Stadt eingesperrt. Nach mehrstündiger Fahrt (mittlerweile außerhalb der Stadt) kamen ihnen AMISOM-Truppen entgegen. Die AMISOM-Truppen eröffneten das Feuer und es kam zu einer Schießerei. Der BF konnte dadurch mit anderen Jugendlichen flüchten. Auf der Flucht traf der BF einen anderen Jungen und sie begegneten auf ihrer Flucht Nomaden. Die Nomaden zeigten dem BF den Weg nach Doloow, wo er auch am nächsten Tag ankam. Sein Fluchtkompagnon hat in Doloow einen Schlepper gefunden. Der Schlepper wurde von der Mutter des BF bezahlt. Mit diesem verließ der BF über Mogadischu seinen Herkunftsstaat. Später erfuhr der BF, dass die Al Shabaab bei seiner Mutter waren und den BF suchten. Die Al Shabaab nahmen seiner Mutter in Folge das Geschäft weg und die Mutter und Schwester des BF flüchteten nach Kenia.
Der BF verfügt weder in Beled Hawo noch in Mogadischu über ein leistungsfähiges Netz und wäre somit bei einer Rückkehr auf sich alleine gestellt.
1.3. Zur relevanten Situation in Somalia wird festgestellt wie folgt:
Bundesstaat Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba)
Nominell gehören zum Machtbereich von Jubaland die Regionen Lower und Middle Juba sowie Gedo. Die Regierung von Jubaland verfügt aber nicht über die entsprechenden Kapazitäten, um ganz Jubaland kontrollieren zu können (BFA 8.2017, S.57ff). Viele der ländlichen Teile von Jubaland werden von al Shabaab kontrolliert (NLMBZ 3.2019, S.22). Angriffe der al Shabaab richten sich vor allem gegen Regierungskräfte und deren Alliierte (LIFOS 3.7.2019, S.27). Lower Juba: Die Städte Kismayo, Afmadow und Dhobley sowie die Orte Bilis Qooqaani und Kolbiyow werden von Regierungskräften und AMISOM kontrolliert. Die Situation in Dif und Badhaade ist hingegen ungewiss (PGN 8.2019; vgl. LI 21.5.2019a, S.2). Jamaame steht unter Kontrolle von al Shabaab; dies gilt auch für den nördlichen Teil Lower Jubas (PGN 8.2019). Dhobley ist relativ frei von al Shabaab (BFA 8.2017, S.64; vgl. PGN 8.2019) und wird als sicher erachtet (LIFOS 3.7.2019, S.27). Die Städte Kismayo, Afmadow und Dhobley sowie die Orte Bilis Qooqaani und Tabta können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden (BMLV 3.9.2019). Die Bevölkerung von Kismayo ist in kurzer Zeit um 30% auf ca. 300.000 gewachsen. Viele der Zuzügler stammen aus dem Umland oder kamen aus Kenia oder der weltweiten Diaspora nach Kismayo zurück (FIS 5.10.2018, S.20f). Der Aufbau von Polizei und Justiz wurde und wird international unterstützt. Es gibt eine klare Trennung zwischen Polizei und anderen bewaffneten Kräften (BFA 8.2017, S.59). Das verhängte Waffentrageverbot in der Stadt wird umgesetzt, die Kriminalität ist auf niedrigem Niveau, es gibt kaum Meldungen über Morde (ME 27.6.2019). Folglich lässt sich sagen, dass die Polizei in Kismayo entsprechend gut funktioniert. Die al Shabaab ist in Kismayo nur eingeschränkt aktiv, es kommt nur selten zu Anschlägen oder Angriffen (BFA 8.2017, S.59; vgl. BMLV 3.9.2019). Die Stadt gilt als ruhig und sicher (ME 27.6.2019), auch wenn die Unsicherheit wächst (LIFOS 3.7.2019, S.27f). Zivilisten können sich in Kismayo frei und relativ sicher bewegen. Aufgrund der gegebenen Sicherheit ist Kismayo das Hauptziel für Rückkehrer aus Kenia. Der Stadt Kismayo - und damit der Regierung von Jubaland - wird ein gewisses Maß an Rechtsstaatlichkeit attestiert. Der Regierung ist es gelungen, eine Verwaltung zu etablieren (BFA 8.2017, S.58f; vgl. BMLV 3.9.2019). Regierungskräfte kontrollieren die Stadt, diese ist aber von al Shabaab umgeben (LIFOS 3.7.2019, S.27f); allerdings hat Jubaland die Front bis in das Vorfeld von Jamaame verschieben können. So ist al Shabaab zumindest nicht mehr in der Lage, entlang des Juba in Richtung Kismayo vorzustoßen. Trotzdem ist es der Gruppe möglich, punktuell auch in Kismayo Anschläge zu verüben (BMLV 3.9.2019).
Middle Juba: Die ganze Region und alle Bezirkshauptstädte (Buale, Jilib, Saakow) stehen unter Kontrolle der al Shabaab (PGN 8.2019; vgl. LI 21.5.2019a, S.2; BS 2018, S.15). Die Region gilt als Bastion der Gruppe (BFA 8.2017, S.62). Gedo: Die Städte Baardheere, Belet Xaawo, Doolow, Luuq und Garbahaarey sowie die Orte Ceel Waaq und Buurdhuubo werden von Regierungskräften und AMISOM kontrolliert (PGN 8.2019). Faafax Dhuun und Buusaar wurden im März 2019 von kenianischen Truppen geräumt (BMLV 3.9.2019) und von al Shabaab übernommen (PGN 8.2019). Die Städte Luuq, Garbahaarey, Doolow und Baardheere können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden (BMLV 3.9.2019). Die Grenzstadt Doolow sowie Luuq und das direkte Grenzgebiet zu Äthiopien sind relativ frei von al Shabaab (BFA 8.2017, S.64; vgl. PGN 8.2019). Die beiden genannten Städte werden als sicher erachtet (LIFOS 3.7.2019, S.27f). Bilateral eingesetzte kenianische Truppen finden sich im Bereich zur Grenze, in Gherille und Bura Hacha (BMLV 3.9.2019). Trotzdem befinden sich weite Teile von Gedo im Bereich von al Shabaab. Dabei gilt Gedo als sicherer als Lower und Middle Juba. Dies kann mitunter auf die homogenere Bevölkerung und auf die starke Präsenz von Äthiopien und Kenia zurückgeführt werden (NLMBZ 3.2019, S.22). Der Konflikt in Gedo besteht v.a. zwischen jenen Marehan, die für oder gegen al Shabaab eingestellt sind. Klare Trennlinien lassen sich hier nicht erkennen - auch nicht entlang der Clans. Dies sorgt insbesondere entlang der Grenze zu Kenia für Probleme, wo die Sicherheitslage zusätzlich durch Schmuggler verschlechtert wird (ME 27.6.2019). In Gedo verfügt die nominell für die Region zuständige Regierung Jubalands nur über schwachen Einfluss. Die dort stehenden Teile der somalischen Armee (teils ehemalige Kämpfer der Ahlu Sunna Wal Jama'a, teils von Marehan-Milizen rekrutiert) kooperieren aber zunehmend mit Jubaland. Luuq und Garbahaarey werden als stabil beschrieben, auch Doolow floriert. Neben Kismayo werden insbesondere Dhobley und Doolow als sicher bezeichnet (BFA 8.2017, S.63f; vgl. BMLV 3.9.2019). Die ASWJ ist in Gedo nicht mehr vorhanden (ME 27.6.2019). Im Dezember 2018 kam es im Grenzgebiet zu Kenia zu Kämpfen zwischen al Shabaab und IS (LWJ 14.1.2019).
