Entscheidungsdatum
03.02.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W191 2141341-2/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2019, Zahl 1113938808-190849695, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 57 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge BF), eine indische Staatsangehörige, stellte am 06.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.2. Bei ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab die BF an, sie bekenne sich zur Glaubensgemeinschaft der Sikhs und sei verlobt. Sie habe von 2010 bis 2012 die Grundschule besucht.
Zum Fluchtgrund befragt gab die BF an, sie sei mit einem Mann verlobt, der hier in Österreich - in Salzburg - lebe. Seine Familie akzeptiere sie nicht, weil sie eine Gehbehinderung habe, und ihre Familie akzeptiere ihn nicht, weil er zu einer anderen Kaste gehöre. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie, dass sie ihr Vater gegen ihren Willen mit einem anderen Mann zwangsweise verheirate.
1.3. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 03.10.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) gab die BF im Wesentlichen an, sie leide an Rückenschmerzen und Eisenmangel. Seit ihrer Kindheit habe sie Polio und sei in Indien behandelt und operiert worden. Sie gehöre der Volksgruppe der Punjabi und der Kaste der Jat an. In Indien würden ihre Eltern mit ihrem jüngeren Bruder sowie eine Tante väterlicherseits und Onkeln mütterlicherseits leben. Sie habe zehn Jahre Grundschule sowie zwei Jahre ein College, Fachrichtung Kunst, besucht und ein Jahr als Kosmetikerin gearbeitet. Indien habe sie verlassen, weil sie seit 2010 eine Beziehung mit einem Jungen geführt habe und ihre Eltern nicht einverstanden gewesen seien, weil ihre Kaste (Jat) und seine Kaste (Priesterkaste) unterschiedlich gewesen seien. Ihre Eltern hätten von dieser Beziehung erfahren, ihr Freund sei zusammengeschlagen und sie (selbst) sei im Haus eingesperrt worden. Ihre Mutter habe sie unterstützt. Ihre Familie habe ihren Freund sogar umbringen wollen, weshalb er geflüchtet sei. Als die BF die Schule beendet habe, habe sie ihre Mutter auch nach Österreich geschickt.
1.4. Mit Bescheid vom 11.11.2016 wies das BFA den Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß §§ 3, 8 und 57 AsylG ab und erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung.
Begründend führte das BFA zu Spruchpunkt I. (Asyl) aus, dass das Fluchtvorbringen wenig detailreich, oberflächlich und sich widersprechend und somit unglaubhaft sei.
Zudem wäre eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben, weil sich die behauptete Bedrohungssituation durch beide Familien nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecke, denn es gebe in Indien kein Meldewesen und Personenbewegungen durch Privatpersonen seien kaum nachvollziehbar.
Zu Spruchpunkt II. (subsidiärer Schutz) wurde ausgeführt, dass im Fall der BF keine medizinischen Probleme vorlägen, welche in ihrem Herkunftsstaat nicht behandelt werden könnten. Trotz des mäßig beeinträchtigten Gesundheitszustandes könne der BF aufgrund ihres Alters, ihrer Sprachkenntnisse, ihrer Auslandserfahrung und ihres Bildungsstandards zugemutet werden, ihren Lebensunterhalt in Indien zu sichern. Zudem könne sie auf Unterstützung durch ihre Freunde/Bekannte und von NGOs rechnen.
Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass eine Rückkehrentscheidung gerechtfertigt sei, weil sich die BF erst seit einem relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhalte und keine besonderen Integrationsschritte gesetzt habe.
1.5. Gegen diesen Bescheid vom 11.11.2016 erhob die BF das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) und führte im handschriftlich verfassten Teil im Wesentlichen aus, dass sie einen Deutschkurs besuche, weitere Kurse besuchen und hier arbeiten wolle. In Indien würden Personen unterschiedlicher Kasten, die einander lieben, umgebracht werden. Die Polizei mache auch nur eine Formalität (daraus) und in Indien gebe es sehr viel Korruption.