Vorfälle: In den Regionen Lower Juba, Middle Juba und Gedo lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,36 Millionen Einwohner (UNFPA 10.2014, S.31f). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2017 insgesamt 41 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie "violence against civilians"). Bei 24 dieser 41 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2018 waren es 28 derartige Vorfälle (davon 20 mit je einem Toten).
Politische Lage
Hinsichtlich der meisten Tatsachen ist das Gebiet von Somalia faktisch zweigeteilt, nämlich in: a) die somalischen Bundesstaaten; und b) Somaliland, einen 1991 selbst ausgerufenen unabhängigen Staat, der international nicht anerkannt wird (AA 4.3.2019, S.5), aber als autonomer Staat mit eigener Armee und eigener Rechtsprechung funktioniert (NLMBZ 3.2019, S.7). Während Süd-/Zentralsomalia seit dem Zusammenbruch des Staates 1991 immer wieder von gewaltsamen Konflikten betroffen war und ist, hat sich der Norden des Landes unterschiedlich entwickelt (BS 2018, S.4). Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2018, S.5). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten (AA 5.3.2019b). Das Land hat bei der Bildung eines funktionierenden Bundesstaates Fortschritte erzielt (UNSC 15.5.2019, Abs.78), staatliche und regionale Regierungsstrukturen wurden etabliert (ISS 28.2.2019). Der Aufbau von Strukturen auf Bezirksebene geht hingegen nur langsam voran (UNSC 15.5.2019, Abs.50). Somalia ist damit zwar kein failed state mehr, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind sehr schwach, es gibt keine flächendeckende effektive Staatsgewalt (AA 4.3.2019, S.4f). Die Regierung verfügt kaum über eine Möglichkeit, ihre Politik und von ihr beschlossene Gesetze im Land durch- bzw. umzusetzen (FH 5.6.2019b, C1). Das Land befindet sich immer noch mitten im Staatsbildungsprozess (BS 2018, S.33). Die Herausforderungen sind dabei außergewöhnlich groß, staatliche Institutionen müssen von Grund auf neu errichtet werden. Zusätzlich wird der Wiederaufbau durch die Rebellion von al Shabaab, durch wiederkehrende Dürren und humanitäre Katastrophen gehemmt. Außerdem sind Teile der staatlichen Elite mehr mit der Verteilung von Macht und Geld beschäftigt, als mit dem Aufbau staatlicher Institutionen (BS 2018, S.33). In vielen Bereichen handelt es sich bei Somalia um einen "indirekten Staat", in welchem eine schwache Bundesregierung mit einer breiten Palette nicht-staatlicher Akteure (z.B. Clans, Milizen, Wirtschaftstreibende) verhandeln muss, um über beanspruchte Gebiete indirekt Einfluss ausüben zu können (BS 2018, S.23). Zudem ist die Bundesregierung finanziell von Katar abhängig, das regelmäßig außerhalb des regulären Budgets Geldmittel zur Verfügung stellt (SEMG 9.11.2018, S.30). Somalia ist keine Wahldemokratie, auch wenn die Übergangsverfassung eine Mehrparteiendemokratie und Gewaltenteilung vorsieht (BS 2018, S.13f). Es gibt keine freien und fairen Wahlen auf Bundes- (USDOS 13.3.2019, S.23; vgl. FH 5.6.2019b, A1) und auch keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler oder regionaler Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 4.3.2019, S.5f). Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 geplant (AA 5.3.2019b). Angesichts der bestehenden Probleme bleibt aber abzuwarten, ob diese Wahlen wirklich stattfinden werden (NLMBZ 3.2019, S.9). Bei den Vorbereitungen dafür wurden bisher nur wenige Fortschritte gemacht (FH 5.6.2019b, A3). Eigentlich sollte die Bundesregierung auch die Übergangsverfassung noch einmal überarbeiten, novellieren und darüber ein Referendum abhalten. Dieser Prozess ist weiterhin nicht abgeschlossen (USDOS 13.3.2019, S.23), und es gibt diesbezüglich Konflikte mit den Bundesstaaten (NLMBZ 3.2019, S.7). Die beiden Kammern des Parlaments wurden mittels indirekter Wahlen durch ausgewählte Älteste Ende 2016 / Anfang 2017 besetzt (USDOS 13.3.2019, S.1/23). Über 14.000 Wahlmänner und -frauen waren an der Wahl der 275 Abgeordneten beteiligt. Zuvor waren Abgeordnete unmittelbar durch einzelne Clanälteste bestimmt worden (AA 4.3.2019, S.6; vgl. AA 5.3.2019b). Das Unterhaus wurde nach Clan-Zugehörigkeit besetzt, das Oberhaus nach Zugehörigkeit zu Bundesstaaten. Die Wahlen zu beiden Häusern wurden generell als von Korruption durchsetzt und geschoben erachtet (USDOS 13.3.2019, S.1/23). Sie wurden von Schmiergeldzahlungen, Einschüchterungen, Stimmenkauf und Manipulation begleitet (BS 2018, S.14/19). Dieses Wahlsystem ist zwar noch weit von einer Demokratie entfernt und unterstreicht die Bedeutung der politischen Elite (BS 2018, S.22). Trotz allem waren die Parlamentswahlen ein bemerkenswerter demokratischer Fortschritt (AA 4.3.2019, S.6; vgl. AA 5.3.2019b; BS 2018, S.22). Insgesamt erfolgte die Zusammensetzung des Unterhauses entlang der 4.5-Formel, wonach den vier Hauptclans jeweils ein Teil der Sitze zusteht, den kleineren Clans und Minderheiten zusammen ein halber Teil (USDOS 13.3.2019, S.26; vgl. BS 2018, S.13f). Die 4.5-Formel hat zwar politischen Fortschritt gewährleistet, ist aber zugleich Ursprung von Ressentiments (SRSG 13.9.2018, S.2). Die Präsidentschaftswahl fand am 8.2.2017 statt. Die beiden Parlamentskammern wählten den früheren Premierminister Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten (AA 4.3.2019, S.6; vgl. BS 2018, S.14; USDOS 13.3.2019, S.1). Seine Wahl wurde als fair und transparent erachtet (USDOS 13.3.2019, S.1). Im März 2017 bestätigte das Parlament Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 5.3.2019b; vgl. BS 2018, S.14). Die aktuelle Regierung agiert wie eine Regierung der nationalen Einheit. Sie wurde so zusammengesetzt, dass alle relevanten Clans und Gruppen sich in ihr wiederfinden (AA 4.3.2019, S.10). Gemäß einer Quelle üben aber salafistische Netzwerke zunehmend Einfluss auf die Regierung aus (NLMBZ, S.8f). Nach anderen Angaben kann von Salafismus keine Rede sein, vielmehr sind der Präsident und seine Entourage Moslembrüder bzw. deren Ideologie sehr nahestehend (ME 27.6.2019). Wieder eine andere Quelle berichtet, dass die politische Basis des Präsidenten eine nationalistische ist (ICG 12.7.2019, S.10). Gleichzeitig unterwandert al Shabaab das System, indem sie Wahldelegierte zur Kooperation zwingt (Mohamed 17.8.2019). Das Konzept einer politischen Opposition ist nur schwach ausgeprägt, die Regeln der Politik sind abgestumpft. Misstrauensanträge, Amtsenthebungsverfahren und Wahlen werden zur Bereicherung und zum politischen Machtausbau missbraucht (SRSG 13.9.2018, S.4). Generell sind die Beziehungen zwischen Bundesregierung und Parlament problematisch. Außerdem kam es 2018 zu einer großen Zahl an Personaländerungen, so wurde etwa der Bürgermeister von Mogadischu, zahlreiche Minister und der Chief Justice ersetzt (NLMBZ, S.8f). Gegen Ende 2018 war vom Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Farmaajo eingeleitet worden. Dieses Verfahren wurde jedoch Mitte Dezember 2018 aus formalen Gründen für ungültig erklärt bzw. zurückgezogen (VOA 20.12.2018; vgl. FH 5.6.2019b, A1; UNSC 15.5.2019, Abs.3). Auch zwischen Ober- und Unterhaus ist es zu politischen Auseinandersetzungen gekommen (AMISOM 15.1.2019a; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.3). Diese wurden im Juli 2019 vorläufig beigelegt (UNSC 15.8.2019, Abs.3). Ein nationaler Versöhnungsprozess ist in Gang gesetzt worden. Dieser wird international unterstützt (UNSC 21.12.2018, S.6). Föderalisierung: Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, wurden im Rahmen eines international vermittelten Abkommens von 2013 bis 2016 die Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und HirShabelle neu gegründet (AA 5.3.2019b; vgl. USDOS 13.3.2019, S.1; BS 2018, S.4f/12). Offen sind noch der finale Status und die Grenzen der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 5.3.2019b; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.22). Mit der Gründung der Bundesstaaten und einem relativ demokratisch erfolgten Machtwechsel konnten wichtige Weichen in Richtung Demokratisierung, legitimer Staatsgewalt und Föderalismus gestellt werden (AA 4.3.2019, S.4). Beim Prozess der Föderalisierung gab es in den letzten Jahren signifikante Fortschritte (BS 2018, S.3). Allerdings hat keine dieser Verwaltungen die volle Kontrolle über die ihr nominell unterstehenden Gebiete (USDOS 13.3.2019, S.1; vgl. BS 2018, S.15).
Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance:
Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir. Allerdings finden sich in jedem Bundesstaat Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden (BFA 8.2017, S.55f). Wichtige Detailfragen zur föderalen Staatsordnung sind weiterhin ungeklärt, z. B. die Einnahmenverteilung zwischen Bund und Bundesstaaten; die jeweiligen Zuständigkeiten im Sicherheitsbereich; oder die Umsetzung der für 2020 geplanten Wahlen (AA 5.3.2019b; vgl. NLMBZ 3.2019, S.7) - und die gesamte Frage der Machtverteilung zwischen Bund und Bundesstaaten (UNSC 15.5.2019, Abs.25; vgl. UNSC 21.12.2018, S.5).
Die Bundesregierung tut sich schwer, in den Bundesstaaten Macht und Einfluss geltend zu machen (NLMBZ 3.2019, S.7). Außerdem kommt es in den Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten immer wieder zu (politischen) Spannungen (AA 5.3.2019b; vgl. NLMBZ 3.2019, S.7), die manchmal auch in Gewalt eskalierten (BS 2018, S.4). Zusätzlich haben die Bundesstaaten abseits des Nationalen Sicherheitsrates 2017 einen Kooperationsrat der Bundesstaaten (CIC) geschaffen, welcher unter Ausschluss der Bundesregierung arbeitet (SEMG 9.11.2018, S.5; vgl. AA 5.3.2019b). Während andere Mitglieder des CIC den Dialog mit der Bundesregierung verweigerten (AMISOM 12.10.2018), hat der Präsident von HirShabelle, Mohamed Abdi Waare, diesen zwischenzeitlich gesucht (AMISOM 12.10.2018; vgl. UNSC 21.12.2018, S.1). Der CIC hat bereits zweimal die Kooperation mit der Bundesregierung suspendiert (SEMG 9.11.2018, S.31f), so etwa im September 2018. Im Oktober 2018 haben alle Bundesstaaten außer HirShabelle angekündigt, gemeinsame Sicherheitskräfte aufzustellen (UNSC 21.12.2018, S.1). Generell herrscht zwischen Bundesregierung und Bundesstaaten ein besorgniserregendes Maß an Misstrauen (SRSG 13.9.2018, S.3). Dadurch wird auch die Lösung von Schlüsselfragen zu Politik und Sicherheit behindert (UNSC 15.5.2019, Abs.2; vgl. SRSG 3.1.2019, S.2). Bei dieser Auseinandersetzung kommt u.a. die Krise am Golf zu tragen: In Somalia wird eine Art Stellvertreterkrieg ausgetragen, bei welchem die unterschiedlichen Interessen und Einflüsse speziell von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine Rolle spielen. Dies hat die schon bestehenden Spannungen zwischen der Bundesregierung und den Bundesstaaten weiter verschärft, erstere ist in zunehmende Isolation geraten (SEMG 9.11.2018, S.4/30; vgl. ICG 12.7.2019, S.9; FH 5.6.2019b, C1). Diese Entwicklung hat zur Destabilisierung Somalias beigetragen (NLMBZ 3.2019, S.10). Allerdings gibt es zumindest Anzeichen für eine Verbesserung der Situation (UNSC 15.5.2019, Abs.80). So hat sich Präsident Farmaajo für die Verschlechterung der Beziehungen zu den Bundesstaaten öffentlich entschuldigt (ICG 12.7.2019, S.9). Die Bundesregierung versucht insbesondere HirShabelle und Galmudug in ihr Lager zu ziehen (BMLV 3.9.2019). Trotzdem bleiben die Spannungen bestehen (UNSC 15.8.2019, Abs.2). 1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Jubaland wurde im Jahr 2013 gebildet, damals wurde auch Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 13.3.2019, S.24). Bis Anfang August hatten sich für die Neuwahl des Präsidenten neun Kandidaten registrieren lassen (UNSC 15.8.2019, Abs.6). Am 22.8.2019 wurde dann Ahmed Madobe als Präsident bestätigt. Die Wahl war allerdings umstritten: Da die Bundesregierung mehr Kontrolle gewinnen möchte, hat sie erklärt, die Wahl nicht anzuerkennen und den Wahlkandidaten der Opposition, Abdirashif Mohamad Hidig, zu unterstützen (BAMF 26.8.2019, S.6). Der Verwaltung von Jubaland ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Dadurch, dass die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden, wurde die Machtbalance verbessert (BFA 8.2017, S.57ff). Diese Inkorporation funktioniert auch weiterhin, die Verwaltung in Kismayo hat sich weiter gefestigt. Außerdem konnten durch die Kooperation mit Teilen der Marehan auch die nicht der al Shabaab zuneigenden Gebiete von Gedo gefestigt werden (ME 27.6.2019).