1.6. Mit Erkenntnis vom 25.07.2019, W222 2141341-1/12, rechtskräftig mit 31.07.2019, wies das BVwG diese Beschwerde gemäß "§§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 46, 52, 55 FPG"als unbegründet ab.
Die Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen endete somit am 14.08.2019.
1.7. Mit Mandatsbescheid vom 28.08.2019 trug das BFA der BF auf, bis zu ihrer Ausreise durchgängig Unterkunft in einer angeführten Betreuungseinrichtung in 1300 Schwechat zu nehmen.
1.8. Die BF erhob gegen diesen Mandatsbescheid mit Schreiben ihrer anwaltlichen gewillkürten Vertreter vom 01.09.2019 das Rechtsmittel der Vorstellung.
1.9. Mit Strafverfügung der LPD (Landespolizeidirektion) Niederösterreich, PK Schwechat vom 06.09.2019 wurde gegen die BF wegen Verstoßes gegen die (vollstreckbare) Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG eine Geldstrafe vom 100 Euro erlassen.
1.10. Mit Schreiben vom 11.09.2019 ("Parteiengehör") übermittelte das BFA der BF den Gesetzeswortlaut des § 57 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) und gab ihr bekannt, dass die Verhängung einer Wohnsitzauflage gemäß § 57 Abs. 1 FPG beabsichtigt sei, da sie ihrer Pflicht zur Ausreise seit 31.07.2019 nicht nachgekommen sei, und räumte ihr die Gelegenheit zur Stellungnahme dazu binnen Frist ein.
1.11. Mit Schreiben ihrer Vertreter vom 25.09.2019 gab die BF dazu lediglich an, sie leide an sekundärer Skoliose, Instabilität des rechten Knies und Hypoplasie des rechten Beins, Rückenschmerzen und Eisenmangel und befinde sich derzeit in ärztlicher Behandlung.
Eine ärztliche Verordnung vom 09.09.2019 wurde beigelegt.
1.12. Das BFA richtete am 15.10.2019 eine Anfrage an eine Betreuungseinrichtung in 8045 Graz, ob eine medizinische Versorgung der BF dort möglich sei.
Dies wurde zugesagt.
1.13. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 21.10.2019 wurde der BF gemäß § 57 Abs. 1 FPG aufgetragen, bis zu ihrer Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung Rückkehrberatungszentrum "SBS Graz-Andritz Nordberggasse 8 8056 Graz" zu nehmen und dieser Verpflichtung unverzüglich nachzukommen (Spruchpunkt I.). Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgerichtsgesetz (VwGVG) ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).
Begründet wurde diese Auflage im Wesentlichen damit, dass sich die BF trotz rechtskräftig negativer Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz und damit verbundener Rückkehrentscheidung - rechtswidrig - weiterhin im Bundesgebiet aufhalte.
Die Annahme, dass sie ihrer Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen werde (§ 57 Abs. 1 FPG), ergebe sich insbesondere auch daraus, dass sie entgegen einer Anordnung des Bundesamtes [...] ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen habe (§ 57 Abs. 2 Z 1).
Eine Abwägung der zu berücksichtigenden Rechte auf Privat- und Familienleben der BF auf der einen Seite und der öffentlichen Interessen (insbesondere an einem geordneten Fremdenwesen) auf der anderen Seite wurde vorgenommen, die gesundheitliche Situation der BF wurde berücksichtigt.
1.14. Gegen diesen verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 16.10.2019 erhob die BF mit Schreiben ihrer Vertreter fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das BVwG.
In der Beschwerdebegründung wurde im Wesentlichen moniert, dass die BF mit ihrem Verlobten in einer gemeinsamen Wohnung wohne und dieser auch alle derzeitigen Kosten übernehme, sodass ein Abhängigkeitsverhältnis vorliege. Die BF lebe seit knapp dreieinhalb Jahren in Salzburg und habe hier Freunde. Sie habe ihre Mitwirkungspflicht zur Erwirkung eines Reisedokuments nicht verletzt und sei Ladungen stets gefolgt.
Hingewiesen wurde auf den Gesundheitszustand der BF.
Beantragt wurde unter anderem, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.