Süd-/Zentralsomalia
Die Sicherheitslage bleibt volatil (UNSC 15.8.2019, Abs.13; vgl. AA 17.9.2019). Al Shabaab bleibt auch weiterhin die größte Quelle von Unsicherheit in Somalia (SRSG 3.1.2019, S.3; vgl. SEMG 9.11.2018, S.4; UNSC 21.12.2018, S.3). Al Shabaab führt nach wie vor eine effektive Rebellion (LWJ 8.1.2019). Al Shabaab hat sich ihre operative Stärke und ihre Fähigkeiten bewahrt (UNSC 21.12.2018, S.3; vgl. NLMBZ 3.2019, S.20), führt weiterhin Angriffe auf Regierungseinrichtungen, Behördenmitarbeiter, Sicherheitskräfte, internationale Partner und öffentliche Plätze - z.B. Restaurants und Hotels - durch (UNSC 15.8.2019, Abs.13; vgl. AA 17.9.2019). Dabei hat sich die Gruppe in erster Linie auf die Durchführung von Sprengstoffanschlägen und gezielten Attentaten verlegt (SRSG 3.1.2019, S.3) und kann sowohl gegen harte (militärische) als auch weiche Ziele vorgehen (NLMBZ 3.2019, S.10). Al Shabaab bleibt zudem weiterhin in der Lage, komplexe asymmetrische Angriffe durchzuführen (SEMG 9.11.2018, S.4). Neben Angriffen auf militärische Einrichtungen und strategischen Selbstmordanschlägen auf Regierungsgebäude und städtische Gebiete wendet al Shabaab auch Mörser- und Handgranatenangriffe an, legt Hinterhalte und führt gezielte Attentate durch (NLMBZ 3.2019, S.10). Al Shabaab verfügt auch weiterhin über Kapazitäten, um konventionelle Angriffe und größere Attentate (u.a. Selbstmordanschläge, Mörserangriffe) durchzuführen (LWJ 15.10.2018). Al Shabaab ist auch in der Lage, fallweise konventionelle Angriffe gegen somalische Kräfte und AMISOM durchzuführen, z.B. am 1.4.2018 gegen sogenannte Forward Operational Bases der AMISOM in Buulo Mareer, Golweyn und Qoryooley (Lower Shabelle) (SEMG 9.11.2018, S.22). Nach anderen Angaben kann al Shabaab keine konventionellen Angriffe mehr durchführen. Die Gruppe hat sich v.a. auf Sprengstoffanschläge und gezielte Attentate verlegt (SRSG 3.1.2019, S.3). Im März und April 2019 kam es zu einem signifikanten Anstieg an Angriffen in Mogadischu. Es kommt weiterhin zu Anschlägen mit improvisierten Sprengsätzen, Mörserangriffen und gezielten Attentaten. Alleine im März 2019 wurden 77 Anschläge mit Sprengsätzen verzeichnet - die höchste Zahl seit 2016. Der Großteil dieser Anschläge betraf Mogadischu, Lower Shabelle, Lower Juba und Gedo (UNSC 15.5.2019, Abs.12f). Ähnliches gilt für den Monat Ramadan (5.5.-3.6.); danach ging die Zahl an Vorfällen zurück (UNSC 15.8.2019, Abs.14). Von Gewalt durch al Shabaab am meisten betroffen sind Mogadischu, Lower und Middle Shabelle; Jubaland, Bay und Hiiraan sind zu einem geringeren Ausmaß betroffen (UNSC 21.12.2018, S.4). Al Shabaab hat auch die Angriffe mit Mörsern verstärkt. Dabei ist eine zunehmende Treffsicherheit zu verzeichnen. Außerdem führt die Gruppe weiterhin (sporadisch) komplexe Angriffe durch (UNSC 15.5.2019, Abs.14f).
Kampfhandlungen: In Teilen Süd-/Zentralsomalias (südlich von Puntland) kommt es zu örtlich begrenzten Kampfhandlungen zwischen somalischen Sicherheitskräften/Milizen bzw. AMISOM (African Union Mission in Somalia) und al Shabaab (AA 4.3.2019, S.16; vgl. AA 17.9.2019). Die Gruppe führt täglich kleinere Angriffe auf AMISOM, Armee und Regierung durch, alle paar Wochen kommt es zu einem größeren Angriff (BS 2018, S.7). Dies betrifft insbesondere die Regionen Lower Juba, Gedo, Bay, Bakool sowie Lower und Middle Shabelle. Die Region Middle Juba steht in weiten Teilen unter Kontrolle von al Shabaab (AA 4.3.2019, S.16). Zivilisten sind insbesondere in Frontbereichen, wo Gebietswechsel vollzogen werden, einem Risiko von Racheaktionen durch al Shabaab oder aber von Regierungskräften ausgesetzt (LIFOS 3.7.2019, S.22). Die Bezirke Merka, Qoryooley und Afgooye sind nach wie vor stark von Gewalt betroffen, das Gebiet zwischen diesen Städten liegt im Fokus von al Shabaab (ME 27.6.2019). In Süd-/Zentralsomalia bleibt al Shabaab auch für Stützpunkte von Armee und AMISOM eine Bedrohung. Sie behält die Fähigkeit, selbst in schwer befestigte Anlagen in Mogadischu einzudringen (LWJ 3.9.2018). Ferner kommt es immer wieder auch zu Auseinandersetzungen somalischer Milizen untereinander (AA 17.9.2019). Auch somalische und regionale Sicherheitskräfte töteten Zivilisten und begingen sexuelle Gewalttaten - v.a. in und um die Region Lower Shabelle (USDOS 13.3.2019, S.11). Zusätzlich wird die Sicherheitslage durch die große Anzahl lokaler und sogar föderaler Milizen verkompliziert (BS 2018, S.8). Es gibt immer wieder bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Milizen einzelner Sub-Clans bzw. religiöser Gruppierungen wie Ahlu Sunna Wal Jama'a (AA 4.3.2019, S.16; vgl. HRW 17.1.2019). Seit dem Jahr 1991 gibt es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden (AA 4.3.2019, S.16). Bei Kampfhandlungen gegen al Shabaab, aber auch zwischen Clans oder Sicherheitskräften kommt es zur Vertreibung, Verletzung oder Tötung von Zivilisten (HRW 17.1.2019).
Gebietskontrolle: Die Gebiete Süd-/Zentralsomalias sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen. Allerdings ist die Kontrolle der somalischen Bundesregierung im Wesentlichen auf Mogadischu beschränkt; die Kontrolle anderer urbaner und ländlicher Gebiete liegt bei den Regierungen der Bundesstaaten, welche der Bundesregierung de facto nur formal unterstehen (AA 4.3.2019, S.5). Die Regierung war nicht immer in der Lage, gewonnene Gebiete abzusichern, manche wurden von al Shabaab wieder übernommen (BS 2018, S.7). Mittlerweile wird zumindest versucht, nach der Einnahme neuer Ortschaften rasch eine Zivilverwaltung einzusetzen, wie im Zuge der Operation Badbaado 2019 in Lower Shabelle zu erkennen war. Trotzdem beherrschen die neu errichteten Bundesstaaten nicht viel mehr als die größeren Städte. Der effektive Einfluss von AMISOM und den somalischen Verbündeten bleibt meist auf das jeweilige Stadtgebiet konzentriert. Teils kommt es zu weiteren (militärischen) Exkursionen (ME 27.6.2019). Die meisten von Regierung/AMISOM gehaltenen Städte sind aber Inseln im Gebiet der al Shabaab (LI 21.5.2019a, S.3; vgl. BFA 8.2017, S.26). AMISOM muss an vielen Einsatzorten von UNSOS aus der Luft oder über See versorgt werden, da Überlandrouten nur eingeschränkt nutzbar sind (UNSC 21.12.2018, S.9).