1.15. Auf Nachfrage durch das erkennende Gericht übermittelte das BFA Aktenteile aus Verfahren betreffend die BF, die im vorgelegten Verwaltungsakt zunächst nicht enthalten waren (Aktenvermerk zur "HRZ Einvernahme" vom 16.10.2019, wonach die BF das Formblatt ausgefüllt habe; Information darüber, dass die BF einer Ladung für den 23.08.2019 nicht gefolgt, dem Ladungsbescheid vom 04.10.2019 dann gefolgt wäre).
2. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen, glaubhaft gemachten Sachverhalt aus:
2.1. Zur Person der BF:
Die BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehörige von Indien und stammt aus dem Bundesstaat Haryana. Sie ist Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Sikhs, ledig und kinderlos. Ihre Muttersprache ist Hindi, sie spricht auch Punjabi und Englisch.
Die BF hat nach ihren Angaben zwölf Jahre die Schule besucht und war als Schneiderin und Kosmetikerin erwerbstätig. Sie lebte gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem Bruder in einem Haus. Ihre Eltern und ihr Bruder wie auch Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen leben in Indien.
Im Kindesalter erkrankte die BF an Poliomyelitis und wurde deswegen in Indien behandelt und operiert. Derzeit leidet sie an Beckenschiefstand mit sekundärer Skoliose, Instabilität des rechten Knies und Hypoplasie des rechten Beins, Rückenschmerzen und Eisenmangel. Sie verfügt über einen österreichischen Behindertenpass, auf dem ein Grad der Behinderung von 50% vermerkt ist.
Am 06.05.2016 stellte die BF einen Antrag auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet, der mit Erkenntnis des BVwG vom 25.07.2019 - ebenso wie jener ihres angeblichen Verlobten - rechtskräftig abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung verbunden wurde.
Die BF lebt im österreichischen Bundesgebiet weder in Familiengemeinschaft noch in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Sie lebt mit ihrem angeblichen Verlobten, einem indischen Staatsangehörigen, im gemeinsamen Haushalt.
Die BF bezog bis zum 14.05.2019 Leistungen im Rahmen der Grundversorgung und wurde mit 15.05.2019 aus der Grundversorgung mangels Hilfsbedürftigkeit entlassen. Sie geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Im Jahr 2018 besuchte sie einen Deutschkurs für das Niveau A1 und absolvierte bisher keine Deutschprüfungen.
Weitere soziale Kontakt wurden weder konkret vorgebracht noch belegt.
Die BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
2.2. Die BF hält sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Seit Entscheidung des BVwG vom 25.07.2019, W222 2141341-1/12E, rechtskräftig mit 31.07.2019, besteht eine Rückkehrentscheidung gegen die BF. Sie ist ihrer Ausreiseverpflichtung nach Indien bislang nicht nachgekommen.
Die BF ist nicht willens, aus dem Bundesgebiet auszureisen und entsprechende behördliche Entscheidungen zu befolgen. Sie hat entgegen einer Anordnung des Bundesamtes ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen.
Die BF kam dem mit Mandatsbescheid vom 28.08.2019 verfügten Auftrag zur Unterkunftnahme in einer Betreuungseinrichtung in 1300 Schwechat ebenso wie dem gegenständlichen Auftrag vom 21.10.2019 zur Unterkunftnahme in einer Betreuungseinrichtung in 8045 Graz nicht nach.
3. Beweiswürdigung:
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten und Vorakten des BFA und des BVwG.
Die Feststellungen zum Aufenthalt der BF in Österreich, zum Ausgang des Verfahrens über ihren Antrag auf internationalen Schutz, zum Bestehen einer Rückkehrentscheidung, zu ihrem Verbleib in Österreich trotz rechtskräftiger Ausreiseverpflichtung und zur Nichterfüllung der Aufträge zur Unterkunftnahme ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt.