In einigen Städten ist es in jüngerer Vergangenheit zu Verbesserungen gekommen. Dies gilt mehrheitlich auch für Mogadischu (ME 27.6.2019). Eine Infiltration von unter Kontrolle der Regierung stehenden Städten mittels größerer Kampfverbände von al Shabaab kommt nur in seltenen Fällen vor. Bisher wurden solche Penetrationen innert Stunden durch AMISOM und somalische Verbündete beendet. Eine Infiltration der Städte durch verdeckte Akteure von al Shabaab kommt in manchen Städten vor (BFA 8.2017, S.26; vgl. BMLV 3.9.2019). Andererseits führen ausstehende Soldzahlungen zu Meutereien bzw. zur Aufgabe gewonnener Gebiete durch Teile der Armee (z.B. in Middle Shabelle im März 2019) (BAMF 1.4.2019). Al Shabaab kontrolliert große Teile des ländlichen Raumes in Süd-/Zentralsomalia und bedroht dort die Städte (LWJ 8.1.2019). Außerdem kontrolliert al Shabaab wichtige Versorgungsrouten und hält gegen Städte unter Regierungskontrolle Blockaden aufrecht (HRW 17.1.2019). AMISOM/Operationen: Die Truppensteller von AMISOM glauben nicht daran, dass Regierungskräfte über die notwendigen Kapazitäten verfügen, um wichtige Sicherheitsaufgaben zu übernehmen (HRW 17.1.2019). Die Regierung ist selbst bei der Sicherheit von Schlüssel-Einrichtungen auf AMISOM angewiesen (BS 2018, S.7). Vor desaströsen Auswirkungen eines voreiligen Abzugs von AMISOM wird gewarnt (SRSG 13.9.2018, S.5). Bereits ein Teilabzug im Rahmen einer "Rekonfiguration" könnte zur Aufgabe sogenannter Forward Operating Bases (FOBs) führen (UNSC 15.5.2019, Abs.72). Die Kräfte von AMISOM sind ohnehin überdehnt (ME 27.6.2019), und schon in den Jahren 2016 und 2017 fielen manche Städte aufgrund des Abzugs von AMISOM zurück an al Shabaab (LI 21.5.2019a, S.1). Auch im Rahmen der Truppenreduzierung im Jahr 2019 hat AMISOM FOBs räumen müssen - etwa Faafax Dhuun (Gedo); andere wurden an die somalische Armee übergeben (ME 14.3.2019). Nach 2015 hat AMISOM keine großen Offensiven gegen die al Shabaab mehr geführt (ISS 28.2.2019; vgl. SEMG 9.11.2018, S.22), der Konflikt befindet sich in einer Art "Warteschleife" (ICG 27.6.2019, S.1). Im aktuellen Operationsplan von AMISOM sind ausschließlich kleinere offensive Operationen vorgesehen, welche insbesondere der Absicherung relevanter Versorgungsrouten dienen. Tatsächliche Vorstöße auf das Gebiet der al Shabaab sind so gut wie keine vorgesehen. Das heißt, dass AMISOM lediglich auf die Absicherung wesentlicher gesicherter Räume (v.a. Städte) und wichtiger Versorgungsrouten abzielt (ME 14.3.2019). In diesem Sinne ist auch die Operation Badbaado (Lower Shabelle) zu sehen, bei welcher v.a. somalische Truppen herangezogen wurden (ME 27.6.2019). Ein weiteres Zurückdrängen von al Shabaab durch AMISOM kann auf dieser Grundlage nicht erwartet werden (ME 14.3.2019). Islamischer Staat (IS): Neben al Shabaab existieren in Süd-/Zentralsomalia auch kleinere Zellen des sog. IS (LWJ 16.11.2018). Deren Aktivitäten haben sich ausgedehnt, der IS verübt Mordanschläge in - v.a. - Mogadischu, Afgooye und Baidoa (SEMG 9.11.2018, S.4/28f; vgl. LWJ 4.1.2019; NLMBZ 3.2019, S.15). Dort verfügt der IS über ein Netzwerk. Unklar bleibt, ob dieses mit der IS-Fraktion in Puntland in Kontakt steht (SEMG 9.11.2018, S.4/28f; vgl. NLMBZ 3.2019, S.16). Insgesamt hat sich der IS im Zeitraum Oktober 2017 bis August 2018 zu 50 Attentaten bekannt, tatsächlich konnten nur 13 verifiziert werden (SEMG 9.11.2018, S.4/28f). Die Fähigkeiten des IS in und um Mogadischu sind auf gezielte Attentate beschränkt (UNSC 21.12.2018, S.3).
Zivile Opfer: Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur durch al Shabaab führten 2018 zu hunderten zivilen Todesopfern und Verletzten (HRW 17.1.2019). Allerdings sind Zivilisten nicht das Primärziel (NLMBZ 3.2019, S.12; vgl. LWJ 9.11.2018), wiewohl sie als Kollateralschaden in Kauf genommen werden (NLMBZ 3.2019, S.12; vgl. LI 28.6.2019, S.8). So wurde z.B. als Grund für einen Angriff auf das Sahafi Hotel in Mogadischu am 9.11.2018 von al Shabaab angegeben, dass dort Offiziere und Regierungsvertreter wohnen würden (LWJ 9.11.2018). Der Umstand, dass bei al Shabaab willkürliche Angriffe gegen Zivilisten nicht vorgesehen sind, unterscheidet die Methoden der Gruppe von jenen anderer Terroristen (z.B. Boko Haram) (NLMBZ 3.2019, S.12).
Im Zeitraum Jänner-September 2018 sind in Somalia bei Sprengstoffanschlägen mindestens 280 Menschen ums Leben gekommen, 220 wurden verletzt. 43% der Opfer waren Zivilisten; hauptsächlich betroffen waren die Regionen Lower Shabelle und Benadir/Mogadischu (USDOS 13.3.2019, S.13).
Bei durch das Clansystem hervorgerufener (teils politischer) Gewalt kommt es zu Rachemorden und Angriffen auf Zivilisten. Im Jahr 2018 kam es bei Zusammenstößen zwischen Clanmilizen sowie zwischen diesen und al Shabaab in Puntland, Galmudug, Lower und Middle Shabelle, Lower Juba, Hiiraan und Bay zu Todesopfern. Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Sub-Clans, v.a. im Streit um Wasser und Land. Im Jahr 2018 waren davon v.a. die Regionen Hiiraan, Galmudug, Lower und Middle Shabelle betroffen (USDOS 13.3.2019, S.2/11f). Derartige Kämpfe sind üblicherweise lokal begrenzt und dauern nur kurze Zeit, können aber mit großer - generell gegen feindliche Kämpfer gerichteter - Gewalt verbunden sein (LI 28.6.2019, S.8).
Al Shabaab
Al Shabaab ist eine radikalislamistische, mit der al Kaida affiliierte Miliz (AA 4.3.2019, S.5). Ziel von al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren (EASO 2.2016, S.19). Durch das geschaffene Klima der Angst kontrolliert al Shabaab die Bevölkerung, kann sie rekrutieren, Gebiete kontrollieren, Steuern eintreiben und ihre Gesetze durchsetzen. Damit erfüllt die Gruppe alle Rahmenbedingungen eines Staates. Gleichzeitig erlangt al Shabaab aufgrund ihres funktionierenden Justizwesens auch ein Maß an Unterstützung durch die Bevölkerung (Mohamed 17.8.2019). Al Shabaab betreibt einen Staat im Staat (VOA 3.12.2018) und ist eine entwickelte, bürokratische Organisation (Maruf 14.11.2018). Die Menschen auf dem Gebiet von al Shabaab sind einer höchst autoritären und repressiven Herrschaft unterworfen (BS 2018, S.15). Die Gruppe versucht, alle Aspekte des öffentlichen und privaten Lebens der Menschen zu kontrollieren (BS 2018, S.15; vgl. Maruf 14.11.2018). Auch Namen von Nachbarn und sogar die Namen der Verwandten der Nachbarn werden in Datenbanken geführt (Maruf 14.11.2018). Die mit der Nichtbefolgung strenger Vorschriften verbundenen harten Bestrafungen haben ein generelles Klima der Angst geschaffen (BS 2018, S.15). Aufgrund von Kämpfen zwischen AMISOM/Armee und al Shabaab; der Behinderung humanitärer Hilfe und der Einhebung von Steuern auf Vieh durch al Shabaab; und aufgrund fehlender Sicherheit sind viele Einwohner der von al Shabaab kontrollierten Gebiete in Flüchtlingslager nach Kenia, Äthiopien und IDP-Lager in Somalia geflohen (USDOS 13.3.2019, S.16).