Die festgestellte Ausreiseunwilligkeit ergibt sich im Wesentlichen aus dem Umstand, dass die BF ihrer Ausreiseverpflichtung seit über vier Monaten nicht nachgekommen ist, im gegenständlichen Verfahren wenig Kooperationsbereitschaft gezeigt hat, zur Einvernahme vor dem BFA - nach Nichtbefolgung einer Ladung - erst nach Erlassung eines Ladungsbescheides erschienen ist und ein verpflichtendes Rückkehrberatungsgespräch nicht in Anspruch genommen hat.
Der BF wurde im Rahmen eines Parteiengehörs die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, wobei sie im Wesentlichen lediglich auf ihre angebliche Lebensgemeinschaft mit ihrem Verlobten sowie auf ihre gesundheitliche Situation verwies.
Dazu ist jedoch festzuhalten, dass die BF in einer verbundenen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 08.11.2018 - gemeinsam mit ihrem angeblichen Verlobten - Angaben gemacht hat, die in Gegenüberstellung zu ihren vorhergehenden Angaben im Verfahren, vor allem aber in Gegenüberstellung zu den Angaben ihres angeblichen Verlobten - wiederholt unstimmig und widersprüchlich waren, sodass sie ihr Vorbringen nicht glaubhaft macht konnte. Dieser Umstand ist nicht geeignet, die persönliche Glaubwürdigkeit der BF zu stützen.
Dass die BF seit nunmehr ca. dreieinhalb Jahren in Österreich aufhältig ist und trotz ihrer angeblich fast abgeschlossenen Ausbildung zu einer Lehrerin weder irgendeine Deutschprüfung abgelegt hat, noch sonst irgendwelche konkreten integrationsfördernden Aktivitäten konkret angegeben oder belegt hat, ist ebenfalls nicht geeignet, ihre persönliche Glaubwürdigkeit zu stärken.
Dies gilt auch für den Umstand, dass die BF trotz dieser angeblichen Ausbildung keinerlei Reisedokumente vorgelegt hat und bei der Indischen Botschaft in Wien ein Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates gestellt werden musste. Auch im Zuge dieses Verfahrens hat die BF keinerlei Personaldokumente vorgelegt, wie sie überhaupt bisher keinerlei Belege - ausgenommen ihre Gesundheit betreffend - vorgelegt hat.
Die Feststellungen zur Unbescholtenheit beruhen auf einem eingeholten Strafregisterauszug.
Aufgrund der dargelegten Verhaltensweisen der BF ist der belangten Behörde beizupflichten, dass erhebliche Umstände vorliegen, die gegen die Absicht der BF sprechen, das Bundesgebiet aus eigenem verlassen zu wollen.
4. Rechtliche Beurteilung:
4.1. Anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
4.2. Rechtlich folgt daraus:
Zu Spruchteil A):
4.2.1. Die gegenständliche, zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde am 18.11.2019 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage am 25.11.2019 beim BVwG eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.
4.2.2. Das BVwG stellt weiters fest, dass das Verwaltungsverfahren in wesentlichen Punkten rechtmäßig durchgeführt wurde.
4.2.3. Zur Beschwerde:
Das Vorbringen in der Beschwerde war nicht geeignet, das Vorbringen des BF zu unterstützen, zumal die für die Entscheidung maßgeblichen und festgestellten Umstände nicht substantiiert bestritten wurden.
4.2.4. Zu den Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides:
4.2.4.1. Zu § 57 FPG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Der mit "Wohnsitzauflage" überschriebene § 57 FPG lautet auszugsweise:
"(1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn
1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder
2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.
(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige
1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;
2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;
3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;
4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;
5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.
(3) [...]
(4) Die Verpflichtungen des Drittstaatsangehörigen aufgrund einer Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ruhen, wenn und solange
1. die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 oder die Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 vorübergehend nicht durchführbar,
2. sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a geduldet oder
3. ihm die persönliche Freiheit entzogen ist.
(5) Wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 60 Abs. 3 gegenstandslos oder tritt eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 4 außer Kraft, tritt auch die Wohnsitzauflage außer Kraft.
(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen."
§ 46 FPG lautet auszugsweise:
"[...] (2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen. [...]"
Aus den Erläuterungen zum Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2017 betreffend § 57 FPG ergibt sich auszugsweise Folgendes:
"[...] Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll dabei nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen. Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird."
Zu Absatz 1 wurde ausgeführt, dass diese Konstellation auch jene Fälle umfassen soll, "in denen zwar eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, der Drittstaatsangehörige aber nicht innerhalb der Frist ausgereist ist und anzunehmen ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird."
Zu Absatz 2 wurde ausgeführt, dass darin jene Tatsachen näher definiert und demonstrativ aufgezählt werden, die im Sinne des Abs. 1 Z 2 die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird:
"Ein Hinweis auf die mangelnde Bereitschaft zur Ausreise ist naturgemäß dann gegeben, wenn der Drittstaatsangehörige selbst angibt, dass er nicht bereit ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Es kann des Weiteren davon ausgegangen werden, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird, wenn er ein ihm angebotenes oder angeordnetes Rückkehrberatungsgespräch zum Zweck der freiwilligen Ausreise nicht wahrnimmt. Ebenso wird davon auszugehen sein, dass der Drittstaatsangehörige nicht bereit ist auszureisen, wenn er während einer gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht ausgereist ist und anschließend seinen Wohnsitz bzw. den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts ändert, ohne das Bundesamt hiervon in Kenntnis zu setzen. Ferner kann von mangelhafter Bereitschaft zur Ausreise ausgegangen werden, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige es unterlässt, an der Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten mitzuwirken oder ein vorhandenes Reisedokument vernichtet oder sich dessen auf sonstige Weise entledigt. Hat der Drittstaatsangehörige bereits im Verfahren über seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht und damit die Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten erschwert bzw. verhindert, wird ebenfalls von einer mangelnden Bereitschaft zur Ausreise auszugehen sein.
Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch weitere Umstände in Betracht, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Weitere denkbare Gründe in diesem Sinne sind etwa falsche oder widersprüchliche Angaben zum Vorliegen einer Voll- oder Minderjährigkeit bzw. voneinander abweichende Altersangaben in Verfahren vor verschiedenen Behörden (dazu VwGH 25.02.2015, Ra 2014/20/0045) sowie die Verschweigung von vorhandenen Identitätsdokumenten. Hievon sollen beispielsweise jene Fälle erfasst sein, in denen Drittstaatsangehörige im Verfahren vor dem Bundesamt angeben, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, während sie im Verfahren vor anderen Behörden (bspw. dem Standesamt im Zuge einer Eheschließung) oder Gerichten solche vorlegen."
Wie oben in den Feststellungen und der Beweiswürdigung dargestellt, geht das BFA angesichts der dargestellten Verhaltensweisen zutreffend von der Ausreiseunwilligkeit der BF aus. Der Umstand, dass sich das BFA um die Erlangung eines Heimreisezertifikates bemüht, entbindet die BF auch nicht von der sie treffenden Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 FPG.
Unter diesen Aspekten ist die Begründung der belangten Behörde, dass Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass die BF ihrer Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird, im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben, Wohnung und Briefverkehr nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne des Art 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) und der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479). Ebenso kommt Normen, die ein geordnetes Fremdenwesen betreffend Einreise und Aufenthalt von Fremden regeln, ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0192). Nichts anderes kann bezüglich der Ausreise nicht aufenthaltsberechtigter Fremder gelten.
Aus den Erläuterungen zur Wohnsitzauflage nach § 57 FPG ergibt sich, dass hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt, wenn anzunehmen ist, dass die Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal sie dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat).
Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; VwGH 23.03.2001, 2000/19/0042; VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; VwGH 23.03.2001, 2000/19/0042).
Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und die Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihr eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass sie ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben einer Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage gerechtfertigt ist.