Kapazitäten: Im Vergleich zum Jahr 2014 sind die Kapazitäten von al Shabaab zurückgegangen. Trotzdem hat sich die Gruppe als robust und resilient erwiesen (LIFOS 3.7.2019, S.21f). Allerdings ist al Shabaab seit 2017 wieder effektiver und potenter geworden (Mohamed 17.8.2019). Die Gruppe hat taktische Flexibilität bewiesen. Sie führt Angriffe durch, unterbricht Versorgungslinien, greift militärische Konvois an, ermordet Anführer, die mit ausländischen Kräften kooperiert haben und führt nächtliche Angriffe auf Dörfer durch (ICG 27.6.2019, S.4). Trotz anhaltender Luftangriffe und obwohl die Armee und AMISOM im Umland von Mogadischu vermehrt Operationen durchführen, konnte al Shabaab die Zahl großer Anschläge steigern. Berichten zufolge sind die Luftschläge mit dafür verantwortlich, dass al Shabaab vermehrt in Städten operiert (UNSC 15.8.2019, Abs.16/20). Al Shabaab hat zwar seit 2011 ständig Gebiete verloren, betreibt aber auch in weiten Gebieten außerhalb ihrer direkten Kontrolle eine Art von Schattenregierung, erhebt dort Steuern und bietet Dienste an (z.B. islamische Rechtsprechung) (SEMG 9.11.2018, S.26/4). Je höher der militärische Druck auf al Shabaab anwächst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsführung (Entführungen, Anschläge, Checkpoints) und auf Drohungen. Al Shabaab wird bei der Anwendung dieser Taktik immer besser und stärker. Dabei ist auch al Shabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht völlig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-Ältesten auch gewissen Einschränkungen (BFA 8.2017, S.29f).
Verwaltung: Völkerrechtlich kommen al Shabaab als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihr kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu (AA 4.3.2019, S.5/16). Al Shabaab sorgt dort auch einigermaßen für Ordnung (ICG 27.6.2019, S.1). Die Gruppe verfügt über eine eigene Verwaltung und eigene Gerichte (LIFOS 9.4.2019, S.6). Die Gebiete von al Shabaab werden als relativ sicher beschrieben. Dort herrschen Frieden und eine Absenz an Clan-Konflikten (BMLV 3.9.2019). Al Shabaab duldet nicht, dass irgendeine andere Institution außer ihr selbst auf ihren Gebieten Gewalt anwendet. Jene, die dieses Gesetz brechen, werden bestraft (HI 31.5.2018, S.5). In den von ihr kontrollierten Gebieten verfügt al Shabaab über effektive Verwaltungsstrukturen, eine Art von Rechtsstaatlichkeit und eine effektive Polizei. Die Verwaltung von al Shabaab wurzelt auf zwei Grundsätzen: Angst und Berechenbarkeit (BFA 8.2017; vgl. BMLV 3.9.2019). Die Zivilverwaltung von al Shabaab bietet u.a. Rechtsprechung durch Schariagerichte, organisiert Treffen mit Clanältesten, unterstützt Bedürftige, führt Religionsschulen und bietet Fortbildungsmöglichkeiten - auch für Frauen (NLMBZ 3.2019, S.11). Al Shabaab versucht, zu enge Bindungen an Clans zu vermeiden, unterstützt schwächere Gruppen gegen stärkere Rivalen oder vermittelt bei Streitigkeiten (ICG 27.6.2019, S.2). Gleichzeitig wird al Shabaab als Friedensbewahrer erachtet, da sie Clankonflikte derart handhabt, dass diese auf den Gebieten unter ihrer Kontrolle nur selten in Gewalt münden (HI 31.5.2018, S.5).
Stärke: Die Größe der Miliz von al Shabaab wird auf 13.000 geschätzt. Davon stellt etwa die Hälfte den militärischen Arm (jabhat), welcher an der Front gegen die somalische Regierung und AMISOM kämpft. Die andere Hälfte sind entweder Polizisten, welche Gesetze und Gerichtsurteile durchsetzen und Verhaftungen vornehmen; sowie Richter. Außerdem verfügt al Shabaab in der Regierung, in der Armee und in fast jedem Sektor der Gesellschaft über ein fortschrittliches Spionagenetzwerk (Maruf 14.11.2018). Eine andere Quelle spricht von 7.000-9.000 Fußtruppen von al Shabaab (TIND 15.1.2019), eine weitere Quelle schätzt die Zahl auf 3.000-7.000 (LI 21.5.2019a, S.3). Wieder eine andere Quelle gibt die Zahl der aktiven Kämpfer mit 2.000-3.000 an (NLMBZ 3.2019, S.10). Die Gruppe ist technisch teilweise besser ausgerüstet als die SNA und kann selbst gegen AMISOM manchmal mit schweren Waffen eine Überlegenheit herstellen. Außerdem verfügt al Shabaab mit dem Amniyad über das landesweit beste Aufklärungsnetzwerk (BFA 8.2017, S.27/31; vgl. BMLV 3.9.2019). Der Amniyad ist die wichtigste Stütze der al Shabaab (Mohamed 17.8.2019).
Gebiete: Al Shabaab kontrolliert immer noch ca. ein Fünftel Somalias, darunter v.a. ländliche Gebiete und kleinere Städte in Süd-/Zentralsomalia (ISS 28.2.2019), u.a. Gebiete im Jubatal, darunter die Regionalhauptstadt Buale (Middle Juba) sowie die Bezirkshauptstädte Saakow, Jilib (Middle Juba) und Jamaame (Lower Juba). Auch größere Küstengebiete im Bereich Xaradheere (Mudug) und Ceel Dheere (Galgaduud) sowie die genannten Städte bleiben unter direkter Kontrolle von al Shabaab (SEMG 9.11.2018, S.22). Dies gilt auch für einige ländliche Gebiete im Umland von Mogadischu (ICG 27.6.2019, S.2). Zusätzlich kontrolliert al Shabaab die Bezirkshauptstädte Kurtunwaarey (Lower Shabelle), Tayeeglow (Bakool), Ceel Buur (Galgaduud) und Adan Yabaal (Middle Shabelle). Die Situation bezüglich Sablaale (Lower Shabelle) und Badhaade (Lower Juba) ist ungewiss (PGN 8.2019). Außerdem verfügt al Shabaab in Gebieten unter der Kontrolle von Regierung und/oder AMISOM über nennenswerten Einfluss (NLMBZ 3.2019, S.53; vgl. ICG 27.6.2019, S.4).
In ihrem Gebiet hält al Shabaab vor allem in Städten und größeren Dörfern eine permanente Präsenz aufrecht. Abseits davon operiert al Shabaab in kleinen, mobilen Gruppen und zielt damit in erster Linie auf das Einheben von Steuern ab und übt Einfluss aus (LI 21.5.2019a, S.3). Nominell ist die Reichweite der al Shabaab in Süd-/Zentralsomalia damit unbegrenzt. Sie ist in den meisten Landesteilen offen oder verdeckt präsent. Die Gruppe ist in der Lage, überall zuschlagen zu können (BMLV 3.9.2019), bzw. kann sie sich auch in vielen Gebieten Süd-/Zentralsomalias frei bewegen (USDOS 13.3.2019, S.1; vgl. LI 21.5.2019a, S.3).
Steuern: Al Shabaab wendet in ganz Süd-/Zentralsomalia ein systematisches und zentralisiertes System zur Einhebung von Steuern an, das breiter aufgestellt ist, als jenes der Bundesregierung oder der Bundesstaaten (SEMG 9.11.2018, S.25f; vgl. VOA 3.12.2018). Einkünfte werden dabei aus unterschiedlichen Quellen bezogen, v.a. aber aus der Besteuerung von: durchfahrenden Fahrzeugen (gadiid); transportierten Gütern (badeeco); landwirtschaftlichen Betrieben und Erzeugnissen (dalag); und den Verkauf von Vieh (xoolo). Hinzu kommen Einnahmen von Almosen (zakat) (SEMG 9.11.2018, S.25f). Das Steuersystem von al Shabaab wird durch systematische Einschüchterung und Gewalt gestützt (SEMG 9.11.2018, S.26/97). Die Zahlung der Abgaben erfolgt in der Form von Geld, Tieren, landwirtschaftlichen Produkten oder anderen Werten. Die Höhe der Besteuerung hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen (LI 20.12.2017, S.3). Al Shabaab erpresst Reisende entlang aller wichtigen Routen (ICG 27.6.2019, S.2). Ihre zur Steuereinnahme errichteten Straßensperren gibt es flächendeckend in ganz Süd-/Zentralsomalia. Da die Höhe der Abgaben bei al Shabaab berechenbar ist, bevorzugen kommerzielle Fahrer oftmals den Transit über von ihr kontrollierte Straßen (SEMG 9.11.2018, S.26).
Rechtsschutz/Justizwesen
Im somalischen Kulturraum existieren drei Rechtsquellen:
traditionelles Recht (Xeer), islamisches Schariarecht (v.a. für familiäre Angelegenheiten) sowie formelles Recht (SEM 31.5.2017, S.31; vgl. BS 2018, S.18; USDOS 13.3.2019, S.8; NLMBZ 3.2019, S.38). Bürger wenden sich aufgrund der Mängel im formellen Justizsystem oft an die traditionelle oder die islamische Rechtsprechung (FH 5.6.2019b, F1; NLMBZ 3.2019, S.38). In Süd-/Zentralsomalia und in Puntland sind die Grundsätze der Gewaltenteilung in der Verfassung niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere (AA 4.3.2019, S.6; vgl. USDOS 13.3.2019, S.8). Eine landesweite Rechtsstaatlichkeit ist nicht festzustellen (BS 2018, S.18).
Formelle Justiz - Kapazität: In den vergangenen zehn Jahren haben unterschiedliche Regierungen in Mogadischu und anderen Städten Gerichte auf Bezirksebene errichtet. Sie sind für Straf- und Zivilrechtsfälle zuständig. In Mogadischu gibt es außerdem ein Berufungsgericht und ein Oberstes Gericht (Supreme Court) (BS 2018, S.18). Ein Verfassungsgericht ist noch nicht eingerichtet worden (UNSC 15.5.2019, Abs.88). Insgesamt befinden sich Polizei und Justiz noch im Aufbau, Integrität und Kapazitäten reichen nicht aus, um Einzelpersonen adäquat vor Gewalt schützen zu können (LI 15.5.2018, S.3). Vielen Richtern und Staatsanwälten mangelt es an Qualifikation (BS 2018, S.18). Rechtsstaatlichkeit ist nur schwach ausgeprägt (SRSG 13.9.2018, S.2). Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes. Es gibt zwar einen Instanzenzug, aber in der Praxis werden Zeugen eingeschüchtert und Beweismaterial nicht ausreichend herbeigebracht (AA 4.3.2019, S.12). Das Justizsystem ist zersplittert und unterbesetzt (FH 5.6.2019b, F1), in vielen Landesteilen gar nicht vorhanden. Einige Regionen haben lokale Gerichte geschaffen, die vom lokal dominanten Clan abhängen (USDOS 13.3.2019, S.8). Insgesamt haben Bundesbehörden und Behörden der Bundesstaaten aber bei der Kapazitätsbildung zur Strafverfolgung Krimineller Fortschritte gemacht (LIFOS 16.4.2019, S.10). Auch weiterhin unterstützt UNDP die Programme für sogenannte mobile Gerichte (mobile courts) (UNHRC 19.7.2018, Abs.28).
Formelle Justiz - Qualität und Unabhängigkeit: In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt (AA 4.3.2019, S.6; vgl. USDOS 13.3.2019, S.8). Im August 2018 hat Präsident Farmaajo per Dekret fünf Richter des Supreme Court ausgewechselt; dies wurde als Unterminierung der Unabhängigkeit der Justiz kritisiert (UNSC 21.12.2018, S.11). Außerdem sind Urteile von Clan- oder politischen Überlegungen seitens der Richter beeinflusst (BS 2018, S.19; vgl. USDOS 13.3.2019, S.8f; FH 5.6.2019b, F2). Die meisten der in der Verfassung vorgesehenen Rechte für ein faires Verfahren werden bei Gericht nicht angewendet (USDOS 13.3.2019, S.9). Auch Korruption behindert den Zugang zu fairen Verfahren (USDOS 13.3.2019, S.9; vgl. FH 5.6.2019b, F1). Außerdem halten sich Staatsbedienstete bzw. Behörden nicht an gerichtliche Anordnungen (USDOS 13.3.2019, S.8; vgl. FH 5.6.2019b, F1; NLMBZ 3.2019, S.38). Soldaten und Polizisten, welche Verbrechen begehen, sind meist außer Reichweite gesetzlicher Sanktionen (NLMBZ 3.2019, S.34). Folglich ist das Vertrauen der Menschen in die formelle Justiz gering. Sie wird als teuer, parteiisch und manipulierbar wahrgenommen (BS 2018, S.18).
Formelle Justiz - Militärgerichte: Die von der Bundesregierung geschaffenen Militärgerichte füllen z.T. das Vakuum des schlecht funktionierenden formellen Rechtssystems (BS 2018, S.11). Sie verhandeln und urteilen weiterhin über Fälle jeglicher Art. Darunter fallen auch zivilrechtliche Fälle, die eigentlich nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen (AA 4.3.2019, S.8; vgl. FH 5.6.2019b, F2). Ein Grund dafür ist, dass zivile Richter oftmals Angst haben, bestimmte - zivile - Fälle zu verhandeln (USDOS 13.3.2019, S.8). Mittlerweile übergeben Ankläger der Armee Fälle von verdächtigten Angehörigen der Sicherheitskräfte, gegen welche ermittelt wird, teils an zivile Gerichte (HRW 17.1.2019). Militärgerichte missachten international anerkannte Standards für faire Gerichtsverfahren (AA 4.3.2019, S.8; vgl. USDOS 13.3.2019, S.2; HRW 17.1.2019). Angeklagten wird nur selten das Recht auf eine Rechtsvertretung oder auf Berufung zugestanden (USDOS 13.3.2019, S.8).
Traditionelles Recht (Xeer): Das Xeer behandelt Vorbringen von Fall zu Fall und wird von Ältesten implementiert (BS 2018, S.18). Die traditionelle Justiz dient im ganzen Land bei der Vermittlung in Konflikten. Sie wird oft herangezogen, da sie zu schnellen Entscheidungen führt (USDOS 13.3.2019, S.9). Xeer ist insbesondere in jenen ländlichen Gebieten wichtig, wo Verwaltung und Justiz nur schwach oder gar nicht vorhanden sind. Aber auch in den Städten wird Xeer oft zur Konfliktlösung - z.B. bei Streitfragen unter Politikern und Händlern - angewendet (SEM 31.5.2017, S.34). Zur Anwendung kommt Xeer auch bei anderen Konflikten und bei Kriminalität (BFA 8.2017, S.100; vgl. EASO 2.2016, S.27). Es kommt also auch dort zu tragen, wo Polizei und Justizbehörden existieren. In manchen Fällen greift die traditionelle Justiz sogar auf Polizei und Gerichtsbedienstete zurück (LIFOS 9.4.2019, S.7). Ca. 90% aller Rechtsstreitigkeiten werden über traditionelle Konfliktlösungsmechanismen ausgetragen (UNHRC 6.9.2017, Abs.60). Ein Beispiel dafür ist etwa die Zahlung von Kompensationsgeld an Familien von bei Demonstrationen in Baidoa im Dezember 2018 durch Sicherheitskräfte getöteten Personen (UNSC 15.5.2019, Abs.4).