Die BF hat ihren Lebensmittelpunkt in Salzburg, sodass durch die Wohnsitzauflage (für Graz) in das (in Salzburg) bestehende Privatleben (und Wohnung) der BF eingegriffen wird. Der Eingriff ist aber im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen gerechtfertigt. So ist darauf hinzuweisen, dass sich die BF auch nicht auf eine mögliche berufliche Integration berufen kann, zumal ihr mangels eines Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit nicht erlaubt ist. Zudem wiegt die beharrliche Weigerung der BF, der sie treffenden Ausreiseverpflichtung auch nachzukommen, insbesondere im Lichte des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens schwer zu ihren Lasten. Zudem muss sich die BF aufgrund der gegen sie erlassenen Rückkehrentscheidung dessen bewusst sein, dass sie ihren Lebensmittelpunkt in Salzburg nicht aufrechterhalten wird können.
Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben durch die aufgetragene Unterkunftnahme ist nach den Angaben der BF auch dadurch gegeben, dass sie in Lebensgemeinschaft mit ihrem angeblichen Verlobten lebe. Die BF konnte das Bestehen einer tatsächlichen Lebensgemeinschaft - wie auch das Bestehen einer Verlobung - schon in ihrer gemeinsamen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 08.11.2018 - insbesondere wegen schwerwiegender Unstimmigkeiten und Widersprüche sowohl in ihren eigenen Angaben, als auch in Gegenüberstellung zu den Angaben ihres angeblichen Verlobten, nicht glaubhaft machen. Vom Bestehen einer Lebensgemeinschaft ist daher nicht gesichert auszugehen.
In Abwägung der Bindung der BF an ihren Wohnort sind in Relation zu dem dargestellten öffentlichen Interesse allfällige Unannehmlichkeiten durch die kurzfristige Aufgabe ihres Wohnsitzes in Salzburg sowie bei der Anreise nach Graz, weiters eine Einschränkung ihrer allfälligen sozialen Kontakte in Salzburg nicht so gewichtig, dass sie das öffentliche Interesse überwiegen würden.
Dazu kommt, dass nach dem Ermittlungsergebnis auch die ärztliche Versorgung der BF in der Betreuungseinrichtung in Graz gegeben ist.
Unter diesen Gesichtspunkten und im Hinblick darauf, dass damit ein dringendes öffentliches Interesse erfüllt wird, ist der mit der Wohnsitzauflage verbundene Eingriff in das Privatleben (und Wohnung) der BF verhältnismäßig und aufgrund des Verhaltens der BF während ihres Aufenthaltes in Österreich auch geboten.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.
4.2.4.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides
Der mit "Aufschiebende Wirkung" überschriebene § 13 VwGVG lautet:
"§ 13 (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.
(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
(3) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der sofortigen Verbindlichkeit der Weisung oder mit dem Andauern des Verhaltens der Behörde für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
(4) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 und 3 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.
(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen."
Der mit "Aufschiebende Wirkung" überschriebene § 22 VwGVG lautet:
"§ 22 (1) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
(2) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
(3) Das Verwaltungsgericht kann Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben."
Anhaltspunkte dahingehend, dass im gegenständlichen Fall konkret zu berücksichtigende private Interessen vorliegen würden, die das öffentliche Interesse an einer raschen Durchsetzung der Wohnsitzauflage allenfalls überwiegen würden, sind nicht hervorgekommen.
Da die gegenständliche Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abgewiesen wird, ist auf die Frage, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 bzw. § 22 Abs. 3 VwGVG vorliegen, nicht weiter einzugehen und konnte ein Ausspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung angesichts des Spruchinhaltes entfallen.
4.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des BVwG keine Anhaltspunkte. Vielmehr wurde im Wesentlichen den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines in den wesentlichen Punkten ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt, und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Die Ausführungen in der Beschwerde sind nicht geeignet, erheblich erscheinende neue Tatsachen oder Beweise (vergleiche § 10 VwGVG) darzustellen und eine Verhandlungspflicht auszulösen. Dem BVwG liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der BF mündlich zu erörtern gewesen wäre.
Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entgegen dem Parteienantrag eine mündliche Verhandlung somit unterbleiben.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung einer Wohnsitzauflage nach § 57 FPG auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen sowie eine Interessenabwägung maßgeblich für die zu treffende Entscheidung waren.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, Ausreiseverpflichtung, Ausreisewilligkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W191.2141341.2.00Zuletzt aktualisiert am
30.03.2020