Clan-Schutz im Xeer: Maßgeblicher Akteur im Xeer ist der Jilib - die sogenannte Diya/Mag/Blutgeld-zahlende Gruppe. Das System ist im gesamten Kulturraum der Somali präsent und bietet - je nach Region, Clan und Status - ein gewisses Maß an (Rechts-)Schutz. Die sozialen und politischen Beziehungen zwischen Jilibs sind durch (mündliche) Xeer-Verträge geregelt. Mag/Diya muss bei Verstößen gegen diesen Vertrag bezahlt werden. Für Straftaten, die ein Gruppenmitglied an einem Mitglied eines anderen Jilib begangen hat - z.B. wenn jemand verletzt oder getötet wurde - sind Kompensationszahlungen (Mag/Diya) vorgesehen. Dies gilt auch bei anderen (Sach-)Schadensfällen. Die Mitglieder eines Jilib sind verpflichtet, einander bei politischen und rechtlichen Verpflichtungen zu unterstützen, die im Xeer-Vertrag festgelegt sind - insbesondere bei Kompensationszahlungen. Letztere werden von der ganzen Gruppe des Täters bzw. Verursachers gemeinsam bezahlt (SEM 31.5.2017, S.8ff). Der Ausdruck "Clan-Schutz" bedeutet in diesem Zusammenhang also traditionell die Möglichkeit einer Einzelperson, vom eigenen Clan gegenüber einem Aggressor von außerhalb des Clans geschützt zu werden. Die Rechte einer Gruppe werden durch Gewalt oder die Androhung von Gewalt geschützt. Sein Jilib oder Clan muss in der Lage sein, Mag/Diya zu zahlen - oder zu kämpfen. Schutz und Verletzlichkeit einer Einzelperson sind deshalb eng verbunden mit der Macht ihres Clans (SEM 31.5.2017, S.31). Aufgrund von Allianzen werden auch Minderheiten in das System eingeschlossen. Wenn ein Angehöriger einer Minderheit, die mit einem großen Clan alliiert ist, einen Unfall verursacht, trägt auch der große Clan zu Mag/Diya bei (SEM 31.5.2017, S.33). Der Clan-Schutz funktioniert generell - aber nicht immer - besser als der Schutz durch den Staat oder die Polizei. Darum aktivieren Somalis im Konfliktfall (Verbrechen, Streitigkeit etc.) tendenziell eher Clan-Mechanismen. Durch dieses System der gegenseitigen Abschreckung werden Kompensationen üblicherweise auch ausbezahlt (SEM 31.5.2017, S.36). Denn in erster Linie wird ein Tod nicht durch einen Rachemord ausgeglichen, sondern durch die Zahlung von Blutgeld (diya, mag) kompensiert (GIGA 3.7.2018). Aufgrund der Schwäche bzw. Abwesenheit staatlicher Strukturen in einem großen Teil des von Somalis besiedelten Raums spielen die Clans also auch heute eine wichtige politische, rechtliche und soziale Rolle (SEM 31.5.2017, S.8), denn die Konfliktlösungsmechanismen der Clans für Kriminalität und Familienstreitigkeiten sind intakt. Selbst im Falle einer Bedrohung durch al Shabaab kann der Clan einbezogen werden. Bei Kriminalität, die nicht von al Shabaab ausgeht, können Probleme direkt zwischen den Clans gelöst werden (SEM 31.5.2017, S.35). Staatlicher Schutz ist im Falle von Clan-Konflikten von geringer Relevanz, die "Regelung" wird grundsätzlich den Clans selbst überlassen (ÖB 9.2016, S.11). Die Clanzugehörigkeit kann also manche Täter vor einer Tat zurückschrecken lassen, doch hat auch der Clanschutz seine Grenzen. Angehörige nicht-dominanter Clans und Gruppen sind etwa vulnerabler (LI 15.5.2018, S.3). Außerdem kann z.B. eine Einzelperson ohne Anschluss in Mogadischu nicht von diesem System profitieren (SEM 31.5.2017, S.35). Problematisch ist zudem, dass im Xeer oft ganze (Sub-)Clans für die Taten Einzelner zur Verantwortung gezogen werden (USDOS 13.3.2019, S.9), und dass die traditionellen Mechanismen nicht auf schriftlich festgelegten Regeln beruhen (UNHRC 6.9.2017, Abs.60). Trotzdem sind die Mechanismen des Xeer wichtig, da sie nahe an den Menschen wirken und jahrhundertealte, den Menschen bekannte Verfahren und Normen nutzen. Der Entscheidungsprozess ist transparent und inklusiv (UNHRC 6.9.2017, Abs.60). Zusammenfassend ist Xeer ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Die traditionell vorgesehenen Kompensationszahlungen decken zahlreiche zivil- und strafrechtliche Bereiche ab und kommen z.B. bei fahrlässiger Tötung, bei Autounfällen mit Personen- oder Sachschaden oder sogar bei Diebstahl zu tragen. Nach der Art des Vorfalles richtet sich auch der zu entrichtende Betrag (SEM 31.5.2017, S.32).
Scharia: Familien- und Standesangelegenheiten (Heirat, Scheidung, Erbschaft) werden im Rahmen der Scharia abgehandelt. Allerdings sind Schariagerichte oftmals von Clans beeinflusst (BS 2016, S.13). Die Gesetzlosigkeit in Süd-/Zentralsomalia führte dazu, dass die Scharia auch in Strafsachen zum Einsatz kommt, da die Bezahlung von Blutgeld manchmal nicht mehr als ausreichend angesehen wird (SEM 31.5.2017, S.34). Problematisch ist, dass die Scharia von Gerichten an unterschiedlichen Orten auch unterschiedlich interpretiert wird bzw. dass es mehrere Versionen der Scharia gibt (BS 2018, S.18).
Recht bei al Shabaab: In den von al Shabaab kontrollierten Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der Gruppe abgelehnt (AA 4.3.2019, S.23). Dort ersetzt islamisches Recht auch Xeer (SEM 31.5.2017, S.33) bzw. ist letzteres nach anderen Angaben bei al Shabaab sogar verboten (BS 2018, S.19). Außerdem gibt es dort kein formelles Justizsystem (USDOS 13.3.2019, S.10). Der Clan-Schutz ist in Gebieten unter Kontrolle oder Einfluss von al Shabaab eingeschränkt, aber nicht inexistent. Abhängig von den Umständen können die Clans auch in diesen Regionen Schutz bieten. Es kann den Schutz einer Einzelperson erhöhen, Mitglied eines Mehrheitsclans zu sein (SEM 31.5.2017, S.33f), es gibt ein gewisses Maß an Verhandlungsspielraum (LI 21.5.2019a, S.3). Al Shabaab unterhält in den von ihr kontrollierten Gebieten ständige, von Geistlichen geführte Gerichte, welche ein breites Spektrum an straf- und zivilrechtlichen Fällen abhandeln. Zusätzlich gibt es auch mobile Gerichte (ICG 27.6.2019, S.4). Es gilt die strikte salafistische Auslegung der Scharia (BS 2018, S.19). Angeklagte vor einem Schariagericht haben kein Recht auf Verteidigung, Zeugen oder einen Anwalt (USDOS 13.3.2019, S.10). In von al Shabaab kontrollierten Gebieten werden regelmäßig extreme Körperstrafen verhängt, darunter Auspeitschen oder Stockschläge, Handamputationen für Diebe oder Hinrichtungen für Ehebruch (AA 4.3.2019, S.12; vgl. SEMG 9.11.2018, S.38; TIND 15.1.2019; BS 2018, S.19). Al Shabaab inhaftiert Personen für Vergehen wie Rauchen; unerlaubte Inhalte auf dem Mobiltelefon; Musikhören; Fußballschauen oder -spielen; das Tragen eines BHs oder das Nicht-Tragen eines Hidschabs (USDOS 13.3.2019, S.5). Die harsche Interpretation der Scharia wird in erster Linie in den von al Shabaab kontrollierten Gebieten umgesetzt, dort, wo die Gruppe auch über eine permanente Präsenz verfügt (LI 20.12.2017, S.3) - was v.a. in Städten und größeren Dörfern der Fall ist (LI 21.5.2019a, S.3). In anderen Gebieten liegt ihr Hauptaugenmerk auf der Einhebung von Steuern (LI 20.12.2017, S.3). Die Gerichte der al Shabaab werden als gut funktionierend, effektiv und schnell beschrieben (BFA 8.2017, S.2